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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Als Alektryo mit der Ordnung der Gebeine seiner Fa¬
milie fertig war, scharrte er die Erde von einer Marmor¬
platte, die vor dem Altar am Boden lag, und Gockel rei¬
nigte sie vollkommen. Auf dieser Platte waren allerlei Zei¬
chen, wie Hahnen und Hühner sie mit ihren Pfoten im
Schnee machen, eingegraben. Alektryo sprach:

Graf Gockel lies,
Was heißet dies?

Gockel konnte aus dem Gekritzel nicht klug werden und
sprach:

Alektryo, mein lieber Hahn,
Wie sehr ich auch nachdenken mag,
Kann ich kein Wörtchen doch verstahn
Von dieser Kribbes-Krabbes-Sprach.

Da erwiederte Alektyro:

Der Ur-Alektryo dies schrieb
Dem Ur-Gockelio zu lieb.
Da keine Handschrift konnte lesen,
Noch schreiben Ur-Gockelio,
So ist ihm hier zu Dienst gewesen
Mit Fußschrift Ur-Alektryo.
Sein Lehrer war ein Indian,
Ein Schreiber des Gott Hahnemann,
Die Tinte war der Morgenthau,
Die Federn waren Hahnenpfoten,
Er schrieb auf Paradieses Au
Zum reinen Kikriki die Noten;
Doch als im Eifer eine Sau
Er einstens hat hineingeklekst,
Fiel gleich sein Stamm mit Kind und Frau
Auf lange Zeiten aus dem Text;
Bis er bei Job als Concipist
Ward angestellet auf dem Mist.
Was Hahn zu Hahn hat je gekräht,
Der Schrei noch um die Erde geht;
4 *

Als Alektryo mit der Ordnung der Gebeine ſeiner Fa¬
milie fertig war, ſcharrte er die Erde von einer Marmor¬
platte, die vor dem Altar am Boden lag, und Gockel rei¬
nigte ſie vollkommen. Auf dieſer Platte waren allerlei Zei¬
chen, wie Hahnen und Huͤhner ſie mit ihren Pfoten im
Schnee machen, eingegraben. Alektryo ſprach:

Graf Gockel lies,
Was heißet dies?

Gockel konnte aus dem Gekritzel nicht klug werden und
ſprach:

Alektryo, mein lieber Hahn,
Wie ſehr ich auch nachdenken mag,
Kann ich kein Woͤrtchen doch verſtahn
Von dieſer Kribbes-Krabbes-Sprach.

Da erwiederte Alektyro:

Der Ur-Alektryo dies ſchrieb
Dem Ur-Gockelio zu lieb.
Da keine Handſchrift konnte leſen,
Noch ſchreiben Ur-Gockelio,
So iſt ihm hier zu Dienſt geweſen
Mit Fußſchrift Ur-Alektryo.
Sein Lehrer war ein Indian,
Ein Schreiber des Gott Hahnemann,
Die Tinte war der Morgenthau,
Die Federn waren Hahnenpfoten,
Er ſchrieb auf Paradieſes Au
Zum reinen Kikriki die Noten;
Doch als im Eifer eine Sau
Er einſtens hat hineingeklekſt,
Fiel gleich ſein Stamm mit Kind und Frau
Auf lange Zeiten aus dem Text;
Bis er bei Job als Concipiſt
Ward angeſtellet auf dem Miſt.
Was Hahn zu Hahn hat je gekraͤht,
Der Schrei noch um die Erde geht;
4 *
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[51/0077] Als Alektryo mit der Ordnung der Gebeine ſeiner Fa¬ milie fertig war, ſcharrte er die Erde von einer Marmor¬ platte, die vor dem Altar am Boden lag, und Gockel rei¬ nigte ſie vollkommen. Auf dieſer Platte waren allerlei Zei¬ chen, wie Hahnen und Huͤhner ſie mit ihren Pfoten im Schnee machen, eingegraben. Alektryo ſprach: Graf Gockel lies, Was heißet dies? Gockel konnte aus dem Gekritzel nicht klug werden und ſprach: Alektryo, mein lieber Hahn, Wie ſehr ich auch nachdenken mag, Kann ich kein Woͤrtchen doch verſtahn Von dieſer Kribbes-Krabbes-Sprach. Da erwiederte Alektyro: Der Ur-Alektryo dies ſchrieb Dem Ur-Gockelio zu lieb. Da keine Handſchrift konnte leſen, Noch ſchreiben Ur-Gockelio, So iſt ihm hier zu Dienſt geweſen Mit Fußſchrift Ur-Alektryo. Sein Lehrer war ein Indian, Ein Schreiber des Gott Hahnemann, Die Tinte war der Morgenthau, Die Federn waren Hahnenpfoten, Er ſchrieb auf Paradieſes Au Zum reinen Kikriki die Noten; Doch als im Eifer eine Sau Er einſtens hat hineingeklekſt, Fiel gleich ſein Stamm mit Kind und Frau Auf lange Zeiten aus dem Text; Bis er bei Job als Concipiſt Ward angeſtellet auf dem Miſt. Was Hahn zu Hahn hat je gekraͤht, Der Schrei noch um die Erde geht; 4 *

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/77>, abgerufen am 09.11.2024.