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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Hautflügler. Drüsenameisen. Stachelameisen.
schwärzlichen Flecken, das Männchen dagegen einen durchaus braunschwarzen, in Folge der
Behaarung aber aschgrau schimmernden; dasselbe ist größer als das Weibchen (5'''), dieses nur
41/2 und der Arbeiter gar nur 2 bis 3 Linien. Die Gattungsmerkmale, welche der Art zukommen,
bestehen in folgenden: Zwölf Glieder der Fühler beim Weibe, dreizehn beim Manne, diese
unmittelbar hinter dem Kopfschilde eingelenkt, welches sich nicht zwischen ihre Schäfte fortsetzt, ein
scharf abgegrenztes Stirnfeld und nach oben wenig auseinandergehende Stirnleisten; die Arbeiter
haben Nebenaugen, wie die geflügelten Geschlechter, und die Männchen messerförmige Klappen an
den großen Genitalien. Diese Waldameise lebt in ganz Europa bis Ostsibirien und in Nord-
amerika. Linne begriff alle Ameisen unter dem Gattungsnamen Formica, die Arten der
Gattung im heutigen Sinne kommen in Europa, zum Theil gleichzeitig in Nordamerika vor,
und nur eine auf Malacca.

Während die Formica-Arten in der Erde nisten, wählen die Höcker-Drüsenameisen
(Lasius) die verschiedenartigsten Baustellen. L. fuliginosus, über ganz Europa verbreitet, mit
Ausnahme der pyrenäischen und Balkan-Halbinsel, legt Jrrgänge in alten Baumstämmen an
oder kittet dergleichen zusammen, wenn der Zahn der Zeit schon zu lange genagt und das Holz
in Erde verwandelt hatte. L. niger, in ganz Europa und in Nordamerika, auch auf Madeira
ansässig, baut, gleich ihrer, nur auf die Südhälfte Europas beschränkten Schwester, L. alienus,
wie es eben passen will, in die Erde, in hohle Bäume, zwischen Moos und dergl. L. emargi-
natus
sucht mit Vorliebe die Ritzen in Gartenmauern auf. Die wegen ihrer empfindlichen Bisse
berüchtigten gelben Ameisen, welche gleichfalls dieser Gattung angehören und mehrere Arten
enthalten, bauen bekanntlich in die Erde unter dem Schutze eines Steins oder eines Hügels.

Die Stachelameisen (Poneridae) führen diesen Namen, weil Arbeiter und Weibchen mit
einem Stachel bewehrt sind. Jhre Kolonien bestehen aus nur wenig Jndividuen, sind meist nur
im Arbeiterstande bekannt und in Europa sparsam vertreten. -- Die von Latreille aufgestellte,
bisher zu den Poneriden gerechnete Gattung Odontomachus hat man mit noch einigen anderen zu
einer besonderen Sippe erhoben und zwischen die Drüsen- und Stachelameisen eingeschoben. Die
schlanken, schmalen Thiere zeichnen sich durch den langen, nach hinten gerichteten Dorn auf ihrem
einzigen Stielknoten aus, sowie durch die zwei Unterrandzellen und die drei Mittelzellen in den
Flügeln. Das Merkwürdigste an ihnen bleiben aber die Kinnbacken durch ihre Bildung und
Anheftung bei Weibchen und Arbeitern. An der äußersten Spitze des auffällig gestreckten Kopfes
sitzen die übermäßig langen Kinnbacken mit den Wurzeln dicht bei einander, wie die Flügel einer
Drahtzange vor ihrem Niet. Nur Asien und Südamerika ernähren dergleichen interessante Thiere.
Eine zweite, ebenfalls nur exotische Gruppe, welche von anderen Autoren als selbständige Familie
hinter die Ameisen gestellt worden, können wir an dieser Stelle durch eine kurze Notiz über die
Lebensverhältnisse einer Art einführen. Die Doryliden (Dorylus, Labidus, Anomma u. a.),
welche man in der Dreigestaltigkeit der Arten noch sehr unvollkommen kennt, gehören nur den
heißen Erdstrichen an, vorzugsweise Ostindien, Senegambien und Brafilien. Die Treiber-
ameise
(Anomma arcens), eine Bewohnerin des westlichen Afrikas, hat sich durch ihre eigen-
thümliche Lebensweise eine gewisse Berühmtheit erworben. Die Gesellschaft, in welcher sich
kleinere und größere (bis 5 Linien lange) Jndividuen befinden, hat keine festen Wohnsitze, sondern
führt ein vagabondirendes Leben. Weil den Thieren die brennenden Sonnenstrahlen verderblich
werden, so halten sie sich bei Tage unter Gras und in Dickicht verborgen und ziehen nur des
Nachts auf Raub aus. Mitunter sind sie aber doch genöthigt, ins Freie zu gehen, und dann
übermauern sie sofort die Straße, welche sie zu ziehen haben, durch ein aus Erde und Speichel
gemengtes Gewölbe. Auf ihren Raubzügen fallen sie größere Thiere an, und zwar deren Augen
zunächst in Angriff nehmend, darum sollen ihnen selbst Riesenschlangen erliegen. Dem getödteten
Opfer saugen sie das Blut aus, wie berichtet wird, zerschroten das Fleisch und schleppen es nach

