nach denselben Gesetzen, wie die mit dem Bogen gestrichene Saite. Beim Zirpen halten die Thiere ihre Flügeldecken etwas lose, wodurch der Ton heller wird. Seine Höhe richtet sich nach der Größe und Dicke der Flügeldecken, größere Jndividuen tönen tiefer als kleinere, und auf die Klangfarbe wirkt wesentlich die größere und geringere Anzahl der Adern im Flügel ein. Die verschiedenen der sehr zahlreichen Arten geigen ihre eigene Weise, so daß ein auf dergleichen Dinge geübtes Ohr eine und die andere wenigstens, besonders von der Gattung Gomphocerus an ihrem Geigen erkennt. Die besten Musikanten müssen demnach diejenigen sein, deren Organe am meisten entwickelt sind, wie beispielsweise beim G. grossus. Bei den Weibchen sitzen in der Regel die Zähnchen der Schenkelleiste zu tief, als daß sie musiciren könnten.
Eine andere, höchst interessante Eigenthümlichkeit besteht ferner in der, von einem Horn- ringe umgebenen und mit einer zarten Haut überspannten Grube, welche sich beiderseits, dicht hinter dem Thorax am Hinterleibe der Acridier vorfindet. Zwischen zwei von der Jnnenseite der Haut entspringenden hornigen Fortsätzen liegt ein zartes Bläschen, welches mit Flüssigkeit gefüllt ist und mit einem aus dem dritten Nervenknoten der Brust ausgehenden Nerven in Verbindung steht, der hier einen neuen Knoten bildet und in seine Nervenstäbchen endigt. Nach den Unter- suchungen von J. Müller, weiter ausgeführt von v. Siebold, läßt sich diese Einrichtung nur auf das -- -- Gehörwerkzeug der Heuschrecken deuten.
Die Entwickelung aller Feldhenschrecken, der europäischen wenigstens, stimmt überein und läßt sich kurz in folgende Sätze zusammenfassen. Jm Herbste werden vom befruchteten Weibchen die Eier, deren eine Anzahl durch erhärtenden Schleim in Klümpchen vereinigt sind, theils an Grashalme, theils flach unter die Erde gelegt; die größeren Arten scheinen die letztere Versorgungsweise der ersteren vorzuziehen. Die Mutter stirbt, ihre Eier überwintern, nur in südlicheren Gegenden können die Larven vorher noch ausschlüpfen. Für gewöhnlich geschieht das aber erst im nächsten Frühlinge. Durch unbestimmte Farben, den Mangel der Flügel und etwas plumpere, kürzere Fühler unterscheiden sie sich außer der geringen Größe vom vollkommnen Jnsekt, reifen aber unter mehrmaligen Häutungen Ende Juli oder im August zu solchen heran. Zu dieser Zeit beginnt ihr Gesang, welcher ihre Hochzeitsfeier ankündigt. Nur die Feldheuschrecken sind es, welche sich bisweilen so ungeheuer vermehren, daß sie in Schwärmen erscheinen und zur Geisel größerer und kleinerer Länderstrecken werden.
