wird, denn für sie allein sind diese Blätter geschrieben. Wie mir es aber nach dem obigen Schluße meines Tagebuchs bis heute ergangen, mögen diese Kinder, wenn Gott sie mir schenkt, aus meinem folgenden Briefe an Klareta zur Lilien kürzlich vernehmen, den ich nicht abgesendet habe.
Liebe Klareta! Ich danke für dein und der Schwestern Gebet. Es hat die schützenden Engel auf meine Wege ge¬ rufen, sie haben mich gefunden, wenn du gleich nicht wu߬ test, wo ich war. -- Die Erfüllung folgte unserm Doppel¬ traum so dicht auf den Fersen, daß sie meinem Traume beide Pantöffelchen ausgetreten haben würde, hätte er nicht das eine verloren, und dem deinen die Sandalen, wäre er nicht baarfuß gegangen. -- Feuerrothe Röselein habe ich gesucht, die Löwen haben mich entführt und bedrängt, der Hahn hat mich gerettet und -- der Ring ist an meinem Finger. -- Höre! -- Am Morgen des Wetterherrentags schied ich von dir und den Schwestern im Walde -- du sagtest: "gedenke des Traumes!" -- Heimgekehrt vermißte ich die amaranth¬ seidne Decke von Hennegau, du kennst sie, sie war nicht von der Bleiche nach Hause gebracht worden. -- Ich suchte den ganzen Tag in großen Aengsten nach ihr. -- Am Abend aus dem Fenster blickend sah ich sie im Schimmer der sinkenden Sonne auf der entgegengesetzten Seite der Wiese tiefroth funkeln. Ich hatte suchend einen Theil des Brautschmucks meiner Mutter gefunden, ich hatte in kindischer Tändelei das Brautkränzchen aufgesetzt und das sogenannte Paradies¬ gärtchen -- du kennst Beides -- vorgesteckt; in meinen Schleier verhüllt eilte ich einsam und unbemerkt durch das Gartenpförtchen auf die Wiese hin zu der schimmernden Decke. -- Je näher ich dem rothen Fleck kam, je mehr ver¬ gaß ich die Decke, es war die Macht der rothen Farbe über mein Herz, die mich hinriß, angelangt an die Stelle, flog ich auf die funkelnde Decke hin, wie ein Schmetterling in die Flamme und ich sang und hörte das Lied im Walde sin¬
wird, denn fuͤr ſie allein ſind dieſe Blaͤtter geſchrieben. Wie mir es aber nach dem obigen Schluße meines Tagebuchs bis heute ergangen, moͤgen dieſe Kinder, wenn Gott ſie mir ſchenkt, aus meinem folgenden Briefe an Klareta zur Lilien kuͤrzlich vernehmen, den ich nicht abgeſendet habe.
