Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

An Häusern lässt es recht, als ob mit tausend Bildern
Vom Silber-weissen Mond sich alle Fenster schildern.
Zuweilen scheint sein rundes Licht,
Wenn das nicht eb'ne Glas den Schimmer unterbricht,
Als wenn es eckigt wär'. Jtzt lässt der glatte Stral,
Als wär' er lang, bald recht oval.
Bey jedem Tritt
Verändern sich des Mondes Bilder mit.
Doch ist der glatte Glanz noch einst so schön,
Wenn man durchs düst're Laub der Bäum' ihn sieht,
Jndem durch ihre Dunkelheit
Und schwebende Beweglichkeit
Der Scheiben wiederscheinend Licht
Bald heller wird, und bald sich unterbricht,
Bald sich erheitert, bald sich schwärzet,
Wenn gleichsam Nacht und Licht sanft mit einander scherzet,
Wenn eins um's and're sich entdeckt,
Und eins um's and're sich versteckt.

Jn den rings um begrün't- und hell-bestral'ten Steigen
Sieht man mit innigem Vergnügen
So manchen Schatten-Strauch und Schatten-Busch sich
zeigen,
Jn solcher Nett- und Deutlichkeit
So lieblich und so zierlich liegen,
Daß in der Zeichnung man fast keinen Unterscheid
Mit den gewachs'nen Bäumen spüret:
Wodurch der Garten denn gedoppelt ausgezieret,
Noch einst so lustig scheint. Der Schatten-reiche Wald
Verdoppelt gleicher Weis' im Schatten die Gestalt

Von

J 2

An Haͤuſern laͤſſt es recht, als ob mit tauſend Bildern
Vom Silber-weiſſen Mond ſich alle Fenſter ſchildern.
Zuweilen ſcheint ſein rundes Licht,
Wenn das nicht eb’ne Glas den Schimmer unterbricht,
Als wenn es eckigt waͤr’. Jtzt laͤſſt der glatte Stral,
Als waͤr’ er lang, bald recht oval.
Bey jedem Tritt
Veraͤndern ſich des Mondes Bilder mit.
Doch iſt der glatte Glanz noch einſt ſo ſchoͤn,
Wenn man durchs duͤſt’re Laub der Baͤum’ ihn ſieht,
Jndem durch ihre Dunkelheit
Und ſchwebende Beweglichkeit
Der Scheiben wiederſcheinend Licht
Bald heller wird, und bald ſich unterbricht,
Bald ſich erheitert, bald ſich ſchwaͤrzet,
Wenn gleichſam Nacht und Licht ſanft mit einander ſcherzet,
Wenn eins um’s and’re ſich entdeckt,
Und eins um’s and’re ſich verſteckt.

Jn den rings um begruͤn’t- und hell-beſtral’ten Steigen
Sieht man mit innigem Vergnuͤgen
So manchen Schatten-Strauch und Schatten-Buſch ſich
zeigen,
Jn ſolcher Nett- und Deutlichkeit
So lieblich und ſo zierlich liegen,
Daß in der Zeichnung man faſt keinen Unterſcheid
Mit den gewachſ’nen Baͤumen ſpuͤret:
Wodurch der Garten denn gedoppelt ausgezieret,
Noch einſt ſo luſtig ſcheint. Der Schatten-reiche Wald
Verdoppelt gleicher Weiſ’ im Schatten die Geſtalt

