Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Edelfische. Karpfen.

Zur Karpfenzucht bedarf man mindestens zweierlei Teiche, flachere und tiefere nämlich,
sogenannte Zucht- oder Streckteiche und Winterungs- oder Kaufgutteiche. Erstere müssen eine
kesselartige Austiefung haben, in denen die Fische, ohne vom Froste zu leiden, den Winter zubringen
können, dürfen im übrigen aber nicht über sechs Fuß tief sein. Noch flachere, mit Gras bestandene
Stellen sind unumgänglich nothwendig, weil auf ihnen die Zuchtkarpfen ihre Eier absetzen sollen.
Regelmäßiger Zufluß von weichem Wasser ist ebenfalls Bedingung; denn in Teichen mit kaltem
Wasser gedeiht der Karpfen nicht, am Wenigsten in solchen, welche starke Quellen besitzen oder den
Zufluß von solchen empfangen. Hat man mehrere Teiche, so wählt man die flachsten unter ihnen zu
Laichteichen, die tieferen und größeren zu sogenannten Streckteichen; immer aber ist darauf zu sehen,
daß in jedem einzelnen Teiche tiefe Stellen sich finden, welche unter allen Umständen frostfrei bleiben,
weil man sonst genöthigt ist, gegen den Winter hin die Karpfen umzusetzen. Auf einen Brutteich
von zweihundert Geviertruthen Fläche rechnet man gewöhnlich fünf vier- bis zwölfjährige Streich-
karpfen, einen Milchner und vier Rogener, soll aber, wie auch leicht erklärlich, bessere Erfolge erzielen,
wenn man das Verhältniß der Geschlechter mehr ausgleicht, also annähernd ebenso viele Milchner
als Rogener einsetzt. Ungeachtet der außerordentlichen Vermehrungsfähigkeit, gewinnt man doch nur
unter günstigen Umständen zwanzig bis fünfundzwanzig Schock Brut von einem Laichkarpfen, wahr-
scheinlich deshalb, weil man bisher noch immer zu wenig Rücksicht auf Herrichtung geeigneter Laich-
plätze nimmt. Erfahrene Teichwirthe, welche aus Weiden geflochtene Matten oder Hürden acht Zoll
tief unter den Wasserspiegel wagerecht legten und auf der Oberseite mit sehr vielen kleinen Büscheln
aus Fichtenzweigen versahen, erfuhren, daß die Karpfen diese Vorrichtungen zum Ablegen ihres Laiches
benutzten, daß weit mehr von den Eiern befruchtet wurden und der Ertrag sich bedeutend vermehrte.
Während der Brutzeit muß das Wasser des Zuchtteiches möglichst auf demselben Stande erhalten
werden, damit die Eier nicht zeitweilig bloß liegen und verderben. Nach dem Ausschlüpfen der
jungen Brut hat man sein Augenmerk hauptsächlich auf Abhalten der verschiedenen Fischfeinde zu
richten. Bei günstiger, namentlich warmer Witterung wächst die Brut im ersten Sommer bis zu
drei, vier, fünf Zoll Länge heran; im nächsten Jahre kann sie, falls nicht die Teiche mit zu vielen
Fischen besetzt oder letztere genügend gefüttert werden, Fußlänge und darüber erreichen; vom dritten
Sommer an nennt man sie Kaufgut, bringt sie in die Haupt- oder Fettteiche und läßt sie hier noch
einen oder zwei Monate stehen. Den jüngeren Fischen gibt man gegen den Winter hin ältere bei,
damit sie jenen das Winterlager bereiten.

Unter den Feinden der Karpfen sind Fischotter, Fischadler und Reiher aller Art als die
schlimmsten zu bezeichnen; aber auch Wasserspitzmäuse und Wasserratten, schwarze Störche, Enten,
Taucher etc. werden ihnen gefährlich, von Raubfischen der verschiedensten Art selbstverständlich
abgesehen. Jn den meisten Karpfenteichen pflegt man einen oder mehrere Hechte mit einzusetzen,
von denen man annimmt, daß sie die trägen Karpfen in Regsamkeit erhalten und dadurch zu ihrem
Gedeihen beitragen. Man hat sich aber bei der Wahl dieser Aufwiegler sehr vorzusehen, weil ein
Hecht, welcher im Teiche reichliche Nahrung findet, binnen Kurzem so heranwächst, daß er unter den
Karpfen entsetzliche Verheerungen anrichten kann. Viele Züchter sehen streng darauf, daß außer den
Karpfen keine anderen Fische im Teiche sich befinden, weil sie mit Recht behaupten, daß solche jenen
immerhin einen Theil der Nahrung wegnehmen; sie befehden aus demselben Grunde auch die Wasser-
frösche und sorgen durch Herauswerfen des Laiches dieser Lurche nach Kräften für deren Ver-
minderung. Karpfen, welche in kleineren Parkteichen gehalten und regelmäßig gefüttert werden,
gewöhnen sich sehr bald an ihre Futterstellen und an ihren Pfleger, lernen es, einem ihnen gegebenen
Rufe oder Zeichen zu folgen, schwimmen z. B. auf das Läuten einer kleinen Glocke oder auf einen
gewissen Pfiff herbei und umstehen dann die Futterstelle, der voraussichtlichen Nahrung harrend.



Die Edelfiſche. Karpfen.

Zur Karpfenzucht bedarf man mindeſtens zweierlei Teiche, flachere und tiefere nämlich,
ſogenannte Zucht- oder Streckteiche und Winterungs- oder Kaufgutteiche. Erſtere müſſen eine
keſſelartige Austiefung haben, in denen die Fiſche, ohne vom Froſte zu leiden, den Winter zubringen
können, dürfen im übrigen aber nicht über ſechs Fuß tief ſein. Noch flachere, mit Gras beſtandene
Stellen ſind unumgänglich nothwendig, weil auf ihnen die Zuchtkarpfen ihre Eier abſetzen ſollen.
Regelmäßiger Zufluß von weichem Waſſer iſt ebenfalls Bedingung; denn in Teichen mit kaltem
Waſſer gedeiht der Karpfen nicht, am Wenigſten in ſolchen, welche ſtarke Quellen beſitzen oder den
Zufluß von ſolchen empfangen. Hat man mehrere Teiche, ſo wählt man die flachſten unter ihnen zu
Laichteichen, die tieferen und größeren zu ſogenannten Streckteichen; immer aber iſt darauf zu ſehen,
daß in jedem einzelnen Teiche tiefe Stellen ſich finden, welche unter allen Umſtänden froſtfrei bleiben,
weil man ſonſt genöthigt iſt, gegen den Winter hin die Karpfen umzuſetzen. Auf einen Brutteich
von zweihundert Geviertruthen Fläche rechnet man gewöhnlich fünf vier- bis zwölfjährige Streich-
karpfen, einen Milchner und vier Rogener, ſoll aber, wie auch leicht erklärlich, beſſere Erfolge erzielen,
wenn man das Verhältniß der Geſchlechter mehr ausgleicht, alſo annähernd ebenſo viele Milchner
als Rogener einſetzt. Ungeachtet der außerordentlichen Vermehrungsfähigkeit, gewinnt man doch nur
unter günſtigen Umſtänden zwanzig bis fünfundzwanzig Schock Brut von einem Laichkarpfen, wahr-
ſcheinlich deshalb, weil man bisher noch immer zu wenig Rückſicht auf Herrichtung geeigneter Laich-
plätze nimmt. Erfahrene Teichwirthe, welche aus Weiden geflochtene Matten oder Hürden acht Zoll
tief unter den Waſſerſpiegel wagerecht legten und auf der Oberſeite mit ſehr vielen kleinen Büſcheln
aus Fichtenzweigen verſahen, erfuhren, daß die Karpfen dieſe Vorrichtungen zum Ablegen ihres Laiches
benutzten, daß weit mehr von den Eiern befruchtet wurden und der Ertrag ſich bedeutend vermehrte.
