Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Weichflosser. Schellfische. Quappen. Seequappen. Torskfische.
Zustande mußte gepaßt haben. Das abgestreifte Band hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen
und dem Rücken eines jeden Fisches anlag, noch die vertieften Spuren seiner vorherigen anhalten-
den Pressung zurückgelassen, und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen: daß vielleicht der
Nutzen dieses merkwürdigen Bandes kein anderer sei, als jene beiden Oeffnungen der Fische genau zu
vereinigen und auf einander zu drücken.

"Das Band war offenbar eine ganze, unzerrissene Haut, durch kein sinnliches Merkmal, die
größere Dicke ausgenommen, von der Haut dieser Fische selbst verschieden, mit glatten, abgerundeten
Rändern, glatter äußerer und innerer Oberfläche. Die äußere Oberfläche desselben war genau von
eben dem schlüpferig machenden Schleim überzogen, wie die Haut der Fische selbst, die innere Ober-
fläche, welche zuvor mit der Haut der Fische in Berührung, war weniger gefärbt, aschgrau und fast
durchscheinend, sodaß ich durch sie die dunkle Farbe der äußeren Fläche zu sehen glaubte. Die Breite
des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, schien übrigens wie die Dicke in dem ganzen
Umfange überall gleich groß zu sein. Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung
zweier Enden zu sehen, welches unfehlbar hätte der Fall sein müssen, wenn der Zirkel, den das Band
bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zusammengesetzt worden."

Dieser Mittheilung fügt Steinbuch, wie Siebold noch angibt, hinzu, daß aus der
Geschlechtsöffnung beider Fische nach ihrer Trennung ein milchiger Saft ausfloß, er daher vermuthete,
daß die Fische sich bei der Begattung mit den Bauchflossen innig berührt haben und sich durch Haut-
ausschwitzungen ein gerinnbarer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande gestaltet. Die Annahme
verdient, wie Siebold hervorhebt, geprüft zu werden, weil auch bei anderen Fischen Hautaus-
schwitzungen während der Brunstzeit beobachtet worden sind.

Obgleich man beim Rogener gegen 130,000 Eier gezählt hat, ist doch die Vermehrung der
Trüsche nicht sehr bedeutend, wahrscheinlich deshalb, weil von den ausgeschlüpften Jungen der größte
Theil von den Alten und anderen Raubfischen aufgefressen wird. Das Wachsthum scheint ein sehr
langsames zu sein, die Zeugungsfähigkeit erst mit dem vierten Jahre einzutreten.

Der Fang wird mit dem meisten Gewinn zur Laichzeit betrieben, und zwar mit dem Garn und
der Grundschnur oder mit Reußen. Zum Ködern benutzt man kleine Fische und Krebse. Ueber die
Güte des Fleisches ist man sehr verschiedener Ansicht. Jn England wird es nicht sonderlich geschätzt,
in der Schweiz noch heutigentages dem der meisten übrigen Süßwasserfische vorgezogen. "Die so
auß den fliessenden Wassern vnd flüssen gefangen werden", sagt der alte Geßner, "haben ein lecker,
weisser, gesünder Fleisch. Jr Leber ist ein edler Schleck, also daß zu zeiten ein Gräffin Haab vnd
Gut, Rent vnd Güldt, Zinß vnd Zehenden vmb solche Lebern verthan vnd verschlecket hat. Bey vns
lobt man solcher Fisch Lebern vor dem Christtag, das ist vor dem Leych, dann nach dem Leych werden
sie arg geachtet, als welchen etlichen jhre Leber voller Pfinnen wachsen, welches den Fischen ein
anerborne Krankheit sein soll.... Die Leber pflegt man in einem gläsinen Gefäß, zu einem warmen
Ofen, oder Sonnen zu hencken, welches ein schön gelb öl gibt, gantz nützlich wider die finsterkeit,
flecken vnd fell der Augen.... Das Mäglin der Trüschen, soll ein herrliche krafft haben, wider
alle Kranckheiten der Mutter der Weiber, insonderheit sol er im Trank gegeben die Nachgeburt
gewaltiglich treiben, auch das Bauchgrimmen hinnemmen." An diese Wunderkraft glaubt selbst-
verständlich heutigentages kein Mensch mehr; aber noch gegenwärtig wird das Fett der Leber, ein
vortrefflicher Leberthran, gewonnen und als Arzenei gebraucht. Eine höchst eigenthümliche Ver-
wendung einzelner Theile der Trüsche lernte Erman in Sibirien kennen. Bei den Ostjaken
ersetzt die Haut der Trüsche unser Fensterglas, und bei den Kawaschischen Jurten sind Männer und
Weiber in Röcke, Hosen und Stiefeln aus solcher Haut gekleidet.

