Es hat ein ander grün ein Maulbeer- und ein Pflaum- Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum, Der Stachel-Beeren-Busch, die Holder. Es gleichet sich das Laub der Kirschen An Farbe nicht den Blättern rauher Pfirschen. Verschied'ne grüne Farben zeigen Der Quitten-Baum, Castanien und Feigen. Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen Sind alle grün, ob sie sich gleich nicht gleichen. Welch ein verschied'nes Grün bedeckt die dunk'len Binsen, Und welch ein gelbliches die hellen Wasser-Linsen? Was trifft man nicht für mannigfaltig grün An Bluhmen und an Kräutern an? Wie unterscheiden sich die Blätter am Jasmin, An Liljen, an Meliss', an Münz' und Majoran?
Wenn solch ein tausendfaches Grün Die Augen in Verwund'rung setzet; Glaub' ich, daß ich dem Schöpfer dien, Wenn sich mein Herz daran ergetzet.
Ach GOtt, Du Urqvell aller Lust, Ach GOtt, Du Geber aller Gaben, Ach laß an Dir mich Sel' und Brust Mit Ehrfurchts-voller Freude laben! Gib, daß, so oft ich's Grüne sehe, Es Dir zur Ehr', in meiner Lust, geschehe!
Fra-
G 2
Es hat ein ander gruͤn ein Maulbeer- und ein Pflaum- Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum, Der Stachel-Beeren-Buſch, die Holder. Es gleichet ſich das Laub der Kirſchen An Farbe nicht den Blaͤttern rauher Pfirſchen. Verſchied’ne gruͤne Farben zeigen Der Quitten-Baum, Caſtanien und Feigen. Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen Sind alle gruͤn, ob ſie ſich gleich nicht gleichen. Welch ein verſchied’nes Gruͤn bedeckt die dunk’len Binſen, Und welch ein gelbliches die hellen Waſſer-Linſen? Was trifft man nicht fuͤr mannigfaltig gruͤn An Bluhmen und an Kraͤutern an? Wie unterſcheiden ſich die Blaͤtter am Jaſmin, An Liljen, an Meliſſ’, an Muͤnz’ und Majoran?
Wenn ſolch ein tauſendfaches Gruͤn Die Augen in Verwund’rung ſetzet; Glaub’ ich, daß ich dem Schoͤpfer dien, Wenn ſich mein Herz daran ergetzet.
Ach GOtt, Du Urqvell aller Luſt, Ach GOtt, Du Geber aller Gaben, Ach laß an Dir mich Sel’ und Bruſt Mit Ehrfurchts-voller Freude laben! Gib, daß, ſo oft ich’s Gruͤne ſehe, Es Dir zur Ehr’, in meiner Luſt, geſchehe!
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Es hat ein ander gruͤn ein Maulbeer- und ein Pflaum-
Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum,
Der Stachel-Beeren-Buſch, die Holder.
Es gleichet ſich das Laub der Kirſchen
An Farbe nicht den Blaͤttern rauher Pfirſchen.
Verſchied’ne gruͤne Farben zeigen
Der Quitten-Baum, Caſtanien und Feigen.
Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen
Sind alle gruͤn, ob ſie ſich gleich nicht gleichen.
Welch ein verſchied’nes Gruͤn bedeckt die dunk’len Binſen,
Und welch ein gelbliches die hellen Waſſer-Linſen?
Was trifft man nicht fuͤr mannigfaltig gruͤn
An Bluhmen und an Kraͤutern an?
Wie unterſcheiden ſich die Blaͤtter am Jaſmin,
An Liljen, an Meliſſ’, an Muͤnz’ und Majoran?
Wenn ſolch ein tauſendfaches Gruͤn
Die Augen in Verwund’rung ſetzet;
Glaub’ ich, daß ich dem Schoͤpfer dien,
Wenn ſich mein Herz daran ergetzet.
Ach GOtt, Du Urqvell aller Luſt,
Ach GOtt, Du Geber aller Gaben,
Ach laß an Dir mich Sel’ und Bruſt
Mit Ehrfurchts-voller Freude laben!
Gib, daß, ſo oft ich’s Gruͤne ſehe,
Es Dir zur Ehr’, in meiner Luſt, geſchehe!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/135>, abgerufen am 21.11.2024.
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