Während der Brutzeit muß das Waſſer des Zuchtteiches möglichſt auf demſelben Stande erhalten
werden, damit die Eier nicht zeitweilig bloß liegen und verderben. Nach dem Ausſchlüpfen der
jungen Brut hat man ſein Augenmerk hauptſächlich auf Abhalten der verſchiedenen Fiſchfeinde zu
richten. Bei günſtiger, namentlich warmer Witterung wächſt die Brut im erſten Sommer bis zu
drei, vier, fünf Zoll Länge heran; im nächſten Jahre kann ſie, falls nicht die Teiche mit zu vielen
Fiſchen beſetzt oder letztere genügend gefüttert werden, Fußlänge und darüber erreichen; vom dritten
Sommer an nennt man ſie Kaufgut, bringt ſie in die Haupt- oder Fettteiche und läßt ſie hier noch
einen oder zwei Monate ſtehen. Den jüngeren Fiſchen gibt man gegen den Winter hin ältere bei,
damit ſie jenen das Winterlager bereiten.

Unter den Feinden der Karpfen ſind Fiſchotter, Fiſchadler und Reiher aller Art als die
ſchlimmſten zu bezeichnen; aber auch Waſſerſpitzmäuſe und Waſſerratten, ſchwarze Störche, Enten,
Taucher ꝛc. werden ihnen gefährlich, von Raubfiſchen der verſchiedenſten Art ſelbſtverſtändlich
abgeſehen. Jn den meiſten Karpfenteichen pflegt man einen oder mehrere Hechte mit einzuſetzen,
von denen man annimmt, daß ſie die trägen Karpfen in Regſamkeit erhalten und dadurch zu ihrem
Gedeihen beitragen. Man hat ſich aber bei der Wahl dieſer Aufwiegler ſehr vorzuſehen, weil ein
Hecht, welcher im Teiche reichliche Nahrung findet, binnen Kurzem ſo heranwächſt, daß er unter den
Karpfen entſetzliche Verheerungen anrichten kann. Viele Züchter ſehen ſtreng darauf, daß außer den
Karpfen keine anderen Fiſche im Teiche ſich befinden, weil ſie mit Recht behaupten, daß ſolche jenen
immerhin einen Theil der Nahrung wegnehmen; ſie befehden aus demſelben Grunde auch die Waſſer-
fröſche und ſorgen durch Herauswerfen des Laiches dieſer Lurche nach Kräften für deren Ver-
minderung. Karpfen, welche in kleineren Parkteichen gehalten und regelmäßig gefüttert werden,
gewöhnen ſich ſehr bald an ihre Futterſtellen und an ihren Pfleger, lernen es, einem ihnen gegebenen
Rufe oder Zeichen zu folgen, ſchwimmen z. B. auf das Läuten einer kleinen Glocke oder auf einen
gewiſſen Pfiff herbei und umſtehen dann die Futterſtelle, der vorausſichtlichen Nahrung harrend.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0686" n="648"/>
            <fw place="top" type="header">Die Edelfi&#x017F;che. Karpfen.</fw><lb/>
            <p>Zur Karpfenzucht bedarf man minde&#x017F;tens zweierlei Teiche, flachere und tiefere nämlich,<lb/>
&#x017F;ogenannte Zucht- oder Streckteiche und Winterungs- oder Kaufgutteiche. Er&#x017F;tere mü&#x017F;&#x017F;en eine<lb/>
ke&#x017F;&#x017F;elartige Austiefung haben, in denen die Fi&#x017F;che, ohne vom Fro&#x017F;te zu leiden, den Winter zubringen<lb/>
können, dürfen im übrigen aber nicht über &#x017F;echs Fuß tief &#x017F;ein. Noch flachere, mit Gras be&#x017F;tandene<lb/>
Stellen &#x017F;ind unumgänglich nothwendig, weil auf ihnen die Zuchtkarpfen ihre Eier ab&#x017F;etzen &#x017F;ollen.<lb/>
