Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Fette Milch und frische Eier Trägt sie feil, ist gar nicht theuer, Jeder sie noch billig fand." Gackeleia: "O wie artig, wie scharmant! Sennerin komm' und mess' geschwind Mir ein Schöppchen Milch für's Kind." Der Alte: "Guck', bei diesem eilften Glöckchen Hängt ein grob geflicktes Röckchen Und ein graues Futtersäckchen, Und hier in dem Wanderbündlein Trägt ein schreiend Wickelkindlein, Mit dem Lutscher in dem Mündchen, Sie als Pilgerin durch's Land; Hier ihr kluges, mag'res Hündchen, Das Septemberle genannt, Ist in aller Welt bekannt." Gackeleia: "O wie artig, wie scharmant! Armes Kindchen komm' zu mir, Deinen Lutscher füll' ich dir." Der Alte: "Guck', bei diesem zwölften Glöckchen
Glänzt ein Purpur-Sammetröckchen, Breit verbrämt mit Hermelin, Und am Krönchen goldig, perlich, Und am Scepter blitzend herrlich Lacht Smaragd und glüht Rubin. Wenn sie sich als Königin Setzt auf's goldne Thrönchen hin, Und die goldgestickte Schleppe Niederhänget auf der Treppe, Küßt man still den goldnen Rand." Fette Milch und friſche Eier Traͤgt ſie feil, iſt gar nicht theuer, Jeder ſie noch billig fand.“ Gackeleia: „O wie artig, wie ſcharmant! Sennerin komm' und meſſ' geſchwind Mir ein Schoͤppchen Milch fuͤr's Kind.“ Der Alte: „Guck', bei dieſem eilften Gloͤckchen Haͤngt ein grob geflicktes Roͤckchen Und ein graues Futterſaͤckchen, Und hier in dem Wanderbuͤndlein Traͤgt ein ſchreiend Wickelkindlein, Mit dem Lutſcher in dem Muͤndchen, Sie als Pilgerin durch's Land; Hier ihr kluges, mag'res Huͤndchen, Das Septemberle genannt, Iſt in aller Welt bekannt.“ Gackeleia: „O wie artig, wie ſcharmant! Armes Kindchen komm' zu mir, Deinen Lutſcher fuͤll' ich dir.“ Der Alte: „Guck', bei dieſem zwoͤlften Gloͤckchen
Glaͤnzt ein Purpur-Sammetroͤckchen, Breit verbraͤmt mit Hermelin, Und am Kroͤnchen goldig, perlich, Und am Scepter blitzend herrlich Lacht Smaragd und gluͤht Rubin. Wenn ſie ſich als Koͤnigin Setzt auf's goldne Throͤnchen hin, Und die goldgeſtickte Schleppe Niederhaͤnget auf der Treppe, Kuͤßt man ſtill den goldnen Rand.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0141" n="103"/> <l>Fette Milch und friſche Eier</l><lb/> <l>Traͤgt ſie feil, iſt gar nicht theuer,</l><lb/> <l>Jeder ſie noch billig fand.“</l><lb/> </lg> <p>Gackeleia:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„O wie artig, wie ſcharmant!</l><lb/> <l>Sennerin komm' und meſſ' geſchwind</l><lb/> <l>Mir ein Schoͤppchen Milch fuͤr's Kind.“</l><lb/> </lg> <p>Der Alte:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Guck', bei dieſem eilften Gloͤckchen</l><lb/> <l>Haͤngt ein grob geflicktes Roͤckchen</l><lb/> <l>Und ein graues Futterſaͤckchen,</l><lb/> <l>Und hier in dem Wanderbuͤndlein</l><lb/> <l>Traͤgt ein ſchreiend Wickelkindlein,</l><lb/> <l>Mit dem Lutſcher in dem Muͤndchen,</l><lb/> <l>Sie als Pilgerin durch's Land;</l><lb/> <l>Hier ihr kluges, mag'res Huͤndchen,</l><lb/> <l>Das Septemberle genannt,</l><lb/> <l>Iſt in aller Welt bekannt.“</l><lb/> </lg> <p>Gackeleia:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„O wie artig, wie ſcharmant!</l><lb/> <l>Armes Kindchen komm' zu mir,</l><lb/> <l>Deinen Lutſcher fuͤll' ich dir.“</l><lb/> </lg> <p>Der Alte:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Guck', bei dieſem zwoͤlften Gloͤckchen</l><lb/> <l>Glaͤnzt ein Purpur-Sammetroͤckchen,</l><lb/> <l>Breit verbraͤmt mit Hermelin,</l><lb/> <l>Und am Kroͤnchen goldig, perlich,</l><lb/> <l>Und am Scepter blitzend herrlich</l><lb/> <l>Lacht Smaragd und gluͤht Rubin.</l><lb/> <l>Wenn ſie ſich als Koͤnigin</l><lb/> <l>Setzt auf's goldne Throͤnchen hin,</l><lb/> <l>Und die goldgeſtickte Schleppe</l><lb/> <l>Niederhaͤnget auf der Treppe,</l><lb/> <l>Kuͤßt man ſtill den goldnen Rand.“</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [103/0141]
Fette Milch und friſche Eier
Traͤgt ſie feil, iſt gar nicht theuer,
Jeder ſie noch billig fand.“
Gackeleia:
„O wie artig, wie ſcharmant!
Sennerin komm' und meſſ' geſchwind
Mir ein Schoͤppchen Milch fuͤr's Kind.“
Der Alte:
„Guck', bei dieſem eilften Gloͤckchen
Haͤngt ein grob geflicktes Roͤckchen
Und ein graues Futterſaͤckchen,
Und hier in dem Wanderbuͤndlein
Traͤgt ein ſchreiend Wickelkindlein,
Mit dem Lutſcher in dem Muͤndchen,
Sie als Pilgerin durch's Land;
Hier ihr kluges, mag'res Huͤndchen,
Das Septemberle genannt,
Iſt in aller Welt bekannt.“
Gackeleia:
„O wie artig, wie ſcharmant!
Armes Kindchen komm' zu mir,
Deinen Lutſcher fuͤll' ich dir.“
Der Alte:
„Guck', bei dieſem zwoͤlften Gloͤckchen
Glaͤnzt ein Purpur-Sammetroͤckchen,
Breit verbraͤmt mit Hermelin,
Und am Kroͤnchen goldig, perlich,
Und am Scepter blitzend herrlich
Lacht Smaragd und gluͤht Rubin.
Wenn ſie ſich als Koͤnigin
Setzt auf's goldne Throͤnchen hin,
Und die goldgeſtickte Schleppe
Niederhaͤnget auf der Treppe,
Kuͤßt man ſtill den goldnen Rand.“
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