So leicht sich das Mandibelpaar bei all seiner Vielgestaltigkeit deuten läßt, so schwierig wird es mitunter, die darunter liegenden Unterkiefer, Kinnladen (Marillene Fig. 1--5 und Fig. 6--8 ganz) in allen ihren Theilen richtig herauszufinden. Jn der Regel sind sie weicher als jene, bei den Wasserjungfern und einigen anderen stehen sie den Kinnbacken an Härte nicht nach, in anderen Fällen wieder, wie bei den Roßkäfern und anderen übertreffen sie dieselben sogar an Festigkeit. Mehr oder weniger leicht lassen sich an jeden der beiden immer symmetrischen Unterkiefer- hälften, der rechten und linken, drei Theile unterscheiden. Das quere Stück, womit der Unterkiefer dem Kopfe eingelenkt ist, heißt die Angel (f Fig. 4, 7 und 8), meist von horniger Beschaffenheit, geht es aus der dreieckigen Gestalt in die langgedehnte bis stabförmige über. Das nächste Stück ist der Stiel (g Fig. 2--4, 6--8), der sich unter einem (rechten) Winkel mit der Angel einlenkt und im Allgemeinen eine hornige Platte bildet, deren Länge 11/2--6 Mal den Querdurchmesser übertreffen kann; bei den Bienen gleicht er einem Kamme, weil seine Jnnenkante mit Borsten reich besetzt ist. Das auf dem Stiele sitzende dritte Stück, die Lappen oder Laden (h Fig. 1--4, 6--8) bilden den Haupttheil des ganzen Organs, denn sie wirken auf das Futter, welches zum Verschlucken vorbereitet werden muß; sind die Laden an der Spitze mit Zähnen oder Dornen bewehrt, so kommen sie in Härte dem Oberkiefer gleich, andernfalls bleiben sie weicher und mehr häutig. Dieses Hauptstück besteht nur aus einem Lappen (h Fig. 1--3), wie bei manchen Käfern, den Blumenwespen und anderen, und kann sehr lang, aber auch sehr kurz sein, häufiger noch setzt es sich aber aus zwei Lappen zusammen (h und h1), einem oberen mehr äußeren und unteren, mehr nach innen gelegenen. Dabei finden die verschiedenartigsten Verhältnisse Statt, in Rücksicht auf die gegenseitige Lage, die Gestalt der Lappen, ihre Anheftung an dem Stiele: so hängt z. B. der untere Lappen seiner ganzen Länge nach an der Jnnenseite des letzteren bei gewissen Käfern (Fig. 7), beide liegen neben einander an seiner Spitze, wie bei den Blattwespen (Fig. 4), der eine über dem andern, jedoch jeder am Stiele sitzend, wie z. B. die häutigen Lappen des Hirschkäfers. Bei den Schrecken (Fig. 8) legt sich der obere Lappen unter dem Namen eines Helmes kappenartig über den unteren. Wieder anderer Natur ist die Eigenthümlichkeit, welche in dieser Beziehung drei große Käferfamilien zeigen, zu denen die Laufkäfer gehören und die man alle drei unter dem Namen der Fleischfresser zusammengefaßt hat. Hier nämlich verwandelt sich die äußere Lade in einen zweigliedrigen Taster (h1 Fig. 5 und 6) und gibt für diese Familien ein schönes Unterscheidungsmerkmal von allen anderen ab. Auch die Bekleidung der Lappen ist großem Wechsel unterworfen. Hier verwandelt ein reicher Besatz von Borsten die ganze Jnnenseite in einen Kamm, eine Bürste, dort beschränkt sich die Behaarung nur auf die Spitze, in einem dritten Falle fehlt sie gänzlich. Statt weicherer oder steiferer Haare finden sich aber auch Zähne, bewegliche und durch Einschnitte in den Körper entstandene unbewegliche Hervorragungen. Die Familie der Sandkäfer charalterisirt ein beweglicher klauenartiger Zahn an der Spitze der Lade (Fig. 6 n), bei den gefräßigen Schrecken und räuberischen Libellen kommen ihrer mehrere längs der ganzen Jnnenseite vor.
