Pomp, gering und arm wie das des elendesten Bett- lers. In ein fremdes Grab legt man die zerschlagenen Glieder; kaum sind sechs oder sieben Personen dabei anwesend; keine herrliche Lobrede wird gehalten; Alles schweigt, nur wird das Schweigen unterbrochen von dem Schluchzen der armen Mutter des Verachteten. Das ist Alles. Wird ein solcher Mann nicht nach fünfzig Jahren ganz vergessen, ganz unbekannt sein? Wird man aber auch dann noch einmal seinen Namen nennen, so wird man doch nur mit Verachtung von ihm reden, als von dem Mann der tiefsten Ernied- rigung und der größten Schmach? Man kann, menschlich betrachtet, keine andere Erwartung haben.
Und doch ist es ganz anders gekommen. Nie ist einem Menschen so viel Ruhm, so große Ehre und Verherrlichung zu Theil geworden, wie der Heiland sie nach seinem Tode empfangen hat. Nie ist ein Name mit solcher Ehrfurcht ausgesprochen worden, wie der seinige. Wer zählt all' die Millionen Christen, die es sich zur größten Ehre rechneten, seiner heiligen Sache ergeben zu sein? wer all' die Gesänge und Lieder, die sein Lob und seine Ehre verkündet haben? wer all' die Altäre und herrlichen Tempel, die seiner Ehre und seiner Anbetung erbaut worden sind? Und während ich jetzt diese schwachen Zeilen zu seiner geringen Verherr- lichung niederschreibe, liegen Tausende und Tausende im Staube auf den Knieen, um ihm den Tribut gött- licher Ehre zu zollen, und ertönt überall von den Lippen der süße Gruß: "Gelobt sei Jesus Christus, in
Pomp, gering und arm wie das des elendesten Bett- lers. In ein fremdes Grab legt man die zerschlagenen Glieder; kaum sind sechs oder sieben Personen dabei anwesend; keine herrliche Lobrede wird gehalten; Alles schweigt, nur wird das Schweigen unterbrochen von dem Schluchzen der armen Mutter des Verachteten. Das ist Alles. Wird ein solcher Mann nicht nach fünfzig Jahren ganz vergessen, ganz unbekannt sein? Wird man aber auch dann noch einmal seinen Namen nennen, so wird man doch nur mit Verachtung von ihm reden, als von dem Mann der tiefsten Ernied- rigung und der größten Schmach? Man kann, menschlich betrachtet, keine andere Erwartung haben.
Und doch ist es ganz anders gekommen. Nie ist einem Menschen so viel Ruhm, so große Ehre und Verherrlichung zu Theil geworden, wie der Heiland sie nach seinem Tode empfangen hat. Nie ist ein Name mit solcher Ehrfurcht ausgesprochen worden, wie der seinige. Wer zählt all' die Millionen Christen, die es sich zur größten Ehre rechneten, seiner heiligen Sache ergeben zu sein? wer all' die Gesänge und Lieder, die sein Lob und seine Ehre verkündet haben? wer all' die Altäre und herrlichen Tempel, die seiner Ehre und seiner Anbetung erbaut worden sind? Und während ich jetzt diese schwachen Zeilen zu seiner geringen Verherr- lichung niederschreibe, liegen Tausende und Tausende im Staube auf den Knieen, um ihm den Tribut gött- licher Ehre zu zollen, und ertönt überall von den Lippen der süße Gruß: „Gelobt sei Jesus Christus, in
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Pomp, gering und arm wie das des elendesten Bett-
lers. In ein fremdes Grab legt man die zerschlagenen
Glieder; kaum sind sechs oder sieben Personen dabei
anwesend; keine herrliche Lobrede wird gehalten; Alles
schweigt, nur wird das Schweigen unterbrochen von
dem Schluchzen der armen Mutter des Verachteten.
Das ist Alles. Wird ein solcher Mann nicht nach
fünfzig Jahren ganz vergessen, ganz unbekannt sein?
Wird man aber auch dann noch einmal seinen Namen
nennen, so wird man doch nur mit Verachtung von
ihm reden, als von dem Mann der tiefsten Ernied-
rigung und der größten Schmach? Man kann, menschlich
betrachtet, keine andere Erwartung haben.
Und doch ist es ganz anders gekommen. Nie ist
einem Menschen so viel Ruhm, so große Ehre und
Verherrlichung zu Theil geworden, wie der Heiland sie
nach seinem Tode empfangen hat. Nie ist ein Name
mit solcher Ehrfurcht ausgesprochen worden, wie der
seinige. Wer zählt all' die Millionen Christen, die es
sich zur größten Ehre rechneten, seiner heiligen Sache
ergeben zu sein? wer all' die Gesänge und Lieder, die
sein Lob und seine Ehre verkündet haben? wer all'
die Altäre und herrlichen Tempel, die seiner Ehre und
seiner Anbetung erbaut worden sind? Und während ich
jetzt diese schwachen Zeilen zu seiner geringen Verherr-
lichung niederschreibe, liegen Tausende und Tausende
im Staube auf den Knieen, um ihm den Tribut gött-
licher Ehre zu zollen, und ertönt überall von den
Lippen der süße Gruß: „Gelobt sei Jesus Christus, in
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/101>, abgerufen am 24.11.2024.
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