Die dünn' und fast durchsichtig, bricht; So lässt das holde Grün, bey heiterm Wetter, Wie eine grüne Gluht. Weil man nun auf der Welt Was herrlichs für durchleuchtig hält; So lasst uns doch die Schönheit hier betrachten, Und höher, als bishero, achten, Da gelbe Blätterchen beym holden Sonnen-Schein Recht in der That durchleuchtig seyn. Wenn wir hingegen Sie von der andern Seite sehn; So ist das schöne Grün auf and're Weise schön, Weil dann die lichten Sonnen-Stralen Die Blätter all mit einem Glanze malen, Jndem man mit Vergnügen sieht, Wie auf jedwedem Blat' ein weiß-grün Lichtgen glüht.
Seh' ich, zu meinem Wolgefallen, Viel kleine Lichter rückwärts prallen Von jedem kleinen Gräselein; So wünsch' ich, daß in meinen Werken Mein Nächster gleichfalls könne merken Der Sonnen-Sonne Gegenschein.
Wie unterscheidet sich das Grün, so wir auf Linden, Von dem, so wir auf Weiden, finden! Ein anders ist des Bux-Baums grüne Zier, Ein ander Grün hat Taxus und Laurier, Cypressen, Myrthen und Wacholder.
Es
Die duͤnn’ und faſt durchſichtig, bricht; So laͤſſt das holde Gruͤn, bey heiterm Wetter, Wie eine gruͤne Gluht. Weil man nun auf der Welt Was herrlichs fuͤr durchleuchtig haͤlt; So laſſt uns doch die Schoͤnheit hier betrachten, Und hoͤher, als bishero, achten, Da gelbe Blaͤtterchen beym holden Sonnen-Schein Recht in der That durchleuchtig ſeyn. Wenn wir hingegen Sie von der andern Seite ſehn; So iſt das ſchoͤne Gruͤn auf and’re Weiſe ſchoͤn, Weil dann die lichten Sonnen-Stralen Die Blaͤtter all mit einem Glanze malen, Jndem man mit Vergnuͤgen ſieht, Wie auf jedwedem Blat’ ein weiß-gruͤn Lichtgen gluͤht.
Seh’ ich, zu meinem Wolgefallen, Viel kleine Lichter ruͤckwaͤrts prallen Von jedem kleinen Graͤſelein; So wuͤnſch’ ich, daß in meinen Werken Mein Naͤchſter gleichfalls koͤnne merken Der Sonnen-Sonne Gegenſchein.
Wie unterſcheidet ſich das Gruͤn, ſo wir auf Linden, Von dem, ſo wir auf Weiden, finden! Ein anders iſt des Bux-Baums gruͤne Zier, Ein ander Gruͤn hat Taxus und Laurier, Cypreſſen, Myrthen und Wacholder.
Es
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Die duͤnn’ und faſt durchſichtig, bricht;
So laͤſſt das holde Gruͤn, bey heiterm Wetter,
Wie eine gruͤne Gluht.
Weil man nun auf der Welt
Was herrlichs fuͤr durchleuchtig haͤlt;
So laſſt uns doch die Schoͤnheit hier betrachten,
Und hoͤher, als bishero, achten,
Da gelbe Blaͤtterchen beym holden Sonnen-Schein
Recht in der That durchleuchtig ſeyn.
Wenn wir hingegen
Sie von der andern Seite ſehn;
So iſt das ſchoͤne Gruͤn auf and’re Weiſe ſchoͤn,
Weil dann die lichten Sonnen-Stralen
Die Blaͤtter all mit einem Glanze malen,
Jndem man mit Vergnuͤgen ſieht,
Wie auf jedwedem Blat’ ein weiß-gruͤn Lichtgen gluͤht.
Seh’ ich, zu meinem Wolgefallen,
Viel kleine Lichter ruͤckwaͤrts prallen
Von jedem kleinen Graͤſelein;
So wuͤnſch’ ich, daß in meinen Werken
Mein Naͤchſter gleichfalls koͤnne merken
Der Sonnen-Sonne Gegenſchein.
Wie unterſcheidet ſich das Gruͤn, ſo wir auf Linden,
Von dem, ſo wir auf Weiden, finden!
Ein anders iſt des Bux-Baums gruͤne Zier,
Ein ander Gruͤn hat Taxus und Laurier,
Cypreſſen, Myrthen und Wacholder.
Es
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/134>, abgerufen am 24.11.2024.
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