und grub danach; das war jenen aber gerade recht, in ihrem Eifer nahmen sie ihm dieselben unter den Händen fort, und es kostete Herrn Bates wahre Mühe, einige unverletzte Stücke in Sicherheit zu bringen. Beim Anlegen der Minen, welche den Räubern den Weg zum Raube bahnen sollten, schienen die kleinen Arbeiter in verschiedene Abtheilungen getheilt zu sein, indem die Einen gruben, die Anderen die Erdtheilchen entfernten. Als sie tiefer eingedrungen waren und die Schwierig- keiten der Arbeit zunahmen, wurde der Handlangerdienst eingerichtet: den von unten Herauf- kommenden nahmen die Kameraden, welche sie schon oben am Rande erwarteten, die Bürde ab und trugen sie weiter. Auch vertauschten sie bisweilen ihre Rollen, die Schachtarbeiter blieben draußen und jene fuhren ein, um die Erde bis zum Rande zu fördern. Sowie aber erst die Beute sichtbar wurde, griff Alles zu, zaußte und zerrte nach allen Richtungen, Alles schleppte fort, so viel die Kräfte erlaubten und marschirte damit den Abhang hinunter. Nach zwei Stunden waren die Nester so ziemlich ausgenommen, und in einzelnen Zügen bewegten sich die Sieger den Hügel hinab, trafen aber alle unten wieder in geschlossener Kolonne zusammen, welche sich sechzig bis siebzig Schritte weit erstreckte und an einem steinharten Hügelchen ihr Ende erreichte. An diesem ging der Strom hinauf. Viele, die bis dahin leer mitgelaufen waren, halfen nun ihren Kameraden die schwere Bürde hinaufschaffen, und allmälig verschwand die Gesellschaft durch einen obern Eingang in die Tiefe des Baues.
Zwei andere sehr gemeine Arten (E. hamata und drepanophora) sind sich so ähnlich, daß eine genaue Untersuchung nöthig wird, um sie unterscheiden zu können; aber nie untermischt, stets getrennt ziehen die gedrängten Schaaren zu Tausenden in den Uferwäldern des Amazonen- stromes einher. Die Größe der Jndividuen ein und derselben Gesellschaft ist ungemein schwankend, man kann Zwerge von 1/3 Zoll neben 1/2 Zoll langen Großköpfigen mit ungeheueren Kiefern hinwandeln sehen. Ehe ein Fußgänger auf einen Zug solcher Ameisen trifft, wird er durch das Zwitschern und das unruhige Umherflattern eines kleinen Schwarmes einfarbiger Vögel, der Ameisendrosseln, im Dickicht aufmerksam gemacht. Geht er ungeachtet dieser Warnung noch einige Schritte vorwärts, so fühlt er sich mit einem Male von diesen kleinen Räubern ange- fallen, welche schaarenweise mit unglaublicher Schnelligkeit an seinen Beinen in die Höhe kriechen, ihre Zangen in die Haut einschlagen, auf diese Weise Anhalt gewinnend, die Hinterleibsspitze nach vorn biegen und mit aller Kraft stechen. Es bleibt dann nichts Anderes übrig, als schleunigst nach dem andern Ende der Kolonne zu entfliehen. Die Bestien haben sich so verbissen, daß man sie beim Abnehmen zerreißt und der Kopf an der Wunde sitzen bleibt. Auf den unglück- lichen Wanderer war es ursprünglich nicht abgesehen, er kam den im Dickicht ihr Unwesen treibenden Ameisen nur zu nahe, die überall Schrecken und Aufregung verbreiten, wo sie ihre Straße ziehen. Vorzüglich haben die ungeflügelten Jnsekten, Spinnen, andere Ameisen, Maden, Raupen, Asseln u. a. alle Ursache, sich vor ihnen zu fürchten. Die Ecitons steigen nicht hoch an den Bäumen hinauf und belästigen die Vogelnester daher wenig. Bates meint folgende Angriffs- weise verbürgen zu können: Die Hauptkolonne, vier bis sechs neben einander, rückt in einer gegebenen Richtung vor, den Boden von allen animalischen Stoffen reinigend, gleichviel ob lebendig oder todt, wobei sie hie und da eine kleine Seitenkolonne absenden, welche an den Flanken der Hauptarmee fouragirt und dann wieder in den Hauptzug eintritt. Wenn irgendwo in der Nähe der Marschlinie eine besonders günstige Stelle entdeckt wird, wie etwa ein Haufe verwesenden Holzes, in dem sich viele Jnsektenlarven aufhalten, so wird Halt gemacht, und ein starkes Heer concentrirt sich an dieser Stelle. Die wüthenden Geschöpfe durchsuchen nun jede Spalte und reißen alle großen Larven, welche sie an's Tageslicht bringen, in Stücken. Jnteressant ist es, wie sie die Wespennester ausplündern, welche sie manchmal an niedrigen Sträuchern autreffen. Sie nagen die papiernen Deckel von den Zellen, um zu Larven, Puppen oder schon entwickelten Jnsekten zu gelangen, und reißen Alles in Fetzen, ohne Rücksicht zu nehmen auf die beleidigten Jnhaber und natürlichen Wächter des Baues. Die Heere marschiren nie weit auf einem betretenen
Die Hautflügler. Ameiſen. Knotenameiſen.