Regelmäßiger Zufluß von weichem Wa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t ebenfalls Bedingung; denn in Teichen mit kaltem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er gedeiht der Karpfen nicht, am Wenig&#x017F;ten in &#x017F;olchen, welche &#x017F;tarke Quellen be&#x017F;itzen oder den<lb/>
Zufluß von &#x017F;olchen empfangen. Hat man mehrere Teiche, &#x017F;o wählt man die flach&#x017F;ten unter ihnen zu<lb/>
Laichteichen, die tieferen und größeren zu &#x017F;ogenannten Streckteichen; immer aber i&#x017F;t darauf zu &#x017F;ehen,<lb/>
daß in jedem einzelnen Teiche tiefe Stellen &#x017F;ich finden, welche unter allen Um&#x017F;tänden fro&#x017F;tfrei bleiben,<lb/>
weil man &#x017F;on&#x017F;t genöthigt i&#x017F;t, gegen den Winter hin die Karpfen umzu&#x017F;etzen. Auf einen Brutteich<lb/>
von zweihundert Geviertruthen Fläche rechnet man gewöhnlich fünf vier- bis zwölfjährige Streich-<lb/>
karpfen, einen Milchner und vier Rogener, &#x017F;oll aber, wie auch leicht erklärlich, be&#x017F;&#x017F;ere Erfolge erzielen,<lb/>
wenn man das Verhältniß der Ge&#x017F;chlechter mehr ausgleicht, al&#x017F;o annähernd eben&#x017F;o viele Milchner<lb/>
als Rogener ein&#x017F;etzt. Ungeachtet der außerordentlichen Vermehrungsfähigkeit, gewinnt man doch nur<lb/>
unter gün&#x017F;tigen Um&#x017F;tänden zwanzig bis fünfundzwanzig Schock Brut von einem Laichkarpfen, wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich deshalb, weil man bisher noch immer zu wenig Rück&#x017F;icht auf Herrichtung geeigneter Laich-<lb/>
plätze nimmt. Erfahrene Teichwirthe, welche aus Weiden geflochtene Matten oder Hürden acht Zoll<lb/>
tief unter den Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;piegel wagerecht legten und auf der Ober&#x017F;eite mit &#x017F;ehr vielen kleinen Bü&#x017F;cheln<lb/>
aus Fichtenzweigen ver&#x017F;ahen, erfuhren, daß die Karpfen die&#x017F;e Vorrichtungen zum Ablegen ihres Laiches<lb/>
benutzten, daß weit mehr von den Eiern befruchtet wurden und der Ertrag &#x017F;ich bedeutend vermehrte.<lb/>
Während der Brutzeit muß das Wa&#x017F;&#x017F;er des Zuchtteiches möglich&#x017F;t auf dem&#x017F;elben Stande erhalten<lb/>
werden, damit die Eier nicht zeitweilig bloß liegen und verderben. Nach dem Aus&#x017F;chlüpfen der<lb/>
jungen Brut hat man &#x017F;ein Augenmerk haupt&#x017F;ächlich auf Abhalten der ver&#x017F;chiedenen Fi&#x017F;chfeinde zu<lb/>
richten. Bei gün&#x017F;tiger, namentlich warmer Witterung wäch&#x017F;t die Brut im er&#x017F;ten Sommer bis zu<lb/>
drei, vier, fünf Zoll Länge heran; im näch&#x017F;ten Jahre kann &#x017F;ie, falls nicht die Teiche mit zu vielen<lb/>
Fi&#x017F;chen be&#x017F;etzt oder letztere genügend gefüttert werden, Fußlänge und darüber erreichen; vom dritten<lb/>
Sommer an nennt man &#x017F;ie Kaufgut, bringt &#x017F;ie in die Haupt- oder Fettteiche und läßt &#x017F;ie hier noch<lb/>
einen oder zwei Monate &#x017F;tehen. Den jüngeren Fi&#x017F;chen gibt man gegen den Winter hin ältere bei,<lb/>
damit &#x017F;ie jenen das Winterlager bereiten.</p><lb/>
            <p>Unter den Feinden der Karpfen &#x017F;ind Fi&#x017F;chotter, Fi&#x017F;chadler und Reiher aller Art als die<lb/>
&#x017F;chlimm&#x017F;ten zu bezeichnen; aber auch Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;pitzmäu&#x017F;e und Wa&#x017F;&#x017F;erratten, &#x017F;chwarze Störche, Enten,<lb/>