Jn den nördlichen Meeren wird dieselbe Sippe vertreten durch den Leng (Lota molva), einen
schlanken Fisch von 3 bis 4, selbst 6 bis 7 Fuß Länge und einem Gewicht von einem halben
Centner und darüber, auf dem Rücken und den Seiten grau mit ölgelbem Schimmer, auf dem Bauche

Die Weichfloſſer. Schellfiſche. Quappen. Seequappen. Torskfiſche.
Zuſtande mußte gepaßt haben. Das abgeſtreifte Band hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen
und dem Rücken eines jeden Fiſches anlag, noch die vertieften Spuren ſeiner vorherigen anhalten-
den Preſſung zurückgelaſſen, und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen: daß vielleicht der
Nutzen dieſes merkwürdigen Bandes kein anderer ſei, als jene beiden Oeffnungen der Fiſche genau zu
vereinigen und auf einander zu drücken.

„Das Band war offenbar eine ganze, unzerriſſene Haut, durch kein ſinnliches Merkmal, die
größere Dicke ausgenommen, von der Haut dieſer Fiſche ſelbſt verſchieden, mit glatten, abgerundeten
Rändern, glatter äußerer und innerer Oberfläche. Die äußere Oberfläche deſſelben war genau von
eben dem ſchlüpferig machenden Schleim überzogen, wie die Haut der Fiſche ſelbſt, die innere Ober-
fläche, welche zuvor mit der Haut der Fiſche in Berührung, war weniger gefärbt, aſchgrau und faſt
durchſcheinend, ſodaß ich durch ſie die dunkle Farbe der äußeren Fläche zu ſehen glaubte. Die Breite
des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, ſchien übrigens wie die Dicke in dem ganzen
Umfange überall gleich groß zu ſein. Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung
zweier Enden zu ſehen, welches unfehlbar hätte der Fall ſein müſſen, wenn der Zirkel, den das Band
bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zuſammengeſetzt worden.“

Dieſer Mittheilung fügt Steinbuch, wie Siebold noch angibt, hinzu, daß aus der
Geſchlechtsöffnung beider Fiſche nach ihrer Trennung ein milchiger Saft ausfloß, er daher vermuthete,
daß die Fiſche ſich bei der Begattung mit den Bauchfloſſen innig berührt haben und ſich durch Haut-
ausſchwitzungen ein gerinnbarer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande geſtaltet. Die Annahme
verdient, wie Siebold hervorhebt, geprüft zu werden, weil auch bei anderen Fiſchen Hautaus-
ſchwitzungen während der Brunſtzeit beobachtet worden ſind.

Obgleich man beim Rogener gegen 130,000 Eier gezählt hat, iſt doch die Vermehrung der
Trüſche nicht ſehr bedeutend, wahrſcheinlich deshalb, weil von den ausgeſchlüpften Jungen der größte
Theil von den Alten und anderen Raubfiſchen aufgefreſſen wird. Das Wachsthum ſcheint ein ſehr
langſames zu ſein, die Zeugungsfähigkeit erſt mit dem vierten Jahre einzutreten.