Afrika scheint den Verwüstungen seitens dieser Thiere, von welchen schon die Bibel, Plinius und Pausanias berichten, von jeher besonders ausgesetzt gewesen zu sein. Als Adanson (1750) am Senegal angekommen war, erschien, während er sich noch auf der Rhede befand, früh 8 Uhr ein dickes Gewölk, welches den Himmel verfinsterte. Es war ein Schwarm Heuschrecken, welche ungefähr 20 bis 30 Toisen, also sechsmal so viel Fuß über der Erde schwebten und eine Strecke von etlichen Meilen Landes bedeckten, nachdem sie wie ein Wolkenbruch herab- gefallen waren. Hier ruheten sie aus, fraßen und flogen weiter. Diese Wolke wurde durch einen ziemlich starken Ostwind herbeigeführt und zog den ganzen Morgen in der Gegend umher. Nach- dem die Thiere das Gras, die Früchte und das Laub der Bäume abgefressen hatten, ließen sie selbst das Rohr nicht verschont, mit dem die Hütten gedeckt waren, so dürr es auch sein mochte. -- Gegen Ende März (1724) zeigten sich in der Berberei die ersten Heuschrecken, nach- dem längere Zeit Südwind geweht hatte. Mitte April hatte sich ihre Zahl derartig vermehrt, daß sie Wolken bildeten, welche die Sonne verfinsterten. Vier Wochen später breiteten sie sich in den Ebenen von Metidja und der Nachbarschaft aus, um ihre Eier abzulegen. Jm folgenden Monat sah man die junge Brut hunderte von Quadratruthen bedecken. Jndem sie ihren Weg geradeaus nahmen, erklommen sie die Bäume, Mauern und Häuser und vernichteten alles Laub, das ihnen in den Wurf kam. Um sie aufzuhalten zogen die Einwohner Gräben und füllten sie mit Wasser, oder errichteten eine Linie von Holzhausen und andern Brennstoffen, dieselben
Die Geradflügler. Heuſchrecken.
nach denſelben Geſetzen, wie die mit dem Bogen geſtrichene Saite. Beim Zirpen halten die Thiere ihre Flügeldecken etwas loſe, wodurch der Ton heller wird. Seine Höhe richtet ſich nach der Größe und Dicke der Flügeldecken, größere Jndividuen tönen tiefer als kleinere, und auf die Klangfarbe wirkt weſentlich die größere und geringere Anzahl der Adern im Flügel ein. Die verſchiedenen der ſehr zahlreichen Arten geigen ihre eigene Weiſe, ſo daß ein auf dergleichen Dinge geübtes Ohr eine und die andere wenigſtens, beſonders von der Gattung Gomphocerus an ihrem Geigen erkennt. Die beſten Muſikanten müſſen demnach diejenigen ſein, deren Organe am meiſten entwickelt ſind, wie beiſpielsweiſe beim G. grossus. Bei den Weibchen ſitzen in der Regel die Zähnchen der Schenkelleiſte zu tief, als daß ſie muſiciren könnten.
Eine andere, höchſt intereſſante Eigenthümlichkeit beſteht ferner in der, von einem Horn- ringe umgebenen und mit einer zarten Haut überſpannten Grube, welche ſich beiderſeits, dicht hinter dem Thorax am Hinterleibe der Acridier vorfindet. Zwiſchen zwei von der Jnnenſeite der Haut entſpringenden hornigen Fortſätzen liegt ein zartes Bläschen, welches mit Flüſſigkeit gefüllt iſt und mit einem aus dem dritten Nervenknoten der Bruſt ausgehenden Nerven in Verbindung ſteht, der hier einen neuen Knoten bildet und in ſeine Nervenſtäbchen endigt. Nach den Unter- ſuchungen von J. Müller, weiter ausgeführt von v. Siebold, läßt ſich dieſe Einrichtung nur auf das — — Gehörwerkzeug der Heuſchrecken deuten.
Die Entwickelung aller Feldhenſchrecken, der europäiſchen wenigſtens, ſtimmt überein und läßt ſich kurz in folgende Sätze zuſammenfaſſen. Jm Herbſte werden vom befruchteten Weibchen die Eier, deren eine Anzahl durch erhärtenden Schleim in Klümpchen vereinigt ſind, theils an Grashalme, theils flach unter die Erde gelegt; die größeren Arten ſcheinen die letztere Verſorgungsweiſe der erſteren vorzuziehen. Die Mutter ſtirbt, ihre Eier überwintern, nur in ſüdlicheren Gegenden können die Larven vorher noch ausſchlüpfen. Für gewöhnlich geſchieht das aber erſt im nächſten Frühlinge. Durch unbeſtimmte Farben, den Mangel der Flügel und etwas plumpere, kürzere Fühler unterſcheiden ſie ſich außer der geringen Größe vom vollkommnen Jnſekt, reifen aber unter mehrmaligen Häutungen Ende Juli oder im Auguſt zu ſolchen heran. Zu dieſer Zeit beginnt ihr Geſang, welcher ihre Hochzeitsfeier ankündigt. Nur die Feldheuſchrecken ſind es, welche ſich bisweilen ſo ungeheuer vermehren, daß ſie in Schwärmen erſcheinen und zur Geiſel größerer und kleinerer Länderſtrecken werden.
