Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Geranium. Der ohn Ende Wunder thut. Spitz geschliffenen Rubinen,Jn polirten Schmeltz gefasst, gleichen, in dem schönen grünen, Die noch halb geschlossne Knöpfchen. Aber wann sie offen gehn, Sind sie, wie gesagt, von Farben schöner fast, als Wunder- schön. Laub und Blätter sind zugleich, an der schönen Creatur, Von recht künstlichem Gewircke, von besonderer Figur. Fast fünf Sechstel eines Circuls, der mit Regel-rechter Zier Auf den Ecken ausgeschnitten, stellen sie den Augen für. Jhre Farb ist dunckel-grün, ihr Geweb' ist dicht und weich, Und dem allerfeinsten Tuche, ja fast gar dem Sammet, gleich. Wann im Herbst fast überall nichts als gelbe Bluh- men blühen, Sieht man dich, o herrlichs Blühmchen, noch in voller Nö- the glühen, "Laß mich auch von deiner Gluth, wann die Tage sich entfer- nen, "Die des Lebens Sommer gab, auch im kalten Alter lernen, "Auch, nach aller Möglichkeit, in der Andacht Gluth zu stehn, "Zu des grossen Schöpfers Ehren, wie die Creatur so schön, "Mit Bewunderung, mit Freuden, und mit dancken anzusehn! Neue O 2
Geranium. Der ohn Ende Wunder thut. Spitz geſchliffenen Rubinen,Jn polirten Schmeltz gefaſſt, gleichen, in dem ſchoͤnen gruͤnen, Die noch halb geſchloſſne Knoͤpfchen. Aber wann ſie offen gehn, Sind ſie, wie geſagt, von Farben ſchoͤner faſt, als Wunder- ſchoͤn. Laub und Blaͤtter ſind zugleich, an der ſchoͤnen Creatur, Von recht kuͤnſtlichem Gewircke, von beſonderer Figur. Faſt fuͤnf Sechstel eines Circuls, der mit Regel-rechter Zier Auf den Ecken ausgeſchnitten, ſtellen ſie den Augen fuͤr. Jhre Farb iſt dunckel-gruͤn, ihr Geweb’ iſt dicht und weich, Und dem allerfeinſten Tuche, ja faſt gar dem Sammet, gleich. Wann im Herbſt faſt uͤberall nichts als gelbe Bluh- men bluͤhen, Sieht man dich, o herrlichs Bluͤhmchen, noch in voller Noͤ- the gluͤhen, „Laß mich auch von deiner Gluth, wann die Tage ſich entfer- nen, „Die des Lebens Sommer gab, auch im kalten Alter lernen, „Auch, nach aller Moͤglichkeit, in der Andacht Gluth zu ſtehn, „Zu des groſſen Schoͤpfers Ehren, wie die Creatur ſo ſchoͤn, „Mit Bewunderung, mit Freuden, und mit dancken anzuſehn! Neue O 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0243" n="211"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Geranium.</hi> </fw><lb/> <l>Der ohn Ende Wunder thut. Spitz geſchliffenen Rubinen,</l><lb/> <l>Jn polirten Schmeltz gefaſſt, gleichen, in dem ſchoͤnen gruͤnen,</l><lb/> <l>Die noch halb geſchloſſne Knoͤpfchen. Aber wann ſie offen<lb/><hi rendition="#et">gehn,</hi></l><lb/> <l>Sind ſie, wie geſagt, von Farben ſchoͤner faſt, als Wunder-<lb/><hi rendition="#et">ſchoͤn.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Laub und Blaͤtter ſind zugleich, an der ſchoͤnen Creatur,</l><lb/> <l>Von recht kuͤnſtlichem Gewircke, von beſonderer Figur.</l><lb/> <l>Faſt fuͤnf Sechstel eines Circuls, der mit Regel-rechter Zier</l><lb/> <l>Auf den Ecken ausgeſchnitten, ſtellen ſie den Augen fuͤr.</l><lb/> <l>Jhre Farb iſt dunckel-gruͤn, ihr Geweb’ iſt dicht und weich,</l><lb/> <l>Und dem allerfeinſten Tuche, ja faſt gar dem Sammet, gleich.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wann im Herbſt faſt uͤberall nichts als gelbe Bluh-<lb/><hi rendition="#et">men bluͤhen,</hi></l><lb/> <l>Sieht man dich, o herrlichs Bluͤhmchen, noch in voller Noͤ-<lb/><hi rendition="#et">the gluͤhen,</hi><lb/> „Laß mich auch von deiner Gluth, wann die Tage ſich entfer-<lb/><hi rendition="#et">nen,</hi><lb/> „Die des Lebens Sommer gab, auch im kalten Alter lernen,<lb/> „Auch, nach aller Moͤglichkeit, in der Andacht Gluth zu ſtehn,<lb/> „Zu des groſſen Schoͤpfers Ehren, wie die Creatur ſo ſchoͤn,<lb/> „Mit Bewunderung, mit Freuden, und mit dancken anzuſehn!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 2</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Neue</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [211/0243]
Geranium.
Der ohn Ende Wunder thut. Spitz geſchliffenen Rubinen,
Jn polirten Schmeltz gefaſſt, gleichen, in dem ſchoͤnen gruͤnen,
Die noch halb geſchloſſne Knoͤpfchen. Aber wann ſie offen
gehn,
Sind ſie, wie geſagt, von Farben ſchoͤner faſt, als Wunder-
ſchoͤn.
Laub und Blaͤtter ſind zugleich, an der ſchoͤnen Creatur,
Von recht kuͤnſtlichem Gewircke, von beſonderer Figur.
Faſt fuͤnf Sechstel eines Circuls, der mit Regel-rechter Zier
Auf den Ecken ausgeſchnitten, ſtellen ſie den Augen fuͤr.
Jhre Farb iſt dunckel-gruͤn, ihr Geweb’ iſt dicht und weich,
Und dem allerfeinſten Tuche, ja faſt gar dem Sammet, gleich.
Wann im Herbſt faſt uͤberall nichts als gelbe Bluh-
men bluͤhen,
Sieht man dich, o herrlichs Bluͤhmchen, noch in voller Noͤ-
the gluͤhen,
„Laß mich auch von deiner Gluth, wann die Tage ſich entfer-
nen,
„Die des Lebens Sommer gab, auch im kalten Alter lernen,
„Auch, nach aller Moͤglichkeit, in der Andacht Gluth zu ſtehn,
„Zu des groſſen Schoͤpfers Ehren, wie die Creatur ſo ſchoͤn,
„Mit Bewunderung, mit Freuden, und mit dancken anzuſehn!
Neue
O 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |