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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Roßameise. Rothe Waldameise.
sich unter Ameisen zeitweilig oder für immer aufhalten, hauptsächlich aber den Käfern angehören,
darunter allein 159 Staphylinen. Die meisten leben bei Lasius fuliginosus (150 Arten) und
Formica rufa (100 Arten). Von den wenigsten kennt man indeß zur Zeit noch die näheren
Beziehungen, in welchen sie zu ihren Wirthen stehen.

Man hat das große Heer der Ameisen nach der allgemeinen Körpertracht in fünf Sippen
geordnet und von den europäischen diejenigen Formiciden oder Drüsenameisen genannt, deren
nicht eingeschnürter Hinterleib an einem eingliederigen Stiele sitzt; bei den Stachelameisen oder
Poneriden wird zwischen dem ersten und zweiten Segment ein deutlicher Einschnitt bemerkbar.
Ein zweigliederiger Hinterleibsstiel endlich kennzeichnet die Sippe der Knotenameisen,
Myrmiciden
.

Zu den artenreichsten Gattungen der Drüsenameisen gehört Camponotus. Die S förmig
gebogenen Stirnleisten, die vom Kopfschilde entfernt eingelenkten Fühler und der Mangel der
Nebenaugen bei den Arbeitern charakterisiren sie. Unsere größte deutsche Emse, die Roßameise
(C. herculeanus), liebt die bewaldeten Gebirgsgegenden und legt ihr Nest unten in alten Bäumen

[Abbildung] Die rothe Waldameise (Formica rufa). 1 Männchen. 2 a, b Stark vergrößerter Arbeiter. 3 Weibchen. 4 Kopf eines
Arbeiters. 5 Larve. 6 Puppencocon, fogenanntes Amtisenei. 7, 8 Puppe.
Die Roßameise (Camponotus herculeanus). 9 Arbeiter. 10 Männchen. 11 Weibchen, alle in natürlicher Größe.
an. Wenn sie im Sommer vor der Schwärmzeit sich bemerklich macht, staunt man über die
mächtigen, bis acht Linien langen Weibchen, welche den Grund jener Stämme schwarz färben.
Die gelben Spitzen ihrer langen, den Hinterleib weit überragenden Flügel zeichnen sie aus. Bei
genauerer Betrachtung schimmert der Körper in Folge grauer Behaarung in dieser Farbe. Die
am Mittelleibe glanzlosen Männchen und die Arbeiter werden vier bis fünf Linien lang. Unter
demselben deutschen Namen passirt eine zweite Art (C. ligniperdus), welche sich durch dunkelrothe
Zeichnung am Thorax unterscheidet und sich sammt der vorigen über Europa bis Ostsibirien und
Nordamerika ausbreitet, von der Ebene bis zu den höchsten Alpen. Andere, zahlreiche Arten
derselben Gattung kommen in allen Erdtheilen ohne Ausnahme vor.

Die rothe Waldameise (Formica rufa), von welcher oben ausführlicher erzählt wurde,
hat eine aufrechte, beinahe verkehrt herzförmige Stielschuppe, einen braunrothen Mittelleib mit

Roßameiſe. Rothe Waldameiſe.
ſich unter Ameiſen zeitweilig oder für immer aufhalten, hauptſächlich aber den Käfern angehören,
darunter allein 159 Staphylinen. Die meiſten leben bei Lasius fuliginosus (150 Arten) und
Formica rufa (100 Arten). Von den wenigſten kennt man indeß zur Zeit noch die näheren
Beziehungen, in welchen ſie zu ihren Wirthen ſtehen.

Man hat das große Heer der Ameiſen nach der allgemeinen Körpertracht in fünf Sippen
geordnet und von den europäiſchen diejenigen Formiciden oder Drüſenameiſen genannt, deren
nicht eingeſchnürter Hinterleib an einem eingliederigen Stiele ſitzt; bei den Stachelameiſen oder
Poneriden wird zwiſchen dem erſten und zweiten Segment ein deutlicher Einſchnitt bemerkbar.
Ein zweigliederiger Hinterleibsſtiel endlich kennzeichnet die Sippe der Knotenameiſen,
Myrmiciden
.

