Dänemark aus hat man ihn auch in England und Schweden eingebürgert, in ersterem Königreiche um das Jahr 1496 oder, wie andere wollen, 1521. Gegenwärtig fehlt er kaum einem einzigen unserer mitteleuropäischen Seen und Flüsse; seine eigentliche Bedeutung liegt jedoch in dem Umstande, daß er sich ebenso leicht oder leichter als irgend ein anderer Fisch züchten läßt.
Seichte, schlammige, möglichst wenig beschattete, hier und da mit Wasserpflanzen dicht bestandene Teiche oder Seen sagen ihm am Besten zu; nicht minder gedeiht er in dem Altwasser der Flüsse oder in diesen selbst, wenn sie ruhig fließen und schlammigen Grund haben; schnell strömende, klare Gewässer meidet er gänzlich. Er verlangt einen schlammigen Grund zum Wühlen oder als Weide- gebiet und gedeiht nur dann, wenn sein Wohngewässer möglichst viel den Strahlen der Sonne ausgesetzt ist und Zuflüsse von weichem Wasser hat. Während des Sommers und nach der Fort- pflanzungszeit mästet er sich für den Winter und durchzieht zu diesem Zwecke meist in dichten Schaaren die seichteren Stellen seiner Wohngewässer, zwischen den Wasserpflanzen nach Kerbthieren und Gewürm, sowie nach Pflanzenstoffen verschiedener Art umherspähend oder den Schlamm nach ähnlichen Stoffen durchwühlend. Seine hauptsächlichste Nahrung besteht wohl in kleinem Gethier, namentlich in Würmern, Larven von Kerbthieren oder auch Lurchen und ähnlichen Wasserbewohnern; er beschränkt sich jedoch keineswegs auf diese Nahrung, sondern frißt auch sehr gern Pflanzenstoffe, vermoderte Theile der Wasserpflanzen selbst, faulige Früchte, gekochte Kartoffeln oder Brot etc. Jn den Zuchtteichen pflegt man ihn mit Schafmist zu füttern, was, streng genommen, soviel sagen will, daß man durch den Mist Kerbthiere und Gewürm herbeilockt; denn diese, nicht aber der Mist, welchen er freilich auch mit verschluckt, geben ihm die geeigneten Nahrungsstoffe. Beim Wühlen im Schlamm nimmt er erdige Bestandtheile mit auf, ja, diese scheinen für seine Verdanung nothwendige Bedingung zu sein. Jm Meere nährt er sich wahrscheinlich hauptsächlich von Würmern und kleinen Muschelthieren.
Bei genügender Nahrung wird der Karpfen schon im dritten Jahre seines Lebens fortpflanzungs- fähig. Jm fünften Lebensjahre legt, nach Bloch's Untersuchungen, das Weibchen bereits gegen dreihunderttausend Eier ab, eine Anzahl, welche sich später mehr als verdoppeln kann. Während der Laichzeit entwickeln sich bei den Männchen in dem schleimigen Hautüberzuge auf Scheitel, Wangen und Kiemendeckeln viele kleine, unregelmäßig zerstreute, weißliche Warzen, welche auch in der Regel auf der inneren und vorderen Seite der Brustflossen sich zeigen. Sobald der Karpfen dieses Hoch- zeitskleid anlegt, wird er wanderlustig, wie andere Fische auch, und versucht, soweit als ihm möglich, im Flusse aufwärts zu steigen, überwindet dabei auch oft bedeutende Hindernisse. Zum Laichen erwählt er sich eine seichte, mit Wasserpflanzen dicht bestandene Stelle und nur, wenn er eine solche findet, hat die Fortpflanzung einen für den Züchter erwünschten Erfolg. Nicht alle Karpfen aber zeigen die erstaunliche Fruchtbarkeit, welche sie vormals würdig erscheinen ließ, der Liebesgöttin gcheiligt zu werden; viele bleiben gelte und zwar, wie man annimmt, ihr Leben lang. Schon Aristoteles kannte diese Thatsache und wußte, daß diese gelten Karpfen an Fettigkeit und Güte ihres Fleisches alle übrigen übertreffen. Die Schriftsteller des Mittelalters nennen sie "Müssig- gänger" und heben ausdrücklich hervor, daß sie vor allen zu loben seien. Ueber die Ursache der Unfruchtbarkeit waren sie übrigens verschiedener Meinung: "Jn etlichen Weyern", sagt Geßner, "sollen Karpffen gefangen werden, in welchen kein vnderscheid deß geschlechts, Röglings oder Milch- lings mag gespürt werden. Solche werden ohn zweiffel die seyn, so von jnen selbs wachsen vnd geschaffen werden."
