Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Käfer. Tetrameren. Rüsselkäfer.
goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die fast viereckigen Flügeldecken in sehr dichten Reihen
punktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Halsschild beim Männchen mit einem nach
vorn gerichteten Dornspitzchen über den Vorderhüsten ausgerüstet, wird 21/2 bis 3 Linien lang und
wickelt an den verschiedensten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zusammen.
Er erscheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadischen Pappeln, Linden,
mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb desselben auf Birnbäumen, Quitten und Weinstöcken.
Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung aufsucht, junge Blätter zur Anfertigung
der Brutrollen wählt, scheint der Grund seiner manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er
die jungen Schosse ansticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen,
ganz besonders aber auch am Weinstock dann große Verwüstungen anrichten, wenn er in Menge da
ist; auch schabt er, mit dem Rüssel vorgehend, schmale Streifchen von der Haut sammt dem
Blattgrün auf der Oberseite der Blätter ab und läßt nur die der Unterseite zurück, wenn er
keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den verschiedenen
Pflanzen auf verschiedene Weise angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden
erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch Anstechen des jungen
Triebes, oder wo dieses nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird diesen der Saft-
zufluß genommen, sie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe
der Beine und des Rüssels ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein-
schaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutgeschäft sich
die Käfer um den Wickel herum verfolgend spielen und tändeln, wenn die Sonne scheint. Jst
dieser fertig, so wird ein Ei hineingeschoben, bisweilen auch mehrere, allerhöchstens sechs. Die
nach acht bis zwölf Tagen ausgeschlüpften Lärvchen fressen die Jnnenseite ihrer Wohnung gang-
artig ab und gedeihen dabei. Wenn sie erwachsen sind, beißen sie sich aus jener heraus und ver-
puppen sich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an frischen Wickeln, dann
sind sie verschwunden, im September zeigen sich wieder einzelne, paaren sich wohl auch. Man hat
diese Wahrnehmungen auf die verschiedenste Weise gedeutet; mir scheint folgende Erklärung die
einzig richtige zu sein: Die im Herbst erscheinenden Käfer stammen von den frühesten Bruten des
laufenden Jahres, sie verkriechen sich dann wieder, überwintern und kommen im nächsten zuerst
zum Vorschein; andere, besonders die späteren, entschlüpfen erst im Frühjahre der Puppe und leben
länger in den Sommer hinein. Wir haben denselben Fall bei verschiedenen, von mir beobachteten
Rüsselkäfern; sie entwickeln sich im Spätsommer, bleiben in ihren Verstecken ruhig sitzen, oder
kommen daraus hervor, finden aber erst nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und
müssen daher so lange warten; daß bei unserer Art die Anfangs Juli im Eistande vorhandenen
vor Winters noch zu Käfern würden, läßt sich nicht gut annehmen. -- Der R. populi ist dem vorigen
sehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben
kupferig, grün oder goldig, unten, an Rüssel und Beinen stahlblau. Er wickelt die Blätter der
verschiedenen Pappelarten. -- Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus schwarze und kaum
behaarte R. betulae, bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt sich stets mit einem
Blatte, verwendet sogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren
weicht von dem bisher erwähnten wesentlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der
Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blattstiele hin aufsteigt,
die Fläche auf der einen, wir wollen sagen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden
Seitenrippen unverletzt, in entsprechender Weise kommt dann die linke Seite dran; ist er auch mit
dieser fertig, so schneidet er an der ersten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löst so die eine
Hälfte seines Wickels. An der äußersten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöst, in
diese Tasche ein Ei geschoben und nun gerollt, so daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des
Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält diesen leicht zusammen,
wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite

Die Käfer. Tetrameren. Rüſſelkäfer.
goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die faſt viereckigen Flügeldecken in ſehr dichten Reihen
punktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Halsſchild beim Männchen mit einem nach
vorn gerichteten Dornſpitzchen über den Vorderhüſten ausgerüſtet, wird 2½ bis 3 Linien lang und
wickelt an den verſchiedenſten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zuſammen.
Er erſcheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadiſchen Pappeln, Linden,
mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb deſſelben auf Birnbäumen, Quitten und Weinſtöcken.
Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung aufſucht, junge Blätter zur Anfertigung
der Brutrollen wählt, ſcheint der Grund ſeiner manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er
die jungen Schoſſe anſticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen,
ganz beſonders aber auch am Weinſtock dann große Verwüſtungen anrichten, wenn er in Menge da
iſt; auch ſchabt er, mit dem Rüſſel vorgehend, ſchmale Streifchen von der Haut ſammt dem
Blattgrün auf der Oberſeite der Blätter ab und läßt nur die der Unterſeite zurück, wenn er
keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den verſchiedenen
Pflanzen auf verſchiedene Weiſe angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden
erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch Anſtechen des jungen
Triebes, oder wo dieſes nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird dieſen der Saft-
zufluß genommen, ſie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe
der Beine und des Rüſſels ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein-
ſchaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutgeſchäft ſich
die Käfer um den Wickel herum verfolgend ſpielen und tändeln, wenn die Sonne ſcheint. Jſt
dieſer fertig, ſo wird ein Ei hineingeſchoben, bisweilen auch mehrere, allerhöchſtens ſechs. Die
nach acht bis zwölf Tagen ausgeſchlüpften Lärvchen freſſen die Jnnenſeite ihrer Wohnung gang-
artig ab und gedeihen dabei. Wenn ſie erwachſen ſind, beißen ſie ſich aus jener heraus und ver-
puppen ſich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an friſchen Wickeln, dann
ſind ſie verſchwunden, im September zeigen ſich wieder einzelne, paaren ſich wohl auch. Man hat
dieſe Wahrnehmungen auf die verſchiedenſte Weiſe gedeutet; mir ſcheint folgende Erklärung die
einzig richtige zu ſein: Die im Herbſt erſcheinenden Käfer ſtammen von den früheſten Bruten des
laufenden Jahres, ſie verkriechen ſich dann wieder, überwintern und kommen im nächſten zuerſt
zum Vorſchein; andere, beſonders die ſpäteren, entſchlüpfen erſt im Frühjahre der Puppe und leben
länger in den Sommer hinein. Wir haben denſelben Fall bei verſchiedenen, von mir beobachteten
Rüſſelkäfern; ſie entwickeln ſich im Spätſommer, bleiben in ihren Verſtecken ruhig ſitzen, oder
kommen daraus hervor, finden aber erſt nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und
müſſen daher ſo lange warten; daß bei unſerer Art die Anfangs Juli im Eiſtande vorhandenen
vor Winters noch zu Käfern würden, läßt ſich nicht gut annehmen. — Der R. populi iſt dem vorigen
ſehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben
kupferig, grün oder goldig, unten, an Rüſſel und Beinen ſtahlblau. Er wickelt die Blätter der
verſchiedenen Pappelarten. — Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus ſchwarze und kaum
behaarte R. betulae, bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt ſich ſtets mit einem
Blatte, verwendet ſogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren
weicht von dem bisher erwähnten weſentlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der
Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blattſtiele hin aufſteigt,
die Fläche auf der einen, wir wollen ſagen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden
Seitenrippen unverletzt, in entſprechender Weiſe kommt dann die linke Seite dran; iſt er auch mit
dieſer fertig, ſo ſchneidet er an der erſten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löſt ſo die eine
Hälfte ſeines Wickels. An der äußerſten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöſt, in
dieſe Taſche ein Ei geſchoben und nun gerollt, ſo daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des
Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält dieſen leicht zuſammen,
wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0138" n="120"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Käfer. Tetrameren. Rü&#x017F;&#x017F;elkäfer.</hi></fw><lb/>
goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die fa&#x017F;t viereckigen Flügeldecken in &#x017F;ehr dichten Reihen<lb/>
punktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Hals&#x017F;child beim Männchen mit einem nach<lb/>
vorn gerichteten Dorn&#x017F;pitzchen über den Vorderhü&#x017F;ten ausgerü&#x017F;tet, wird 2½ bis 3 Linien lang und<lb/>
wickelt an den ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zu&#x017F;ammen.<lb/>
Er er&#x017F;cheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadi&#x017F;chen Pappeln, Linden,<lb/>
mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb de&#x017F;&#x017F;elben auf Birnbäumen, Quitten und Wein&#x017F;töcken.<lb/>
Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung auf&#x017F;ucht, <hi rendition="#g">junge</hi> Blätter zur Anfertigung<lb/>
der Brutrollen wählt, &#x017F;cheint der Grund &#x017F;einer manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er<lb/>
die jungen Scho&#x017F;&#x017F;e an&#x017F;ticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen,<lb/>
ganz be&#x017F;onders aber auch am Wein&#x017F;tock dann große Verwü&#x017F;tungen anrichten, wenn er in Menge da<lb/>
i&#x017F;t; auch &#x017F;chabt er, mit dem Rü&#x017F;&#x017F;el vorgehend, &#x017F;chmale Streifchen von der Haut &#x017F;ammt dem<lb/>
Blattgrün auf der Ober&#x017F;eite der Blätter ab und läßt nur die der Unter&#x017F;eite zurück, wenn er<lb/>
keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Pflanzen auf ver&#x017F;chiedene Wei&#x017F;e angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden<lb/>
erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch An&#x017F;techen des jungen<lb/>
Triebes, oder wo die&#x017F;es nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird die&#x017F;en der Saft-<lb/>
zufluß genommen, &#x017F;ie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe<lb/>
der Beine und des Rü&#x017F;&#x017F;els ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein-<lb/>
&#x017F;chaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutge&#x017F;chäft &#x017F;ich<lb/>
die Käfer um den Wickel herum verfolgend &#x017F;pielen und tändeln, wenn die Sonne &#x017F;cheint. J&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;er fertig, &#x017F;o wird ein Ei hineinge&#x017F;choben, bisweilen auch mehrere, allerhöch&#x017F;tens &#x017F;echs. Die<lb/>
nach acht bis zwölf Tagen ausge&#x017F;chlüpften Lärvchen fre&#x017F;&#x017F;en die Jnnen&#x017F;eite ihrer Wohnung gang-<lb/>
artig ab und gedeihen dabei. Wenn &#x017F;ie erwach&#x017F;en &#x017F;ind, beißen &#x017F;ie &#x017F;ich aus jener heraus und ver-<lb/>
puppen &#x017F;ich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an fri&#x017F;chen Wickeln, dann<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie ver&#x017F;chwunden, im September zeigen &#x017F;ich wieder einzelne, paaren &#x017F;ich wohl auch. Man hat<lb/>
die&#x017F;e Wahrnehmungen auf die ver&#x017F;chieden&#x017F;te Wei&#x017F;e gedeutet; mir &#x017F;cheint folgende Erklärung die<lb/>
einzig richtige zu &#x017F;ein: Die im Herb&#x017F;t er&#x017F;cheinenden Käfer &#x017F;tammen von den frühe&#x017F;ten Bruten des<lb/>
laufenden Jahres, &#x017F;ie verkriechen &#x017F;ich dann wieder, überwintern und kommen im näch&#x017F;ten zuer&#x017F;t<lb/>
zum Vor&#x017F;chein; andere, be&#x017F;onders die &#x017F;päteren, ent&#x017F;chlüpfen er&#x017F;t im Frühjahre der Puppe und leben<lb/>
länger in den Sommer hinein. Wir haben den&#x017F;elben Fall bei ver&#x017F;chiedenen, von mir beobachteten<lb/>&#x017F;&#x017F;elkäfern; &#x017F;ie entwickeln &#x017F;ich im Spät&#x017F;ommer, bleiben in ihren Ver&#x017F;tecken ruhig &#x017F;itzen, oder<lb/>
kommen daraus hervor, finden aber er&#x017F;t nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und<lb/>&#x017F;&#x017F;en daher &#x017F;o lange warten; daß bei un&#x017F;erer Art die Anfangs Juli im Ei&#x017F;tande vorhandenen<lb/>
vor Winters noch zu Käfern würden, läßt &#x017F;ich nicht gut annehmen. &#x2014; Der <hi rendition="#aq">R. populi</hi> i&#x017F;t dem vorigen<lb/>
&#x017F;ehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben<lb/>
kupferig, grün oder goldig, unten, an Rü&#x017F;&#x017F;el und Beinen &#x017F;tahlblau. Er wickelt die Blätter der<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Pappelarten. &#x2014; Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus &#x017F;chwarze und kaum<lb/>
behaarte <hi rendition="#aq">R. betulae,</hi> bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt &#x017F;ich &#x017F;tets mit einem<lb/>
Blatte, verwendet &#x017F;ogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren<lb/>
weicht von dem bisher erwähnten we&#x017F;entlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der<lb/>
Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blatt&#x017F;tiele hin auf&#x017F;teigt,<lb/>
die Fläche auf der einen, wir wollen &#x017F;agen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden<lb/>
Seitenrippen unverletzt, in ent&#x017F;prechender Wei&#x017F;e kommt dann die linke Seite dran; i&#x017F;t er auch mit<lb/>
die&#x017F;er fertig, &#x017F;o &#x017F;chneidet er an der er&#x017F;ten Hälfte auch die Nebenrippen durch und lö&#x017F;t &#x017F;o die eine<lb/>
Hälfte &#x017F;eines Wickels. An der äußer&#x017F;ten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelö&#x017F;t, in<lb/>
