angehören, wie beispielsweise dem Ausrufezeichen (A. exclamationis), dessen sonst fast zeichnungs- lose, gelblich rothgraue Vorderflügel nur die drei dunklereu Makel haben, oder der rinden- farbigen Ackereule (A. corticea), welche etwas in Größe hinter den vorigen zurückbleibt, sonst sich von der Wintersaateule eigentlich nur dadurch unterscheidet, daß ihre Hinterflügel in beiden Geschlechtern braun aussehen.
Die Goldeulen, Plusien (Plusia) sind über alle Erdtheile verbreitet und auch in Europa durch zahlreiche Arten vertreten; sie zeichnen sich größtentheils durch metallisch glänzende Flecke auf ihren Vorderflügeln vortheilhaft aus, es kommen Bildungen, beispielsweise den griechischen Buchstaben g, n oder l ähnlich, vor, welche aus dick aufgetragenem Golde oder Silber zu bestehen scheinen. Auf dem schlanken Hinterleibe erheben sich starke Schöpfe. Die Schulterdecken bestehen aus drei mehr oder weniger deutlichen Lagen von Haaren, deren Ränder sich markiren und von denen die vordere Reihe mit der vordern Behaarung des Mittelrückens gewissermaßen einen zweiten Halskragen bildet. Die aufsteigenden Taster erreichen bei den verschiedenen Arten sehr verschiedene Länge, stehen z. B. bei der prächtigen, blaßgoldenen P. moneta wie ein paar krumme Säbel vor und über dem Kopfe. Diese schönen Thiere ruhen mit steil dachförmigen Flügeln und viele von ihnen fliegen auch bei Tage. Die Raupen kennzeichnen ein kleiner Kopf, überhaupt ein nach vorn verjüngter Leib und das Schwinden der vordersten Bauchfüße, so daß sie spannerartig kriechen und gern mit buckelig emporgezogenem Vorderkörper ruhen. Sie leben alle frei an Kräutern und fertigen meist an der Futterpflanze ein lockeres Gespinnst für die Puppe. Diese hat eine stark entwickelte Rüsselscheide und bedarf nur kurze Zeit zu ihrer Entwickelung. Das Gamma, die Ypsiloneule (P. gamma) gehört zu den Arten, deren Vorderflügel ein dicker Silberbuchstabe in Form des griechischen g (gamma) auszeichnet und dürfte gleichzeitig die gemeinste und verbreitetste von allen sein; denn es fliegt auch in Nordamerika. -- Es begegnet uns in Feld und Wald, auf Wiesen und in Gärten, im Sonnenschein nicht minder, wie am frühen und späten Abend in scheuem und hastigem Fluge und saugt geschäftig an allen möglichen Blumen Honig. Wird es in seiner Ruhe gestört -- denn es sitzt bei Tage auch still unter einem Blatte -- so fährt es auf, setzt sich aber bald wieder nieder, und noch unschlüssig, ob es weiter fliegem soll, zittern die Flügel krampfhaft und die Fühler bleiben vorgestreckt; erst wenn es sich sicher fühlt, legt es letztere an den höckerigen Thorax, jene dachartig über den braungrauen Hinterleib. Wie wir das Gamma zu jeder Tageszeit antreffen können, so auch fast zu jeder Jahreszeit, natürlich innerhalb der Grenzen des bemerkbaren Jnsektenlebens. Aus diesem Grunde und weil in den warmen Monaten die Entwickelung sehr rasch von Statten geht, kommen während derselben alle Stände gleichzeitig vor, daher es schwierig ist, mit Sicherheit die Zahl der Generationen anzugeben. Für gewöhnlich nimmt man an, daß die Raupe überwintere, ich fing aber am 7. Mai (1865) einen Schmetter- ling, welcher seinem Ansehen nach kein Kind des Frühlings war. Wir sehen den Falter vorn mitten auf unserem Gruppenbilde in der Stellung, welche er saugend anzunehmen pflegt. Die Vorderflügel sind grau, heller und dunkler braun marmorirt und rostbraun gemischt, außer dem g oder y sind die feinen, lichten Zeichnungen silbern. Die an der Wurzel hellbraunen Hinter- flügel werden nach dem Saume hin bindenartig dunkler sammt der Wurzel der weißen Fransen. Die gelbgrüne, der Länge nach weißgestreifte Raupe schnürt sich in den Gelenken ein und frißt an den verschiedensten Kräutern, manchmal in verheerender Weise. So hat sie 1828 in Ostpreußen die Leinfelder vernichtet, anderwärts Hanf, Raps, Hülsenfrüchte etc. stark beschädigt.
