zu verhalten hätte, so die Kraft der Kleinode bekannt wür¬ de. -- Jakob von Guise hörte Alles ruhig und ohne beson¬ deres Staunen an, dann und wann lächelte er, freundlichen Beifall gebend, oder richtete die Augen gegen Himmel. Er sprach: "Alles dieses befremdet mich nicht, wir wollen Got¬ tes Gnade darin bewundern und treu bewahren, wir wollen danken, daß keine Sünde darin ist und bitten, daß wir nicht versucht werden. Unser Zusammenhang mit dem ersten Menschenpaar ist uns so nah und gewiß, als Sünde, Tod und Erlösung; wie sollen wir groß staunen, die Spangen Rebeckas, den Stein Jakobs, den Ring Salomonis mit Vadutz und Hennegau in Berührung zu sehen, habe ich doch in meiner Chronik die nahe Verwandtschaft des Volkes Got¬ tes mit dem Lande Hennegau augenscheinlich bewiesen. Fände aber solche Verwandschaft nicht überall statt, wie wäre dann die Geschichte jenes Volkes eine heilige Geschichte, und was ginge sie uns an. -- Daß die Kraft der Kleinode bekannt werde, ist weder zu suchen, noch zu verhindern. Gott hatte sie verborgen, Gott hat sie wieder zu Tage gelegt, wir wol¬ len einen heiligen Gebrauch davon machen, wie von uns selbst. Bei der Geburt des armen Kindes von Hennegau ward gesungen: "sein Reich ruht auf seinen Schultern," wie soll es nun dieses Reich recht regieren, als nach dem Gesetze: "nimm dein Kreutz auf dich und folge mir nach!" Erwäge und befolge, was ich dir heute Morgen in des Täu¬ fers Kapelle gesagt, da ich dich und die Kleinode segnete, und du wirst sie würdig auf deinen Schultern tragen. -- Nun will ich dir auch die alten Sagen vom Ursprung der Achselbänder Rebeckas mittheilen, welche der Mönch von Kloster Bänderen der Klareta mitgegeben und diese mir über¬ reicht hat. Ich habe noch Einiges dazu geschrieben, was ich auf eine so merkwürdige Weise vernommen habe, daß es mir nicht ganz verwerflich schien. -- Am Tage St. Ser¬ vatii ging ich von des Täufers Kapelle tiefer in den Wald
zu verhalten haͤtte, ſo die Kraft der Kleinode bekannt wuͤr¬ de. — Jakob von Guiſe hoͤrte Alles ruhig und ohne beſon¬ deres Staunen an, dann und wann laͤchelte er, freundlichen Beifall gebend, oder richtete die Augen gegen Himmel. Er ſprach: „Alles dieſes befremdet mich nicht, wir wollen Got¬ tes Gnade darin bewundern und treu bewahren, wir wollen danken, daß keine Suͤnde darin iſt und bitten, daß wir nicht verſucht werden. Unſer Zuſammenhang mit dem erſten Menſchenpaar iſt uns ſo nah und gewiß, als Suͤnde, Tod und Erloͤſung; wie ſollen wir groß ſtaunen, die Spangen Rebeckas, den Stein Jakobs, den Ring Salomonis mit Vadutz und Hennegau in Beruͤhrung zu ſehen, habe ich doch in meiner Chronik die nahe Verwandtſchaft des Volkes Got¬ tes mit dem Lande Hennegau augenſcheinlich bewieſen. Faͤnde aber ſolche Verwandſchaft nicht uͤberall ſtatt, wie waͤre dann die Geſchichte jenes Volkes eine heilige Geſchichte, und was ginge ſie uns an. — Daß die Kraft der Kleinode bekannt werde, iſt weder zu ſuchen, noch zu verhindern. Gott hatte ſie verborgen, Gott hat ſie wieder zu Tage gelegt, wir wol¬ len einen heiligen Gebrauch davon machen, wie von uns ſelbſt. Bei der Geburt des armen Kindes von Hennegau ward geſungen: „ſein Reich ruht auf ſeinen Schultern,“ wie ſoll es nun dieſes Reich recht regieren, als nach dem Geſetze: „nimm dein Kreutz auf dich und folge mir nach!“ Erwaͤge und befolge, was ich dir heute Morgen in des Taͤu¬ fers Kapelle geſagt, da ich dich und die Kleinode ſegnete, und du wirſt ſie wuͤrdig auf deinen Schultern tragen. — Nun will ich dir auch die alten Sagen vom Urſprung der Achſelbaͤnder Rebeckas mittheilen, welche der Moͤnch von Kloſter Baͤnderen der Klareta mitgegeben und dieſe mir uͤber¬ reicht hat. Ich habe noch Einiges dazu geſchrieben, was ich auf eine ſo merkwuͤrdige Weiſe vernommen habe, daß es mir nicht ganz verwerflich ſchien. — Am Tage St. Ser¬ vatii ging ich von des Taͤufers Kapelle tiefer in den Wald
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zu verhalten haͤtte, ſo die Kraft der Kleinode bekannt wuͤr¬
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deres Staunen an, dann und wann laͤchelte er, freundlichen
Beifall gebend, oder richtete die Augen gegen Himmel. Er
ſprach: „Alles dieſes befremdet mich nicht, wir wollen Got¬
tes Gnade darin bewundern und treu bewahren, wir wollen
danken, daß keine Suͤnde darin iſt und bitten, daß wir
nicht verſucht werden. Unſer Zuſammenhang mit dem erſten
Menſchenpaar iſt uns ſo nah und gewiß, als Suͤnde, Tod
und Erloͤſung; wie ſollen wir groß ſtaunen, die Spangen
Rebeckas, den Stein Jakobs, den Ring Salomonis mit
Vadutz und Hennegau in Beruͤhrung zu ſehen, habe ich doch
in meiner Chronik die nahe Verwandtſchaft des Volkes Got¬
tes mit dem Lande Hennegau augenſcheinlich bewieſen. Faͤnde
aber ſolche Verwandſchaft nicht uͤberall ſtatt, wie waͤre dann
die Geſchichte jenes Volkes eine heilige Geſchichte, und was
ginge ſie uns an. — Daß die Kraft der Kleinode bekannt
werde, iſt weder zu ſuchen, noch zu verhindern. Gott hatte
ſie verborgen, Gott hat ſie wieder zu Tage gelegt, wir wol¬
len einen heiligen Gebrauch davon machen, wie von uns
ſelbſt. Bei der Geburt des armen Kindes von Hennegau
ward geſungen: „ſein Reich ruht auf ſeinen Schultern,“
wie ſoll es nun dieſes Reich recht regieren, als nach dem
Geſetze: „nimm dein Kreutz auf dich und folge mir nach!“
Erwaͤge und befolge, was ich dir heute Morgen in des Taͤu¬
fers Kapelle geſagt, da ich dich und die Kleinode ſegnete,
und du wirſt ſie wuͤrdig auf deinen Schultern tragen. —
Nun will ich dir auch die alten Sagen vom Urſprung der
Achſelbaͤnder Rebeckas mittheilen, welche der Moͤnch von
Kloſter Baͤnderen der Klareta mitgegeben und dieſe mir uͤber¬
reicht hat. Ich habe noch Einiges dazu geſchrieben, was
ich auf eine ſo merkwuͤrdige Weiſe vernommen habe, daß
es mir nicht ganz verwerflich ſchien. — Am Tage St. Ser¬
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/355>, abgerufen am 23.11.2024.
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