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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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Macht nun aber die Leidenschaft, die unbezähmte
Leidenschaft den Mann glücklich, hebt und adelt sie ihn?
Wer in der ganzen Welt möchte das behaupten? Hat
je die Unmäßigkeit, die Trunksucht einen Mann glück-
lich gemacht und ihm Ehre und Würde verliehen?
Nein; bis in den Staub der Straße, bis unter das
unvernünftige Thier erniedrigt sie die Männer. Hat
je die Unlauterkeit Heil und Frieden dem Herzen des
Mannes geschenkt? Nein, mit Unrath und Schmutz,
mit Oede und Leere, mit Unfrieden und Verwirrung
füllt sie es an. Jede Leidenschaft treibt ihre scharfen
Dorne in das Herz des Mannes und macht seinen
Lebensweg zu einem Dornenweg; jede Leidenschaft reißt
dem Manne die Herrscherkrone, das Diadem seiner
Würde, mit dem der Schöpfer ihn geschmückt hat, vom
Haupte und macht ihn zum Sclaven. "Wer Sünde
thut, ist ein Sclave der Sünde
"
(Joh. 8, 34).

Will der Mann nun vernünftig sein, will er wahre
Selbstliebe besitzen, so muß er Alles achten und hoch-
schätzen, was ihm die Leidenschaft überwinden hilft.
Das thut aber vor Allem unsere heilige Religion. Ist
es denn nicht unsere heilige Religion, die uns beständig
ermahnt, daß wir wachen über unser Inneres, daß wir
streiten gegen unsere bösen Neigungen, daß wir ja
keinen Frieden mit denselben schließen? Ist es nicht
unsere heilige Religion, die uns darum so oft erinnert
an die tief ernsten christlichen Wahrheiten, an die Heilig-
keit und Gerechtigkeit Gottes, an Tod, Gericht und
Ewigkeit, und die, um uns anzuspornen zum beharrlichen

Macht nun aber die Leidenschaft, die unbezähmte
Leidenschaft den Mann glücklich, hebt und adelt sie ihn?
Wer in der ganzen Welt möchte das behaupten? Hat
je die Unmäßigkeit, die Trunksucht einen Mann glück-
lich gemacht und ihm Ehre und Würde verliehen?
Nein; bis in den Staub der Straße, bis unter das
unvernünftige Thier erniedrigt sie die Männer. Hat
je die Unlauterkeit Heil und Frieden dem Herzen des
Mannes geschenkt? Nein, mit Unrath und Schmutz,
mit Oede und Leere, mit Unfrieden und Verwirrung
füllt sie es an. Jede Leidenschaft treibt ihre scharfen
Dorne in das Herz des Mannes und macht seinen
Lebensweg zu einem Dornenweg; jede Leidenschaft reißt
dem Manne die Herrscherkrone, das Diadem seiner
Würde, mit dem der Schöpfer ihn geschmückt hat, vom
Haupte und macht ihn zum Sclaven. Wer Sünde
thut, ist ein Sclave der Sünde
(Joh. 8, 34).

Will der Mann nun vernünftig sein, will er wahre
Selbstliebe besitzen, so muß er Alles achten und hoch-
schätzen, was ihm die Leidenschaft überwinden hilft.
Das thut aber vor Allem unsere heilige Religion. Ist
es denn nicht unsere heilige Religion, die uns beständig
ermahnt, daß wir wachen über unser Inneres, daß wir
streiten gegen unsere bösen Neigungen, daß wir ja
keinen Frieden mit denselben schließen? Ist es nicht
unsere heilige Religion, die uns darum so oft erinnert
an die tief ernsten christlichen Wahrheiten, an die Heilig-
keit und Gerechtigkeit Gottes, an Tod, Gericht und
Ewigkeit, und die, um uns anzuspornen zum beharrlichen

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[4/0016] Macht nun aber die Leidenschaft, die unbezähmte Leidenschaft den Mann glücklich, hebt und adelt sie ihn? Wer in der ganzen Welt möchte das behaupten? Hat je die Unmäßigkeit, die Trunksucht einen Mann glück- lich gemacht und ihm Ehre und Würde verliehen? Nein; bis in den Staub der Straße, bis unter das unvernünftige Thier erniedrigt sie die Männer. Hat je die Unlauterkeit Heil und Frieden dem Herzen des Mannes geschenkt? Nein, mit Unrath und Schmutz, mit Oede und Leere, mit Unfrieden und Verwirrung füllt sie es an. Jede Leidenschaft treibt ihre scharfen Dorne in das Herz des Mannes und macht seinen Lebensweg zu einem Dornenweg; jede Leidenschaft reißt dem Manne die Herrscherkrone, das Diadem seiner Würde, mit dem der Schöpfer ihn geschmückt hat, vom Haupte und macht ihn zum Sclaven. „Wer Sünde thut, ist ein Sclave der Sünde“ (Joh. 8, 34). Will der Mann nun vernünftig sein, will er wahre Selbstliebe besitzen, so muß er Alles achten und hoch- schätzen, was ihm die Leidenschaft überwinden hilft. Das thut aber vor Allem unsere heilige Religion. Ist es denn nicht unsere heilige Religion, die uns beständig ermahnt, daß wir wachen über unser Inneres, daß wir streiten gegen unsere bösen Neigungen, daß wir ja keinen Frieden mit denselben schließen? Ist es nicht unsere heilige Religion, die uns darum so oft erinnert an die tief ernsten christlichen Wahrheiten, an die Heilig- keit und Gerechtigkeit Gottes, an Tod, Gericht und Ewigkeit, und die, um uns anzuspornen zum beharrlichen

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/16>, abgerufen am 24.11.2024.