Die größten Eulen, welchen gleichzeitig ihre Hinterflügel einen bestimmten Charakter auf- prägen und den größten Schmuck verleihen, hat man Ordensbänder (Catocala) genannt und sie weiter als blaue, gelbe und rothe unterschieden. Das blaue Ordensband (C. fraxini), das größte von allen, denn es kann 4 Zoll und darüber spannen, wird ohne Mühe an der breit lichtblauen Binde, die mitten durch die schwarzen Hinterflügel geht, erkannt, die übrigen führen
angehören, wie beiſpielsweiſe dem Ausrufezeichen (A. exclamationis), deſſen ſonſt faſt zeichnungs- loſe, gelblich rothgraue Vorderflügel nur die drei dunklereu Makel haben, oder der rinden- farbigen Ackereule (A. corticea), welche etwas in Größe hinter den vorigen zurückbleibt, ſonſt ſich von der Winterſaateule eigentlich nur dadurch unterſcheidet, daß ihre Hinterflügel in beiden Geſchlechtern braun ausſehen.
Die Goldeulen, Pluſien (Plusia) ſind über alle Erdtheile verbreitet und auch in Europa durch zahlreiche Arten vertreten; ſie zeichnen ſich größtentheils durch metalliſch glänzende Flecke auf ihren Vorderflügeln vortheilhaft aus, es kommen Bildungen, beiſpielsweiſe den griechiſchen Buchſtaben γ, ν oder λ ähnlich, vor, welche aus dick aufgetragenem Golde oder Silber zu beſtehen ſcheinen. Auf dem ſchlanken Hinterleibe erheben ſich ſtarke Schöpfe. Die Schulterdecken beſtehen aus drei mehr oder weniger deutlichen Lagen von Haaren, deren Ränder ſich markiren und von denen die vordere Reihe mit der vordern Behaarung des Mittelrückens gewiſſermaßen einen zweiten Halskragen bildet. Die aufſteigenden Taſter erreichen bei den verſchiedenen Arten ſehr verſchiedene Länge, ſtehen z. B. bei der prächtigen, blaßgoldenen P. moneta wie ein paar krumme Säbel vor und über dem Kopfe. Dieſe ſchönen Thiere ruhen mit ſteil dachförmigen Flügeln und viele von ihnen fliegen auch bei Tage. Die Raupen kennzeichnen ein kleiner Kopf, überhaupt ein nach vorn verjüngter Leib und das Schwinden der vorderſten Bauchfüße, ſo daß ſie ſpannerartig kriechen und gern mit buckelig emporgezogenem Vorderkörper ruhen. Sie leben alle frei an Kräutern und fertigen meiſt an der Futterpflanze ein lockeres Geſpinnſt für die Puppe. Dieſe hat eine ſtark entwickelte Rüſſelſcheide und bedarf nur kurze Zeit zu ihrer Entwickelung. Das Gamma, die Ypſiloneule (P. gamma) gehört zu den Arten, deren Vorderflügel ein dicker Silberbuchſtabe in Form des griechiſchen γ (gamma) auszeichnet und dürfte gleichzeitig die gemeinſte und verbreitetſte von allen ſein; denn es fliegt auch in Nordamerika. — Es begegnet uns in Feld und Wald, auf Wieſen und in Gärten, im Sonnenſchein nicht minder, wie am frühen und ſpäten Abend in ſcheuem und haſtigem Fluge und ſaugt geſchäftig an allen möglichen Blumen Honig. Wird es in ſeiner Ruhe geſtört — denn es ſitzt bei Tage auch ſtill unter einem Blatte — ſo fährt es auf, ſetzt ſich aber bald wieder nieder, und noch unſchlüſſig, ob es weiter fliegem ſoll, zittern