finden. Die Kopffüßer sind ausschließlich Meeresbewohner, wie sie es zu allen Zeiten der Erde waren. Viele Arten leben gesellig, und gerade diese machen Wanderungen, wobei sie sich aus den tieferen Meeresgründen und dem hohen Meere den Küsten zu nähern pflegen. Verany hat jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß der Umstand, daß man gewisse Arten nur in bestimmten Monaten auf den Fischmärkten anträfe, nicht von ihrer Wanderung, sondern von dem Gebrauch gewisser, nur in jenen Monaten zur Anwendung kommender Netze abhänge. Man erhält z. B. die Histiotenthis Rüppeli, welche in den größten Tiefen sich aufhält, nur im Mai und September, wo man zum Fange eines Fisches (des Sparus centrodontus) das Grundnetz in Tiefen von 2400 Fuß hinabläßt.
Alle Kopffüßer sind, wie wir schon erwähnten, räuberische Fleischfresser und vernichten eine Menge Fische, Krebse, Schnecken und Muscheln. Sie sind sogar so gefräßig, daß sie sich auf die an der Angel gefangenen Thiere ihres eigenen Geschlechtes stürzen und sich mit ihnen an die Ober- fläche ziehen und ergreifen lassen. Den in der Nähe des Landes auf den Felsen und zwischen den Tangen herumkriechenden und auf Beute lauernden Arten dienen mancherlei fadenförmige Anhänge, welche sie spielen lassen, zur Anlockung ihrer Opfer. Glücklicher Weise wird dieser Schaden dadurch ausgeglichen, daß eine Reihe sehr wichtiger Thiere, z. B. mehrere Wale, der Potwal, die Kabeljaus fast ausschließlich oder vorzugsweise von Kopffüßern leben, und daß mehrere Arten auch dem Menschen ein Nahrungsmittel sind.
Wie die Cephalopoden die am höchsten organisirten Weichthiere, so erreichen sie auch die größte Kraft, Stärke und Länge. Die hierauf bezüglichen Angaben alter und neuer Zeit hat Kefer- stein in seinem trefflichen Sammelwerk über die Mollusken gesichtet. "Seit Alters", sagt er, "hat man geglaubt, daß es Cephalopoden von gewaltiger Größe gebe, die Menschen und selbst Schiffen gefährlich werden könnten, und die nordischen Sagen vom Kraken, nach dem Oken sogar die ganze Klasse der Cephalopoden benannte, haben zu Zeiten sehr allgemeinen Eingang gefunden. Jn der neueren Zeit erwiesen sich viele dieser Angaben als Fabeln oder wenigstens ohne wissenschaftliche Begründung, und gegen die frühere Leichtgläubigkeit schlug man in das andere Extrem um, indem man den Cephalopoden höchstens eine Größe von 3 bis 4 Fuß beilegen wollte. Jetzt weiß man aller- dings, daß es gewaltige Riesen unter unseren Thieren gibt, doch hat man noch immer nur eine sehr ungenügende Nachricht von ihnen und kann bei vielen derselben nicht bestimmen, ob diese Riesen- cephalopoden bloß außerordentlich alte und darum so sehr große Thiere sind, wie es eben so bei den Fischen ist, die eben so wie die Bäume beständig wachsen, oder ob sie besonderen Arten angehören, welche uns ihres pelagischen (auf hohem Meere) Lebens wegen bisher und in den Jugendformen entgingen, stets aber, um zur Reife zu gelangen, diese Riesengröße erreichen müssen. Die erstere Annahme scheint mir die wahrscheinlichere und erklärt auch die Seltenheit dieser Riesenthiere, indem nur wenige den zahlreichen Feinden entgehen und ein außerordentliches Alter erreichen werden. Allerdings ist damit gar nicht gesagt, daß das hohe Meer, namentlich in seinen Tiefen, nicht noch viele Arten von Cephalopoden birgt, von deren Dasein wir zur Zeit noch keinen Begriff haben, und die sich durch gewaltige Größe auszeichnen können.
