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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Wanderheuschrecke, bandirte Heuschrecke, liniirter Grashüpfer.
Desgleichen erfolgt im Frühjahre das Ausschlüpfen während zwei oder drei Wochen, welche
Zeitabschnitte theilweise durch die Witterungsverhältnisse beeinflußt werden; denn mehr als viele
andere Kerse verlangen die Heuschrecken einen warmen, trocknen Sommer und Herbst zu ihrem
Gedeihen. Treffen diese Bedingungen wenigstens für gewisse Länderstrecken ein, so haben sie auch
entschieden die Heuschreckenplage in ihrem Gefolge, sofern sich im vergangnen Jahre die Thiere
gezeigt hatten. Diese Ansicht steht keineswegs im Widerspruche mit jener, welche oben von
Fritsch angeführt wurde; denn ein warmer, trockner Sommer hat für unsere nördlichen
Gegenden eine vollständig andere Bedeutung, wie ein regenloser für das südliche Afrika. Das
junge Lärvchen ist gelblich weiß, dunkelt aber schnell, so daß es bereits nach vier Stunden grau-
schwarz aussieht. Bis zur zweiten Häutung nach ungefähr fünf Wochen behält es diese Farbe
und sucht die zartesten Keime als Nahrung auf. Nach dieser Zeit breitet sich die Gesellschaft
mehr und mehr aus und wird auch durch ihre Wirkungen in dem Maße bemerklicher, in welchem
sie heranwächst, was unter noch zweimaliger Häutung ziemlich schnell geschieht. Etwa vierzehn
Tage nach der vierten, mit welcher die Flügelstumpfe recht stattlich auftreten, kriechen sie an
Halmen in die Höhe, hängen sich an den Hinterbeinen auf, und binnen 20 bis 40 Minuten
weicht das letzte Gewand und die Flügel entfalten sich.

Es mag in den meisten Fällen scheinen, als wenn Futtermangel die Heuschrecken zum Abziehen
nöthigte, dieser dürfte aber nicht den alleinigen Grund dazu abgeben, sondern ihnen, wie manchen
andern Kerfen der Wandertrieb aus noch unerklärten Ursachen angeboren sein. -- Eine kleinere
Form, welche, für eine andere Art gehalten, Oedipoda cinerascens genannt wurde und vor-
herrschend in Afrika, Spanien, Frankreich und Süddeutschland mit der größern zusammen vor-
kommt, dürfte nach den neuesten Beobachtungen keine solche sein. Jn Deutschland leben noch
mehrere kleinere Gattungsgenossen, welche sich durch blaue oder rothe, schwarz gesäumte Hinter-
flügel, durch eine rauhe Körperoberfläche und einen scharfen Mittelkiel des Halsschildes aus-
zeichnen. Hierher gehört die mit zwei dunklen Schrägbinden über die Flügeldecken und meist auch
über die Hinterschenkel versehene bandirte Heuschrecke (O. fasciata) von aschgrauer Grundfarbe.
Manche Stücke haben mit Ausschluß der glashellen Spitze und des schwarzen Saumes lichtblaue
Unterflügel und werden in den Büchern allgemein unter dem Namen O. coerulescens aufgeführt,
andere sind in nichts davon unterschieden, als daß der blaue Flügeltheil roth aussieht; diese
erhielten den Namen O. fasciata oder germanica. Abgesehen von der sonstigen Uebereinstimmung
sind beide oft genug gepaart angetroffen worden und ihre Scheidung in zwei Arten ist darum nicht
zulässig. Noch viele andere Roth- oder Blauflügler, welche nicht mit den eben näher bezeichneten
verwechselt werden dürfen, kommen bei uns zu Lande so wie in Amerika vor.

