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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Französische Papierwespe. Hornisse.
bewohnen Europa in wenigen Arten, viel zahlreicher die gemäßigten und kälteren Gegenden
Amerikas, kommen in China, Java und Ostindien vor; aus Afrika und Neuholland sind mir keine
bekannt. Die Waben ihrer Nester werden von einer blättrigen Hülle umgeben.

Die Hornisse (Vespa Crabro) läßt sich durch ihre bedeutende Größe, welche beim Weibchen
bis zu einem Zoll anwächst, und durch die rothe Farbe, welche an der vordern Körperhälfte
vorherrscht, ohne
Mühe von den übri-
gen europäischen Ar-
ten unterscheiden,
hat auch anderswo
keine Doppelgän-
gerin.

Das überwin-
terte Weibchen be-
ginnt Anfangs Mai
den Nestbau an
einem Balken, sehr
gern in einem leeren
Bienenkorbe, in
einem hohlen Baum-
stamme und zwar
mit einem Stück
Kugelfläche, der
künstigen Hülle,
deren Jnnenseite an
kräftigem Säulchen
die erste Wabe mit
nach unten offenen,
sechsseitigen Zellen
angefügt wird. Das
Baumaterial besteht
aus der jungen
Rinde verschiedener
Bäume, besonders
der Aeschen, welche
sie bisweilen rings-
um abschälen, wird
zwischen Kinnbacken
und Vorderbrust
eingetragen. Eine
Portion hat unge-
fähr die Größe einer
Wicke und wurde

[Abbildung] Die Hornisse (Vespa crabro). a Dieselbe von oben, b von der Seite gesehen. c Kopf von vorn.
d Einige Facetten der Augen. e Endglieder eines vordern Fußes. f ein Stückchen Flügelhaut. --
g Larve. h Puppe. i Ein Stück Wabe mit leeren und gefüllten Zellen, letztere noch offen oder gedeckelt.
(Außer a und b Alles, aber verschieden vergrößert.)
bereits mit den Kinnbacken unter Zuthat von Speichel zu einer gleichmäßigen Masse verarbeitet.
Jst die Hornisse zu Hause angekommen, so hält sie ihr Baumaterial mit den vordersten Knieen,
faßt es mit den Zangen, legt es gegen die Stelle, an welcher weiter gebaut werden soll, und
dreht es fortwährend gegen sich, indem sie ein Stückchen nach dem andern abbeißt, ansetzt, fest
drückt und glättet. Dies Alles geschieht aber mit solcher Geschwindigkeit, daß man meinen

Franzöſiſche Papierwespe. Horniſſe.
bewohnen Europa in wenigen Arten, viel zahlreicher die gemäßigten und kälteren Gegenden
Amerikas, kommen in China, Java und Oſtindien vor; aus Afrika und Neuholland ſind mir keine
bekannt. Die Waben ihrer Neſter werden von einer blättrigen Hülle umgeben.

Die Horniſſe (Vespa Crabro) läßt ſich durch ihre bedeutende Größe, welche beim Weibchen
bis zu einem Zoll anwächſt, und durch die rothe Farbe, welche an der vordern Körperhälfte
vorherrſcht, ohne
Mühe von den übri-
gen europäiſchen Ar-
ten unterſcheiden,
hat auch anderswo
keine Doppelgän-
gerin.

Das überwin-
terte Weibchen be-
ginnt Anfangs Mai
den Neſtbau an
einem Balken, ſehr
gern in einem leeren
Bienenkorbe, in
einem hohlen Baum-
ſtamme und zwar
mit einem Stück
Kugelfläche, der
künſtigen Hülle,
deren Jnnenſeite an
kräftigem Säulchen
die erſte Wabe mit
nach unten offenen,
ſechsſeitigen Zellen
angefügt wird. Das
Baumaterial beſteht
aus der jungen
Rinde verſchiedener
Bäume, beſonders
der Aeſchen, welche
ſie bisweilen rings-
um abſchälen, wird
zwiſchen Kinnbacken
und Vorderbruſt
eingetragen. Eine
Portion hat unge-
fähr die Größe einer
Wicke und wurde