"Schon Aristoteles erzählt von einem Loligo, der fünf Ellen lang war, und Plinius erwähnt die Angaben des Trebius Niger, nach denen zu Carteja ein Riesenpolyp des Nachts an die Küste kam, um die Fischbehälter zu plündern, und der die Hunde durch sein Geschnaube und seine Arme verjagte. Der Kopf dieses Thieres, den man Lucull zeigte, war so groß wie ein Faß von 15 Amphoren, und seine Arme, die ein Mann kaum umklaftern konnte, maßen 30 Fuß in der Länge und trugen Vertiefungen -- Saugnäpfe --, die eine Urne Wasser faßten. Von dem größten Cephalopoden, dem sogenannten Kraken, wird uns aber aus Norwegen berichtet, zuerst von Olaus Magnus, dann vom Bischof Pontoppidan. Nach dem letzteren bemerken die Fischer beim Fischfang einen großen Reichthum von Fischen, dann aber auch, daß die Tiefe beständig abnimmt, sie fliehen, denn es naht der Kraken. Dann erhebt sich aus der Fluth, erzählt er, ein breites, unebenes Feld von einer halben Stunde im Durchmesser, welches nicht
Kopffüßer.
finden. Die Kopffüßer ſind ausſchließlich Meeresbewohner, wie ſie es zu allen Zeiten der Erde waren. Viele Arten leben geſellig, und gerade dieſe machen Wanderungen, wobei ſie ſich aus den tieferen Meeresgründen und dem hohen Meere den Küſten zu nähern pflegen. Verany hat jedoch darauf aufmerkſam gemacht, daß der Umſtand, daß man gewiſſe Arten nur in beſtimmten Monaten auf den Fiſchmärkten anträfe, nicht von ihrer Wanderung, ſondern von dem Gebrauch gewiſſer, nur in jenen Monaten zur Anwendung kommender Netze abhänge. Man erhält z. B. die Histiotenthis Rüppeli, welche in den größten Tiefen ſich aufhält, nur im Mai und September, wo man zum Fange eines Fiſches (des Sparus centrodontus) das Grundnetz in Tiefen von 2400 Fuß hinabläßt.
Alle Kopffüßer ſind, wie wir ſchon erwähnten, räuberiſche Fleiſchfreſſer und vernichten eine Menge Fiſche, Krebſe, Schnecken und Muſcheln. Sie ſind ſogar ſo gefräßig, daß ſie ſich auf die an der Angel gefangenen Thiere ihres eigenen Geſchlechtes ſtürzen und ſich mit ihnen an die Ober- fläche ziehen und ergreifen laſſen. Den in der Nähe des Landes auf den Felſen und zwiſchen den Tangen herumkriechenden und auf Beute lauernden Arten dienen mancherlei fadenförmige Anhänge, welche ſie ſpielen laſſen, zur Anlockung ihrer Opfer. Glücklicher Weiſe wird dieſer Schaden dadurch ausgeglichen, daß eine Reihe ſehr wichtiger Thiere, z. B. mehrere Wale, der Potwal, die Kabeljaus faſt ausſchließlich oder vorzugsweiſe von Kopffüßern leben, und daß mehrere Arten auch dem Menſchen ein Nahrungsmittel ſind.