Die Gattung Gomphocerus (Stenobothrus Fischer's) umfaßt unsere kleineren, besonders
Wiesen und Grasplätze belebenden Arten. Sie haben eine platte, niemals rauhe oder tief
punktirte Oberfläche des Körpers und lassen sich meist an dem viel stärker hervorragenden Vorder-
kopfe erkennen, welcher an der Grenze des Scheitels vor jedem Auge ein schmales, längliches,
ziemlich tiefes Grübchen oder, wo es fehlt, einen scharfen Scheitelrand aufzuweisen hat; bei
manchen (G. rufus und sibiricus) erweitern sich die kurzen Fühler vor der Spitze, so daß sie
schmal lanzettförmig werden. Jm Uebrigen stimmt diese Gattung mit der vorigen überein.
Gemein auf allen Wiesen, manchmal so häufig, daß es von den durch den Fußtritt des Dahin-
schreitenden aufgescheuchten und aufspringenden Thieren wahrhaft rasselt, ist der 6 bis 81/2 Linien
lange liniirte Grashüpfer (G. lineatus). Das rothbeinige Thier ist an der Außenseite der
Hinterschenkel grün, wie am ganzen übrigen Körper mit Ausnahme der gelben Längslinien, welche
über Scheitel und Mittelleib verlaufen; die Flügeldecken reichen bis zur Leibesspitze, unterscheiden
sich nicht nach den Geschlechtern in ihrer Bildung und führen auf rußigem Grunde einen schrägen,
weißlichen Fleck. Die Grübchen am Scheitelrande sind deutlich ausgeprägt und die Stirnschwiele
reicht bis zum Munde. -- Nicht minder häufig tummelt sich zwischen den eben beschriebenen auf

Wanderheuſchrecke, bandirte Heuſchrecke, liniirter Grashüpfer.
Desgleichen erfolgt im Frühjahre das Ausſchlüpfen während zwei oder drei Wochen, welche
Zeitabſchnitte theilweiſe durch die Witterungsverhältniſſe beeinflußt werden; denn mehr als viele
andere Kerſe verlangen die Heuſchrecken einen warmen, trocknen Sommer und Herbſt zu ihrem
Gedeihen. Treffen dieſe Bedingungen wenigſtens für gewiſſe Länderſtrecken ein, ſo haben ſie auch
entſchieden die Heuſchreckenplage in ihrem Gefolge, ſofern ſich im vergangnen Jahre die Thiere
gezeigt hatten. Dieſe Anſicht ſteht keineswegs im Widerſpruche mit jener, welche oben von
Fritſch angeführt wurde; denn ein warmer, trockner Sommer hat für unſere nördlichen
Gegenden eine vollſtändig andere Bedeutung, wie ein regenloſer für das ſüdliche Afrika. Das
junge Lärvchen iſt gelblich weiß, dunkelt aber ſchnell, ſo daß es bereits nach vier Stunden grau-
ſchwarz ausſieht. Bis zur zweiten Häutung nach ungefähr fünf Wochen behält es dieſe Farbe
und ſucht die zarteſten Keime als Nahrung auf. Nach dieſer Zeit breitet ſich die Geſellſchaft
mehr und mehr aus und wird auch durch ihre Wirkungen in dem Maße bemerklicher, in welchem
ſie heranwächſt, was unter noch zweimaliger Häutung ziemlich ſchnell geſchieht. Etwa vierzehn
Tage nach der vierten, mit welcher die Flügelſtumpfe recht ſtattlich auftreten, kriechen ſie an
Halmen in die Höhe, hängen ſich an den Hinterbeinen auf, und binnen 20 bis 40 Minuten
weicht das letzte Gewand und die Flügel entfalten ſich.

Es mag in den meiſten Fällen ſcheinen, als wenn Futtermangel die Heuſchrecken zum Abziehen
nöthigte, dieſer dürfte aber nicht den alleinigen Grund dazu abgeben, ſondern ihnen, wie manchen
andern Kerfen der Wandertrieb aus noch unerklärten Urſachen angeboren ſein. — Eine kleinere
Form, welche, für eine andere Art gehalten, Oedipoda cinerascens genannt wurde und vor-
herrſchend in Afrika, Spanien, Frankreich und Süddeutſchland mit der größern zuſammen vor-
kommt, dürfte nach den neueſten Beobachtungen keine ſolche ſein. Jn Deutſchland leben noch
mehrere kleinere Gattungsgenoſſen, welche ſich durch blaue oder rothe, ſchwarz geſäumte Hinter-
flügel, durch eine rauhe Körperoberfläche und einen ſcharfen Mittelkiel des Halsſchildes aus-
zeichnen. Hierher gehört die mit zwei dunklen Schrägbinden über die Flügeldecken und meiſt auch
über die Hinterſchenkel verſehene bandirte Heuſchrecke (O. fasciata) von aſchgrauer Grundfarbe.
Manche Stücke haben mit Ausſchluß der glashellen Spitze und des ſchwarzen Saumes lichtblaue
Unterflügel und werden in den Büchern allgemein unter dem Namen O. coerulescens aufgeführt,
andere ſind in nichts davon unterſchieden, als daß der blaue Flügeltheil roth ausſieht; dieſe
erhielten den Namen O. fasciata oder germanica. Abgeſehen von der ſonſtigen Uebereinſtimmung
ſind beide oft genug gepaart angetroffen worden und ihre Scheidung in zwei Arten iſt darum nicht
zuläſſig. Noch viele andere Roth- oder Blauflügler, welche nicht mit den eben näher bezeichneten
verwechſelt werden dürfen, kommen bei uns zu Lande ſo wie in Amerika vor.