Der Fang wird mit dem meiſten Gewinn zur Laichzeit betrieben, und zwar mit dem Garn und
der Grundſchnur oder mit Reußen. Zum Ködern benutzt man kleine Fiſche und Krebſe. Ueber die
Güte des Fleiſches iſt man ſehr verſchiedener Anſicht. Jn England wird es nicht ſonderlich geſchätzt,
in der Schweiz noch heutigentages dem der meiſten übrigen Süßwaſſerfiſche vorgezogen. „Die ſo
auß den flieſſenden Waſſern vnd flüſſen gefangen werden“, ſagt der alte Geßner, „haben ein lecker,
weiſſer, geſünder Fleiſch. Jr Leber iſt ein edler Schleck, alſo daß zu zeiten ein Gräffin Haab vnd
Gut, Rent vnd Güldt, Zinß vnd Zehenden vmb ſolche Lebern verthan vnd verſchlecket hat. Bey vns
lobt man ſolcher Fiſch Lebern vor dem Chriſttag, das iſt vor dem Leych, dann nach dem Leych werden
ſie arg geachtet, als welchen etlichen jhre Leber voller Pfinnen wachſen, welches den Fiſchen ein
anerborne Krankheit ſein ſoll.... Die Leber pflegt man in einem gläſinen Gefäß, zu einem warmen
Ofen, oder Sonnen zu hencken, welches ein ſchön gelb öl gibt, gantz nützlich wider die finſterkeit,
flecken vnd fell der Augen.... Das Mäglin der Trüſchen, ſoll ein herrliche krafft haben, wider
alle Kranckheiten der Mutter der Weiber, inſonderheit ſol er im Trank gegeben die Nachgeburt
gewaltiglich treiben, auch das Bauchgrimmen hinnemmen.“ An dieſe Wunderkraft glaubt ſelbſt-
verſtändlich heutigentages kein Menſch mehr; aber noch gegenwärtig wird das Fett der Leber, ein
vortrefflicher Leberthran, gewonnen und als Arzenei gebraucht. Eine höchſt eigenthümliche Ver-
wendung einzelner Theile der Trüſche lernte Erman in Sibirien kennen. Bei den Oſtjaken
erſetzt die Haut der Trüſche unſer Fenſterglas, und bei den Kawaſchiſchen Jurten ſind Männer und
Weiber in Röcke, Hoſen und Stiefeln aus ſolcher Haut gekleidet.