Zu den artenreichſten Gattungen der Drüſenameiſen gehört Camponotus. Die S förmig
gebogenen Stirnleiſten, die vom Kopfſchilde entfernt eingelenkten Fühler und der Mangel der
Nebenaugen bei den Arbeitern charakteriſiren ſie. Unſere größte deutſche Emſe, die Roßameiſe
(C. herculeanus), liebt die bewaldeten Gebirgsgegenden und legt ihr Neſt unten in alten Bäumen

[Abbildung] Die rothe Waldameiſe (Formica rufa). 1 Männchen. 2 a, b Stark vergrößerter Arbeiter. 3 Weibchen. 4 Kopf eines
Arbeiters. 5 Larve. 6 Puppencocon, fogenanntes Amtiſenei. 7, 8 Puppe.
Die Roßameiſe (Camponotus herculeanus). 9 Arbeiter. 10 Männchen. 11 Weibchen, alle in natürlicher Größe.
an. Wenn ſie im Sommer vor der Schwärmzeit ſich bemerklich macht, ſtaunt man über die
mächtigen, bis acht Linien langen Weibchen, welche den Grund jener Stämme ſchwarz färben.
Die gelben Spitzen ihrer langen, den Hinterleib weit überragenden Flügel zeichnen ſie aus. Bei
genauerer Betrachtung ſchimmert der Körper in Folge grauer Behaarung in dieſer Farbe. Die
am Mittelleibe glanzloſen Männchen und die Arbeiter werden vier bis fünf Linien lang. Unter
demſelben deutſchen Namen paſſirt eine zweite Art (C. ligniperdus), welche ſich durch dunkelrothe
Zeichnung am Thorax unterſcheidet und ſich ſammt der vorigen über Europa bis Oſtſibirien und
Nordamerika ausbreitet, von der Ebene bis zu den höchſten Alpen. Andere, zahlreiche Arten
derſelben Gattung kommen in allen Erdtheilen ohne Ausnahme vor.

Die rothe Waldameiſe (Formica rufa), von welcher oben ausführlicher erzählt wurde,
hat eine aufrechte, beinahe verkehrt herzförmige Stielſchuppe, einen braunrothen Mittelleib mit

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[215/0237] Roßameiſe. Rothe Waldameiſe. ſich unter Ameiſen zeitweilig oder für immer aufhalten, hauptſächlich aber den Käfern angehören, darunter allein 159 Staphylinen. Die meiſten leben bei Lasius fuliginosus (150 Arten) und Formica rufa (100 Arten). Von den wenigſten kennt man indeß zur Zeit noch die näheren Beziehungen, in welchen ſie zu ihren Wirthen ſtehen. Man hat das große Heer der Ameiſen nach der allgemeinen Körpertracht in fünf Sippen geordnet und von den europäiſchen diejenigen Formiciden oder Drüſenameiſen genannt, deren nicht eingeſchnürter Hinterleib an einem eingliederigen Stiele ſitzt; bei den Stachelameiſen oder Poneriden wird zwiſchen dem erſten und zweiten Segment ein deutlicher Einſchnitt bemerkbar. Ein zweigliederiger Hinterleibsſtiel endlich kennzeichnet die Sippe der Knotenameiſen, Myrmiciden. Zu den artenreichſten Gattungen der Drüſenameiſen gehört Camponotus. Die S förmig gebogenen Stirnleiſten, die vom Kopfſchilde entfernt eingelenkten Fühler und der Mangel der Nebenaugen bei den Arbeitern charakteriſiren ſie. Unſere größte deutſche Emſe, die Roßameiſe (C. herculeanus), liebt die bewaldeten Gebirgsgegenden und legt ihr Neſt unten in alten Bäumen [Abbildung Die rothe Waldameiſe (Formica rufa). 1 Männchen. 2 a, b Stark vergrößerter Arbeiter. 3 Weibchen. 4 Kopf eines Arbeiters. 5 Larve. 6 Puppencocon, fogenanntes Amtiſenei. 7, 8 Puppe. Die Roßameiſe (Camponotus herculeanus). 9 Arbeiter. 10 Männchen. 11 Weibchen, alle in natürlicher Größe.] an. Wenn ſie im Sommer vor der Schwärmzeit ſich bemerklich macht, ſtaunt man über die mächtigen, bis acht Linien langen Weibchen, welche den Grund jener Stämme ſchwarz färben. Die gelben Spitzen ihrer langen, den Hinterleib weit überragenden Flügel zeichnen ſie aus. Bei genauerer Betrachtung ſchimmert der Körper in Folge grauer Behaarung in dieſer Farbe. Die am Mittelleibe glanzloſen Männchen und die Arbeiter werden vier bis fünf Linien lang. Unter demſelben deutſchen Namen paſſirt eine zweite Art (C. ligniperdus), welche ſich durch dunkelrothe Zeichnung am Thorax unterſcheidet und ſich ſammt der vorigen über Europa bis Oſtſibirien und Nordamerika ausbreitet, von der Ebene bis zu den höchſten Alpen. Andere, zahlreiche Arten derſelben Gattung kommen in allen Erdtheilen ohne Ausnahme vor. Die rothe Waldameiſe (Formica rufa), von welcher oben ausführlicher erzählt wurde, hat eine aufrechte, beinahe verkehrt herzförmige Stielſchuppe, einen braunrothen Mittelleib mit

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/237>, abgerufen am 25.11.2024.