Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.Die Käfer. Tetrameren. Rüsselkäfer. goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die fast viereckigen Flügeldecken in sehr dichten Reihenpunktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Halsschild beim Männchen mit einem nach vorn gerichteten Dornspitzchen über den Vorderhüsten ausgerüstet, wird 21/2 bis 3 Linien lang und wickelt an den verschiedensten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zusammen. Er erscheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadischen Pappeln, Linden, mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb desselben auf Birnbäumen, Quitten und Weinstöcken. Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung aufsucht, junge Blätter zur Anfertigung der Brutrollen wählt, scheint der Grund seiner manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er die jungen Schosse ansticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen, ganz besonders aber auch am Weinstock dann große Verwüstungen anrichten, wenn er in Menge da ist; auch schabt er, mit dem Rüssel vorgehend, schmale Streifchen von der Haut sammt dem Blattgrün auf der Oberseite der Blätter ab und läßt nur die der Unterseite zurück, wenn er keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den verschiedenen Pflanzen auf verschiedene Weise angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch Anstechen des jungen Triebes, oder wo dieses nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird diesen der Saft- zufluß genommen, sie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe der Beine und des Rüssels ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein- schaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutgeschäft sich die Käfer um den Wickel herum verfolgend spielen und tändeln, wenn die Sonne scheint. Jst dieser fertig, so wird ein Ei hineingeschoben, bisweilen auch mehrere, allerhöchstens sechs. Die nach acht bis zwölf Tagen ausgeschlüpften Lärvchen fressen die Jnnenseite ihrer Wohnung gang- artig ab und gedeihen dabei. Wenn sie erwachsen sind, beißen sie sich aus jener heraus und ver- puppen sich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an frischen Wickeln, dann sind sie verschwunden, im September zeigen sich wieder einzelne, paaren sich wohl auch. Man hat diese Wahrnehmungen auf die verschiedenste Weise gedeutet; mir scheint folgende Erklärung die einzig richtige zu sein: Die im Herbst erscheinenden Käfer stammen von den frühesten Bruten des laufenden Jahres, sie verkriechen sich dann wieder, überwintern und kommen im nächsten zuerst zum Vorschein; andere, besonders die späteren, entschlüpfen erst im Frühjahre der Puppe und leben länger in den Sommer hinein. Wir haben denselben Fall bei verschiedenen, von mir beobachteten Rüsselkäfern; sie entwickeln sich im Spätsommer, bleiben in ihren Verstecken ruhig sitzen, oder kommen daraus hervor, finden aber erst nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und müssen daher so lange warten; daß bei unserer Art die Anfangs Juli im Eistande vorhandenen vor Winters noch zu Käfern würden, läßt sich nicht gut annehmen. -- Der R. populi ist dem vorigen sehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben kupferig, grün oder goldig, unten, an Rüssel und Beinen stahlblau. Er wickelt die Blätter der verschiedenen Pappelarten. -- Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus schwarze und kaum behaarte R. betulae, bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt sich stets mit einem Blatte, verwendet sogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren weicht von dem bisher erwähnten wesentlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blattstiele hin aufsteigt, die Fläche auf der einen, wir wollen sagen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden Seitenrippen unverletzt, in entsprechender Weise kommt dann die linke Seite dran; ist er auch mit dieser fertig, so schneidet er an der ersten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löst so die eine Hälfte seines Wickels. An der äußersten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöst, in diese Tasche ein Ei geschoben und nun gerollt, so daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält diesen leicht zusammen, wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite Die Käfer. Tetrameren. Rüſſelkäfer. goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die faſt viereckigen Flügeldecken in ſehr dichten Reihenpunktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Halsſchild beim Männchen mit einem nach vorn gerichteten Dornſpitzchen über den Vorderhüſten ausgerüſtet, wird 2½ bis 3 Linien lang und wickelt an den verſchiedenſten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zuſammen. Er erſcheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadiſchen Pappeln, Linden, mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb deſſelben auf Birnbäumen, Quitten und Weinſtöcken. Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung aufſucht, junge Blätter zur Anfertigung der Brutrollen wählt, ſcheint der Grund ſeiner manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er die jungen Schoſſe anſticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen, ganz beſonders aber auch am Weinſtock dann große Verwüſtungen anrichten, wenn er in Menge da iſt; auch ſchabt er, mit dem Rüſſel vorgehend, ſchmale Streifchen von der Haut ſammt dem Blattgrün auf der Oberſeite der Blätter ab und läßt nur die der Unterſeite zurück, wenn er keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den verſchiedenen Pflanzen auf verſchiedene Weiſe angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch Anſtechen des jungen Triebes, oder wo dieſes nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird dieſen der Saft- zufluß genommen, ſie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe der Beine und des Rüſſels ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein- ſchaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutgeſchäft ſich die Käfer um den Wickel herum verfolgend ſpielen und tändeln, wenn die Sonne ſcheint. Jſt dieſer fertig, ſo wird ein Ei hineingeſchoben, bisweilen auch mehrere, allerhöchſtens ſechs. Die nach acht bis zwölf Tagen ausgeſchlüpften Lärvchen freſſen die Jnnenſeite ihrer Wohnung gang- artig ab und gedeihen dabei. Wenn ſie erwachſen ſind, beißen ſie ſich aus jener heraus und ver- puppen ſich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an friſchen Wickeln, dann ſind ſie verſchwunden, im September zeigen ſich wieder einzelne, paaren ſich wohl auch. Man hat dieſe Wahrnehmungen auf die verſchiedenſte Weiſe gedeutet; mir ſcheint folgende Erklärung die einzig richtige zu ſein: Die im Herbſt erſcheinenden Käfer ſtammen von den früheſten Bruten des laufenden Jahres, ſie verkriechen ſich dann wieder, überwintern und kommen im nächſten zuerſt zum Vorſchein; andere, beſonders die ſpäteren, entſchlüpfen erſt im Frühjahre der Puppe und leben länger in den Sommer hinein. Wir haben denſelben Fall bei verſchiedenen, von mir beobachteten Rüſſelkäfern; ſie entwickeln ſich im Spätſommer, bleiben in ihren Verſtecken ruhig ſitzen, oder kommen daraus hervor, finden aber erſt nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und müſſen daher ſo lange warten; daß bei unſerer Art die Anfangs Juli im Eiſtande vorhandenen vor Winters noch zu Käfern würden, läßt ſich nicht gut annehmen. — Der R. populi iſt dem vorigen ſehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben kupferig, grün oder goldig, unten, an Rüſſel und Beinen ſtahlblau. Er wickelt die Blätter der verſchiedenen Pappelarten. — Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus ſchwarze und kaum behaarte R. betulae, bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt ſich ſtets mit einem Blatte, verwendet ſogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren weicht von dem bisher erwähnten weſentlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blattſtiele hin aufſteigt, die Fläche auf der einen, wir wollen ſagen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden Seitenrippen unverletzt, in entſprechender Weiſe kommt dann die linke Seite dran; iſt er auch mit dieſer fertig, ſo ſchneidet er an der erſten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löſt ſo die eine Hälfte ſeines Wickels. An der äußerſten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöſt, in dieſe Taſche ein Ei geſchoben und nun gerollt, ſo daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält dieſen leicht zuſammen, wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite <TEI> <text> <body> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0138" n="120"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Käfer. Tetrameren. 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Die Käfer. Tetrameren. Rüſſelkäfer.
goldiggrün oder grüngoldig, unbehaart, die faſt viereckigen Flügeldecken in ſehr dichten Reihen
punktirt, das gleichfalls dicht punktirte, quer eiförmige Halsſchild beim Männchen mit einem nach
vorn gerichteten Dornſpitzchen über den Vorderhüſten ausgerüſtet, wird 2½ bis 3 Linien lang und
wickelt an den verſchiedenſten Bäumen und Sträuchern oft mehrere Blätter in eine Rolle zuſammen.
Er erſcheint im Mai und Juni, im Walde auf Buchen, Espen, canadiſchen Pappeln, Linden,
mehreren Weidenarten und Birken, außerhalb deſſelben auf Birnbäumen, Quitten und Weinſtöcken.