die Flügel krampfhaft und die Fühler bleiben vorgeſtreckt; erſt wenn es ſich ſicher fühlt, legt es letztere an den höckerigen Thorax, jene dachartig über den braungrauen Hinterleib. Wie wir das Gamma zu jeder Tageszeit antreffen können, ſo auch faſt zu jeder Jahreszeit, natürlich innerhalb der Grenzen des bemerkbaren Jnſektenlebens. Aus dieſem Grunde und weil in den warmen Monaten die Entwickelung ſehr raſch von Statten geht, kommen während derſelben alle Stände gleichzeitig vor, daher es ſchwierig iſt, mit Sicherheit die Zahl der Generationen anzugeben. Für gewöhnlich nimmt man an, daß die Raupe überwintere, ich fing aber am 7. Mai (1865) einen Schmetter- ling, welcher ſeinem Anſehen nach kein Kind des Frühlings war. Wir ſehen den Falter vorn mitten auf unſerem Gruppenbilde in der Stellung, welche er ſaugend anzunehmen pflegt. Die Vorderflügel ſind grau, heller und dunkler braun marmorirt und roſtbraun gemiſcht, außer dem γ oder y ſind die feinen, lichten Zeichnungen ſilbern. Die an der Wurzel hellbraunen Hinter- flügel werden nach dem Saume hin bindenartig dunkler ſammt der Wurzel der weißen Franſen. Die gelbgrüne, der Länge nach weißgeſtreifte Raupe ſchnürt ſich in den Gelenken ein und frißt an den verſchiedenſten Kräutern, manchmal in verheerender Weiſe. So hat ſie 1828 in Oſtpreußen die Leinfelder vernichtet, anderwärts Hanf, Raps, Hülſenfrüchte ꝛc. ſtark beſchädigt.
Die größten Eulen, welchen gleichzeitig ihre Hinterflügel einen beſtimmten Charakter auf- prägen und den größten Schmuck verleihen, hat man Ordensbänder (Catocala) genannt und ſie weiter als blaue, gelbe und rothe unterſchieden. Das blaue Ordensband (C. fraxini), das größte von allen, denn es kann 4 Zoll und darüber ſpannen, wird ohne Mühe an der breit lichtblauen Binde, die mitten durch die ſchwarzen Hinterflügel geht, erkannt, die übrigen führen
23*
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0379"n="355"/><fwplace="top"type="header">Ausrufezeichen. Rindenfarbige Ackereule. Gamma. Blanes Ordensband.</fw><lb/>
angehören, wie beiſpielsweiſe dem <hirendition="#g">Ausrufezeichen</hi> (<hirendition="#aq">A. exclamationis</hi>), deſſen ſonſt faſt zeichnungs-<lb/>
loſe, gelblich rothgraue Vorderflügel nur die drei dunklereu Makel haben, oder der <hirendition="#g">rinden-<lb/>
farbigen Ackereule</hi> (<hirendition="#aq">A. corticea</hi>), welche etwas in Größe hinter den vorigen zurückbleibt, ſonſt<lb/>ſich von der Winterſaateule eigentlich nur dadurch unterſcheidet, daß ihre Hinterflügel in beiden<lb/>
Geſchlechtern <hirendition="#g">braun</hi> ausſehen.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Goldeulen, Pluſien</hi> (<hirendition="#aq">Plusia</hi>) ſind über alle Erdtheile verbreitet und auch in Europa<lb/>
durch zahlreiche Arten vertreten; ſie zeichnen ſich größtentheils durch metalliſch glänzende Flecke<lb/>
auf ihren Vorderflügeln vortheilhaft aus, es kommen Bildungen, beiſpielsweiſe den griechiſchen<lb/>