Die Hautflügler. Drüſenameiſen. Stachelameiſen.
ſchwärzlichen Flecken, das Männchen dagegen einen durchaus braunſchwarzen, in Folge der
Behaarung aber aſchgrau ſchimmernden; daſſelbe iſt größer als das Weibchen (5‴), dieſes nur
4½ und der Arbeiter gar nur 2 bis 3 Linien. Die Gattungsmerkmale, welche der Art zukommen,
beſtehen in folgenden: Zwölf Glieder der Fühler beim Weibe, dreizehn beim Manne, dieſe
unmittelbar hinter dem Kopfſchilde eingelenkt, welches ſich nicht zwiſchen ihre Schäfte fortſetzt, ein
ſcharf abgegrenztes Stirnfeld und nach oben wenig auseinandergehende Stirnleiſten; die Arbeiter
haben Nebenaugen, wie die geflügelten Geſchlechter, und die Männchen meſſerförmige Klappen an
den großen Genitalien. Dieſe Waldameiſe lebt in ganz Europa bis Oſtſibirien und in Nord-
amerika. Linné begriff alle Ameiſen unter dem Gattungsnamen Formica, die Arten der
Gattung im heutigen Sinne kommen in Europa, zum Theil gleichzeitig in Nordamerika vor,
und nur eine auf Malacca.

Während die Formica-Arten in der Erde niſten, wählen die Höcker-Drüſenameiſen
(Lasius) die verſchiedenartigſten Bauſtellen. L. fuliginosus, über ganz Europa verbreitet, mit
Ausnahme der pyrenäiſchen und Balkan-Halbinſel, legt Jrrgänge in alten Baumſtämmen an
oder kittet dergleichen zuſammen, wenn der Zahn der Zeit ſchon zu lange genagt und das Holz
in Erde verwandelt hatte. L. niger, in ganz Europa und in Nordamerika, auch auf Madeira
anſäſſig, baut, gleich ihrer, nur auf die Südhälfte Europas beſchränkten Schweſter, L. alienus,
wie es eben paſſen will, in die Erde, in hohle Bäume, zwiſchen Moos und dergl. L. emargi-
natus
ſucht mit Vorliebe die Ritzen in Gartenmauern auf. Die wegen ihrer empfindlichen Biſſe
berüchtigten gelben Ameiſen, welche gleichfalls dieſer Gattung angehören und mehrere Arten
enthalten, bauen bekanntlich in die Erde unter dem Schutze eines Steins oder eines Hügels.