die&#x017F;e Ta&#x017F;che ein Ei ge&#x017F;choben und nun gerollt, &#x017F;o daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des<lb/>
Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält die&#x017F;en leicht zu&#x017F;ammen,<lb/>
wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0138] Die Käfer. Tetrameren. Rüſſelkäfer. goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die faſt viereckigen Flügeldecken in ſehr dichten Reihen punktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Halsſchild beim Männchen mit einem nach vorn gerichteten Dornſpitzchen über den Vorderhüſten ausgerüſtet, wird 2½ bis 3 Linien lang und wickelt an den verſchiedenſten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zuſammen. Er erſcheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadiſchen Pappeln, Linden, mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb deſſelben auf Birnbäumen, Quitten und Weinſtöcken. Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung aufſucht, junge Blätter zur Anfertigung der Brutrollen wählt, ſcheint der Grund ſeiner manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er die jungen Schoſſe anſticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen, ganz beſonders aber auch am Weinſtock dann große Verwüſtungen anrichten, wenn er in Menge da iſt; auch ſchabt er, mit dem Rüſſel vorgehend, ſchmale Streifchen von der Haut ſammt dem Blattgrün auf der Oberſeite der Blätter ab und läßt nur die der Unterſeite zurück, wenn er keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den verſchiedenen Pflanzen auf verſchiedene Weiſe angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch Anſtechen des jungen Triebes, oder wo dieſes nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird dieſen der Saft- zufluß genommen, ſie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe der Beine und des Rüſſels ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein- ſchaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutgeſchäft ſich die Käfer um den Wickel herum verfolgend ſpielen und tändeln, wenn die Sonne ſcheint. Jſt dieſer fertig, ſo wird ein Ei hineingeſchoben, bisweilen auch mehrere, allerhöchſtens ſechs. Die nach acht bis zwölf Tagen ausgeſchlüpften Lärvchen freſſen die Jnnenſeite ihrer Wohnung gang- artig ab und gedeihen dabei. Wenn ſie erwachſen ſind, beißen ſie ſich aus jener heraus und ver- puppen ſich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an friſchen Wickeln, dann ſind ſie verſchwunden, im September zeigen ſich wieder einzelne, paaren ſich wohl auch. Man hat dieſe Wahrnehmungen auf die verſchiedenſte Weiſe gedeutet; mir ſcheint folgende Erklärung die einzig richtige zu ſein: Die im Herbſt erſcheinenden Käfer ſtammen von den früheſten Bruten des laufenden Jahres, ſie verkriechen ſich dann wieder, überwintern und kommen im nächſten zuerſt zum Vorſchein; andere, beſonders die ſpäteren, entſchlüpfen erſt im Frühjahre der Puppe und leben länger in den Sommer hinein. Wir haben denſelben Fall bei verſchiedenen, von mir beobachteten Rüſſelkäfern; ſie entwickeln ſich im Spätſommer, bleiben in ihren Verſtecken ruhig ſitzen, oder kommen daraus hervor, finden aber erſt nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und müſſen daher ſo lange warten; daß bei unſerer Art die Anfangs Juli im Eiſtande vorhandenen vor Winters noch zu Käfern würden, läßt ſich nicht gut annehmen. — Der R. populi iſt dem vorigen ſehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben kupferig, grün oder goldig, unten, an Rüſſel und Beinen ſtahlblau. Er wickelt die Blätter der verſchiedenen Pappelarten. — Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus ſchwarze und kaum behaarte R. betulae, bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt ſich ſtets mit einem Blatte, verwendet ſogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren weicht von dem bisher erwähnten weſentlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blattſtiele hin aufſteigt, die Fläche auf der einen, wir wollen ſagen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden Seitenrippen unverletzt, in entſprechender Weiſe kommt dann die linke Seite dran; iſt er auch mit dieſer fertig, ſo ſchneidet er an der erſten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löſt ſo die eine Hälfte ſeines Wickels. An der äußerſten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöſt, in dieſe Taſche ein Ei geſchoben und nun gerollt, ſo daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält dieſen leicht zuſammen, wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/138
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/138>, abgerufen am 30.04.2024.