Die Gattung Gomphocerus (Stenobothrus Fiſcher’s) umfaßt unſere kleineren, beſonders
Wieſen und Grasplätze belebenden Arten. Sie haben eine platte, niemals rauhe oder tief
punktirte Oberfläche des Körpers und laſſen ſich meiſt an dem viel ſtärker hervorragenden Vorder-
kopfe erkennen, welcher an der Grenze des Scheitels vor jedem Auge ein ſchmales, längliches,
ziemlich tiefes Grübchen oder, wo es fehlt, einen ſcharfen Scheitelrand aufzuweiſen hat; bei
manchen (G. rufus und sibiricus) erweitern ſich die kurzen Fühler vor der Spitze, ſo daß ſie
ſchmal lanzettförmig werden. Jm Uebrigen ſtimmt dieſe Gattung mit der vorigen überein.
Gemein auf allen Wieſen, manchmal ſo häufig, daß es von den durch den Fußtritt des Dahin-
ſchreitenden aufgeſcheuchten und aufſpringenden Thieren wahrhaft raſſelt, iſt der 6 bis 8½ Linien
lange liniirte Grashüpfer (G. lineatus). Das rothbeinige Thier iſt an der Außenſeite der
Hinterſchenkel grün, wie am ganzen übrigen Körper mit Ausnahme der gelben Längslinien, welche
über Scheitel und Mittelleib verlaufen; die Flügeldecken reichen bis zur Leibesſpitze, unterſcheiden
ſich nicht nach den Geſchlechtern in ihrer Bildung und führen auf rußigem Grunde einen ſchrägen,
weißlichen Fleck. Die Grübchen am Scheitelrande ſind deutlich ausgeprägt und die Stirnſchwiele
reicht bis zum Munde. — Nicht minder häufig tummelt ſich zwiſchen den eben beſchriebenen auf