Die Stachelameiſen (Poneridae) führen dieſen Namen, weil Arbeiter und Weibchen mit
einem Stachel bewehrt ſind. Jhre Kolonien beſtehen aus nur wenig Jndividuen, ſind meiſt nur
im Arbeiterſtande bekannt und in Europa ſparſam vertreten. — Die von Latreille aufgeſtellte,
bisher zu den Poneriden gerechnete Gattung Odontomachus hat man mit noch einigen anderen zu
einer beſonderen Sippe erhoben und zwiſchen die Drüſen- und Stachelameiſen eingeſchoben. Die
ſchlanken, ſchmalen Thiere zeichnen ſich durch den langen, nach hinten gerichteten Dorn auf ihrem
einzigen Stielknoten aus, ſowie durch die zwei Unterrandzellen und die drei Mittelzellen in den
Flügeln. Das Merkwürdigſte an ihnen bleiben aber die Kinnbacken durch ihre Bildung und
Anheftung bei Weibchen und Arbeitern. An der äußerſten Spitze des auffällig geſtreckten Kopfes
ſitzen die übermäßig langen Kinnbacken mit den Wurzeln dicht bei einander, wie die Flügel einer
Drahtzange vor ihrem Niet. Nur Aſien und Südamerika ernähren dergleichen intereſſante Thiere.
Eine zweite, ebenfalls nur exotiſche Gruppe, welche von anderen Autoren als ſelbſtändige Familie
hinter die Ameiſen geſtellt worden, können wir an dieſer Stelle durch eine kurze Notiz über die
Lebensverhältniſſe einer Art einführen. Die Doryliden (Dorylus, Labidus, Anomma u. a.),
welche man in der Dreigeſtaltigkeit der Arten noch ſehr unvollkommen kennt, gehören nur den
heißen Erdſtrichen an, vorzugsweiſe Oſtindien, Senegambien und Brafilien. Die Treiber-
ameiſe
(Anomma arcens), eine Bewohnerin des weſtlichen Afrikas, hat ſich durch ihre eigen-
thümliche Lebensweiſe eine gewiſſe Berühmtheit erworben. Die Geſellſchaft, in welcher ſich
kleinere und größere (bis 5 Linien lange) Jndividuen befinden, hat keine feſten Wohnſitze, ſondern
führt ein vagabondirendes Leben. Weil den Thieren die brennenden Sonnenſtrahlen verderblich
werden, ſo halten ſie ſich bei Tage unter Gras und in Dickicht verborgen und ziehen nur des
Nachts auf Raub aus. Mitunter ſind ſie aber doch genöthigt, ins Freie zu gehen, und dann
übermauern ſie ſofort die Straße, welche ſie zu ziehen haben, durch ein aus Erde und Speichel
gemengtes Gewölbe. Auf ihren Raubzügen fallen ſie größere Thiere an, und zwar deren Augen
zunächſt in Angriff nehmend, darum ſollen ihnen ſelbſt Rieſenſchlangen erliegen. Dem getödteten
Opfer ſaugen ſie das Blut aus, wie berichtet wird, zerſchroten das Fleiſch und ſchleppen es nach