Buchſtaben γ, ν oder λ ähnlich, vor, welche aus dick aufgetragenem Golde oder Silber zu beſtehen<lb/>ſcheinen. Auf dem ſchlanken Hinterleibe erheben ſich ſtarke Schöpfe. Die Schulterdecken beſtehen<lb/>
aus drei mehr oder weniger deutlichen Lagen von Haaren, deren Ränder ſich markiren und von<lb/>
denen die vordere Reihe mit der vordern Behaarung des Mittelrückens gewiſſermaßen einen zweiten<lb/>
Halskragen bildet. Die aufſteigenden Taſter erreichen bei den verſchiedenen Arten ſehr verſchiedene<lb/>
Länge, ſtehen z. B. bei der prächtigen, blaßgoldenen <hirendition="#aq">P. moneta</hi> wie ein paar krumme Säbel vor<lb/>
und über dem Kopfe. Dieſe ſchönen Thiere ruhen mit ſteil dachförmigen Flügeln und viele von<lb/>
ihnen fliegen auch bei Tage. Die Raupen kennzeichnen ein kleiner Kopf, überhaupt ein nach vorn<lb/>
verjüngter Leib und das Schwinden der vorderſten Bauchfüße, ſo daß ſie ſpannerartig kriechen<lb/>
und gern mit buckelig emporgezogenem Vorderkörper ruhen. Sie leben alle frei an Kräutern<lb/>
und fertigen meiſt an der Futterpflanze ein lockeres Geſpinnſt für die Puppe. Dieſe hat eine<lb/>ſtark entwickelte Rüſſelſcheide und bedarf nur kurze Zeit zu ihrer Entwickelung. Das <hirendition="#g">Gamma,</hi><lb/>
die <hirendition="#g">Ypſiloneule</hi> (<hirendition="#aq">P. gamma</hi>) gehört zu den Arten, deren Vorderflügel ein dicker Silberbuchſtabe<lb/>
in Form des griechiſchen γ (<hirendition="#aq">gamma</hi>) auszeichnet und dürfte gleichzeitig die gemeinſte und verbreitetſte<lb/>
von allen ſein; denn es fliegt auch in Nordamerika. — Es begegnet uns in Feld und Wald, auf<lb/>
Wieſen und in Gärten, im Sonnenſchein nicht minder, wie am frühen und ſpäten Abend in<lb/>ſcheuem und haſtigem Fluge und ſaugt geſchäftig an allen möglichen Blumen Honig. Wird es in<lb/>ſeiner Ruhe geſtört — denn es ſitzt bei Tage auch ſtill unter einem Blatte —ſo fährt es auf,<lb/>ſetzt ſich aber bald wieder nieder, und noch unſchlüſſig, ob es weiter fliegem ſoll, zittern die Flügel<lb/>
krampfhaft und die Fühler bleiben vorgeſtreckt; erſt wenn es ſich ſicher fühlt, legt es letztere an<lb/>
den höckerigen Thorax, jene dachartig über den braungrauen Hinterleib. Wie wir das <hirendition="#g">Gamma</hi><lb/>
zu jeder Tageszeit antreffen können, ſo auch faſt zu jeder Jahreszeit, natürlich innerhalb der<lb/>
Grenzen des <hirendition="#g">bemerkbaren</hi> Jnſektenlebens. Aus dieſem Grunde und weil in den warmen Monaten<lb/>
die Entwickelung ſehr raſch von Statten geht, kommen während derſelben alle Stände gleichzeitig<lb/>
vor, daher es ſchwierig iſt, mit Sicherheit die Zahl der Generationen anzugeben. Für gewöhnlich<lb/>
nimmt man an, daß die Raupe überwintere, ich fing aber am 7. Mai (1865) einen Schmetter-<lb/>
ling, welcher ſeinem Anſehen nach kein Kind des Frühlings war. Wir ſehen den Falter vorn<lb/>
mitten auf unſerem Gruppenbilde in der Stellung, welche er ſaugend anzunehmen pflegt. Die<lb/>
