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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Mundtheile.
ist bei den Käfern meist breiter als lang, selten rund, vorn gewöhnlich gestutzt oder halbkreis-
förmig ausgeschnitten. Bei den Laufkäfern wird die Form des Vorderrandes zum Gattungs-
merkmale und zeigt entweder einen getheilten oder einfachen, längeren oder kürzeren Mittelzahn,
oder derselbe fehlt ganz und gar; die Ausrandung wird auch mitunter zu einem bis zur Wurzel
reichenden Schnitte, so daß, wie bei den Heuschrecken, zwei Seitenlappen entstehen. Bei vielen
Jnsekten, wozu die Bienen gehören, herrscht die Längenausdehnung bedeutend über die in die
Breite vor (Fig. 1--3), fast röhrenartig umschließt hier das Kinn die Seiten der Zunge. Diese
nun (b) liegt entweder dem Kinn fest auf und ragt nicht darüber hinaus, wie bei den meisten
Käfern, wird länger als dasselbe, oder sie ist ganz frei und verbindet sich mit dem Vorderrande
des Kinnes. Häufig bemerkt man sie ihrer Kleinheit wegen kaum, dann nämlich, wenn sie eine
nur untergeordnete oder gar keine Rolle bei Einnahme der Nahrung spielt. Jst sie mäßig ent-
wickelt, so finden wir sie vorn abgerundet, mehr oder weniger ausgeschnitten oder wie bei den
Blattwespen dreizipfelig (Fig. 4) mit verschiedenen Formen und Längenverhältnissen der Zipfel, ja
sie kann auch in vier Partien getheilt sein. Den höchsten Grad der Zungenausbildung finden wir
bei den honigleckenden Bienen, wo sie manchmal länger wird, als das ganze Thier und mit Härchen
an ihrem Vordertheile besetzt ist, in welchen der Honig kleben bleibt und dem Munde zugeführt
wird. Der Mittellappen ist bald mäßig lang und lanzettförmig, die beiden Seitenlappen, hier
Nebenzungen (b1) genannt, schmäler, aber von fast gleicher Länge, wie bei Andrena Fig. 3,
bald schließen sich letztere scheidenartig an den Grund des langen, schmalen Mittelzipfels (Fig. 2),
der mit seiner weiteren, gleich näher zu erörternden Umgebung fast wie ein Getreideährchen nebst
Spelzen und Grannen aussieht.

Wir sind mit der Unterlippe aber noch nicht zu Ende. Am Vorderrande, bisweilen auch
etwas mehr seitwärts gerückt, sind die Lippentaster (palpi labiales) eingelenkt (e Fig. 1--5);
sie bestehen aus 2--4, mitunter schwer unterscheidbaren Gliedern, von denen das letzte in der
Gestalt meist von den übrigen abweicht und darum besondere Berücksichtigung verdient. Bei den
Bienen nennt man diese Taster eingestaltig, wenn ihre gleichgebildeten Glieder sich mit ihren
Spitzen aneinanderreihen, wie es bei den meisten Tastern, bei einfachen Fühlhörnern der Fall ist
(Fig. 3 c), zweigestaltig dagegen (Fig. 1 und 2 c), wenn die beiden Grundglieder lauge, schmale
Schuppen bilden und die beiden letzten sich seitwärts und vor der Spitze des zweiten als zwei
verkümmerte Läppchen anhängen.

Die beiden noch übrigen Mundtheile kommen paarweise vor und sind für die Fleisch- und
Pflanzenfresser unter den Jnsekten als ihre eigentlichen Zähne von der größten Bedeutung.