Afrika ſcheint den Verwüſtungen ſeitens dieſer Thiere, von welchen ſchon die Bibel, Plinius und Pauſanias berichten, von jeher beſonders ausgeſetzt geweſen zu ſein. Als Adanſon (1750) am Senegal angekommen war, erſchien, während er ſich noch auf der Rhede befand, früh 8 Uhr ein dickes Gewölk, welches den Himmel verfinſterte. Es war ein Schwarm Heuſchrecken, welche ungefähr 20 bis 30 Toiſen, alſo ſechsmal ſo viel Fuß über der Erde ſchwebten und eine Strecke von etlichen Meilen Landes bedeckten, nachdem ſie wie ein Wolkenbruch herab- gefallen waren. Hier ruheten ſie aus, fraßen und flogen weiter. Dieſe Wolke wurde durch einen ziemlich ſtarken Oſtwind herbeigeführt und zog den ganzen Morgen in der Gegend umher. Nach- dem die Thiere das Gras, die Früchte und das Laub der Bäume abgefreſſen hatten, ließen ſie ſelbſt das Rohr nicht verſchont, mit dem die Hütten gedeckt waren, ſo dürr es auch ſein mochte. — Gegen Ende März (1724) zeigten ſich in der Berberei die erſten Heuſchrecken, nach- dem längere Zeit Südwind geweht hatte. Mitte April hatte ſich ihre Zahl derartig vermehrt, daß ſie Wolken bildeten, welche die Sonne verfinſterten. Vier Wochen ſpäter breiteten ſie ſich in den Ebenen von Metidja und der Nachbarſchaft aus, um ihre Eier abzulegen. Jm folgenden Monat ſah man die junge Brut hunderte von Quadratruthen bedecken. Jndem ſie ihren Weg geradeaus nahmen, erklommen ſie die Bäume, Mauern und Häuſer und vernichteten alles Laub, das ihnen in den Wurf kam. Um ſie aufzuhalten zogen die Einwohner Gräben und füllten ſie mit Waſſer, oder errichteten eine Linie von Holzhauſen und andern Brennſtoffen, dieſelben
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[480/0510]
Die Geradflügler. Heuſchrecken.
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Thiere ihre Flügeldecken etwas loſe, wodurch der Ton heller wird. Seine Höhe richtet ſich nach
der Größe und Dicke der Flügeldecken, größere Jndividuen tönen tiefer als kleinere, und auf die
Klangfarbe wirkt weſentlich die größere und geringere Anzahl der Adern im Flügel ein. Die
verſchiedenen der ſehr zahlreichen Arten geigen ihre eigene Weiſe, ſo daß ein auf dergleichen
Dinge geübtes Ohr eine und die andere wenigſtens, beſonders von der Gattung Gomphocerus
an ihrem Geigen erkennt. Die beſten Muſikanten müſſen demnach diejenigen ſein, deren Organe
am meiſten entwickelt ſind, wie beiſpielsweiſe beim G. grossus. Bei den Weibchen ſitzen in der
Regel die Zähnchen der Schenkelleiſte zu tief, als daß ſie muſiciren könnten.
Eine andere, höchſt intereſſante Eigenthümlichkeit beſteht ferner in der, von einem Horn-
ringe umgebenen und mit einer zarten Haut überſpannten Grube, welche ſich beiderſeits, dicht
hinter dem Thorax am Hinterleibe der Acridier vorfindet. Zwiſchen zwei von der Jnnenſeite der
Haut entſpringenden hornigen Fortſätzen liegt ein zartes Bläschen, welches mit Flüſſigkeit gefüllt
iſt und mit einem aus dem dritten Nervenknoten der Bruſt ausgehenden Nerven in Verbindung
ſteht, der hier einen neuen Knoten bildet und in ſeine Nervenſtäbchen endigt. Nach den Unter-
ſuchungen von J. Müller, weiter ausgeführt von v. Siebold, läßt ſich dieſe Einrichtung nur
auf das — — Gehörwerkzeug der Heuſchrecken deuten.