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[216/0238] Die Hautflügler. Drüſenameiſen. Stachelameiſen. ſchwärzlichen Flecken, das Männchen dagegen einen durchaus braunſchwarzen, in Folge der Behaarung aber aſchgrau ſchimmernden; daſſelbe iſt größer als das Weibchen (5‴), dieſes nur 4½ und der Arbeiter gar nur 2 bis 3 Linien. Die Gattungsmerkmale, welche der Art zukommen, beſtehen in folgenden: Zwölf Glieder der Fühler beim Weibe, dreizehn beim Manne, dieſe unmittelbar hinter dem Kopfſchilde eingelenkt, welches ſich nicht zwiſchen ihre Schäfte fortſetzt, ein ſcharf abgegrenztes Stirnfeld und nach oben wenig auseinandergehende Stirnleiſten; die Arbeiter haben Nebenaugen, wie die geflügelten Geſchlechter, und die Männchen meſſerförmige Klappen an den großen Genitalien. Dieſe Waldameiſe lebt in ganz Europa bis Oſtſibirien und in Nord- amerika. Linné begriff alle Ameiſen unter dem Gattungsnamen Formica, die Arten der Gattung im heutigen Sinne kommen in Europa, zum Theil gleichzeitig in Nordamerika vor, und nur eine auf Malacca. Während die Formica-Arten in der Erde niſten, wählen die Höcker-Drüſenameiſen (Lasius) die verſchiedenartigſten Bauſtellen. L. fuliginosus, über ganz Europa verbreitet, mit Ausnahme der pyrenäiſchen und Balkan-Halbinſel, legt Jrrgänge in alten Baumſtämmen an oder kittet dergleichen zuſammen, wenn der Zahn der Zeit ſchon zu lange genagt und das Holz in Erde verwandelt hatte. L. niger, in ganz Europa und in Nordamerika, auch auf Madeira anſäſſig, baut, gleich ihrer, nur auf die Südhälfte Europas beſchränkten Schweſter, L. alienus, wie es eben paſſen will, in die Erde, in hohle Bäume, zwiſchen Moos und dergl. L. emargi- natus ſucht mit Vorliebe die Ritzen in Gartenmauern auf. Die wegen ihrer empfindlichen Biſſe berüchtigten gelben Ameiſen, welche gleichfalls dieſer Gattung angehören und mehrere Arten enthalten, bauen bekanntlich in die Erde unter dem Schutze eines Steins oder eines Hügels. Die Stachelameiſen (Poneridae) führen dieſen Namen, weil Arbeiter und Weibchen mit einem Stachel bewehrt ſind. Jhre Kolonien beſtehen aus nur wenig Jndividuen, ſind meiſt nur im Arbeiterſtande bekannt und in Europa ſparſam vertreten. — Die von Latreille aufgeſtellte, bisher zu den Poneriden gerechnete Gattung Odontomachus hat man mit noch einigen anderen zu einer beſonderen Sippe erhoben und zwiſchen die Drüſen- und Stachelameiſen eingeſchoben. Die ſchlanken, ſchmalen Thiere zeichnen ſich durch den langen, nach hinten gerichteten Dorn auf ihrem einzigen Stielknoten aus, ſowie durch die zwei Unterrandzellen und die drei Mittelzellen in den Flügeln. Das Merkwürdigſte an ihnen bleiben aber die Kinnbacken durch ihre Bildung und Anheftung bei Weibchen und Arbeitern. An der äußerſten Spitze des auffällig geſtreckten Kopfes ſitzen die übermäßig langen Kinnbacken mit den Wurzeln dicht bei einander, wie die Flügel einer Drahtzange vor ihrem Niet. Nur Aſien und Südamerika ernähren dergleichen intereſſante Thiere. Eine zweite, ebenfalls nur exotiſche Gruppe, welche von anderen Autoren als ſelbſtändige Familie hinter die Ameiſen geſtellt worden, können wir an dieſer Stelle durch eine kurze Notiz über die Lebensverhältniſſe einer Art einführen. Die Doryliden (Dorylus, Labidus, Anomma u. a.), welche man in der Dreigeſtaltigkeit der Arten noch ſehr unvollkommen kennt, gehören nur den heißen Erdſtrichen an, vorzugsweiſe Oſtindien, Senegambien und Brafilien. Die Treiber- ameiſe (Anomma arcens), eine Bewohnerin des weſtlichen Afrikas, hat ſich durch ihre eigen- thümliche Lebensweiſe eine gewiſſe Berühmtheit erworben. Die Geſellſchaft, in welcher ſich kleinere und größere (bis 5 Linien lange) Jndividuen befinden, hat keine feſten Wohnſitze, ſondern führt ein vagabondirendes Leben. Weil den Thieren die brennenden Sonnenſtrahlen verderblich werden, ſo halten ſie ſich bei Tage unter Gras und in Dickicht verborgen und ziehen nur des Nachts auf Raub aus. Mitunter ſind ſie aber doch genöthigt, ins Freie zu gehen, und dann übermauern ſie ſofort die Straße, welche ſie zu ziehen haben, durch ein aus Erde und Speichel gemengtes Gewölbe. Auf ihren Raubzügen fallen ſie größere Thiere an, und zwar deren Augen zunächſt in Angriff nehmend, darum ſollen ihnen ſelbſt Rieſenſchlangen erliegen. Dem getödteten Opfer ſaugen ſie das Blut aus, wie berichtet wird, zerſchroten das Fleiſch und ſchleppen es nach

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/238>, abgerufen am 03.05.2024.