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[485/0517] Wanderheuſchrecke, bandirte Heuſchrecke, liniirter Grashüpfer. Desgleichen erfolgt im Frühjahre das Ausſchlüpfen während zwei oder drei Wochen, welche Zeitabſchnitte theilweiſe durch die Witterungsverhältniſſe beeinflußt werden; denn mehr als viele andere Kerſe verlangen die Heuſchrecken einen warmen, trocknen Sommer und Herbſt zu ihrem Gedeihen. Treffen dieſe Bedingungen wenigſtens für gewiſſe Länderſtrecken ein, ſo haben ſie auch entſchieden die Heuſchreckenplage in ihrem Gefolge, ſofern ſich im vergangnen Jahre die Thiere gezeigt hatten. Dieſe Anſicht ſteht keineswegs im Widerſpruche mit jener, welche oben von Fritſch angeführt wurde; denn ein warmer, trockner Sommer hat für unſere nördlichen Gegenden eine vollſtändig andere Bedeutung, wie ein regenloſer für das ſüdliche Afrika. Das junge Lärvchen iſt gelblich weiß, dunkelt aber ſchnell, ſo daß es bereits nach vier Stunden grau- ſchwarz ausſieht. Bis zur zweiten Häutung nach ungefähr fünf Wochen behält es dieſe Farbe und ſucht die zarteſten Keime als Nahrung auf. Nach dieſer Zeit breitet ſich die Geſellſchaft mehr und mehr aus und wird auch durch ihre Wirkungen in dem Maße bemerklicher, in welchem ſie heranwächſt, was unter noch zweimaliger Häutung ziemlich ſchnell geſchieht. Etwa vierzehn Tage nach der vierten, mit welcher die Flügelſtumpfe recht ſtattlich auftreten, kriechen ſie an Halmen in die Höhe, hängen ſich an den Hinterbeinen auf, und binnen 20 bis 40 Minuten weicht das letzte Gewand und die Flügel entfalten ſich. Es mag in den meiſten Fällen ſcheinen, als wenn Futtermangel die Heuſchrecken zum Abziehen nöthigte, dieſer dürfte aber nicht den alleinigen Grund dazu abgeben, ſondern ihnen, wie manchen andern Kerfen der Wandertrieb aus noch unerklärten Urſachen angeboren ſein. — Eine kleinere Form, welche, für eine andere Art gehalten, Oedipoda cinerascens genannt wurde und vor- herrſchend in Afrika, Spanien, Frankreich und Süddeutſchland mit der größern zuſammen vor- kommt, dürfte nach den neueſten Beobachtungen keine ſolche ſein. Jn Deutſchland leben noch mehrere kleinere Gattungsgenoſſen, welche ſich durch blaue oder rothe, ſchwarz geſäumte Hinter- flügel, durch eine rauhe Körperoberfläche und einen ſcharfen Mittelkiel des Halsſchildes aus- zeichnen. Hierher gehört die mit zwei dunklen Schrägbinden über die Flügeldecken und meiſt auch über die Hinterſchenkel verſehene bandirte Heuſchrecke (O. fasciata) von aſchgrauer Grundfarbe. Manche Stücke haben mit Ausſchluß der glashellen Spitze und des ſchwarzen Saumes lichtblaue Unterflügel und werden in den Büchern allgemein unter dem Namen O. coerulescens aufgeführt, andere ſind in nichts davon unterſchieden, als daß der blaue Flügeltheil roth ausſieht; dieſe erhielten den Namen O. fasciata oder germanica. Abgeſehen von der ſonſtigen Uebereinſtimmung ſind beide oft genug gepaart angetroffen worden und ihre Scheidung in zwei Arten iſt darum nicht zuläſſig. Noch viele andere Roth- oder Blauflügler, welche nicht mit den eben näher bezeichneten verwechſelt werden dürfen, kommen bei uns zu Lande ſo wie in Amerika vor. Die Gattung Gomphocerus (Stenobothrus Fiſcher’s) umfaßt unſere kleineren, beſonders Wieſen und Grasplätze belebenden Arten. Sie haben eine platte, niemals rauhe oder tief punktirte Oberfläche des Körpers und laſſen ſich meiſt an dem viel ſtärker hervorragenden Vorder- kopfe erkennen, welcher an der Grenze des Scheitels vor jedem Auge ein ſchmales, längliches, ziemlich tiefes Grübchen oder, wo es fehlt, einen ſcharfen Scheitelrand aufzuweiſen hat; bei manchen (G. rufus und sibiricus) erweitern ſich die kurzen Fühler vor der Spitze, ſo daß ſie ſchmal lanzettförmig werden. Jm Uebrigen ſtimmt dieſe Gattung mit der vorigen überein. Gemein auf allen Wieſen, manchmal ſo häufig, daß es von den durch den Fußtritt des Dahin- ſchreitenden aufgeſcheuchten und aufſpringenden Thieren wahrhaft raſſelt, iſt der 6 bis 8½ Linien lange liniirte Grashüpfer (G. lineatus). Das rothbeinige Thier iſt an der Außenſeite der Hinterſchenkel grün, wie am ganzen übrigen Körper mit Ausnahme der gelben Längslinien, welche über Scheitel und Mittelleib verlaufen; die Flügeldecken reichen bis zur Leibesſpitze, unterſcheiden ſich nicht nach den Geſchlechtern in ihrer Bildung und führen auf rußigem Grunde einen ſchrägen, weißlichen Fleck. Die Grübchen am Scheitelrande ſind deutlich ausgeprägt und die Stirnſchwiele reicht bis zum Munde. — Nicht minder häufig tummelt ſich zwiſchen den eben beſchriebenen auf

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/517>, abgerufen am 18.06.2024.