Taucher &#xA75B;c. werden ihnen gefährlich, von Raubfi&#x017F;chen der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Art &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich<lb/>
abge&#x017F;ehen. Jn den mei&#x017F;ten Karpfenteichen pflegt man einen oder mehrere Hechte mit einzu&#x017F;etzen,<lb/>
von denen man annimmt, daß &#x017F;ie die trägen Karpfen in Reg&#x017F;amkeit erhalten und dadurch zu ihrem<lb/>
Gedeihen beitragen. Man hat &#x017F;ich aber bei der Wahl die&#x017F;er Aufwiegler &#x017F;ehr vorzu&#x017F;ehen, weil ein<lb/>
Hecht, welcher im Teiche reichliche Nahrung findet, binnen Kurzem &#x017F;o heranwäch&#x017F;t, daß er unter den<lb/>
Karpfen ent&#x017F;etzliche Verheerungen anrichten kann. Viele Züchter &#x017F;ehen &#x017F;treng darauf, daß außer den<lb/>
Karpfen keine anderen Fi&#x017F;che im Teiche &#x017F;ich befinden, weil &#x017F;ie mit Recht behaupten, daß &#x017F;olche jenen<lb/>
immerhin einen Theil der Nahrung wegnehmen; &#x017F;ie befehden aus dem&#x017F;elben Grunde auch die Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
frö&#x017F;che und &#x017F;orgen durch Herauswerfen des Laiches die&#x017F;er Lurche nach Kräften für deren Ver-<lb/>
minderung. Karpfen, welche in kleineren Parkteichen gehalten und regelmäßig gefüttert werden,<lb/>
gewöhnen &#x017F;ich &#x017F;ehr bald an ihre Futter&#x017F;tellen und an ihren Pfleger, lernen es, einem ihnen gegebenen<lb/>
Rufe oder Zeichen zu folgen, &#x017F;chwimmen z. B. auf das Läuten einer kleinen Glocke oder auf einen<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Pfiff herbei und um&#x017F;tehen dann die Futter&#x017F;telle, der voraus&#x017F;ichtlichen Nahrung harrend.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[648/0686] Die Edelfiſche. Karpfen. Zur Karpfenzucht bedarf man mindeſtens zweierlei Teiche, flachere und tiefere nämlich, ſogenannte Zucht- oder Streckteiche und Winterungs- oder Kaufgutteiche. Erſtere müſſen eine keſſelartige Austiefung haben, in denen die Fiſche, ohne vom Froſte zu leiden, den Winter zubringen können, dürfen im übrigen aber nicht über ſechs Fuß tief ſein. Noch flachere, mit Gras beſtandene Stellen ſind unumgänglich nothwendig, weil auf ihnen die Zuchtkarpfen ihre Eier abſetzen ſollen. Regelmäßiger Zufluß von weichem Waſſer iſt ebenfalls Bedingung; denn in Teichen mit kaltem Waſſer gedeiht der Karpfen nicht, am Wenigſten in ſolchen, welche ſtarke Quellen beſitzen oder den Zufluß von ſolchen empfangen. Hat man mehrere Teiche, ſo wählt man die flachſten unter ihnen zu Laichteichen, die tieferen und größeren zu ſogenannten Streckteichen; immer aber iſt darauf zu ſehen, daß in jedem einzelnen Teiche tiefe Stellen ſich finden, welche unter allen Umſtänden froſtfrei bleiben, weil man ſonſt genöthigt iſt, gegen den Winter hin die Karpfen umzuſetzen. Auf einen Brutteich von zweihundert Geviertruthen Fläche rechnet man gewöhnlich fünf vier- bis zwölfjährige Streich- karpfen, einen Milchner und vier Rogener, ſoll aber, wie auch leicht erklärlich, beſſere Erfolge erzielen, wenn man das