und grub danach; das war jenen aber gerade recht, in ihrem Eifer nahmen ſie ihm dieſelben unter den Händen fort, und es koſtete Herrn Bates wahre Mühe, einige unverletzte Stücke in Sicherheit zu bringen. Beim Anlegen der Minen, welche den Räubern den Weg zum Raube bahnen ſollten, ſchienen die kleinen Arbeiter in verſchiedene Abtheilungen getheilt zu ſein, indem die Einen gruben, die Anderen die Erdtheilchen entfernten. Als ſie tiefer eingedrungen waren und die Schwierig- keiten der Arbeit zunahmen, wurde der Handlangerdienſt eingerichtet: den von unten Herauf- kommenden nahmen die Kameraden, welche ſie ſchon oben am Rande erwarteten, die Bürde ab und trugen ſie weiter. Auch vertauſchten ſie bisweilen ihre Rollen, die Schachtarbeiter blieben draußen und jene fuhren ein, um die Erde bis zum Rande zu fördern. Sowie aber erſt die Beute ſichtbar wurde, griff Alles zu, zaußte und zerrte nach allen Richtungen, Alles ſchleppte fort, ſo viel die Kräfte erlaubten und marſchirte damit den Abhang hinunter. Nach zwei Stunden waren die Neſter ſo ziemlich ausgenommen, und in einzelnen Zügen bewegten ſich die Sieger den Hügel hinab, trafen aber alle unten wieder in geſchloſſener Kolonne zuſammen, welche ſich ſechzig bis ſiebzig Schritte weit erſtreckte und an einem ſteinharten Hügelchen ihr Ende erreichte. An dieſem ging der Strom hinauf. Viele, die bis dahin leer mitgelaufen waren, halfen nun ihren Kameraden die ſchwere Bürde hinaufſchaffen, und allmälig verſchwand die Geſellſchaft durch einen obern Eingang in die Tiefe des Baues.
