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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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in meinem Walde grasen zu lassen, wofür sie und ihre
Nachkommen bei Braut und Leichenzügen ein Grashuhn zu
entrichten haben.

Sonntag Jubilate. Wenn man singt: jauchzet
Gott alle Lande. Ordensversammlung. Es war eine Rede in
Hennegau, der ewige Jude sey gesehen worden und glaubte
selbst Serpoleta ihn gestern im Walde gesehen zu haben und
beschrieb ihn gar kläglich und irrend und wollte nicht sagen,
was sie mit ihm gehabt. Ich erzählte aber, wie mein see¬
liger Herr Vater in England einen gelehrten Mönch Mathias
Paris besucht, sey zu diesem ein reisender Bischof aus Ar¬
menien gekommen und habe erzählt, daß er den ewigen Ju¬
den selbst gesprochen, der den kreuztragenden Herrn nicht bei
sich ruhen lassen und nun ewig ohne Ruh und Rast zur War¬
nung herumziehen und suchen müsse. Da sprach Serpoleta:
"ja zur Warnung, denn er sprach zu mir, da ich ihm ein
Almosen bot:

"Schön Dank! ich brauch nicht Gut noch Geld,
Mir fehlt, was ich versaget,
Hab Müdem keinen Sitz gestellt,
Werd ruhlos umgejaget.
Kömmt je mit seinem Kreuz zu dir
Ein müder Mann gegangen,
Laß ruhen ihn und schenke mir
Die Lieb, die er empfangen,
Sitz zu ihm, hör ihn an mit Huld,
In ihm dem Herrn dies thue,
Dann zahlst du mild an meiner Schuld
Und hilfst zu meiner Ruhe!"

Er sah mich scharf und traurig dabei an und eilte durch
die Büsche weg. Ich höre sie noch hinter ihm rauschen.
Mir ward so bang seit seinem Blick, ich fühlte mich ohne
Ruhe, bis ich den ersten besten Kreuzträger eingeladen, bei
mir zu ruhen und mir sein Leid zu klagen, da ward mir bes¬

in meinem Walde graſen zu laſſen, wofuͤr ſie und ihre
Nachkommen bei Braut und Leichenzuͤgen ein Grashuhn zu
entrichten haben.

Sonntag Jubilate. Wenn man ſingt: jauchzet
Gott alle Lande. Ordensverſammlung. Es war eine Rede in
Hennegau, der ewige Jude ſey geſehen worden und glaubte
ſelbſt Serpoleta ihn geſtern im Walde geſehen zu haben und
beſchrieb ihn gar klaͤglich und irrend und wollte nicht ſagen,
was ſie mit ihm gehabt. Ich erzaͤhlte aber, wie mein ſee¬
liger Herr Vater in England einen gelehrten Moͤnch Mathias
Paris beſucht, ſey zu dieſem ein reiſender Biſchof aus Ar¬
menien gekommen und habe erzaͤhlt, daß er den ewigen Ju¬
den ſelbſt geſprochen, der den kreuztragenden Herrn nicht bei
ſich ruhen laſſen und nun ewig ohne Ruh und Raſt zur War¬
nung herumziehen und ſuchen muͤſſe. Da ſprach Serpoleta:
„ja zur Warnung, denn er ſprach zu mir, da ich ihm ein
Almoſen bot:

„Schoͤn Dank! ich brauch nicht Gut noch Geld,
Mir fehlt, was ich verſaget,
Hab Muͤdem keinen Sitz geſtellt,
Werd ruhlos umgejaget.
Koͤmmt je mit ſeinem Kreuz zu dir
Ein muͤder Mann gegangen,
Laß ruhen ihn und ſchenke mir
Die Lieb, die er empfangen,
Sitz zu ihm, hoͤr ihn an mit Huld,
In ihm dem Herrn dies thue,
Dann zahlſt du mild an meiner Schuld
Und hilfſt zu meiner Ruhe!“

Er ſah mich ſcharf und traurig dabei an und eilte durch
die Buͤſche weg. Ich hoͤre ſie noch hinter ihm rauſchen.
Mir ward ſo bang ſeit ſeinem Blick, ich fuͤhlte mich ohne
Ruhe, bis ich den erſten beſten Kreuztraͤger eingeladen, bei
mir zu ruhen und mir ſein Leid zu klagen, da ward mir beſ¬

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[251/0305] in meinem Walde graſen zu laſſen, wofuͤr ſie und ihre Nachkommen bei Braut und Leichenzuͤgen ein Grashuhn zu entrichten haben. Sonntag Jubilate. Wenn man ſingt: jauchzet Gott alle Lande. Ordensverſammlung. Es war eine Rede in Hennegau, der ewige Jude ſey geſehen worden und glaubte ſelbſt Serpoleta ihn geſtern im Walde geſehen zu haben und beſchrieb ihn gar klaͤglich und irrend und wollte nicht ſagen, was ſie mit ihm gehabt. Ich erzaͤhlte aber, wie mein ſee¬ liger Herr Vater in England einen gelehrten Moͤnch Mathias Paris beſucht, ſey zu dieſem ein reiſender Biſchof aus Ar¬ menien gekommen und habe erzaͤhlt, daß er den ewigen Ju¬ den ſelbſt geſprochen, der den kreuztragenden Herrn nicht bei ſich ruhen laſſen und nun ewig ohne Ruh und Raſt zur War¬ nung herumziehen und ſuchen muͤſſe. Da ſprach Serpoleta: „ja zur Warnung, denn er ſprach zu mir, da ich ihm ein Almoſen bot: „Schoͤn Dank! ich brauch nicht Gut noch Geld, Mir fehlt, was ich verſaget, Hab Muͤdem keinen Sitz geſtellt, Werd ruhlos umgejaget. Koͤmmt je mit ſeinem Kreuz zu dir Ein muͤder Mann gegangen, Laß ruhen ihn und ſchenke mir Die Lieb, die er empfangen, Sitz zu ihm, hoͤr ihn an mit Huld, In ihm dem Herrn dies thue, Dann zahlſt du mild an meiner Schuld Und hilfſt zu meiner Ruhe!“ Er ſah mich ſcharf und traurig dabei an und eilte durch die Buͤſche weg. Ich hoͤre ſie noch hinter ihm rauſchen. Mir ward ſo bang ſeit ſeinem Blick, ich fuͤhlte mich ohne Ruhe, bis ich den erſten beſten Kreuztraͤger eingeladen, bei mir zu ruhen und mir ſein Leid zu klagen, da ward mir beſ¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/305>, abgerufen am 25.11.2024.