So wär' ein Araber, ein Räuber, ein Tyrann Noch besser, als ein Mensch. Willt du noch weiter gehen, Und sprechen: Weil wir doch fast mit erstannen schen Wie manches schöne Werk der Mensch erfunden hat; So zeigt sich ja von selbst sein Vorzug in der That. So sag' ich nein. Du hast auch hier nicht überwunden. Durch alles, was der Mensch bisher erfunden, Sind wir von ihnen doch so weit noch nicht entfernt, Da wir das mehreste den Thieren abgelernt. Hierüber muß ich ja von Herzen deiner lachen, Sprichst du: kann denn ein Vieh, wie wir, auch Uhren machen? Nein, dieses eben nicht. Doch höre nur! Sie sind noch witziger, als du, mit deiner Uhr. Es zeigt die Uhr vielmehr ein' Unvollkommenheit. Sie wissen sonder Uhr und Zeiger ihre Zeit. Noch sprichst du: Singet denn und machet auch ein Thier Erbauliche Gedicht' und Verse, so wie wir? Nicht eben solcher Ahrt; allein das süsse Schallen Der lieblich-singenden beliebten Nachtigallen, Die auf so manche Weis', als du der Lettern Menge Veränderst, ihren Ton verändern; sollt' es nicht Zu ihres Schöpfers Ruhm ein singendes Gedicht Mit Recht zu nennen seyn? Daß wir es nicht verstehen, Beweiset nicht so sehr ihr Nichts, als uns're Schwäche, Und zeiget uns're mehr, als ihre, Schwachheit an; Da jedes Thier ja sonst von mir auch denken kann: Jch wäre tumm. Warum? Es weiß nicht, was ich spreche. Ein Mensch versteht der Zalen wehrt.
Wir
So waͤr’ ein Araber, ein Raͤuber, ein Tyrann Noch beſſer, als ein Menſch. Willt du noch weiter gehen, Und ſprechen: Weil wir doch faſt mit erſtannen ſchen Wie manches ſchoͤne Werk der Menſch erfunden hat; So zeigt ſich ja von ſelbſt ſein Vorzug in der That. So ſag’ ich nein. Du haſt auch hier nicht uͤberwunden. Durch alles, was der Menſch bisher erfunden, Sind wir von ihnen doch ſo weit noch nicht entfernt, Da wir das mehreſte den Thieren abgelernt. Hieruͤber muß ich ja von Herzen deiner lachen, Sprichſt du: kann denn ein Vieh, wie wir, auch Uhren machen? Nein, dieſes eben nicht. Doch hoͤre nur! Sie ſind noch witziger, als du, mit deiner Uhr. Es zeigt die Uhr vielmehr ein’ Unvollkommenheit. Sie wiſſen ſonder Uhr und Zeiger ihre Zeit. Noch ſprichſt du: Singet denn und machet auch ein Thier Erbauliche Gedicht’ und Verſe, ſo wie wir? Nicht eben ſolcher Ahrt; allein das ſuͤſſe Schallen Der lieblich-ſingenden beliebten Nachtigallen, Die auf ſo manche Weiſ’, als du der Lettern Menge Veraͤnderſt, ihren Ton veraͤndern; ſollt’ es nicht Zu ihres Schoͤpfers Ruhm ein ſingendes Gedicht Mit Recht zu nennen ſeyn? Daß wir es nicht verſtehen, Beweiſet nicht ſo ſehr ihr Nichts, als unſ’re Schwaͤche, Und zeiget unſ’re mehr, als ihre, Schwachheit an; Da jedes Thier ja ſonſt von mir auch denken kann: Jch waͤre tumm. Warum? Es weiß nicht, was ich ſpreche. Ein Menſch verſteht der Zalen wehrt.
Wir
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So waͤr’ ein Araber, ein Raͤuber, ein Tyrann
Noch beſſer, als ein Menſch. Willt du noch weiter gehen,
Und ſprechen: Weil wir doch faſt mit erſtannen ſchen
Wie manches ſchoͤne Werk der Menſch erfunden hat;
So zeigt ſich ja von ſelbſt ſein Vorzug in der That.
So ſag’ ich nein. Du haſt auch hier nicht uͤberwunden.
Durch alles, was der Menſch bisher erfunden,
Sind wir von ihnen doch ſo weit noch nicht entfernt,
Da wir das mehreſte den Thieren abgelernt.
Hieruͤber muß ich ja von Herzen deiner lachen,
Sprichſt du: kann denn ein Vieh, wie wir, auch Uhren
machen?
Nein, dieſes eben nicht. Doch hoͤre nur!
Sie ſind noch witziger, als du, mit deiner Uhr.
Es zeigt die Uhr vielmehr ein’ Unvollkommenheit.
Sie wiſſen ſonder Uhr und Zeiger ihre Zeit.
Noch ſprichſt du: Singet denn und machet auch ein
Thier
Erbauliche Gedicht’ und Verſe, ſo wie wir?
Nicht eben ſolcher Ahrt; allein das ſuͤſſe Schallen
Der lieblich-ſingenden beliebten Nachtigallen,
Die auf ſo manche Weiſ’, als du der Lettern Menge
Veraͤnderſt, ihren Ton veraͤndern; ſollt’ es nicht
Zu ihres Schoͤpfers Ruhm ein ſingendes Gedicht
Mit Recht zu nennen ſeyn? Daß wir es nicht verſtehen,
Beweiſet nicht ſo ſehr ihr Nichts, als unſ’re Schwaͤche,
Und zeiget unſ’re mehr, als ihre, Schwachheit an;
Da jedes Thier ja ſonſt von mir auch denken kann:
Jch waͤre tumm. Warum? Es weiß nicht, was ich ſpreche.
Ein Menſch verſteht der Zalen wehrt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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