Am Ende des Stieles oder nahe vor demselben, nach außen, meist in dem Einschnitt, welchen er mit dem oberen Lappen macht, sitzt wie an der Unterlippe ein Taster, der Kieferntaster (palpus maxillaris, i Fig. 2--5, 6--8). Die Zahl seiner Glieder schwankt zwischen 1 und 6, doch kann man als Regel annehmen, daß er länger als der Lippentaster ist; eine Ausnahme davon machen die Bienen, wo er häufig aus einem, mitunter recht unscheinbaren Gliede besteht. Gegenseitige Länge und Gestalt der Glieder, hauptsächlich der letzten, bedingen auch hier, wie sich erwarten läßt, mancherlei Unterschiede. Daß die Taster oder Palpen, zusammen in der Vierzahl vorhanden, bei der Prüfung der einzunehmenden Nahrung und besonders als Sitz für den Tastsinn eine große Rolle spielen, hat man durch den ihnen beigelegten deutschen Namen andeuten wollen.
Mundtheile, welche auf die eben beschriebene Weise zusammengesetzt sind, heißen beißende. Die Kraft, welche die kleinen Wesen darin besitzen, ist eben so wunderbar, wie verderblich durch
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
So leicht ſich das Mandibelpaar bei all ſeiner Vielgeſtaltigkeit deuten läßt, ſo ſchwierig wird es mitunter, die darunter liegenden Unterkiefer, Kinnladen (Marillene Fig. 1—5 und Fig. 6—8 ganz) in allen ihren Theilen richtig herauszufinden. Jn der Regel ſind ſie weicher als jene, bei den Waſſerjungfern und einigen anderen ſtehen ſie den Kinnbacken an Härte nicht nach, in anderen Fällen wieder, wie bei den Roßkäfern und anderen übertreffen ſie dieſelben ſogar an Feſtigkeit. Mehr oder weniger leicht laſſen ſich an jeden der beiden immer ſymmetriſchen Unterkiefer- hälften, der rechten und linken, drei Theile unterſcheiden. Das quere Stück, womit der Unterkiefer dem Kopfe eingelenkt iſt, heißt die Angel (f Fig. 4, 7 und 8), meiſt von horniger Beſchaffenheit, geht es aus der dreieckigen Geſtalt in die langgedehnte bis ſtabförmige über. Das nächſte Stück iſt der Stiel (g Fig. 2—4, 6—8), der ſich unter einem (rechten) Winkel mit der Angel einlenkt und im Allgemeinen eine hornige Platte bildet, deren Länge 1½—6 Mal den Querdurchmeſſer übertreffen kann; bei den Bienen gleicht er einem Kamme, weil ſeine Jnnenkante mit Borſten reich beſetzt iſt. Das auf dem Stiele ſitzende dritte Stück, die Lappen oder Laden (h Fig. 1—4, 6—8) bilden den Haupttheil des ganzen Organs, denn ſie wirken auf das Futter, welches zum Verſchlucken vorbereitet werden muß; ſind die Laden an der Spitze mit Zähnen oder Dornen bewehrt, ſo kommen ſie in Härte dem Oberkiefer gleich, andernfalls bleiben ſie weicher und mehr häutig. Dieſes Hauptſtück beſteht nur aus einem Lappen (h Fig. 1—3), wie bei manchen Käfern, den Blumenwespen und anderen, und kann ſehr lang, aber auch ſehr kurz ſein, häufiger noch ſetzt es ſich aber aus zwei Lappen zuſammen (h und h1), einem oberen mehr äußeren und unteren, mehr nach innen gelegenen. Dabei finden die verſchiedenartigſten Verhältniſſe Statt, in Rückſicht auf die gegenſeitige Lage, die Geſtalt der Lappen, ihre Anheftung an dem Stiele: ſo hängt z. B. der untere Lappen ſeiner ganzen Länge nach an der Jnnenſeite des letzteren bei gewiſſen Käfern (Fig. 7), beide liegen neben einander an ſeiner Spitze, wie bei den Blattwespen (Fig. 4), der eine über dem andern, jedoch jeder am Stiele ſitzend, wie z. B. die häutigen Lappen des Hirſchkäfers. Bei den Schrecken (Fig. 8) legt ſich der obere