Liebe Klareta! Ich danke fuͤr dein und der Schweſtern Gebet. Es hat die ſchuͤtzenden Engel auf meine Wege ge¬ rufen, ſie haben mich gefunden, wenn du gleich nicht wu߬ teſt, wo ich war. — Die Erfuͤllung folgte unſerm Doppel¬ traum ſo dicht auf den Ferſen, daß ſie meinem Traume beide Pantoͤffelchen ausgetreten haben wuͤrde, haͤtte er nicht das eine verloren, und dem deinen die Sandalen, waͤre er nicht baarfuß gegangen. — Feuerrothe Roͤſelein habe ich geſucht, die Loͤwen haben mich entfuͤhrt und bedraͤngt, der Hahn hat mich gerettet und — der Ring iſt an meinem Finger. — Hoͤre! — Am Morgen des Wetterherrentags ſchied ich von dir und den Schweſtern im Walde — du ſagteſt: „gedenke des Traumes!“ — Heimgekehrt vermißte ich die amaranth¬ ſeidne Decke von Hennegau, du kennſt ſie, ſie war nicht von der Bleiche nach Hauſe gebracht worden. — Ich ſuchte den ganzen Tag in großen Aengſten nach ihr. — Am Abend aus dem Fenſter blickend ſah ich ſie im Schimmer der ſinkenden Sonne auf der entgegengeſetzten Seite der Wieſe tiefroth funkeln. Ich hatte ſuchend einen Theil des Brautſchmucks meiner Mutter gefunden, ich hatte in kindiſcher Taͤndelei das Brautkraͤnzchen aufgeſetzt und das ſogenannte Paradies¬ gaͤrtchen — du kennſt Beides — vorgeſteckt; in meinen Schleier verhuͤllt eilte ich einſam und unbemerkt durch das Gartenpfoͤrtchen auf die Wieſe hin zu der ſchimmernden Decke. — Je naͤher ich dem rothen Fleck kam, je mehr ver¬ gaß ich die Decke, es war die Macht der rothen Farbe uͤber mein Herz, die mich hinriß, angelangt an die Stelle, flog ich auf die funkelnde Decke hin, wie ein Schmetterling in die Flamme und ich ſang und hoͤrte das Lied im Walde ſin¬
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wird, denn fuͤr ſie allein ſind dieſe Blaͤtter geſchrieben. Wie
mir es aber nach dem obigen Schluße meines Tagebuchs bis
heute ergangen, moͤgen dieſe Kinder, wenn Gott ſie mir
ſchenkt, aus meinem folgenden Briefe an Klareta zur Lilien
kuͤrzlich vernehmen, den ich nicht abgeſendet habe.
Liebe Klareta! Ich danke fuͤr dein und der Schweſtern
Gebet. Es hat die ſchuͤtzenden Engel auf meine Wege ge¬
rufen, ſie haben mich gefunden, wenn du gleich nicht wu߬
teſt, wo ich war. — Die Erfuͤllung folgte unſerm Doppel¬
traum ſo dicht auf den Ferſen, daß ſie meinem Traume beide
Pantoͤffelchen ausgetreten haben wuͤrde, haͤtte er nicht das
eine verloren, und dem deinen die Sandalen, waͤre er nicht
baarfuß gegangen. — Feuerrothe Roͤſelein habe ich geſucht,
die Loͤwen haben mich entfuͤhrt und bedraͤngt, der Hahn hat
mich gerettet und — der Ring iſt an meinem Finger. —
Hoͤre! — Am Morgen des Wetterherrentags ſchied ich von
dir und den Schweſtern im Walde — du ſagteſt: „gedenke
des Traumes!“ — Heimgekehrt vermißte ich die amaranth¬
ſeidne Decke von Hennegau, du kennſt ſie, ſie war nicht von
der Bleiche nach Hauſe gebracht worden. — Ich ſuchte den
ganzen Tag in großen Aengſten nach ihr. — Am Abend aus
dem Fenſter blickend ſah ich ſie im Schimmer der ſinkenden
Sonne auf der entgegengeſetzten Seite der Wieſe tiefroth
funkeln. Ich hatte ſuchend einen Theil des Brautſchmucks
meiner Mutter gefunden, ich hatte in kindiſcher Taͤndelei
das Brautkraͤnzchen aufgeſetzt und das ſogenannte Paradies¬
gaͤrtchen — du kennſt Beides — vorgeſteckt; in meinen
Schleier verhuͤllt eilte ich einſam und unbemerkt durch das
Gartenpfoͤrtchen auf die Wieſe hin zu der ſchimmernden
Decke. — Je naͤher ich dem rothen Fleck kam, je mehr ver¬
gaß ich die Decke, es war die Macht der rothen Farbe uͤber
mein Herz, die mich hinriß, angelangt an die Stelle, flog
ich auf die funkelnde Decke hin, wie ein Schmetterling in
die Flamme und ich ſang und hoͤrte das Lied im Walde ſin¬
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/378>, abgerufen am 22.11.2024.
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