Von Stämmen, Blättern und von Zweigen, Die sich von oben abwärts neigen, Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudrücken, Den grünen Boden lieblich schmücken. Das sanfte Licht, so allgemein Mit einem grünlich grauen Schein Die schon bethau'ten Felder deckte, Und sich, so weit man sah, erstreckte, Vergnüg'te mich Recht inniglich.
Durch dieses holde Licht, womit sich klare Schatten So angenem vermenget hatten, Zusamt der Stille Süssigkeit, Schien mir in uns'rer Welt Ein' and're Welt fast vorgestell't: Denn durch des sansten Licht's ganz ungewissen Schein Schien jeder Vorwurf ungewiß, Und geistig mehr als cörperlich, zu seyn. Von den erdichteten Eliser-Auen War gleichsam hier, in still- und lichter Finsterniß, Das stille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu schauen. Doch ohne Scherz. Durch ein so reines Licht Empfindet man, wie durchs Gesicht Ein reizendes Vergnügen dringet, Das fast ein' überird'sche Lust Der dadurch ganz erfüllten Brust, Jn süsser Stille, bringet. Es fängt der angeneme Glanz Allmälich an, sich durch die Sehnen Jm ganzen Cörper auszudehnen. Dann wird ein achtsam Aug', ein frommes Herze, ganz Von Andachts-Flammen angezündet,
Jndem
Von Staͤmmen, Blaͤttern und von Zweigen, Die ſich von oben abwaͤrts neigen, Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudruͤcken, Den gruͤnen Boden lieblich ſchmuͤcken. Das ſanfte Licht, ſo allgemein Mit einem gruͤnlich grauen Schein Die ſchon bethau’ten Felder deckte, Und ſich, ſo weit man ſah, erſtreckte, Vergnuͤg’te mich Recht inniglich.
Durch dieſes holde Licht, womit ſich klare Schatten So angenem vermenget hatten, Zuſamt der Stille Suͤſſigkeit, Schien mir in unſ’rer Welt Ein’ and’re Welt faſt vorgeſtell’t: Denn durch des ſanſten Licht’s ganz ungewiſſen Schein Schien jeder Vorwurf ungewiß, Und geiſtig mehr als coͤrperlich, zu ſeyn. Von den erdichteten Eliſer-Auen War gleichſam hier, in ſtill- und lichter Finſterniß, Das ſtille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu ſchauen. Doch ohne Scherz. Durch ein ſo reines Licht Empfindet man, wie durchs Geſicht Ein reizendes Vergnuͤgen dringet, Das faſt ein’ uͤberird’ſche Luſt Der dadurch ganz erfuͤllten Bruſt, Jn ſuͤſſer Stille, bringet. Es faͤngt der angeneme Glanz Allmaͤlich an, ſich durch die Sehnen Jm ganzen Coͤrper auszudehnen. Dann wird ein achtſam Aug’, ein frommes Herze, ganz Von Andachts-Flammen angezuͤndet,
Jndem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="30"><l><pbfacs="#f0168"n="132"/>
Von Staͤmmen, Blaͤttern und von Zweigen,</l><lb/><l>Die ſich von oben abwaͤrts neigen,</l><lb/><l>Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudruͤcken,</l><lb/><l>Den gruͤnen Boden lieblich ſchmuͤcken.</l><lb/><l>Das ſanfte Licht, ſo allgemein</l><lb/><l>Mit einem gruͤnlich grauen Schein</l><lb/><l>Die ſchon bethau’ten Felder deckte,</l><lb/><l>Und ſich, ſo weit man ſah, erſtreckte,</l><lb/><l>Vergnuͤg’te mich</l><lb/><l>Recht inniglich.</l></lg><lb/><lgn="31"><l>Durch dieſes holde Licht, womit ſich klare Schatten</l><lb/><l>So angenem vermenget hatten,</l><lb/><l>Zuſamt der Stille Suͤſſigkeit,</l><lb/><l>Schien mir in unſ’rer Welt</l><lb/><l>Ein’ and’re Welt faſt vorgeſtell’t:</l><lb/><l>Denn durch des ſanſten Licht’s ganz ungewiſſen Schein</l><lb/><l>Schien jeder Vorwurf ungewiß,</l><lb/><l>Und geiſtig mehr als coͤrperlich, zu ſeyn.</l><lb/><l>Von den erdichteten Eliſer-Auen</l><lb/><l>War gleichſam hier, in ſtill- und lichter Finſterniß,</l><lb/><l>Das ſtille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu ſchauen.</l><lb/><l>Doch ohne Scherz. Durch ein ſo reines Licht</l><lb/><l>Empfindet man, wie durchs Geſicht</l><lb/><l>Ein reizendes Vergnuͤgen dringet,</l><lb/><l>Das faſt ein’ uͤberird’ſche Luſt</l><lb/><l>Der dadurch ganz erfuͤllten Bruſt,</l><lb/><l>Jn ſuͤſſer Stille, bringet.</l><lb/><l>Es faͤngt der angeneme Glanz</l><lb/><l>Allmaͤlich an, ſich durch die Sehnen</l><lb/><l>Jm ganzen Coͤrper auszudehnen.</l><lb/><l>Dann wird ein achtſam Aug’, ein frommes Herze, ganz</l><lb/><l>Von Andachts-Flammen angezuͤndet,</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Jndem</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[132/0168]
Von Staͤmmen, Blaͤttern und von Zweigen,
Die ſich von oben abwaͤrts neigen,
Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudruͤcken,
Den gruͤnen Boden lieblich ſchmuͤcken.
Das ſanfte Licht, ſo allgemein
Mit einem gruͤnlich grauen Schein
Die ſchon bethau’ten Felder deckte,
Und ſich, ſo weit man ſah, erſtreckte,
Vergnuͤg’te mich
Recht inniglich.
Durch dieſes holde Licht, womit ſich klare Schatten
So angenem vermenget hatten,
Zuſamt der Stille Suͤſſigkeit,
Schien mir in unſ’rer Welt
Ein’ and’re Welt faſt vorgeſtell’t:
Denn durch des ſanſten Licht’s ganz ungewiſſen Schein
Schien jeder Vorwurf ungewiß,
Und geiſtig mehr als coͤrperlich, zu ſeyn.
Von den erdichteten Eliſer-Auen
War gleichſam hier, in ſtill- und lichter Finſterniß,
Das ſtille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu ſchauen.
Doch ohne Scherz. Durch ein ſo reines Licht
Empfindet man, wie durchs Geſicht
Ein reizendes Vergnuͤgen dringet,
Das faſt ein’ uͤberird’ſche Luſt
Der dadurch ganz erfuͤllten Bruſt,
Jn ſuͤſſer Stille, bringet.
Es faͤngt der angeneme Glanz
Allmaͤlich an, ſich durch die Sehnen
Jm ganzen Coͤrper auszudehnen.
Dann wird ein achtſam Aug’, ein frommes Herze, ganz
Von Andachts-Flammen angezuͤndet,
Jndem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/168>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.