Wie die Cephalopoden die am höchſten organiſirten Weichthiere, ſo erreichen ſie auch die größte Kraft, Stärke und Länge. Die hierauf bezüglichen Angaben alter und neuer Zeit hat Kefer- ſtein in ſeinem trefflichen Sammelwerk über die Mollusken geſichtet. „Seit Alters“, ſagt er, „hat man geglaubt, daß es Cephalopoden von gewaltiger Größe gebe, die Menſchen und ſelbſt Schiffen gefährlich werden könnten, und die nordiſchen Sagen vom Kraken, nach dem Oken ſogar die ganze Klaſſe der Cephalopoden benannte, haben zu Zeiten ſehr allgemeinen Eingang gefunden. Jn der neueren Zeit erwieſen ſich viele dieſer Angaben als Fabeln oder wenigſtens ohne wiſſenſchaftliche Begründung, und gegen die frühere Leichtgläubigkeit ſchlug man in das andere Extrem um, indem man den Cephalopoden höchſtens eine Größe von 3 bis 4 Fuß beilegen wollte. Jetzt weiß man aller- dings, daß es gewaltige Rieſen unter unſeren Thieren gibt, doch hat man noch immer nur eine ſehr ungenügende Nachricht von ihnen und kann bei vielen derſelben nicht beſtimmen, ob dieſe Rieſen- cephalopoden bloß außerordentlich alte und darum ſo ſehr große Thiere ſind, wie es eben ſo bei den Fiſchen iſt, die eben ſo wie die Bäume beſtändig wachſen, oder ob ſie beſonderen Arten angehören, welche uns ihres pelagiſchen (auf hohem Meere) Lebens wegen bisher und in den Jugendformen entgingen, ſtets aber, um zur Reife zu gelangen, dieſe Rieſengröße erreichen müſſen. Die erſtere Annahme ſcheint mir die wahrſcheinlichere und erklärt auch die Seltenheit dieſer Rieſenthiere, indem nur wenige den zahlreichen Feinden entgehen und ein außerordentliches Alter erreichen werden. Allerdings iſt damit gar nicht geſagt, daß das hohe Meer, namentlich in ſeinen Tiefen, nicht noch viele Arten von Cephalopoden birgt, von deren Daſein wir zur Zeit noch keinen Begriff haben, und die ſich durch gewaltige Größe auszeichnen können.
„Schon Ariſtoteles erzählt von einem Loligo, der fünf Ellen lang war, und Plinius erwähnt die Angaben des Trebius Niger, nach denen zu Carteja ein Rieſenpolyp des Nachts an die Küſte kam, um die Fiſchbehälter zu plündern, und der die Hunde durch ſein Geſchnaube und ſeine Arme verjagte. Der Kopf dieſes Thieres, den man Lucull zeigte, war ſo groß wie ein Faß von 15 Amphoren, und ſeine Arme, die ein Mann kaum umklaftern konnte, maßen 30 Fuß in der Länge und trugen Vertiefungen — Saugnäpfe —, die eine Urne Waſſer faßten. Von dem größten Cephalopoden, dem ſogenannten Kraken, wird uns aber aus Norwegen berichtet, zuerſt von Olaus Magnus, dann vom Biſchof Pontoppidan. Nach dem letzteren bemerken die Fiſcher beim Fiſchfang einen großen Reichthum von Fiſchen, dann aber auch, daß die Tiefe beſtändig abnimmt, ſie fliehen, denn es naht der Kraken. Dann erhebt ſich aus der Fluth, erzählt er, ein breites, unebenes Feld von einer halben Stunde im Durchmeſſer, welches nicht
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[762/0806]
Kopffüßer.
finden. Die Kopffüßer ſind ausſchließlich Meeresbewohner, wie ſie es zu allen Zeiten der Erde
waren. Viele Arten leben geſellig, und gerade dieſe machen Wanderungen, wobei ſie ſich aus den
tieferen Meeresgründen und dem hohen Meere den Küſten zu nähern pflegen. Verany hat jedoch
darauf aufmerkſam gemacht, daß der Umſtand, daß man gewiſſe Arten nur in beſtimmten Monaten
auf den Fiſchmärkten anträfe, nicht von ihrer Wanderung, ſondern von dem Gebrauch gewiſſer, nur in
jenen Monaten zur Anwendung kommender Netze abhänge. Man erhält z. B. die Histiotenthis
Rüppeli, welche in den größten Tiefen ſich aufhält, nur im Mai und September, wo man zum Fange
eines Fiſches (des Sparus centrodontus) das Grundnetz in Tiefen von 2400 Fuß hinabläßt.
Alle Kopffüßer ſind, wie wir ſchon erwähnten, räuberiſche Fleiſchfreſſer und vernichten eine
Menge Fiſche, Krebſe, Schnecken und Muſcheln. Sie ſind ſogar ſo gefräßig, daß ſie ſich auf die
an der Angel gefangenen Thiere ihres eigenen Geſchlechtes ſtürzen und ſich mit ihnen an die Ober-
fläche ziehen und ergreifen laſſen. Den in der Nähe des Landes auf den Felſen und zwiſchen den
Tangen herumkriechenden und auf Beute lauernden Arten dienen mancherlei fadenförmige Anhänge,
welche ſie ſpielen laſſen, zur Anlockung ihrer Opfer. Glücklicher Weiſe wird dieſer Schaden dadurch
ausgeglichen, daß eine Reihe ſehr wichtiger Thiere, z. B. mehrere Wale, der Potwal, die Kabeljaus
faſt ausſchließlich oder vorzugsweiſe von Kopffüßern leben, und daß mehrere Arten auch dem Menſchen
ein Nahrungsmittel ſind.
Wie die Cephalopoden die am höchſten organiſirten Weichthiere, ſo erreichen ſie auch die
größte Kraft, Stärke und Länge. Die hierauf bezüglichen Angaben alter und neuer Zeit hat Kefer-
ſtein in ſeinem trefflichen Sammelwerk über die Mollusken geſichtet. „Seit Alters“, ſagt er, „hat
man geglaubt, daß es Cephalopoden von gewaltiger Größe gebe, die Menſchen und ſelbſt Schiffen
gefährlich werden könnten, und die nordiſchen Sagen vom Kraken, nach dem Oken ſogar die ganze
Klaſſe der Cephalopoden benannte, haben zu Zeiten ſehr allgemeinen Eingang gefunden. Jn der
neueren Zeit erwieſen ſich viele dieſer Angaben als Fabeln oder wenigſtens ohne wiſſenſchaftliche
Begründung, und gegen die frühere Leichtgläubigkeit ſchlug man in das andere Extrem um, indem
man den Cephalopoden höchſtens eine Größe von 3 bis 4 Fuß beilegen wollte. Jetzt weiß man aller-
dings, daß es gewaltige Rieſen unter unſeren Thieren gibt, doch hat man noch immer nur eine
ſehr ungenügende Nachricht von ihnen und kann bei vielen derſelben nicht beſtimmen, ob dieſe Rieſen-
cephalopoden bloß außerordentlich alte und darum ſo ſehr große Thiere ſind, wie es eben ſo bei
den Fiſchen iſt, die eben ſo wie die Bäume beſtändig wachſen, oder ob ſie beſonderen Arten angehören,
welche uns ihres pelagiſchen (auf hohem Meere) Lebens wegen bisher und in den Jugendformen
entgingen, ſtets aber, um zur Reife zu gelangen, dieſe Rieſengröße erreichen müſſen. Die erſtere
Annahme ſcheint mir die wahrſcheinlichere und erklärt auch die Seltenheit dieſer Rieſenthiere, indem
nur wenige den zahlreichen Feinden entgehen und ein außerordentliches Alter erreichen werden.
Allerdings iſt damit gar nicht geſagt, daß das hohe Meer, namentlich in ſeinen Tiefen, nicht noch
viele Arten von Cephalopoden birgt, von deren Daſein wir zur Zeit noch keinen Begriff haben, und
die ſich durch gewaltige Größe auszeichnen können.
„Schon Ariſtoteles erzählt von einem Loligo, der fünf Ellen lang war, und Plinius
erwähnt die Angaben des Trebius Niger, nach denen zu Carteja ein Rieſenpolyp des Nachts
an die Küſte kam, um die Fiſchbehälter zu plündern, und der die Hunde durch ſein Geſchnaube
und ſeine Arme verjagte. Der Kopf dieſes Thieres, den man Lucull zeigte, war ſo groß wie
ein Faß von 15 Amphoren, und ſeine Arme, die ein Mann kaum umklaftern konnte, maßen
30 Fuß in der Länge und trugen Vertiefungen — Saugnäpfe —, die eine Urne Waſſer faßten.
Von dem größten Cephalopoden, dem ſogenannten Kraken, wird uns aber aus Norwegen berichtet,
zuerſt von Olaus Magnus, dann vom Biſchof Pontoppidan. Nach dem letzteren bemerken
die Fiſcher beim Fiſchfang einen großen Reichthum von Fiſchen, dann aber auch, daß die Tiefe
beſtändig abnimmt, ſie fliehen, denn es naht der Kraken. Dann erhebt ſich aus der Fluth,
erzählt er, ein breites, unebenes Feld von einer halben Stunde im Durchmeſſer, welches nicht
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 762. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/806>, abgerufen am 24.11.2024.
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