Zunächst unter der Oberlippe, in die Wangen eingelenkt und wie die beiden Flügel einer
Kneipzange in horizontaler Richtung gegen einander beweglich, folgt das Oberkiefer paar, die
Kinnbacken, Freßzangen (Mandibeln d Fig. 1, 2 und 5). Sie lassen sich je nach ihrer
Form mit Hacke, Schaufel, Meisel etc. vergleichen, pflegen hornig zu sein, spitz oder stumpf, vorn
nur gezähnt, oder längs der ganzen Jnnenseite; in der Regel gleicht die rechte Hälfte ihrer linken,
es kann aber auch die eine ein verändertes und kräftigeres Aussehen annehmen, als die andere.
Während sie beim männlichen Hirschkäfer wie ein Geweihe weit länger als der Kopf selbst diesen
überragen, drohend und grimmig dem Auscheine nach, zum Kauen aber unbrauchbar, verstecken sie
sich bei vielen Verwandten unter die Oberlippe und endigen nach innen dünnhäutig in gleicher
Unfähigkeit zum Zerbeißen der Nahrung. Bei dem Blätter kauenden Maikäfer und den Anderen
seiner Sippe liegen sie auch verborgen, haben aber breite Kauflächen, ähnlich den Mahlzähnen der
Wiederkäuer. Bei vielen Jnsekten, besonders den Raub- und Blumenwespen, jenen Leckermäulern,
denen nur Süßigkeiten schmecken, sind in der Regel die Kinnbacken sehr kräftig entwickelt, dienen
aber allem Anderen mehr, als der Aufnahme von Nahrung, sie sind unentbehrliche Werkzeuge
zum Bauen der Wohnungen, zur Bearbeitung des Baumaterials, zur Beschaffung desselben, zum
Ergreifen der Nahrung, jedoch weniger der eignen, als der für die Nachkommen bestimmten.

Die Mundtheile.
iſt bei den Käfern meiſt breiter als lang, ſelten rund, vorn gewöhnlich geſtutzt oder halbkreis-
förmig ausgeſchnitten. Bei den Laufkäfern wird die Form des Vorderrandes zum Gattungs-
merkmale und zeigt entweder einen getheilten oder einfachen, längeren oder kürzeren Mittelzahn,
oder derſelbe fehlt ganz und gar; die Ausrandung wird auch mitunter zu einem bis zur Wurzel
reichenden Schnitte, ſo daß, wie bei den Heuſchrecken, zwei Seitenlappen entſtehen. Bei vielen
Jnſekten, wozu die Bienen gehören, herrſcht die Längenausdehnung bedeutend über die in die
Breite vor (Fig. 1—3), faſt röhrenartig umſchließt hier das Kinn die Seiten der Zunge. Dieſe
nun (b) liegt entweder dem Kinn feſt auf und ragt nicht darüber hinaus, wie bei den meiſten
Käfern, wird länger als daſſelbe, oder ſie iſt ganz frei und verbindet ſich mit dem Vorderrande
des Kinnes. Häufig bemerkt man ſie ihrer Kleinheit wegen kaum, dann nämlich, wenn ſie eine
nur untergeordnete oder gar keine Rolle bei Einnahme der Nahrung ſpielt. Jſt ſie mäßig ent-
wickelt, ſo finden wir ſie vorn abgerundet, mehr oder weniger ausgeſchnitten oder wie bei den
Blattwespen dreizipfelig (Fig. 4) mit verſchiedenen Formen und Längenverhältniſſen der Zipfel, ja
ſie kann auch in vier Partien getheilt ſein. Den höchſten Grad der Zungenausbildung finden wir
bei den honigleckenden Bienen, wo ſie manchmal länger wird, als das ganze Thier und mit Härchen
an ihrem Vordertheile beſetzt iſt, in welchen der Honig kleben bleibt und dem Munde zugeführt
wird. Der Mittellappen iſt bald mäßig lang und lanzettförmig, die beiden Seitenlappen, hier
Nebenzungen (b1) genannt, ſchmäler, aber von faſt gleicher Länge, wie bei Andrena Fig. 3,
bald ſchließen ſich letztere ſcheidenartig an den Grund des langen, ſchmalen Mittelzipfels (Fig. 2),
der mit ſeiner weiteren, gleich näher zu erörternden Umgebung faſt wie ein Getreideährchen nebſt
Spelzen und Grannen ausſieht.