Jn den Seen und in den Flüssen fängt man die Karpfen mit Zuggarnen, Netzen und Reußen, ködert wohl auch vorher gewisse Stellen mit gekochten Erbsen oder legt mit Würmern, kleinen Fleisch- stückchen oder dürrem Obst bespickte Grundangeln. Jm kaspischen Meere pflegt man sie zu stechen. Doch hat dieser freie Fang nirgends eigentliche Bedeutung, am Wenigsten bei uns zu Lande, woselbst der Karpfen als der für die Teichwirthschaft wichtigste Fisch betrachtet werden muß.
Allgemeines über die Karpfen.
Dänemark aus hat man ihn auch in England und Schweden eingebürgert, in erſterem Königreiche um das Jahr 1496 oder, wie andere wollen, 1521. Gegenwärtig fehlt er kaum einem einzigen unſerer mitteleuropäiſchen Seen und Flüſſe; ſeine eigentliche Bedeutung liegt jedoch in dem Umſtande, daß er ſich ebenſo leicht oder leichter als irgend ein anderer Fiſch züchten läßt.
Seichte, ſchlammige, möglichſt wenig beſchattete, hier und da mit Waſſerpflanzen dicht beſtandene Teiche oder Seen ſagen ihm am Beſten zu; nicht minder gedeiht er in dem Altwaſſer der Flüſſe oder in dieſen ſelbſt, wenn ſie ruhig fließen und ſchlammigen Grund haben; ſchnell ſtrömende, klare Gewäſſer meidet er gänzlich. Er verlangt einen ſchlammigen Grund zum Wühlen oder als Weide- gebiet und gedeiht nur dann, wenn ſein Wohngewäſſer möglichſt viel den Strahlen der Sonne ausgeſetzt iſt und Zuflüſſe von weichem Waſſer hat. Während des Sommers und nach der Fort- pflanzungszeit mäſtet er ſich für den Winter und durchzieht zu dieſem Zwecke meiſt in dichten Schaaren die ſeichteren Stellen ſeiner Wohngewäſſer, zwiſchen den Waſſerpflanzen nach Kerbthieren und Gewürm, ſowie nach Pflanzenſtoffen verſchiedener Art umherſpähend oder den Schlamm nach ähnlichen Stoffen durchwühlend. Seine hauptſächlichſte Nahrung beſteht wohl in kleinem Gethier, namentlich in Würmern, Larven von Kerbthieren oder auch Lurchen und ähnlichen Waſſerbewohnern; er beſchränkt ſich jedoch keineswegs auf dieſe Nahrung, ſondern frißt auch ſehr gern Pflanzenſtoffe, vermoderte Theile der Waſſerpflanzen ſelbſt, faulige Früchte, gekochte Kartoffeln oder Brot ꝛc. Jn den Zuchtteichen pflegt man ihn mit Schafmiſt zu füttern, was, ſtreng genommen, ſoviel ſagen will, daß man durch den Miſt Kerbthiere und Gewürm herbeilockt; denn dieſe, nicht aber der Miſt, welchen er freilich auch mit verſchluckt, geben ihm die geeigneten Nahrungsſtoffe. Beim Wühlen im Schlamm nimmt er erdige Beſtandtheile mit auf, ja, dieſe ſcheinen für ſeine Verdanung nothwendige Bedingung zu ſein. Jm Meere nährt er ſich wahrſcheinlich hauptſächlich von Würmern und kleinen Muſchelthieren.