Verhältniß der Geſchlechter mehr ausgleicht, alſo annähernd ebenſo viele Milchner als Rogener einſetzt. Ungeachtet der außerordentlichen Vermehrungsfähigkeit, gewinnt man doch nur unter günſtigen Umſtänden zwanzig bis fünfundzwanzig Schock Brut von einem Laichkarpfen, wahr- ſcheinlich deshalb, weil man bisher noch immer zu wenig Rückſicht auf Herrichtung geeigneter Laich- plätze nimmt. Erfahrene Teichwirthe, welche aus Weiden geflochtene Matten oder Hürden acht Zoll tief unter den Waſſerſpiegel wagerecht legten und auf der Oberſeite mit ſehr vielen kleinen Büſcheln aus Fichtenzweigen verſahen, erfuhren, daß die Karpfen dieſe Vorrichtungen zum Ablegen ihres Laiches benutzten, daß weit mehr von den Eiern befruchtet wurden und der Ertrag ſich bedeutend vermehrte. Während der Brutzeit muß das Waſſer des Zuchtteiches möglichſt auf demſelben Stande erhalten werden, damit die Eier nicht zeitweilig bloß liegen und verderben. Nach dem Ausſchlüpfen der jungen Brut hat man ſein Augenmerk hauptſächlich auf Abhalten der verſchiedenen Fiſchfeinde zu richten. Bei günſtiger, namentlich warmer Witterung wächſt die Brut im erſten Sommer bis zu drei, vier, fünf Zoll Länge heran; im nächſten Jahre kann ſie, falls nicht die Teiche mit zu vielen Fiſchen beſetzt oder letztere genügend gefüttert werden, Fußlänge und darüber erreichen; vom dritten Sommer an nennt man ſie Kaufgut, bringt ſie in die Haupt- oder Fettteiche und läßt ſie hier noch einen oder zwei Monate ſtehen. Den jüngeren Fiſchen gibt man gegen den Winter hin ältere bei, damit ſie jenen das Winterlager bereiten. Unter den Feinden der Karpfen ſind Fiſchotter, Fiſchadler und Reiher aller Art als die ſchlimmſten zu bezeichnen; aber auch Waſſerſpitzmäuſe und Waſſerratten, ſchwarze Störche, Enten, Taucher ꝛc. werden ihnen gefährlich, von Raubfiſchen der verſchiedenſten Art ſelbſtverſtändlich abgeſehen. Jn den meiſten Karpfenteichen pflegt man einen oder mehrere Hechte mit einzuſetzen, von denen man annimmt, daß ſie die trägen Karpfen in Regſamkeit erhalten und dadurch zu ihrem Gedeihen beitragen. Man hat ſich aber bei der Wahl dieſer Aufwiegler ſehr vorzuſehen, weil ein Hecht, welcher im Teiche reichliche Nahrung findet, binnen Kurzem ſo heranwächſt, daß er unter den Karpfen entſetzliche Verheerungen anrichten kann. Viele Züchter ſehen ſtreng darauf, daß außer den Karpfen keine anderen Fiſche im Teiche ſich befinden, weil ſie mit Recht behaupten, daß ſolche jenen immerhin einen Theil der Nahrung wegnehmen; ſie befehden aus demſelben Grunde auch die Waſſer- fröſche und ſorgen durch Herauswerfen des Laiches dieſer Lurche nach Kräften für deren Ver- minderung. Karpfen, welche in kleineren Parkteichen gehalten und regelmäßig gefüttert werden, gewöhnen ſich ſehr bald an ihre Futterſtellen und an ihren Pfleger, lernen es, einem ihnen gegebenen Rufe oder Zeichen zu folgen, ſchwimmen z. B. auf das Läuten einer kleinen Glocke oder auf einen gewiſſen Pfiff herbei und umſtehen dann die Futterſtelle, der vorausſichtlichen Nahrung harrend.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/686
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/686>, abgerufen am 06.06.2024.