Vorderflügel ſind grau, heller und dunkler braun marmorirt und roſtbraun gemiſcht, außer dem<lb/>γ oder <hirendition="#aq">y</hi>ſind die feinen, lichten Zeichnungen ſilbern. Die an der Wurzel hellbraunen Hinter-<lb/>
flügel werden nach dem Saume hin bindenartig dunkler ſammt der Wurzel der weißen Franſen.<lb/>
Die gelbgrüne, der Länge nach weißgeſtreifte Raupe ſchnürt ſich in den Gelenken ein und frißt<lb/>
an den verſchiedenſten Kräutern, manchmal in verheerender Weiſe. So hat ſie 1828 in Oſtpreußen<lb/>
die Leinfelder vernichtet, anderwärts Hanf, Raps, Hülſenfrüchte ꝛc. ſtark beſchädigt.</p><lb/><p>Die größten Eulen, welchen gleichzeitig ihre <hirendition="#g">Hinterflügel</hi> einen beſtimmten Charakter auf-<lb/>
prägen und den größten Schmuck verleihen, hat man <hirendition="#g">Ordensbänder</hi> (<hirendition="#aq">Catocala</hi>) genannt und<lb/>ſie weiter als blaue, gelbe und rothe unterſchieden. Das <hirendition="#g">blaue Ordensband</hi> (<hirendition="#aq">C. fraxini</hi>),<lb/>
das größte von allen, denn es kann 4 Zoll und darüber ſpannen, wird ohne Mühe an der breit<lb/>
lichtblauen Binde, die mitten durch die ſchwarzen Hinterflügel geht, erkannt, die übrigen führen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">23*</fw><lb/></p></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[355/0379]
Ausrufezeichen. Rindenfarbige Ackereule. Gamma. Blanes Ordensband.
angehören, wie beiſpielsweiſe dem Ausrufezeichen (A. exclamationis), deſſen ſonſt faſt zeichnungs-
loſe, gelblich rothgraue Vorderflügel nur die drei dunklereu Makel haben, oder der rinden-
farbigen Ackereule (A. corticea), welche etwas in Größe hinter den vorigen zurückbleibt, ſonſt
ſich von der Winterſaateule eigentlich nur dadurch unterſcheidet, daß ihre Hinterflügel in beiden
Geſchlechtern braun ausſehen.
Die Goldeulen, Pluſien (Plusia) ſind über alle Erdtheile verbreitet und auch in Europa
durch zahlreiche Arten vertreten; ſie zeichnen ſich größtentheils durch metalliſch glänzende Flecke
auf ihren Vorderflügeln vortheilhaft aus, es kommen Bildungen, beiſpielsweiſe den griechiſchen
Buchſtaben γ, ν oder λ ähnlich, vor, welche aus dick aufgetragenem Golde oder Silber zu beſtehen
ſcheinen. Auf dem ſchlanken Hinterleibe erheben ſich ſtarke Schöpfe. Die Schulterdecken beſtehen
aus drei mehr oder weniger deutlichen Lagen von Haaren, deren Ränder ſich markiren und von
denen die vordere Reihe mit der vordern Behaarung des Mittelrückens gewiſſermaßen einen zweiten
Halskragen bildet. Die aufſteigenden Taſter erreichen bei den verſchiedenen Arten ſehr verſchiedene
Länge, ſtehen z. B. bei der prächtigen, blaßgoldenen P. moneta wie ein paar krumme Säbel vor
und über dem Kopfe. Dieſe ſchönen Thiere ruhen mit ſteil dachförmigen Flügeln und viele von
ihnen fliegen auch bei Tage. Die Raupen kennzeichnen ein kleiner Kopf, überhaupt ein nach vorn
verjüngter Leib und das Schwinden der vorderſten Bauchfüße, ſo daß ſie ſpannerartig kriechen