Bei genügender Nahrung wird der Karpfen ſchon im dritten Jahre ſeines Lebens fortpflanzungs- fähig. Jm fünften Lebensjahre legt, nach Bloch’s Unterſuchungen, das Weibchen bereits gegen dreihunderttauſend Eier ab, eine Anzahl, welche ſich ſpäter mehr als verdoppeln kann. Während der Laichzeit entwickeln ſich bei den Männchen in dem ſchleimigen Hautüberzuge auf Scheitel, Wangen und Kiemendeckeln viele kleine, unregelmäßig zerſtreute, weißliche Warzen, welche auch in der Regel auf der inneren und vorderen Seite der Bruſtfloſſen ſich zeigen. Sobald der Karpfen dieſes Hoch- zeitskleid anlegt, wird er wanderluſtig, wie andere Fiſche auch, und verſucht, ſoweit als ihm möglich, im Fluſſe aufwärts zu ſteigen, überwindet dabei auch oft bedeutende Hinderniſſe. Zum Laichen erwählt er ſich eine ſeichte, mit Waſſerpflanzen dicht beſtandene Stelle und nur, wenn er eine ſolche findet, hat die Fortpflanzung einen für den Züchter erwünſchten Erfolg. Nicht alle Karpfen aber zeigen die erſtaunliche Fruchtbarkeit, welche ſie vormals würdig erſcheinen ließ, der Liebesgöttin gcheiligt zu werden; viele bleiben gelte und zwar, wie man annimmt, ihr Leben lang. Schon Ariſtoteles kannte dieſe Thatſache und wußte, daß dieſe gelten Karpfen an Fettigkeit und Güte ihres Fleiſches alle übrigen übertreffen. Die Schriftſteller des Mittelalters nennen ſie „Müſſig- gänger“ und heben ausdrücklich hervor, daß ſie vor allen zu loben ſeien. Ueber die Urſache der Unfruchtbarkeit waren ſie übrigens verſchiedener Meinung: „Jn etlichen Weyern“, ſagt Geßner, „ſollen Karpffen gefangen werden, in welchen kein vnderſcheid deß geſchlechts, Röglings oder Milch- lings mag geſpürt werden. Solche werden ohn zweiffel die ſeyn, ſo von jnen ſelbs wachſen vnd geſchaffen werden.“
Jn den Seen und in den Flüſſen fängt man die Karpfen mit Zuggarnen, Netzen und Reußen, ködert wohl auch vorher gewiſſe Stellen mit gekochten Erbſen oder legt mit Würmern, kleinen Fleiſch- ſtückchen oder dürrem Obſt beſpickte Grundangeln. Jm kaspiſchen Meere pflegt man ſie zu ſtechen. Doch hat dieſer freie Fang nirgends eigentliche Bedeutung, am Wenigſten bei uns zu Lande, woſelbſt der Karpfen als der für die Teichwirthſchaft wichtigſte Fiſch betrachtet werden muß.
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Allgemeines über die Karpfen.
Dänemark aus hat man ihn auch in England und Schweden eingebürgert, in erſterem Königreiche
um das Jahr 1496 oder, wie andere wollen, 1521. Gegenwärtig fehlt er kaum einem einzigen
unſerer mitteleuropäiſchen Seen und Flüſſe; ſeine eigentliche Bedeutung liegt jedoch in dem
Umſtande, daß er ſich ebenſo leicht oder leichter als irgend ein anderer Fiſch züchten läßt.