Die Entwickelung aller Feldhenſchrecken, der europäiſchen wenigſtens, ſtimmt überein und läßt ſich
kurz in folgende Sätze zuſammenfaſſen. Jm Herbſte werden vom befruchteten Weibchen die Eier,
deren eine Anzahl durch erhärtenden Schleim in Klümpchen vereinigt ſind, theils an Grashalme,
theils flach unter die Erde gelegt; die größeren Arten ſcheinen die letztere Verſorgungsweiſe der
erſteren vorzuziehen. Die Mutter ſtirbt, ihre Eier überwintern, nur in ſüdlicheren Gegenden
können die Larven vorher noch ausſchlüpfen. Für gewöhnlich geſchieht das aber erſt im nächſten
Frühlinge. Durch unbeſtimmte Farben, den Mangel der Flügel und etwas plumpere, kürzere
Fühler unterſcheiden ſie ſich außer der geringen Größe vom vollkommnen Jnſekt, reifen aber
unter mehrmaligen Häutungen Ende Juli oder im Auguſt zu ſolchen heran. Zu dieſer Zeit
beginnt ihr Geſang, welcher ihre Hochzeitsfeier ankündigt. Nur die Feldheuſchrecken ſind es,
welche ſich bisweilen ſo ungeheuer vermehren, daß ſie in Schwärmen erſcheinen und zur Geiſel
größerer und kleinerer Länderſtrecken werden.
Afrika ſcheint den Verwüſtungen ſeitens dieſer Thiere, von welchen ſchon die Bibel,
Plinius und Pauſanias berichten, von jeher beſonders ausgeſetzt geweſen zu ſein. Als
Adanſon (1750) am Senegal angekommen war, erſchien, während er ſich noch auf der Rhede
befand, früh 8 Uhr ein dickes Gewölk, welches den Himmel verfinſterte. Es war ein Schwarm
Heuſchrecken, welche ungefähr 20 bis 30 Toiſen, alſo ſechsmal ſo viel Fuß über der Erde ſchwebten
und eine Strecke von etlichen Meilen Landes bedeckten, nachdem ſie wie ein Wolkenbruch herab-
gefallen waren. Hier ruheten ſie aus, fraßen und flogen weiter. Dieſe Wolke wurde durch einen
ziemlich ſtarken Oſtwind herbeigeführt und zog den ganzen Morgen in der Gegend umher. Nach-
dem die Thiere das Gras, die Früchte und das Laub der Bäume abgefreſſen hatten, ließen ſie
ſelbſt das Rohr nicht verſchont, mit dem die Hütten gedeckt waren, ſo dürr es auch ſein
mochte. — Gegen Ende März (1724) zeigten ſich in der Berberei die erſten Heuſchrecken, nach-
dem längere Zeit Südwind geweht hatte. Mitte April hatte ſich ihre Zahl derartig vermehrt,
daß ſie Wolken bildeten, welche die Sonne verfinſterten. Vier Wochen ſpäter breiteten ſie ſich in
den Ebenen von Metidja und der Nachbarſchaft aus, um ihre Eier abzulegen. Jm folgenden
Monat ſah man die junge Brut hunderte von Quadratruthen bedecken. Jndem ſie ihren Weg
geradeaus nahmen, erklommen ſie die Bäume, Mauern und Häuſer und vernichteten alles Laub,
das ihnen in den Wurf kam. Um ſie aufzuhalten zogen die Einwohner Gräben und füllten ſie
mit Waſſer, oder errichteten eine Linie von Holzhauſen und andern Brennſtoffen, dieſelben
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/510>, abgerufen am 24.11.2024.
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