Zwei andere ſehr gemeine Arten (E. hamata und drepanophora) ſind ſich ſo ähnlich, daß eine genaue Unterſuchung nöthig wird, um ſie unterſcheiden zu können; aber nie untermiſcht, ſtets getrennt ziehen die gedrängten Schaaren zu Tauſenden in den Uferwäldern des Amazonen- ſtromes einher. Die Größe der Jndividuen ein und derſelben Geſellſchaft iſt ungemein ſchwankend, man kann Zwerge von ⅓ Zoll neben ½ Zoll langen Großköpfigen mit ungeheueren Kiefern hinwandeln ſehen. Ehe ein Fußgänger auf einen Zug ſolcher Ameiſen trifft, wird er durch das Zwitſchern und das unruhige Umherflattern eines kleinen Schwarmes einfarbiger Vögel, der Ameiſendroſſeln, im Dickicht aufmerkſam gemacht. Geht er ungeachtet dieſer Warnung noch einige Schritte vorwärts, ſo fühlt er ſich mit einem Male von dieſen kleinen Räubern ange- fallen, welche ſchaarenweiſe mit unglaublicher Schnelligkeit an ſeinen Beinen in die Höhe kriechen, ihre Zangen in die Haut einſchlagen, auf dieſe Weiſe Anhalt gewinnend, die Hinterleibsſpitze nach vorn biegen und mit aller Kraft ſtechen. Es bleibt dann nichts Anderes übrig, als ſchleunigſt nach dem andern Ende der Kolonne zu entfliehen. Die Beſtien haben ſich ſo verbiſſen, daß man ſie beim Abnehmen zerreißt und der Kopf an der Wunde ſitzen bleibt. Auf den unglück- lichen Wanderer war es urſprünglich nicht abgeſehen, er kam den im Dickicht ihr Unweſen treibenden Ameiſen nur zu nahe, die überall Schrecken und Aufregung verbreiten, wo ſie ihre Straße ziehen. Vorzüglich haben die ungeflügelten Jnſekten, Spinnen, andere Ameiſen, Maden, Raupen, Aſſeln u. a. alle Urſache, ſich vor ihnen zu fürchten. Die Ecitons ſteigen nicht hoch an den Bäumen hinauf und beläſtigen die Vogelneſter daher wenig. Bates meint folgende Angriffs- weiſe verbürgen zu können: Die Hauptkolonne, vier bis ſechs neben einander, rückt in einer gegebenen Richtung vor, den Boden von allen animaliſchen Stoffen reinigend, gleichviel ob lebendig oder todt, wobei ſie hie und da eine kleine Seitenkolonne abſenden, welche an den Flanken der Hauptarmee fouragirt und dann wieder in den Hauptzug eintritt. Wenn irgendwo in der Nähe der Marſchlinie eine beſonders günſtige Stelle entdeckt wird, wie etwa ein Haufe verweſenden Holzes, in dem ſich viele Jnſektenlarven aufhalten, ſo wird Halt gemacht, und ein ſtarkes Heer concentrirt ſich an dieſer Stelle. Die wüthenden Geſchöpfe durchſuchen nun jede Spalte und reißen alle großen Larven, welche ſie an’s Tageslicht bringen, in Stücken. Jntereſſant iſt es, wie ſie die Wespenneſter ausplündern, welche ſie manchmal an niedrigen Sträuchern autreffen. Sie nagen die papiernen Deckel von den Zellen, um zu Larven, Puppen oder ſchon entwickelten Jnſekten zu gelangen, und reißen Alles in Fetzen, ohne Rückſicht zu nehmen auf die beleidigten Jnhaber und natürlichen Wächter des Baues. Die Heere marſchiren nie weit auf einem betretenen
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und grub danach; das war jenen aber gerade recht, in ihrem Eifer nahmen ſie ihm dieſelben unter
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zu bringen. Beim Anlegen der Minen, welche den Räubern den Weg zum Raube bahnen ſollten,
ſchienen die kleinen Arbeiter in verſchiedene Abtheilungen getheilt zu ſein, indem die Einen gruben,
die Anderen die Erdtheilchen entfernten. Als ſie tiefer eingedrungen waren und die Schwierig-
keiten der Arbeit zunahmen, wurde der Handlangerdienſt eingerichtet: den von unten Herauf-
kommenden nahmen die Kameraden, welche ſie ſchon oben am Rande erwarteten, die Bürde ab
und trugen ſie weiter. Auch vertauſchten ſie bisweilen ihre Rollen, die Schachtarbeiter blieben
draußen und jene fuhren ein, um die Erde bis zum Rande zu fördern. Sowie aber erſt die
Beute ſichtbar wurde, griff Alles zu, zaußte und zerrte nach allen Richtungen, Alles ſchleppte
fort, ſo viel die Kräfte erlaubten und marſchirte damit den Abhang hinunter. Nach zwei Stunden
waren die Neſter ſo ziemlich ausgenommen, und in einzelnen Zügen bewegten ſich die Sieger den
Hügel hinab, trafen aber alle unten wieder in geſchloſſener Kolonne zuſammen, welche ſich ſechzig
bis ſiebzig Schritte weit erſtreckte und an einem ſteinharten Hügelchen ihr Ende erreichte. An
dieſem ging der Strom hinauf. Viele, die bis dahin leer mitgelaufen waren, halfen nun ihren
Kameraden die ſchwere Bürde hinaufſchaffen, und allmälig verſchwand die Geſellſchaft durch einen
obern Eingang in die Tiefe des Baues.
