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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

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Vom Geist und Cörper.


Zuerst hat man die Welt nicht anders anzusehn,
Als Lettern, wovon wir den Jnhalt nicht verstehn.
Ein jeder Vorwurff ist mit Zahlen überdeckt,
Worinnen was geheimes steckt,
Das man ergrübeln soll, das man durchdringen muß.
Es lässt sich auch sobald kein Urtheil-Schluß,
Jn unbekannten Sachen
Unwiedersprechlich machen,
Man such' in unserm Witz zuerst den Schein der Wahrheit.
Nur einfach sey die Lehr und voller Klarheit.
Es müsse nichts darinn sich widersprechen;
Es muß befestigt seyn und recht verbunden,
So durch Erfahrung, als Verstand:
Was man gemuhtmasst hat, wird denn zur Festigkeit.
Der Geist der's also macht, ist dann mit recht erfreut,
Daß er die Wahrheit ausgefunden.


Bevor man nun ein Wesen kan beschreiben,
Soll man bey unserm erst und bey uns selber bleiben:
Daß wir den herrlichen Zusammenklang verstehen,
Des, was sie bey uns thun, des, was sie in sich sind,
Derhalben muß man sie von neuen übersehen.
Man wird in seinen reiffen Jahren
Die Dinge, die man als ein Kind
Am allerfestesten geglaubt zu wissen,
Noch einmal gründlicher erfahren,
Noch einmal untersuchen müssen.
Dahin zu kommen nun, muß man an allen Dingen,
Die man durch Sinnen kennt, sich selbst, zu zweifeln, zwingen.


Erwachsen, dencke man: man käm' erst auf die Welt.
Gleich wird uns eine Welt, die neu ist, vorgestellt.
Jch
Vom Geiſt und Coͤrper.


Zuerſt hat man die Welt nicht anders anzuſehn,
Als Lettern, wovon wir den Jnhalt nicht verſtehn.
Ein jeder Vorwurff iſt mit Zahlen uͤberdeckt,
Worinnen was geheimes ſteckt,
Das man ergruͤbeln ſoll, das man durchdringen muß.
Es laͤſſt ſich auch ſobald kein Urtheil-Schluß,
Jn unbekannten Sachen
Unwiederſprechlich machen,
Man ſuch’ in unſerm Witz zuerſt den Schein der Wahrheit.
Nur einfach ſey die Lehr und voller Klarheit.
Es muͤſſe nichts darinn ſich widerſprechen;
Es muß befeſtigt ſeyn und recht verbunden,
So durch Erfahrung, als Verſtand:
Was man gemuhtmaſſt hat, wird denn zur Feſtigkeit.
Der Geiſt der’s alſo macht, iſt dann mit recht erfreut,
Daß er die Wahrheit ausgefunden.


Bevor man nun ein Weſen kan beſchreiben,
Soll man bey unſerm erſt und bey uns ſelber bleiben:
Daß wir den herrlichen Zuſammenklang verſtehen,
Des, was ſie bey uns thun, des, was ſie in ſich ſind,
Derhalben muß man ſie von neuen uͤberſehen.
Man wird in ſeinen reiffen Jahren
Die Dinge, die man als ein Kind
Am allerfeſteſten geglaubt zu wiſſen,
Noch einmal gruͤndlicher erfahren,
Noch einmal unterſuchen muͤſſen.
Dahin zu kommen nun, muß man an allen Dingen,
Die man durch Sinnen kennt, ſich ſelbſt, zu zweifeln, zwingen.


Erwachſen, dencke man: man kaͤm’ erſt auf die Welt.
Gleich wird uns eine Welt, die neu iſt, vorgeſtellt.
Jch
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[29/0059] Vom Geiſt und Coͤrper. Zuerſt hat man die Welt nicht anders anzuſehn, Als Lettern, wovon wir den Jnhalt nicht verſtehn. Ein jeder Vorwurff iſt mit Zahlen uͤberdeckt, Worinnen was geheimes ſteckt, Das man ergruͤbeln ſoll, das man durchdringen muß. Es laͤſſt ſich auch ſobald kein Urtheil-Schluß, Jn unbekannten Sachen Unwiederſprechlich machen, Man ſuch’ in unſerm Witz zuerſt den Schein der Wahrheit. Nur einfach ſey die Lehr und voller Klarheit. Es muͤſſe nichts darinn ſich widerſprechen; Es muß befeſtigt ſeyn und recht verbunden, So durch Erfahrung, als Verſtand: Was man gemuhtmaſſt hat, wird denn zur Feſtigkeit. Der Geiſt der’s alſo macht, iſt dann mit recht erfreut, Daß er die Wahrheit ausgefunden. Bevor man nun ein Weſen kan beſchreiben, Soll man bey unſerm erſt und bey uns ſelber bleiben: Daß wir den herrlichen Zuſammenklang verſtehen, Des, was ſie bey uns thun, des, was ſie in ſich ſind, Derhalben muß man ſie von neuen uͤberſehen. Man wird in ſeinen reiffen Jahren Die Dinge, die man als ein Kind Am allerfeſteſten geglaubt zu wiſſen, Noch einmal gruͤndlicher erfahren, Noch einmal unterſuchen muͤſſen. Dahin zu kommen nun, muß man an allen Dingen, Die man durch Sinnen kennt, ſich ſelbſt, zu zweifeln, zwingen. Erwachſen, dencke man: man kaͤm’ erſt auf die Welt. Gleich wird uns eine Welt, die neu iſt, vorgeſtellt. Jch

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/59>, abgerufen am 23.11.2024.