Darin, daß er die weichen, krautartigen Theile zur Nahrung aufſucht, junge Blätter zur Anfertigung
der Brutrollen wählt, ſcheint der Grund ſeiner manchfaltigen Aufenthaltsörter zu liegen. Judem er
die jungen Schoſſe anſticht und dadurch das Abwelken der Spitze veranlaßt, kann er an Birnbäumen,
ganz beſonders aber auch am Weinſtock dann große Verwüſtungen anrichten, wenn er in Menge da
iſt; auch ſchabt er, mit dem Rüſſel vorgehend, ſchmale Streifchen von der Haut ſammt dem
Blattgrün auf der Oberſeite der Blätter ab und läßt nur die der Unterſeite zurück, wenn er
keine jungen Blätter mehr findet. Die eigarrenförmigen Brutwickel werden an den verſchiedenen
Pflanzen auf verſchiedene Weiſe angefertigt, die kleineren Blätter der Buchen, Birnen, Weiden
erfordern eine Mehrzahl, bei der Quitte, dem Wein reicht eins aus; durch Anſtechen des jungen
Triebes, oder wo dieſes nicht paßt, der Stiele von den einzelnen Blättern wird dieſen der Saft-
zufluß genommen, ſie fangen an zu welken und werden gefügig zum Wickeln, welches mit Hilfe
der Beine und des Rüſſels ohne weiteres Bindemittel von Männchen und Weibchen in Gemein-
ſchaft ausgeführt wird, und man kann beobachten, wie während oder nach dem Brutgeſchäft ſich
die Käfer um den Wickel herum verfolgend ſpielen und tändeln, wenn die Sonne ſcheint. Jſt
dieſer fertig, ſo wird ein Ei hineingeſchoben, bisweilen auch mehrere, allerhöchſtens ſechs. Die
nach acht bis zwölf Tagen ausgeſchlüpften Lärvchen freſſen die Jnnenſeite ihrer Wohnung gang-
artig ab und gedeihen dabei. Wenn ſie erwachſen ſind, beißen ſie ſich aus jener heraus und ver-
puppen ſich in der Erde. Vom Mai bis Anfangs Juli trifft man Käfer an friſchen Wickeln, dann
ſind ſie verſchwunden, im September zeigen ſich wieder einzelne, paaren ſich wohl auch. Man hat
dieſe Wahrnehmungen auf die verſchiedenſte Weiſe gedeutet; mir ſcheint folgende Erklärung die
einzig richtige zu ſein: Die im Herbſt erſcheinenden Käfer ſtammen von den früheſten Bruten des
laufenden Jahres, ſie verkriechen ſich dann wieder, überwintern und kommen im nächſten zuerſt
zum Vorſchein; andere, beſonders die ſpäteren, entſchlüpfen erſt im Frühjahre der Puppe und leben
länger in den Sommer hinein. Wir haben denſelben Fall bei verſchiedenen, von mir beobachteten
Rüſſelkäfern; ſie entwickeln ſich im Spätſommer, bleiben in ihren Verſtecken ruhig ſitzen, oder
kommen daraus hervor, finden aber erſt nach dem Winter die Bedingungen für ihre Brut und
müſſen daher ſo lange warten; daß bei unſerer Art die Anfangs Juli im Eiſtande vorhandenen
vor Winters noch zu Käfern würden, läßt ſich nicht gut annehmen. — Der R. populi iſt dem vorigen
ſehr ähnlich, aber etwas kleiner, auf den Flügeldecken weniger dicht punktirt und zweifarbig: oben
kupferig, grün oder goldig, unten, an Rüſſel und Beinen ſtahlblau. Er wickelt die Blätter der
verſchiedenen Pappelarten. — Der noch kleinere, nur zwei Linien lange, durchaus ſchwarze und kaum
behaarte R. betulae, bearbeitet die Blätter der Birken, Ellern, Buchen, begnügt ſich ſtets mit einem
Blatte, verwendet ſogar nur die vorderen zwei Drittel eines großen Ellernblattes. Das Verfahren
weicht von dem bisher erwähnten weſentlich ab. Ungefähr in der kleinern, obern Hälfte der
Mittelrippe beginnend, nagt der Käfer in einer Bogenlinie, welche nach dem Blattſtiele hin aufſteigt,
die Fläche auf der einen, wir wollen ſagen auf der rechten Seite durch, läßt die ihm begegnenden
Seitenrippen unverletzt, in entſprechender Weiſe kommt dann die linke Seite dran; iſt er auch mit
dieſer fertig, ſo ſchneidet er an der erſten Hälfte auch die Nebenrippen durch und löſt ſo die eine
Hälfte ſeines Wickels. An der äußerſten Ecke wird die Oberhaut des Blattes etwas abgelöſt, in
dieſe Taſche ein Ei geſchoben und nun gerollt, ſo daß die Ecke mit dem Eie in die Mitte des
Wickels zu liegen kommt; die klebrige Oberfläche des Ellernblattes hält dieſen leicht zuſammen,
wozu einige Kniffe mit den Freßzangen an den geeigneten Stellen noch beitragen. Die linke Seite
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