[Abbildung] Die Horniſſe (Vespa crabro). a Dieſelbe von oben, b von der Seite geſehen. c Kopf von vorn.
d Einige Facetten der Augen. e Endglieder eines vordern Fußes. f ein Stückchen Flügelhaut. —
g Larve. h Puppe. i Ein Stück Wabe mit leeren und gefüllten Zellen, letztere noch offen oder gedeckelt.
(Außer a und b Alles, aber verſchieden vergrößert.)
bereits mit den Kinnbacken unter Zuthat von Speichel zu einer gleichmäßigen Maſſe verarbeitet.
Jſt die Horniſſe zu Hauſe angekommen, ſo hält ſie ihr Baumaterial mit den vorderſten Knieen,
faßt es mit den Zangen, legt es gegen die Stelle, an welcher weiter gebaut werden ſoll, und
dreht es fortwährend gegen ſich, indem ſie ein Stückchen nach dem andern abbeißt, anſetzt, feſt
drückt und glättet. Dies Alles geſchieht aber mit ſolcher Geſchwindigkeit, daß man meinen

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[205/0225] Franzöſiſche Papierwespe. Horniſſe. bewohnen Europa in wenigen Arten, viel zahlreicher die gemäßigten und kälteren Gegenden Amerikas, kommen in China, Java und Oſtindien vor; aus Afrika und Neuholland ſind mir keine bekannt. Die Waben ihrer Neſter werden von einer blättrigen Hülle umgeben. Die Horniſſe (Vespa Crabro) läßt ſich durch ihre bedeutende Größe, welche beim Weibchen bis zu einem Zoll anwächſt, und durch die rothe Farbe, welche an der vordern Körperhälfte vorherrſcht, ohne Mühe von den übri- gen europäiſchen Ar- ten unterſcheiden, hat auch anderswo keine Doppelgän- gerin. Das überwin- terte Weibchen be- ginnt Anfangs Mai den Neſtbau an einem Balken, ſehr gern in einem leeren Bienenkorbe, in einem hohlen Baum- ſtamme und zwar mit einem Stück Kugelfläche, der künſtigen Hülle, deren Jnnenſeite an kräftigem Säulchen die erſte Wabe mit nach unten offenen, ſechsſeitigen Zellen angefügt wird. Das Baumaterial beſteht aus der jungen Rinde verſchiedener Bäume, beſonders der Aeſchen, welche ſie bisweilen rings- um abſchälen, wird zwiſchen Kinnbacken und Vorderbruſt eingetragen. Eine Portion hat unge- fähr die Größe einer Wicke und wurde [Abbildung Die Horniſſe (Vespa crabro). a Dieſelbe von oben, b von der Seite geſehen. c Kopf von vorn. d Einige Facetten der Augen. e Endglieder eines vordern Fußes. f ein Stückchen Flügelhaut. — g Larve. h Puppe. i Ein Stück Wabe mit leeren und gefüllten Zellen, letztere noch offen oder gedeckelt. (Außer a und b Alles, aber verſchieden vergrößert.)] bereits mit den Kinnbacken unter Zuthat von Speichel zu einer gleichmäßigen Maſſe verarbeitet. Jſt die Horniſſe zu Hauſe angekommen, ſo hält ſie ihr Baumaterial mit den vorderſten Knieen, faßt es mit den Zangen, legt es gegen die Stelle, an welcher weiter gebaut werden ſoll, und dreht es fortwährend gegen ſich, indem ſie ein Stückchen nach dem andern abbeißt, anſetzt, feſt drückt und glättet. Dies Alles geſchieht aber mit ſolcher Geſchwindigkeit, daß man meinen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/225>, abgerufen am 03.05.2024.