Jn den nördlichen Meeren wird dieſelbe Sippe vertreten durch den Leng (Lota molva), einen
ſchlanken Fiſch von 3 bis 4, ſelbſt 6 bis 7 Fuß Länge und einem Gewicht von einem halben
Centner und darüber, auf dem Rücken und den Seiten grau mit ölgelbem Schimmer, auf dem Bauche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0640" n="604"/><fw place="top" type="header">Die Weichflo&#x017F;&#x017F;er. Schellfi&#x017F;che. Quappen. Seequappen. Torskfi&#x017F;che.</fw><lb/>
Zu&#x017F;tande mußte gepaßt haben. Das abge&#x017F;treifte Band hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen<lb/>
und dem Rücken eines jeden Fi&#x017F;ches anlag, noch die vertieften Spuren &#x017F;einer vorherigen anhalten-<lb/>
den Pre&#x017F;&#x017F;ung zurückgela&#x017F;&#x017F;en, und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen: daß vielleicht der<lb/>
Nutzen die&#x017F;es merkwürdigen Bandes kein anderer &#x017F;ei, als jene beiden Oeffnungen der Fi&#x017F;che genau zu<lb/>
vereinigen und auf einander zu drücken.</p><lb/>
            <p>&#x201E;Das Band war offenbar eine ganze, unzerri&#x017F;&#x017F;ene Haut, durch kein &#x017F;innliches Merkmal, die<lb/>
größere Dicke ausgenommen, von der Haut die&#x017F;er Fi&#x017F;che &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;chieden, mit glatten, abgerundeten<lb/>
Rändern, glatter äußerer und innerer Oberfläche. Die äußere Oberfläche de&#x017F;&#x017F;elben war genau von<lb/>
eben dem &#x017F;chlüpferig machenden Schleim überzogen, wie die Haut der Fi&#x017F;che &#x017F;elb&#x017F;t, die innere Ober-<lb/>
fläche, welche zuvor mit der Haut der Fi&#x017F;che in Berührung, war weniger gefärbt, a&#x017F;chgrau und fa&#x017F;t<lb/>
durch&#x017F;cheinend, &#x017F;odaß ich durch &#x017F;ie die dunkle Farbe der äußeren Fläche zu &#x017F;ehen glaubte. Die Breite<lb/>
des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, &#x017F;chien übrigens wie die Dicke in dem ganzen<lb/>
Umfange überall gleich groß zu &#x017F;ein. Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung<lb/>
zweier Enden zu &#x017F;ehen, welches unfehlbar hätte der Fall &#x017F;ein mü&#x017F;&#x017F;en, wenn der Zirkel, den das Band<lb/>
bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt worden.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Mittheilung fügt <hi rendition="#g">Steinbuch,</hi> wie <hi rendition="#g">Siebold</hi> noch angibt, hinzu, daß aus der<lb/>
Ge&#x017F;chlechtsöffnung beider Fi&#x017F;che nach ihrer Trennung ein milchiger Saft ausfloß, er daher vermuthete,<lb/>
daß die Fi&#x017F;che &#x017F;ich bei der Begattung mit den Bauchflo&#x017F;&#x017F;en innig berührt haben und &#x017F;ich durch Haut-<lb/>
aus&#x017F;chwitzungen ein gerinnbarer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande ge&#x017F;taltet. Die Annahme<lb/>
verdient, wie <hi rendition="#g">Siebold</hi> hervorhebt, geprüft zu werden, weil auch bei anderen Fi&#x017F;chen Hautaus-<lb/>
&#x017F;chwitzungen während der Brun&#x017F;tzeit beobachtet worden &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Obgleich man beim Rogener gegen 130,000 Eier gezählt hat, i&#x017F;t doch die Vermehrung der<lb/>
Trü&#x017F;che nicht &#x017F;ehr bedeutend, wahr&#x017F;cheinlich deshalb, weil von den ausge&#x017F;chlüpften Jungen der größte<lb/>
Theil von den Alten und anderen Raubfi&#x017F;chen aufgefre&#x017F;&#x017F;en wird. Das Wachsthum &#x017F;cheint ein &#x017F;ehr<lb/>
lang&#x017F;ames zu &#x017F;ein, die Zeugungsfähigkeit er&#x017F;t mit dem vierten Jahre einzutreten.</p><lb/>
            <p>Der Fang wird mit dem mei&#x017F;ten Gewinn zur Laichzeit betrieben, und zwar mit dem Garn und<lb/>