Von

J 2

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0167" n="131"/>
          <lg n="29">
            <l>An Ha&#x0364;u&#x017F;ern la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t es recht, als ob mit tau&#x017F;end Bildern</l><lb/>
            <l>Vom Silber-wei&#x017F;&#x017F;en Mond &#x017F;ich alle Fen&#x017F;ter &#x017F;childern.</l><lb/>
            <l>Zuweilen &#x017F;cheint &#x017F;ein rundes Licht,</l><lb/>
            <l>Wenn das nicht eb&#x2019;ne Glas den Schimmer unterbricht,</l><lb/>
            <l>Als wenn es eckigt wa&#x0364;r&#x2019;. Jtzt la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t der glatte Stral,</l><lb/>
            <l>Als wa&#x0364;r&#x2019; er lang, bald recht oval.</l><lb/>
            <l>Bey jedem Tritt</l><lb/>
            <l>Vera&#x0364;ndern &#x017F;ich des Mondes Bilder mit.</l><lb/>
            <l>Doch i&#x017F;t der glatte Glanz noch ein&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Wenn man durchs du&#x0364;&#x017F;t&#x2019;re Laub der Ba&#x0364;um&#x2019; ihn &#x017F;ieht,</l><lb/>
            <l>Jndem durch ihre Dunkelheit</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chwebende Beweglichkeit</l><lb/>
            <l>Der Scheiben wieder&#x017F;cheinend Licht</l><lb/>
            <l>Bald heller wird, und bald &#x017F;ich unterbricht,</l><lb/>
            <l>Bald &#x017F;ich erheitert, bald &#x017F;ich &#x017F;chwa&#x0364;rzet,</l><lb/>
            <l>Wenn gleich&#x017F;am Nacht und Licht &#x017F;anft mit einander &#x017F;cherzet,</l><lb/>
            <l>Wenn eins um&#x2019;s and&#x2019;re &#x017F;ich entdeckt,</l><lb/>
            <l>Und eins um&#x2019;s and&#x2019;re &#x017F;ich ver&#x017F;teckt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="30">
            <l>Jn den rings um begru&#x0364;n&#x2019;t- und hell-be&#x017F;tral&#x2019;ten Steigen</l><lb/>
            <l>Sieht man mit innigem Vergnu&#x0364;gen</l><lb/>
            <l>So manchen Schatten-Strauch und Schatten-Bu&#x017F;ch &#x017F;ich</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">zeigen,</hi> </l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;olcher Nett- und Deutlichkeit</l><lb/>
            <l>So lieblich und &#x017F;o zierlich liegen,</l><lb/>
            <l>Daß in der Zeichnung man fa&#x017F;t keinen Unter&#x017F;cheid</l><lb/>
            <l>Mit den gewach&#x017F;&#x2019;nen Ba&#x0364;umen &#x017F;pu&#x0364;ret:</l><lb/>
            <l>Wodurch der Garten denn gedoppelt ausgezieret,</l><lb/>
            <l>Noch ein&#x017F;t &#x017F;o lu&#x017F;tig &#x017F;cheint. Der Schatten-reiche Wald</l><lb/>
            <l>Verdoppelt gleicher Wei&#x017F;&#x2019; im Schatten die Ge&#x017F;talt</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[131/0167] An Haͤuſern laͤſſt es recht, als ob mit tauſend Bildern Vom Silber-weiſſen Mond ſich alle Fenſter ſchildern. Zuweilen ſcheint ſein rundes Licht, Wenn das nicht eb’ne Glas den Schimmer unterbricht, Als wenn es eckigt waͤr’. Jtzt laͤſſt der glatte Stral, Als waͤr’ er lang, bald recht oval. Bey jedem Tritt Veraͤndern ſich des Mondes Bilder mit. Doch iſt der glatte Glanz noch einſt ſo ſchoͤn, Wenn man durchs duͤſt’re Laub der Baͤum’ ihn ſieht, Jndem durch ihre Dunkelheit Und ſchwebende Beweglichkeit Der Scheiben wiederſcheinend Licht Bald heller wird, und bald ſich unterbricht, Bald ſich erheitert, bald ſich ſchwaͤrzet, Wenn gleichſam Nacht und Licht ſanft mit einander ſcherzet, Wenn eins um’s and’re ſich entdeckt, Und eins um’s and’re ſich verſteckt. Jn den rings um begruͤn’t- und hell-beſtral’ten Steigen Sieht man mit innigem Vergnuͤgen So manchen Schatten-Strauch und Schatten-Buſch ſich zeigen, Jn ſolcher Nett- und Deutlichkeit So lieblich und ſo zierlich liegen, Daß in der Zeichnung man faſt keinen Unterſcheid Mit den gewachſ’nen Baͤumen ſpuͤret: Wodurch der Garten denn gedoppelt ausgezieret, Noch einſt ſo luſtig ſcheint. Der Schatten-reiche Wald Verdoppelt gleicher Weiſ’ im Schatten die Geſtalt Von J 2

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/167
Zitationshilfe:	Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/167>, abgerufen am 18.12.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.