Lappen unter dem Namen eines Helmes kappenartig über den unteren. Wieder anderer Natur iſt die Eigenthümlichkeit, welche in dieſer Beziehung drei große Käferfamilien zeigen, zu denen die Laufkäfer gehören und die man alle drei unter dem Namen der Fleiſchfreſſer zuſammengefaßt hat. Hier nämlich verwandelt ſich die äußere Lade in einen zweigliedrigen Taſter (h1 Fig. 5 und 6) und gibt für dieſe Familien ein ſchönes Unterſcheidungsmerkmal von allen anderen ab. Auch die Bekleidung der Lappen iſt großem Wechſel unterworfen. Hier verwandelt ein reicher Beſatz von Borſten die ganze Jnnenſeite in einen Kamm, eine Bürſte, dort beſchränkt ſich die Behaarung nur auf die Spitze, in einem dritten Falle fehlt ſie gänzlich. Statt weicherer oder ſteiferer Haare finden ſich aber auch Zähne, bewegliche und durch Einſchnitte in den Körper entſtandene unbewegliche Hervorragungen. Die Familie der Sandkäfer charalteriſirt ein beweglicher klauenartiger Zahn an der Spitze der Lade (Fig. 6 n), bei den gefräßigen Schrecken und räuberiſchen Libellen kommen ihrer mehrere längs der ganzen Jnnenſeite vor.
Am Ende des Stieles oder nahe vor demſelben, nach außen, meiſt in dem Einſchnitt, welchen er mit dem oberen Lappen macht, ſitzt wie an der Unterlippe ein Taſter, der Kieferntaſter (palpus maxillaris, i Fig. 2—5, 6—8). Die Zahl ſeiner Glieder ſchwankt zwiſchen 1 und 6, doch kann man als Regel annehmen, daß er länger als der Lippentaſter iſt; eine Ausnahme davon machen die Bienen, wo er häufig aus einem, mitunter recht unſcheinbaren Gliede beſteht. Gegenſeitige Länge und Geſtalt der Glieder, hauptſächlich der letzten, bedingen auch hier, wie ſich erwarten läßt, mancherlei Unterſchiede. Daß die Taſter oder Palpen, zuſammen in der Vierzahl vorhanden, bei der Prüfung der einzunehmenden Nahrung und beſonders als Sitz für den Taſtſinn eine große Rolle ſpielen, hat man durch den ihnen beigelegten deutſchen Namen andeuten wollen.
Mundtheile, welche auf die eben beſchriebene Weiſe zuſammengeſetzt ſind, heißen beißende. Die Kraft, welche die kleinen Weſen darin beſitzen, iſt eben ſo wunderbar, wie verderblich durch
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[6/0018]
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
So leicht ſich das Mandibelpaar bei all ſeiner Vielgeſtaltigkeit deuten läßt, ſo ſchwierig wird
es mitunter, die darunter liegenden Unterkiefer, Kinnladen (Marillen e Fig. 1—5 und
Fig. 6—8 ganz) in allen ihren Theilen richtig herauszufinden. Jn der Regel ſind ſie weicher als
jene, bei den Waſſerjungfern und einigen anderen ſtehen ſie den Kinnbacken an Härte nicht nach,
in anderen Fällen wieder, wie bei den Roßkäfern und anderen übertreffen ſie dieſelben ſogar an
Feſtigkeit. Mehr oder weniger leicht laſſen ſich an jeden der beiden immer ſymmetriſchen Unterkiefer-
hälften, der rechten und linken, drei Theile unterſcheiden. Das quere Stück, womit der Unterkiefer
dem Kopfe eingelenkt iſt, heißt die Angel (f Fig. 4, 7 und 8), meiſt von horniger Beſchaffenheit,
geht es aus der dreieckigen Geſtalt in die langgedehnte bis ſtabförmige über. Das nächſte Stück
iſt der Stiel (g Fig. 2—4, 6—8), der ſich unter einem (rechten) Winkel mit der Angel einlenkt
und im Allgemeinen eine hornige Platte bildet, deren Länge 1½—6 Mal den Querdurchmeſſer
übertreffen kann; bei den Bienen gleicht er einem Kamme, weil ſeine Jnnenkante mit Borſten reich
