Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.und wie sie eine Einsiedlerin werden möchte, daß ich ihr ein Sonntag Misericordias. Da man liest vom guten "Kling, kling Glöckchen Weis durch braune Löckchen, Das Huhn sitzt auf dem Osternest Und brütet auf das Pfinsterfest, Zum Segen über Land und Haus Drei schöne Seidenpüppchen aus. Eins spinnt Seiden, Eins flicht Weiden, Eins thut den Himmel auf, Läßt ein Bischen Sonn heraus, Läßt ein Bischen drinnen, Draus will Maria spinnen Ein goldig Pfinsttagsröckelein Für ihr holdselig Kindelein." Cretellina hatte mir mit dem Kranze etwas Liebes an¬ und wie ſie eine Einſiedlerin werden moͤchte, daß ich ihr ein Sonntag Miſericordias. Da man liest vom guten „Kling, kling Gloͤckchen Weis durch braune Loͤckchen, Das Huhn ſitzt auf dem Oſterneſt Und bruͤtet auf das Pfinſterfeſt, Zum Segen uͤber Land und Haus Drei ſchoͤne Seidenpuͤppchen aus. Eins ſpinnt Seiden, Eins flicht Weiden, Eins thut den Himmel auf, Laͤßt ein Bischen Sonn heraus, Laͤßt ein Bischen drinnen, Draus will Maria ſpinnen Ein goldig Pfinſttagsroͤckelein Fuͤr ihr holdſelig Kindelein.“ Cretellina hatte mir mit dem Kranze etwas Liebes an¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0304" n="250"/> und wie ſie eine Einſiedlerin werden moͤchte, daß ich ihr ein<lb/> ſchoͤnes Stuͤck Wald ſchenkte, wofuͤr ſie ein Waldhuhn bei<lb/> Braut- und Leichenzuͤgen zu entrichten hat.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Sonntag Miſericordias</hi>. Da man liest vom guten<lb/> Hirten. Ordensverſammlung. Wir fuͤhrten die Kinder in<lb/> die Kinderlehre und hielten hierauf einen Schaͤferzug. Mit<lb/> Hirtenſtaͤben in der Hand, geſchmuͤckte Schaafe und Laͤmmer<lb/> fuͤhrend, giengen wir zu den Armen, die viele Kinder hatten,<lb/> beſchenkten die Eltern mit den Schaafen und fuͤhrten die<lb/> Kinder, die wir neu kleideten, auf die Wieſe, wo wir ſie<lb/> ſpeiſeten und mit ihnen ſpielten. Abends waren die Ordens¬<lb/> geſpielinnen bei mir im Garten, wir tranken Maiwein, und<lb/> da wir froͤhlich waren wie Kinder, ſetzte mir Cretellina einen<lb/> dichten Kranz von Maigloͤckchen auf das Haupt, als die<lb/> weiſen Gloͤckchen mir zwiſchen den Locken nieder in die<lb/> Augen ſahen, ward ich wunderbar freudig und ſang unter<lb/> Thraͤnen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Kling, kling Gloͤckchen</l><lb/> <l>Weis durch braune Loͤckchen,</l><lb/> <l>Das Huhn ſitzt auf dem Oſterneſt</l><lb/> <l>Und bruͤtet auf das Pfinſterfeſt,</l><lb/> <l>Zum Segen uͤber Land und Haus</l><lb/> <l>Drei ſchoͤne Seidenpuͤppchen aus.</l><lb/> <l>Eins ſpinnt Seiden,</l><lb/> <l>Eins flicht Weiden,</l><lb/> <l>Eins thut den Himmel auf,</l><lb/> <l>Laͤßt ein Bischen Sonn heraus,</l><lb/> <l>Laͤßt ein Bischen drinnen,</l><lb/> <l>Draus will Maria ſpinnen</l><lb/> <l>Ein goldig Pfinſttagsroͤckelein</l><lb/> <l>Fuͤr ihr holdſelig Kindelein.“</l><lb/> </lg> <p>Cretellina hatte mir mit dem Kranze etwas Liebes an¬<lb/> gethan, ich umarmte ſie und ſchenkte ihr, weil ſie die Bluͤm¬<lb/> chen weit im Walde zuſammenſuchte, das Recht, ihre Heerde<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0304]
und wie ſie eine Einſiedlerin werden moͤchte, daß ich ihr ein
ſchoͤnes Stuͤck Wald ſchenkte, wofuͤr ſie ein Waldhuhn bei
Braut- und Leichenzuͤgen zu entrichten hat.
Sonntag Miſericordias. Da man liest vom guten
Hirten. Ordensverſammlung. Wir fuͤhrten die Kinder in
die Kinderlehre und hielten hierauf einen Schaͤferzug. Mit
Hirtenſtaͤben in der Hand, geſchmuͤckte Schaafe und Laͤmmer
fuͤhrend, giengen wir zu den Armen, die viele Kinder hatten,
beſchenkten die Eltern mit den Schaafen und fuͤhrten die
Kinder, die wir neu kleideten, auf die Wieſe, wo wir ſie
ſpeiſeten und mit ihnen ſpielten. Abends waren die Ordens¬
geſpielinnen bei mir im Garten, wir tranken Maiwein, und
da wir froͤhlich waren wie Kinder, ſetzte mir Cretellina einen
dichten Kranz von Maigloͤckchen auf das Haupt, als die
weiſen Gloͤckchen mir zwiſchen den Locken nieder in die
Augen ſahen, ward ich wunderbar freudig und ſang unter
Thraͤnen:
„Kling, kling Gloͤckchen
Weis durch braune Loͤckchen,
Das Huhn ſitzt auf dem Oſterneſt
Und bruͤtet auf das Pfinſterfeſt,
Zum Segen uͤber Land und Haus
Drei ſchoͤne Seidenpuͤppchen aus.
Eins ſpinnt Seiden,
Eins flicht Weiden,
Eins thut den Himmel auf,
Laͤßt ein Bischen Sonn heraus,
Laͤßt ein Bischen drinnen,
Draus will Maria ſpinnen
Ein goldig Pfinſttagsroͤckelein
Fuͤr ihr holdſelig Kindelein.“
Cretellina hatte mir mit dem Kranze etwas Liebes an¬
gethan, ich umarmte ſie und ſchenkte ihr, weil ſie die Bluͤm¬
chen weit im Walde zuſammenſuchte, das Recht, ihre Heerde
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