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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

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Vom Geist und Cörper.


Aus dieser Gleichheit nun entsteht
Die Meinung, welche falsch, wodurch man gröblich irret,
Die Stoff und Geist vermischet und verwirret.
Wie man sich nie erinnern kann,
Daß sonder Cörper je die Seele was gethan;
So glanben wir, man könne sie nicht scheiden.
Es ist der Jrrthum fast nicht zu vermeiden,
Zu glauben, daß sie einerley,
Und eine wie die andre sey.
Der Geist, statt daß er sich,
Wenn er recht handeln wollte,
Vom Cörper unterscheiden sollte;
Macht sich selbst cörperlich.
Elendes Vorurtheil! so wir in unsrer Wiegen,
Mit einem schwachen Leib von Jugend auf schon fügen,
Zur steten Nahrungs-Sorg' ohn Aufschub angetrieben.
Man sieht, daß Seel und Stoff bey uns vermischet seyn.
Dem Cörper, welcher doch ein Werckzeug nur allein,
Wird die Empfindungs-Krafft mit Unrecht zugeschrieben.


Die Sorten allzumal,
Der unterschiedlichen Gestallten ohne Zahl,
Auf so viel Art verschrenck't,
Die man in Cörpern glaubt zu finden,
Und alles, was man meint von ihnen zu ergründen,
Bestehet eigentlich nur in dem Geist, der dencket.
So manche Art und Eigenschafften,
Die, wie man meint, an Cörpern hafften;
So manche Eigenschaft, und manche Art zu seyn,
Trifft man allein
Jn unsern Geistern an: Und der Veränderungen
So mannichfaltige Beschaffenheit
Und Unterschiedlichkeit,
So aus den Cörpern je entsprungen,
Die blos Bewegungen der Sinnen sind,
Die werden blos im Geist das, was der Mensch empfindt.
Jn
C 4
Vom Geiſt und Coͤrper.


Aus dieſer Gleichheit nun entſteht
Die Meinung, welche falſch, wodurch man groͤblich irret,
Die Stoff und Geiſt vermiſchet und verwirret.
Wie man ſich nie erinnern kann,
Daß ſonder Coͤrper je die Seele was gethan;
So glanben wir, man koͤnne ſie nicht ſcheiden.
Es iſt der Jrrthum faſt nicht zu vermeiden,
Zu glauben, daß ſie einerley,
Und eine wie die andre ſey.
Der Geiſt, ſtatt daß er ſich,
Wenn er recht handeln wollte,
Vom Coͤrper unterſcheiden ſollte;
Macht ſich ſelbſt coͤrperlich.
Elendes Vorurtheil! ſo wir in unſrer Wiegen,
Mit einem ſchwachen Leib von Jugend auf ſchon fuͤgen,
Zur ſteten Nahrungs-Sorg’ ohn Aufſchub angetrieben.
Man ſieht, daß Seel und Stoff bey uns vermiſchet ſeyn.
Dem Coͤrper, welcher doch ein Werckzeug nur allein,
Wird die Empfindungs-Krafft mit Unrecht zugeſchrieben.


Die Sorten allzumal,
Der unterſchiedlichen Geſtallten ohne Zahl,
Auf ſo viel Art verſchrenck’t,
Die man in Coͤrpern glaubt zu finden,
Und alles, was man meint von ihnen zu ergruͤnden,
Beſtehet eigentlich nur in dem Geiſt, der dencket.
So manche Art und Eigenſchafften,
Die, wie man meint, an Coͤrpern hafften;
So manche Eigenſchaft, und manche Art zu ſeyn,
Trifft man allein
Jn unſern Geiſtern an: Und der Veraͤnderungen
So mannichfaltige Beſchaffenheit
Und Unterſchiedlichkeit,
So aus den Coͤrpern je entſprungen,
Die blos Bewegungen der Sinnen ſind,
Die werden blos im Geiſt das, was der Menſch empfindt.
Jn
C 4
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[39/0069] Vom Geiſt und Coͤrper. Aus dieſer Gleichheit nun entſteht Die Meinung, welche falſch, wodurch man groͤblich irret, Die Stoff und Geiſt vermiſchet und verwirret. Wie man ſich nie erinnern kann, Daß ſonder Coͤrper je die Seele was gethan; So glanben wir, man koͤnne ſie nicht ſcheiden. Es iſt der Jrrthum faſt nicht zu vermeiden, Zu glauben, daß ſie einerley, Und eine wie die andre ſey. Der Geiſt, ſtatt daß er ſich, Wenn er recht handeln wollte, Vom Coͤrper unterſcheiden ſollte; Macht ſich ſelbſt coͤrperlich. Elendes Vorurtheil! ſo wir in unſrer Wiegen, Mit einem ſchwachen Leib von Jugend auf ſchon fuͤgen, Zur ſteten Nahrungs-Sorg’ ohn Aufſchub angetrieben. Man ſieht, daß Seel und Stoff bey uns vermiſchet ſeyn. Dem Coͤrper, welcher doch ein Werckzeug nur allein, Wird die Empfindungs-Krafft mit Unrecht zugeſchrieben. Die Sorten allzumal, Der unterſchiedlichen Geſtallten ohne Zahl, Auf ſo viel Art verſchrenck’t, Die man in Coͤrpern glaubt zu finden, Und alles, was man meint von ihnen zu ergruͤnden, Beſtehet eigentlich nur in dem Geiſt, der dencket. So manche Art und Eigenſchafften, Die, wie man meint, an Coͤrpern hafften; So manche Eigenſchaft, und manche Art zu ſeyn, Trifft man allein Jn unſern Geiſtern an: Und der Veraͤnderungen So mannichfaltige Beſchaffenheit Und Unterſchiedlichkeit, So aus den Coͤrpern je entſprungen, Die blos Bewegungen der Sinnen ſind, Die werden blos im Geiſt das, was der Menſch empfindt. Jn C 4

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/69>, abgerufen am 23.11.2024.