Wir ſind mit der Unterlippe aber noch nicht zu Ende. Am Vorderrande, bisweilen auch
etwas mehr ſeitwärts gerückt, ſind die Lippentaſter (palpi labiales) eingelenkt (e Fig. 1—5);
ſie beſtehen aus 2—4, mitunter ſchwer unterſcheidbaren Gliedern, von denen das letzte in der
Geſtalt meiſt von den übrigen abweicht und darum beſondere Berückſichtigung verdient. Bei den
Bienen nennt man dieſe Taſter eingeſtaltig, wenn ihre gleichgebildeten Glieder ſich mit ihren
Spitzen aneinanderreihen, wie es bei den meiſten Taſtern, bei einfachen Fühlhörnern der Fall iſt
(Fig. 3 c), zweigeſtaltig dagegen (Fig. 1 und 2 c), wenn die beiden Grundglieder lauge, ſchmale
Schuppen bilden und die beiden letzten ſich ſeitwärts und vor der Spitze des zweiten als zwei
verkümmerte Läppchen anhängen.

Die beiden noch übrigen Mundtheile kommen paarweiſe vor und ſind für die Fleiſch- und
Pflanzenfreſſer unter den Jnſekten als ihre eigentlichen Zähne von der größten Bedeutung.

Zunächſt unter der Oberlippe, in die Wangen eingelenkt und wie die beiden Flügel einer
Kneipzange in horizontaler Richtung gegen einander beweglich, folgt das Oberkiefer paar, die
Kinnbacken, Freßzangen (Mandibeln d Fig. 1, 2 und 5). Sie laſſen ſich je nach ihrer
Form mit Hacke, Schaufel, Meiſel ꝛc. vergleichen, pflegen hornig zu ſein, ſpitz oder ſtumpf, vorn
nur gezähnt, oder längs der ganzen Jnnenſeite; in der Regel gleicht die rechte Hälfte ihrer linken,
es kann aber auch die eine ein verändertes und kräftigeres Ausſehen annehmen, als die andere.
Während ſie beim männlichen Hirſchkäfer wie ein Geweihe weit länger als der Kopf ſelbſt dieſen
überragen, drohend und grimmig dem Auſcheine nach, zum Kauen aber unbrauchbar, verſtecken ſie
ſich bei vielen Verwandten unter die Oberlippe und endigen nach innen dünnhäutig in gleicher
Unfähigkeit zum Zerbeißen der Nahrung. Bei dem Blätter kauenden Maikäfer und den Anderen
ſeiner Sippe liegen ſie auch verborgen, haben aber breite Kauflächen, ähnlich den Mahlzähnen der
Wiederkäuer. Bei vielen Jnſekten, beſonders den Raub- und Blumenwespen, jenen Leckermäulern,
denen nur Süßigkeiten ſchmecken, ſind in der Regel die Kinnbacken ſehr kräftig entwickelt, dienen
aber allem Anderen mehr, als der Aufnahme von Nahrung, ſie ſind unentbehrliche Werkzeuge
zum Bauen der Wohnungen, zur Bearbeitung des Baumaterials, zur Beſchaffung deſſelben, zum
Ergreifen der Nahrung, jedoch weniger der eignen, als der für die Nachkommen beſtimmten.