Seichte, ſchlammige, möglichſt wenig beſchattete, hier und da mit Waſſerpflanzen dicht beſtandene
Teiche oder Seen ſagen ihm am Beſten zu; nicht minder gedeiht er in dem Altwaſſer der Flüſſe oder
in dieſen ſelbſt, wenn ſie ruhig fließen und ſchlammigen Grund haben; ſchnell ſtrömende, klare
Gewäſſer meidet er gänzlich. Er verlangt einen ſchlammigen Grund zum Wühlen oder als Weide-
gebiet und gedeiht nur dann, wenn ſein Wohngewäſſer möglichſt viel den Strahlen der Sonne
ausgeſetzt iſt und Zuflüſſe von weichem Waſſer hat. Während des Sommers und nach der Fort-
pflanzungszeit mäſtet er ſich für den Winter und durchzieht zu dieſem Zwecke meiſt in dichten
Schaaren die ſeichteren Stellen ſeiner Wohngewäſſer, zwiſchen den Waſſerpflanzen nach Kerbthieren
und Gewürm, ſowie nach Pflanzenſtoffen verſchiedener Art umherſpähend oder den Schlamm nach
ähnlichen Stoffen durchwühlend. Seine hauptſächlichſte Nahrung beſteht wohl in kleinem Gethier,
namentlich in Würmern, Larven von Kerbthieren oder auch Lurchen und ähnlichen Waſſerbewohnern;
er beſchränkt ſich jedoch keineswegs auf dieſe Nahrung, ſondern frißt auch ſehr gern Pflanzenſtoffe,
vermoderte Theile der Waſſerpflanzen ſelbſt, faulige Früchte, gekochte Kartoffeln oder Brot ꝛc. Jn
den Zuchtteichen pflegt man ihn mit Schafmiſt zu füttern, was, ſtreng genommen, ſoviel ſagen will,
daß man durch den Miſt Kerbthiere und Gewürm herbeilockt; denn dieſe, nicht aber der Miſt, welchen
er freilich auch mit verſchluckt, geben ihm die geeigneten Nahrungsſtoffe. Beim Wühlen im Schlamm
nimmt er erdige Beſtandtheile mit auf, ja, dieſe ſcheinen für ſeine Verdanung nothwendige
Bedingung zu ſein. Jm Meere nährt er ſich wahrſcheinlich hauptſächlich von Würmern und kleinen
Muſchelthieren.
Bei genügender Nahrung wird der Karpfen ſchon im dritten Jahre ſeines Lebens fortpflanzungs-
fähig. Jm fünften Lebensjahre legt, nach Bloch’s Unterſuchungen, das Weibchen bereits gegen
dreihunderttauſend Eier ab, eine Anzahl, welche ſich ſpäter mehr als verdoppeln kann. Während der
Laichzeit entwickeln ſich bei den Männchen in dem ſchleimigen Hautüberzuge auf Scheitel, Wangen
und Kiemendeckeln viele kleine, unregelmäßig zerſtreute, weißliche Warzen, welche auch in der Regel
auf der inneren und vorderen Seite der Bruſtfloſſen ſich zeigen. Sobald der Karpfen dieſes Hoch-
zeitskleid anlegt, wird er wanderluſtig, wie andere Fiſche auch, und verſucht, ſoweit als ihm möglich,
im Fluſſe aufwärts zu ſteigen, überwindet dabei auch oft bedeutende Hinderniſſe. Zum Laichen
erwählt er ſich eine ſeichte, mit Waſſerpflanzen dicht beſtandene Stelle und nur, wenn er eine ſolche
findet, hat die Fortpflanzung einen für den Züchter erwünſchten Erfolg. Nicht alle Karpfen aber
zeigen die erſtaunliche Fruchtbarkeit, welche ſie vormals würdig erſcheinen ließ, der Liebesgöttin
gcheiligt zu werden; viele bleiben gelte und zwar, wie man annimmt, ihr Leben lang. Schon
Ariſtoteles kannte dieſe Thatſache und wußte, daß dieſe gelten Karpfen an Fettigkeit und Güte
ihres Fleiſches alle übrigen übertreffen. Die Schriftſteller des Mittelalters nennen ſie „Müſſig-
gänger“ und heben ausdrücklich hervor, daß ſie vor allen zu loben ſeien. Ueber die Urſache der
Unfruchtbarkeit waren ſie übrigens verſchiedener Meinung: „Jn etlichen Weyern“, ſagt Geßner,
„ſollen Karpffen gefangen werden, in welchen kein vnderſcheid deß geſchlechts, Röglings oder Milch-
lings mag geſpürt werden. Solche werden ohn zweiffel die ſeyn, ſo von jnen ſelbs wachſen vnd
geſchaffen werden.“
Jn den Seen und in den Flüſſen fängt man die Karpfen mit Zuggarnen, Netzen und Reußen,
ködert wohl auch vorher gewiſſe Stellen mit gekochten Erbſen oder legt mit Würmern, kleinen Fleiſch-
ſtückchen oder dürrem Obſt beſpickte Grundangeln. Jm kaspiſchen Meere pflegt man ſie zu ſtechen.
Doch hat dieſer freie Fang nirgends eigentliche Bedeutung, am Wenigſten bei uns zu Lande, woſelbſt
der Karpfen als der für die Teichwirthſchaft wichtigſte Fiſch betrachtet werden muß.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/685>, abgerufen am 21.12.2024.
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