Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Geranium. Durch Empfindlichkeit der Wunder, die Sein' Allmacht,Weisheit, Güte, Aus der tieffen Nacht des Nichts, voller Schönheit, Glantz und Pracht, Voller Nutzen, voller Krafft, durch ein Wort hervor ge- bracht. Ein, durch eine solche Lust, Jhm zum Ruhm, gerührt Gemüthe Jst dem Schöpfer angenehm, darüm lasset uns allhier Etwas näher noch betrachten dieser Bluhmen Schmuck und Zier. Wenn wir dieser Bluhmen Stengel, woran hundert tausend Spitzen, (Wer begreifft es, ob sie nützen, oder ob sie zieren,) sitzen, Mit Betrachtungs-vollen Blicken, wie wir billig sollten sehn, Und von unten mit den Augen allgemählig aufwärts gehn; Finden wir, daß alle Stengel, wie die Stengel insgemein, Allgemach sich auch verdünnen. Und hierüber fiel mir ein: Ach! wie unbegreifflich sind, zu bewundernde Natur, Deine Wercke! wer kann fassen, wer begreiffet, wie behende Dein Gewerbe, deine Wege? Wo des Stengels Grün zu Ende, Zeigt sich gleich ein feurig Roth. Wer facht diese rothe Gluth Eben an dem Ort doch an? Welcher Finger, welche Hand, Welcher Pinsel, welche Kunst, welch erfindender Verstand Färbt die Stelle sonder Farben? Hier erstaunen unsre Geister, Und, weil mans nicht fassen kann, Beten sie mit Lust und Ehrfurcht, und mit Andacht billig an Den Allmächtigen, in Wercken bloß allein, erblickten Meister, Der
Geranium. Durch Empfindlichkeit der Wunder, die Sein’ Allmacht,Weisheit, Guͤte, Aus der tieffen Nacht des Nichts, voller Schoͤnheit, Glantz und Pracht, Voller Nutzen, voller Krafft, durch ein Wort hervor ge- bracht. Ein, durch eine ſolche Luſt, Jhm zum Ruhm, geruͤhrt Gemuͤthe Jſt dem Schoͤpfer angenehm, daruͤm laſſet uns allhier Etwas naͤher noch betrachten dieſer Bluhmen Schmuck und Zier. Wenn wir dieſer Bluhmen Stengel, woran hundert tauſend Spitzen, (Wer begreifft es, ob ſie nuͤtzen, oder ob ſie zieren,) ſitzen, Mit Betrachtungs-vollen Blicken, wie wir billig ſollten ſehn, Und von unten mit den Augen allgemaͤhlig aufwaͤrts gehn; Finden wir, daß alle Stengel, wie die Stengel insgemein, Allgemach ſich auch verduͤnnen. Und hieruͤber fiel mir ein: Ach! wie unbegreifflich ſind, zu bewundernde Natur, Deine Wercke! wer kann faſſen, wer begreiffet, wie behende Dein Gewerbe, deine Wege? Wo des Stengels Gruͤn zu Ende, Zeigt ſich gleich ein feurig Roth. Wer facht dieſe rothe Gluth Eben an dem Ort doch an? Welcher Finger, welche Hand, Welcher Pinſel, welche Kunſt, welch erfindender Verſtand Faͤrbt die Stelle ſonder Farben? Hier erſtaunen unſre Geiſter, Und, weil mans nicht faſſen kann, Beten ſie mit Luſt und Ehrfurcht, und mit Andacht billig an Den Allmaͤchtigen, in Wercken bloß allein, erblickten Meiſter, Der
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Geranium.
Durch Empfindlichkeit der Wunder, die Sein’ Allmacht,
Weisheit, Guͤte,
Aus der tieffen Nacht des Nichts, voller Schoͤnheit, Glantz
und Pracht,
Voller Nutzen, voller Krafft, durch ein Wort hervor ge-
bracht.
Ein, durch eine ſolche Luſt, Jhm zum Ruhm, geruͤhrt
Gemuͤthe
Jſt dem Schoͤpfer angenehm, daruͤm laſſet uns allhier
Etwas naͤher noch betrachten dieſer Bluhmen Schmuck und
Zier.
Wenn wir dieſer Bluhmen Stengel, woran hundert
tauſend Spitzen,
(Wer begreifft es, ob ſie nuͤtzen, oder ob ſie zieren,) ſitzen,
Mit Betrachtungs-vollen Blicken, wie wir billig ſollten
ſehn,
Und von unten mit den Augen allgemaͤhlig aufwaͤrts gehn;
Finden wir, daß alle Stengel, wie die Stengel insgemein,
Allgemach ſich auch verduͤnnen. Und hieruͤber fiel mir ein:
Ach! wie unbegreifflich ſind, zu bewundernde Natur,
Deine Wercke! wer kann faſſen, wer begreiffet, wie behende
Dein Gewerbe, deine Wege? Wo des Stengels Gruͤn zu
Ende,
Zeigt ſich gleich ein feurig Roth. Wer facht dieſe rothe
Gluth
Eben an dem Ort doch an? Welcher Finger, welche Hand,
Welcher Pinſel, welche Kunſt, welch erfindender Verſtand
Faͤrbt die Stelle ſonder Farben? Hier erſtaunen unſre
Geiſter,
Und, weil mans nicht faſſen kann,
Beten ſie mit Luſt und Ehrfurcht, und mit Andacht billig an
Den Allmaͤchtigen, in Wercken bloß allein, erblickten Meiſter,
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