beſetzt iſt. Das auf dem Stiele ſitzende dritte Stück, die Lappen oder Laden (h Fig. 1—4,
6—8) bilden den Haupttheil des ganzen Organs, denn ſie wirken auf das Futter, welches zum
Verſchlucken vorbereitet werden muß; ſind die Laden an der Spitze mit Zähnen oder Dornen
bewehrt, ſo kommen ſie in Härte dem Oberkiefer gleich, andernfalls bleiben ſie weicher und mehr
häutig. Dieſes Hauptſtück beſteht nur aus einem Lappen (h Fig. 1—3), wie bei manchen
Käfern, den Blumenwespen und anderen, und kann ſehr lang, aber auch ſehr kurz ſein, häufiger
noch ſetzt es ſich aber aus zwei Lappen zuſammen (h und h1), einem oberen mehr äußeren und
unteren, mehr nach innen gelegenen. Dabei finden die verſchiedenartigſten Verhältniſſe Statt, in
Rückſicht auf die gegenſeitige Lage, die Geſtalt der Lappen, ihre Anheftung an dem Stiele: ſo
hängt z. B. der untere Lappen ſeiner ganzen Länge nach an der Jnnenſeite des letzteren bei
gewiſſen Käfern (Fig. 7), beide liegen neben einander an ſeiner Spitze, wie bei den Blattwespen
(Fig. 4), der eine über dem andern, jedoch jeder am Stiele ſitzend, wie z. B. die häutigen Lappen
des Hirſchkäfers. Bei den Schrecken (Fig. 8) legt ſich der obere Lappen unter dem Namen eines
Helmes kappenartig über den unteren. Wieder anderer Natur iſt die Eigenthümlichkeit, welche
in dieſer Beziehung drei große Käferfamilien zeigen, zu denen die Laufkäfer gehören und die man
alle drei unter dem Namen der Fleiſchfreſſer zuſammengefaßt hat. Hier nämlich verwandelt ſich
die äußere Lade in einen zweigliedrigen Taſter (h1 Fig. 5 und 6) und gibt für dieſe Familien
ein ſchönes Unterſcheidungsmerkmal von allen anderen ab. Auch die Bekleidung der Lappen iſt
großem Wechſel unterworfen. Hier verwandelt ein reicher Beſatz von Borſten die ganze Jnnenſeite
in einen Kamm, eine Bürſte, dort beſchränkt ſich die Behaarung nur auf die Spitze, in einem
dritten Falle fehlt ſie gänzlich. Statt weicherer oder ſteiferer Haare finden ſich aber auch Zähne,
bewegliche und durch Einſchnitte in den Körper entſtandene unbewegliche Hervorragungen. Die
Familie der Sandkäfer charalteriſirt ein beweglicher klauenartiger Zahn an der Spitze der Lade
(Fig. 6 n), bei den gefräßigen Schrecken und räuberiſchen Libellen kommen ihrer mehrere längs
der ganzen Jnnenſeite vor.
Am Ende des Stieles oder nahe vor demſelben, nach außen, meiſt in dem Einſchnitt, welchen
er mit dem oberen Lappen macht, ſitzt wie an der Unterlippe ein Taſter, der Kieferntaſter
(palpus maxillaris, i Fig. 2—5, 6—8). Die Zahl ſeiner Glieder ſchwankt zwiſchen 1 und 6,
doch kann man als Regel annehmen, daß er länger als der Lippentaſter iſt; eine Ausnahme
davon machen die Bienen, wo er häufig aus einem, mitunter recht unſcheinbaren Gliede beſteht.
Gegenſeitige Länge und Geſtalt der Glieder, hauptſächlich der letzten, bedingen auch hier, wie ſich
erwarten läßt, mancherlei Unterſchiede. Daß die Taſter oder Palpen, zuſammen in der Vierzahl
vorhanden, bei der Prüfung der einzunehmenden Nahrung und beſonders als Sitz für den Taſtſinn
eine große Rolle ſpielen, hat man durch den ihnen beigelegten deutſchen Namen andeuten wollen.
Mundtheile, welche auf die eben beſchriebene Weiſe zuſammengeſetzt ſind, heißen beißende.
Die Kraft, welche die kleinen Weſen darin beſitzen, iſt eben ſo wunderbar, wie verderblich durch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/18>, abgerufen am 27.11.2024.
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