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[5/0017] Die Mundtheile. iſt bei den Käfern meiſt breiter als lang, ſelten rund, vorn gewöhnlich geſtutzt oder halbkreis- förmig ausgeſchnitten. Bei den Laufkäfern wird die Form des Vorderrandes zum Gattungs- merkmale und zeigt entweder einen getheilten oder einfachen, längeren oder kürzeren Mittelzahn, oder derſelbe fehlt ganz und gar; die Ausrandung wird auch mitunter zu einem bis zur Wurzel reichenden Schnitte, ſo daß, wie bei den Heuſchrecken, zwei Seitenlappen entſtehen. Bei vielen Jnſekten, wozu die Bienen gehören, herrſcht die Längenausdehnung bedeutend über die in die Breite vor (Fig. 1—3), faſt röhrenartig umſchließt hier das Kinn die Seiten der Zunge. Dieſe nun (b) liegt entweder dem Kinn feſt auf und ragt nicht darüber hinaus, wie bei den meiſten Käfern, wird länger als daſſelbe, oder ſie iſt ganz frei und verbindet ſich mit dem Vorderrande des Kinnes. Häufig bemerkt man ſie ihrer Kleinheit wegen kaum, dann nämlich, wenn ſie eine nur untergeordnete oder gar keine Rolle bei Einnahme der Nahrung ſpielt. Jſt ſie mäßig ent- wickelt, ſo finden wir ſie vorn abgerundet, mehr oder weniger ausgeſchnitten oder wie bei den Blattwespen dreizipfelig (Fig. 4) mit verſchiedenen Formen und Längenverhältniſſen der Zipfel, ja ſie kann auch in vier Partien getheilt ſein. Den höchſten Grad der Zungenausbildung finden wir bei den honigleckenden Bienen, wo ſie manchmal länger wird, als das ganze Thier und mit Härchen an ihrem Vordertheile beſetzt iſt, in welchen der Honig kleben bleibt und dem Munde zugeführt wird. Der Mittellappen iſt bald mäßig lang und lanzettförmig, die beiden Seitenlappen, hier Nebenzungen (b1) genannt, ſchmäler, aber von faſt gleicher Länge, wie bei Andrena Fig. 3, bald ſchließen ſich letztere ſcheidenartig an den Grund des langen, ſchmalen Mittelzipfels (Fig. 2), der mit ſeiner weiteren, gleich näher zu erörternden Umgebung faſt wie ein Getreideährchen nebſt Spelzen und Grannen ausſieht. Wir ſind mit der Unterlippe aber noch nicht zu Ende. Am Vorderrande, bisweilen auch etwas mehr ſeitwärts gerückt, ſind die Lippentaſter (palpi labiales) eingelenkt (e Fig. 1—5); ſie beſtehen aus 2—4, mitunter ſchwer unterſcheidbaren Gliedern, von denen das letzte in der Geſtalt meiſt von den übrigen abweicht und darum beſondere Berückſichtigung verdient. Bei den Bienen nennt man dieſe Taſter eingeſtaltig, wenn ihre gleichgebildeten Glieder ſich mit ihren Spitzen aneinanderreihen, wie es bei den meiſten Taſtern, bei einfachen Fühlhörnern der Fall iſt (Fig. 3 c), zweigeſtaltig dagegen (Fig. 1 und 2 c), wenn die beiden Grundglieder lauge, ſchmale Schuppen bilden und die beiden letzten ſich ſeitwärts und vor der Spitze des zweiten als zwei verkümmerte Läppchen anhängen. Die beiden noch übrigen Mundtheile kommen paarweiſe vor und ſind für die Fleiſch- und Pflanzenfreſſer unter den Jnſekten als ihre eigentlichen Zähne von der größten Bedeutung. Zunächſt unter der Oberlippe, in die Wangen eingelenkt und wie die beiden Flügel einer Kneipzange in horizontaler Richtung gegen einander beweglich, folgt das Oberkiefer paar, die Kinnbacken, Freßzangen (Mandibeln d Fig. 1, 2 und 5). Sie laſſen ſich je nach ihrer Form mit Hacke, Schaufel, Meiſel ꝛc. vergleichen, pflegen hornig zu ſein, ſpitz oder ſtumpf, vorn nur gezähnt, oder längs der ganzen Jnnenſeite; in der Regel gleicht die rechte Hälfte ihrer linken, es kann aber auch die eine ein verändertes und kräftigeres Ausſehen annehmen, als die andere. Während ſie beim männlichen Hirſchkäfer wie ein Geweihe weit länger als der Kopf ſelbſt dieſen überragen, drohend und grimmig dem Auſcheine nach, zum Kauen aber unbrauchbar, verſtecken ſie ſich bei vielen Verwandten unter die Oberlippe und endigen nach innen dünnhäutig in gleicher Unfähigkeit zum Zerbeißen der Nahrung. Bei dem Blätter kauenden Maikäfer und den Anderen ſeiner Sippe liegen ſie auch verborgen, haben aber breite Kauflächen, ähnlich den Mahlzähnen der Wiederkäuer. Bei vielen Jnſekten, beſonders den Raub- und Blumenwespen, jenen Leckermäulern, denen nur Süßigkeiten ſchmecken, ſind in der Regel die Kinnbacken ſehr kräftig entwickelt, dienen aber allem Anderen mehr, als der Aufnahme von Nahrung, ſie ſind unentbehrliche Werkzeuge zum Bauen der Wohnungen, zur Bearbeitung des Baumaterials, zur Beſchaffung deſſelben, zum Ergreifen der Nahrung, jedoch weniger der eignen, als der für die Nachkommen beſtimmten.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/17>, abgerufen am 24.11.2024.