und gern mit buckelig emporgezogenem Vorderkörper ruhen. Sie leben alle frei an Kräutern
und fertigen meiſt an der Futterpflanze ein lockeres Geſpinnſt für die Puppe. Dieſe hat eine
ſtark entwickelte Rüſſelſcheide und bedarf nur kurze Zeit zu ihrer Entwickelung. Das Gamma,
die Ypſiloneule (P. gamma) gehört zu den Arten, deren Vorderflügel ein dicker Silberbuchſtabe
in Form des griechiſchen γ (gamma) auszeichnet und dürfte gleichzeitig die gemeinſte und verbreitetſte
von allen ſein; denn es fliegt auch in Nordamerika. — Es begegnet uns in Feld und Wald, auf
Wieſen und in Gärten, im Sonnenſchein nicht minder, wie am frühen und ſpäten Abend in
ſcheuem und haſtigem Fluge und ſaugt geſchäftig an allen möglichen Blumen Honig. Wird es in
ſeiner Ruhe geſtört — denn es ſitzt bei Tage auch ſtill unter einem Blatte — ſo fährt es auf,
ſetzt ſich aber bald wieder nieder, und noch unſchlüſſig, ob es weiter fliegem ſoll, zittern die Flügel
krampfhaft und die Fühler bleiben vorgeſtreckt; erſt wenn es ſich ſicher fühlt, legt es letztere an
den höckerigen Thorax, jene dachartig über den braungrauen Hinterleib. Wie wir das Gamma
zu jeder Tageszeit antreffen können, ſo auch faſt zu jeder Jahreszeit, natürlich innerhalb der
Grenzen des bemerkbaren Jnſektenlebens. Aus dieſem Grunde und weil in den warmen Monaten
die Entwickelung ſehr raſch von Statten geht, kommen während derſelben alle Stände gleichzeitig
vor, daher es ſchwierig iſt, mit Sicherheit die Zahl der Generationen anzugeben. Für gewöhnlich
nimmt man an, daß die Raupe überwintere, ich fing aber am 7. Mai (1865) einen Schmetter-
ling, welcher ſeinem Anſehen nach kein Kind des Frühlings war. Wir ſehen den Falter vorn
mitten auf unſerem Gruppenbilde in der Stellung, welche er ſaugend anzunehmen pflegt. Die
Vorderflügel ſind grau, heller und dunkler braun marmorirt und roſtbraun gemiſcht, außer dem
γ oder y ſind die feinen, lichten Zeichnungen ſilbern. Die an der Wurzel hellbraunen Hinter-
flügel werden nach dem Saume hin bindenartig dunkler ſammt der Wurzel der weißen Franſen.
Die gelbgrüne, der Länge nach weißgeſtreifte Raupe ſchnürt ſich in den Gelenken ein und frißt
an den verſchiedenſten Kräutern, manchmal in verheerender Weiſe. So hat ſie 1828 in Oſtpreußen
die Leinfelder vernichtet, anderwärts Hanf, Raps, Hülſenfrüchte ꝛc. ſtark beſchädigt.
Die größten Eulen, welchen gleichzeitig ihre Hinterflügel einen beſtimmten Charakter auf-
prägen und den größten Schmuck verleihen, hat man Ordensbänder (Catocala) genannt und
ſie weiter als blaue, gelbe und rothe unterſchieden. Das blaue Ordensband (C. fraxini),
das größte von allen, denn es kann 4 Zoll und darüber ſpannen, wird ohne Mühe an der breit
lichtblauen Binde, die mitten durch die ſchwarzen Hinterflügel geht, erkannt, die übrigen führen
23*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/379>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.