Zwei andere ſehr gemeine Arten (E. hamata und drepanophora) ſind ſich ſo ähnlich, daß
eine genaue Unterſuchung nöthig wird, um ſie unterſcheiden zu können; aber nie untermiſcht, ſtets
getrennt ziehen die gedrängten Schaaren zu Tauſenden in den Uferwäldern des Amazonen-
ſtromes einher. Die Größe der Jndividuen ein und derſelben Geſellſchaft iſt ungemein ſchwankend,
man kann Zwerge von ⅓ Zoll neben ½ Zoll langen Großköpfigen mit ungeheueren Kiefern
hinwandeln ſehen. Ehe ein Fußgänger auf einen Zug ſolcher Ameiſen trifft, wird er durch
das Zwitſchern und das unruhige Umherflattern eines kleinen Schwarmes einfarbiger Vögel,
der Ameiſendroſſeln, im Dickicht aufmerkſam gemacht. Geht er ungeachtet dieſer Warnung noch
einige Schritte vorwärts, ſo fühlt er ſich mit einem Male von dieſen kleinen Räubern ange-
fallen, welche ſchaarenweiſe mit unglaublicher Schnelligkeit an ſeinen Beinen in die Höhe kriechen,
ihre Zangen in die Haut einſchlagen, auf dieſe Weiſe Anhalt gewinnend, die Hinterleibsſpitze nach
vorn biegen und mit aller Kraft ſtechen. Es bleibt dann nichts Anderes übrig, als ſchleunigſt
nach dem andern Ende der Kolonne zu entfliehen. Die Beſtien haben ſich ſo verbiſſen, daß
man ſie beim Abnehmen zerreißt und der Kopf an der Wunde ſitzen bleibt. Auf den unglück-
lichen Wanderer war es urſprünglich nicht abgeſehen, er kam den im Dickicht ihr Unweſen
treibenden Ameiſen nur zu nahe, die überall Schrecken und Aufregung verbreiten, wo ſie ihre
Straße ziehen. Vorzüglich haben die ungeflügelten Jnſekten, Spinnen, andere Ameiſen, Maden,
Raupen, Aſſeln u. a. alle Urſache, ſich vor ihnen zu fürchten. Die Ecitons ſteigen nicht hoch an
den Bäumen hinauf und beläſtigen die Vogelneſter daher wenig. Bates meint folgende Angriffs-
weiſe verbürgen zu können: Die Hauptkolonne, vier bis ſechs neben einander, rückt in einer
gegebenen Richtung vor, den Boden von allen animaliſchen Stoffen reinigend, gleichviel ob lebendig
oder todt, wobei ſie hie und da eine kleine Seitenkolonne abſenden, welche an den Flanken der
Hauptarmee fouragirt und dann wieder in den Hauptzug eintritt. Wenn irgendwo in der Nähe
der Marſchlinie eine beſonders günſtige Stelle entdeckt wird, wie etwa ein Haufe verweſenden
Holzes, in dem ſich viele Jnſektenlarven aufhalten, ſo wird Halt gemacht, und ein ſtarkes Heer
concentrirt ſich an dieſer Stelle. Die wüthenden Geſchöpfe durchſuchen nun jede Spalte und
reißen alle großen Larven, welche ſie an’s Tageslicht bringen, in Stücken. Jntereſſant iſt es, wie
ſie die Wespenneſter ausplündern, welche ſie manchmal an niedrigen Sträuchern autreffen. Sie
nagen die papiernen Deckel von den Zellen, um zu Larven, Puppen oder ſchon entwickelten Jnſekten
zu gelangen, und reißen Alles in Fetzen, ohne Rückſicht zu nehmen auf die beleidigten Jnhaber
und natürlichen Wächter des Baues. Die Heere marſchiren nie weit auf einem betretenen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/240>, abgerufen am 24.11.2024.
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