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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Gackeleia:

"O wie artig, wie scharmant!
Doch, das sollst du nicht mehr thun,
Lass' nur Reh und Häschen ruhn."

Der Alte:

"Guck', hier bei dem neunten Glöckchen,
Ein ganz reputirlich Röckchen,
Wenn sie ist ein Nähemädchen;
Hier im Körbchen, Nähelädchen,
Sind viel Zwirn- und Seidenfädchen,
Nadeln, Scheerchen, Fingerhut
Und noch viele Dinger gut.
Nimmermehr ihr Finger ruht,
Denn zuletzt noch zupfet sie
Alle Restchen zur Charpie;
Und nimmt dann die Kinderkäppchen,
Flickelfleckt aus hundert Läppchen,
All die Hemdchen, Röckchen, Jäckchen
Und die Schürzchen mit zwei Säckchen,
Ausgespitzt aus vielen Fleckchen,
All' die art'gen Dingerchen
Auf die feinen Fingerchen,
Drehet sie mit Freudenblicken
Und mit kind'schem Beifallnicken
Appetitlich auf der Hand."

Gackeleia:

"O wie artig, wie scharmant!
Komm', ich hab gar schöne Läppchen,
Komm', wir machen Kinderkäppchen."

Der Alte:

"Guck', hier bei dem zehnten Glöckchen
Hängt für sie ein krauses Röckchen
Und ein Hut mit Blumenstrauß,
Geht als Sennerin sie aus.
Sieh' im Korb die Blätter decken
Viele reine Butterwecken;

Gackeleia:

„O wie artig, wie ſcharmant!
Doch, das ſollſt du nicht mehr thun,
Laſſ' nur Reh und Haͤschen ruhn.“

Der Alte:

„Guck', hier bei dem neunten Gloͤckchen,
Ein ganz reputirlich Roͤckchen,
Wenn ſie iſt ein Naͤhemaͤdchen;
Hier im Koͤrbchen, Naͤhelaͤdchen,
Sind viel Zwirn- und Seidenfaͤdchen,
Nadeln, Scheerchen, Fingerhut
Und noch viele Dinger gut.
Nimmermehr ihr Finger ruht,
Denn zuletzt noch zupfet ſie
Alle Reſtchen zur Charpie;
Und nimmt dann die Kinderkaͤppchen,
Flickelfleckt aus hundert Laͤppchen,
All die Hemdchen, Roͤckchen, Jaͤckchen
Und die Schuͤrzchen mit zwei Saͤckchen,
Ausgeſpitzt aus vielen Fleckchen,
All' die art'gen Dingerchen
Auf die feinen Fingerchen,
Drehet ſie mit Freudenblicken
Und mit kind'ſchem Beifallnicken
Appetitlich auf der Hand.“

Gackeleia:

„O wie artig, wie ſcharmant!
Komm', ich hab gar ſchoͤne Laͤppchen,
Komm', wir machen Kinderkaͤppchen.“

Der Alte:

„Guck', hier bei dem zehnten Gloͤckchen
Haͤngt fuͤr ſie ein krauſes Roͤckchen
Und ein Hut mit Blumenſtrauß,
Geht als Sennerin ſie aus.
Sieh' im Korb die Blaͤtter decken
Viele reine Butterwecken;
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[102/0140] Gackeleia: „O wie artig, wie ſcharmant! Doch, das ſollſt du nicht mehr thun, Laſſ' nur Reh und Haͤschen ruhn.“ Der Alte: „Guck', hier bei dem neunten Gloͤckchen, Ein ganz reputirlich Roͤckchen, Wenn ſie iſt ein Naͤhemaͤdchen; Hier im Koͤrbchen, Naͤhelaͤdchen, Sind viel Zwirn- und Seidenfaͤdchen, Nadeln, Scheerchen, Fingerhut Und noch viele Dinger gut. Nimmermehr ihr Finger ruht, Denn zuletzt noch zupfet ſie Alle Reſtchen zur Charpie; Und nimmt dann die Kinderkaͤppchen, Flickelfleckt aus hundert Laͤppchen, All die Hemdchen, Roͤckchen, Jaͤckchen Und die Schuͤrzchen mit zwei Saͤckchen, Ausgeſpitzt aus vielen Fleckchen, All' die art'gen Dingerchen Auf die feinen Fingerchen, Drehet ſie mit Freudenblicken Und mit kind'ſchem Beifallnicken Appetitlich auf der Hand.“ Gackeleia: „O wie artig, wie ſcharmant! Komm', ich hab gar ſchoͤne Laͤppchen, Komm', wir machen Kinderkaͤppchen.“ Der Alte: „Guck', hier bei dem zehnten Gloͤckchen Haͤngt fuͤr ſie ein krauſes Roͤckchen Und ein Hut mit Blumenſtrauß, Geht als Sennerin ſie aus. Sieh' im Korb die Blaͤtter decken Viele reine Butterwecken;

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/140>, abgerufen am 29.03.2024.