der Grund&#x017F;chnur oder mit Reußen. Zum Ködern benutzt man kleine Fi&#x017F;che und Kreb&#x017F;e. Ueber die<lb/>
Güte des Flei&#x017F;ches i&#x017F;t man &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedener An&#x017F;icht. Jn England wird es nicht &#x017F;onderlich ge&#x017F;chätzt,<lb/>
in der Schweiz noch heutigentages dem der mei&#x017F;ten übrigen Süßwa&#x017F;&#x017F;erfi&#x017F;che vorgezogen. &#x201E;Die &#x017F;o<lb/>
auß den flie&#x017F;&#x017F;enden Wa&#x017F;&#x017F;ern vnd flü&#x017F;&#x017F;en gefangen werden&#x201C;, &#x017F;agt der alte <hi rendition="#g">Geßner,</hi> &#x201E;haben ein lecker,<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;er, ge&#x017F;ünder Flei&#x017F;ch. Jr Leber i&#x017F;t ein edler Schleck, al&#x017F;o daß zu zeiten ein Gräffin Haab vnd<lb/>
Gut, Rent vnd Güldt, Zinß vnd Zehenden vmb &#x017F;olche Lebern verthan vnd ver&#x017F;chlecket hat. Bey vns<lb/>
lobt man &#x017F;olcher Fi&#x017F;ch Lebern vor dem Chri&#x017F;ttag, das i&#x017F;t vor dem Leych, dann nach dem Leych werden<lb/>
&#x017F;ie arg geachtet, als welchen etlichen jhre Leber voller Pfinnen wach&#x017F;en, welches den Fi&#x017F;chen ein<lb/>
anerborne Krankheit &#x017F;ein &#x017F;oll.... Die Leber pflegt man in einem glä&#x017F;inen Gefäß, zu einem warmen<lb/>
Ofen, oder Sonnen zu hencken, welches ein &#x017F;chön gelb öl gibt, gantz nützlich wider die fin&#x017F;terkeit,<lb/>
flecken vnd fell der Augen.... Das Mäglin der Trü&#x017F;chen, &#x017F;oll ein herrliche krafft haben, wider<lb/>
alle Kranckheiten der Mutter der Weiber, in&#x017F;onderheit &#x017F;ol er im Trank gegeben die Nachgeburt<lb/>
gewaltiglich treiben, auch das Bauchgrimmen hinnemmen.&#x201C; An die&#x017F;e Wunderkraft glaubt &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
ver&#x017F;tändlich heutigentages kein Men&#x017F;ch mehr; aber noch gegenwärtig wird das Fett der Leber, ein<lb/>
vortrefflicher Leberthran, gewonnen und als Arzenei gebraucht. Eine höch&#x017F;t eigenthümliche Ver-<lb/>
wendung einzelner Theile der Trü&#x017F;che lernte <hi rendition="#g">Erman</hi> in Sibirien kennen. Bei den O&#x017F;tjaken<lb/>
er&#x017F;etzt die Haut der Trü&#x017F;che un&#x017F;er Fen&#x017F;terglas, und bei den Kawa&#x017F;chi&#x017F;chen Jurten &#x017F;ind Männer und<lb/>
Weiber in Röcke, Ho&#x017F;en und Stiefeln aus &#x017F;olcher Haut gekleidet.</p><lb/>
            <p>Jn den nördlichen Meeren wird die&#x017F;elbe Sippe vertreten durch den <hi rendition="#g">Leng</hi> (<hi rendition="#aq">Lota molva</hi>), einen<lb/>
&#x017F;chlanken Fi&#x017F;ch von 3 bis 4, &#x017F;elb&#x017F;t 6 bis 7 Fuß Länge und einem Gewicht von einem halben<lb/>
Centner und darüber, auf dem Rücken und den Seiten grau mit ölgelbem Schimmer, auf dem Bauche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[604/0640] Die Weichfloſſer. Schellfiſche. Quappen. Seequappen. Torskfiſche. Zuſtande mußte gepaßt haben. Das abgeſtreifte Band hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen und dem Rücken eines jeden Fiſches anlag, noch die vertieften Spuren ſeiner vorherigen anhalten- den Preſſung zurückgelaſſen, und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen: daß vielleicht der Nutzen dieſes merkwürdigen Bandes kein anderer ſei, als jene beiden Oeffnungen der Fiſche genau zu vereinigen und auf einander zu drücken. „Das Band war offenbar eine ganze, unzerriſſene Haut, durch kein ſinnliches Merkmal, die größere Dicke ausgenommen, von der Haut dieſer Fiſche ſelbſt verſchieden, mit glatten, abgerundeten Rändern, glatter äußerer und innerer Oberfläche. Die äußere Oberfläche deſſelben war genau von eben dem ſchlüpferig machenden Schleim überzogen, wie die Haut der Fiſche ſelbſt, die innere Ober- fläche, welche zuvor mit der Haut der Fiſche in Berührung, war weniger gefärbt, aſchgrau und faſt durchſcheinend, ſodaß ich durch ſie die dunkle Farbe der äußeren Fläche zu ſehen glaubte. Die Breite des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, ſchien übrigens wie die Dicke in dem ganzen Umfange überall gleich groß zu ſein. Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung zweier Enden zu ſehen, welches unfehlbar hätte der Fall ſein müſſen, wenn der Zirkel, den das Band bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zuſammengeſetzt worden.“ Dieſer Mittheilung fügt Steinbuch, wie Siebold noch angibt, hinzu, daß aus der Geſchlechtsöffnung beider Fiſche nach ihrer Trennung ein milchiger Saft ausfloß, er daher vermuthete, daß die Fiſche ſich bei der Begattung mit den Bauchfloſſen innig berührt haben und ſich durch Haut- ausſchwitzungen ein gerinnbarer Stoff zu jenem gürtelförmigen Bande geſtaltet. Die Annahme verdient, wie Siebold hervorhebt, geprüft zu werden, weil auch bei anderen Fiſchen Hautaus- ſchwitzungen während der Brunſtzeit beobachtet worden ſind. Obgleich man beim Rogener gegen 130,000 Eier gezählt hat, iſt doch die Vermehrung der Trüſche nicht ſehr bedeutend, wahrſcheinlich deshalb, weil von den ausgeſchlüpften Jungen der größte Theil von den Alten und anderen Raubfiſchen aufgefreſſen wird. Das Wachsthum ſcheint ein ſehr langſames zu ſein, die Zeugungsfähigkeit erſt mit dem vierten Jahre einzutreten. Der Fang wird mit dem meiſten Gewinn zur Laichzeit betrieben, und zwar mit dem Garn und der Grundſchnur oder mit Reußen. Zum Ködern benutzt man kleine Fiſche und Krebſe. Ueber die Güte des Fleiſches iſt man ſehr verſchiedener Anſicht. Jn England wird es nicht ſonderlich geſchätzt, in der Schweiz noch heutigentages dem der meiſten übrigen Süßwaſſerfiſche vorgezogen. „Die ſo auß den flieſſenden Waſſern vnd flüſſen gefangen werden“, ſagt der alte Geßner, „haben ein lecker, weiſſer, geſünder Fleiſch. Jr Leber iſt ein edler Schleck, alſo daß zu zeiten ein Gräffin Haab vnd Gut, Rent vnd Güldt, Zinß vnd Zehenden vmb ſolche Lebern verthan vnd verſchlecket hat. Bey vns lobt man ſolcher Fiſch Lebern vor dem Chriſttag, das iſt vor dem Leych, dann nach dem Leych werden ſie arg geachtet, als welchen etlichen jhre Leber voller Pfinnen wachſen, welches den Fiſchen ein anerborne Krankheit ſein ſoll.... Die Leber pflegt man in einem gläſinen Gefäß, zu einem warmen Ofen, oder Sonnen zu hencken, welches ein ſchön gelb öl gibt, gantz nützlich wider die finſterkeit, flecken vnd fell der Augen.... Das Mäglin der Trüſchen, ſoll ein herrliche krafft haben, wider alle Kranckheiten der Mutter der Weiber, inſonderheit ſol er im Trank gegeben die Nachgeburt gewaltiglich treiben, auch das Bauchgrimmen hinnemmen.“ An dieſe Wunderkraft glaubt ſelbſt- verſtändlich heutigentages kein Menſch mehr; aber noch gegenwärtig wird das Fett der Leber, ein vortrefflicher Leberthran, gewonnen und als Arzenei gebraucht. Eine höchſt eigenthümliche Ver- wendung einzelner Theile der Trüſche lernte Erman in Sibirien kennen. Bei den Oſtjaken erſetzt die Haut der Trüſche unſer Fenſterglas, und bei den Kawaſchiſchen Jurten ſind Männer und Weiber in Röcke, Hoſen und Stiefeln aus ſolcher Haut gekleidet. Jn den nördlichen Meeren wird dieſelbe Sippe vertreten durch den Leng (Lota molva), einen ſchlanken Fiſch von 3 bis 4, ſelbſt 6 bis 7 Fuß Länge und einem Gewicht von einem halben Centner und darüber, auf dem Rücken und den Seiten grau mit ölgelbem Schimmer, auf dem Bauche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/640
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/640>, abgerufen am 26.06.2024.