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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Trüsche.
Schrecken aller kleineren Fische, Junge der eigenen Art nicht ausgenommen. Jn Behältern
fressen die Gefangenen, wenn man ihnen nicht genug Nahrung gibt, einander selbst auf, und die
stärkste von ihnen jede schwächere, welche sie irgendwie zu bezwingen im Stande ist. "Eine Magd",
erzählt Schinz, "welche aus dem Behälter Quappen holen sollte, kehrte voll Bestürzung zurück und
berichtete, es habe sich ein wahres Wunderthier eingefunden: eine Quappe ohne Kopf, aber mit zwei
Schwänzen. Als man nachsah, entdeckte man, daß die eine Quappe die andere halb verschluckt hatte."
Die Jungen nähren sich hauptsächlich von Fischlaich und Würmern.

Als Laichzeit werden die Monate November bis März angegeben; wahrscheinlich also findet die
Fortpflanzung, je nach der Oertlichkeit und Witterung zu verschiedenen Jahreszeiten statt. So
ungesellig diese Fische sonst sind, zur Laichzeit versammeln sie sich schaarenweise, öfters bis gegen hundert
Stück, und bilden dann, indem sie sich aalähnlich unter einander winden, einen Knäuel nach Art der
sich begattenden Schlangen. Möglicherweise währt die Begattung unverhältnißmäßig lange Zeit; es
liegt wenigstens eine Beobachtung vor, welche hierauf hinzudeuten scheint. Diese Beobachtung rührt
von Steinbuch her, ist aber bis jetzt fast ganz unbeachtet geblieben und erst durch Siebold zu
allgemeiner Kunde gebracht worden. Steinbuch erzählt, daß er einstmals in der Brinz bei Heiden-
heim mit dem Zweizack nach einer Rutte gestochen, aber statt eines, zwei Fische mit seinem
Werkzeuge durchbohrt habe. "Beide, von dem Zweizack abgelöste Fische", sagt er wörtlich, "hatte
ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an Kopf und Bauch an Bauch der Länge
nach an einander liegend und gemeinschaftlich nur eine Masse bildend, träge und unbeweglich liegen
blieben. Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band umschloß
beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, daß keiner im Stande war, sich von
dem anderen zu trennen, und diese Verbindung blieb selbst nach meiner harten Behandlung noch fest
und unverändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch dieses Band so platt gegen
einander gedrückt, daß die weichen Körper zusammen fast eine eylindrische Gestalt hatten, und das
ringförmige Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt und dadurch so gespannt, daß es
sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, und der Durchmesser des gemeinschaftlich
gebildeten Cylinders an dieser Stelle etwas kleiner war als über und unter dem Bande.

"Nachdem ich diese mir so äußerst auffallende Erscheinung hinlänglich bewundert und durch
Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich,
mit einem kleinen, hölzernen Stäbchen, welches ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses
vereinigende Band über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanzende zu
hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen, und vorzüglich, um die
Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu untersuchen. Jch bemerkte bei diesem Versuche
sogleich, daß das, sowohl nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit etc.
mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem der beiden eingeschlossenen
Fischkörper verwachsen zu sein schien, und daß die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit
der Fischkörper und der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu großen Schwierigkeiten
verbunden sein würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem Stäbchen und ein Paar
Fingern der einen und der andern Hand zugleich an dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes
und dem gemeinschaftlichen Körper der Fische vorsichtig gearbeitet hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu
verschieben und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen.

"Jndem durch die Lösung des Bandes die Verbindung beider Fischkörper aufgehoben worden,
fielen beide selbst von einander, sodaß ich nun die beiden, sich vorhin deckenden Bauchflächen derselben
ansichtig wurde. Jch hatte also jetzt zwei abgesonderte Fische und jenes häutige, ringförmige Band
als eine dreifache Beute vor mir liegen.

"Jndem sich die beiden Bauchflächen dieser Fische beim Lösen des Bandes von einander trennten,
fiel mir der Umstand besonders auf, daß ihre beiderseitigen Geschlechtsöffnungen eine solche gegen-
seitige Lage zeigten, daß die Oeffnung des einen Fisches auf die des andern während dem verbundenen

Trüſche.
Schrecken aller kleineren Fiſche, Junge der eigenen Art nicht ausgenommen. Jn Behältern
freſſen die Gefangenen, wenn man ihnen nicht genug Nahrung gibt, einander ſelbſt auf, und die
ſtärkſte von ihnen jede ſchwächere, welche ſie irgendwie zu bezwingen im Stande iſt. „Eine Magd“,
erzählt Schinz, „welche aus dem Behälter Quappen holen ſollte, kehrte voll Beſtürzung zurück und
berichtete, es habe ſich ein wahres Wunderthier eingefunden: eine Quappe ohne Kopf, aber mit zwei
Schwänzen. Als man nachſah, entdeckte man, daß die eine Quappe die andere halb verſchluckt hatte.“
Die Jungen nähren ſich hauptſächlich von Fiſchlaich und Würmern.

Als Laichzeit werden die Monate November bis März angegeben; wahrſcheinlich alſo findet die
Fortpflanzung, je nach der Oertlichkeit und Witterung zu verſchiedenen Jahreszeiten ſtatt. So
ungeſellig dieſe Fiſche ſonſt ſind, zur Laichzeit verſammeln ſie ſich ſchaarenweiſe, öfters bis gegen hundert
Stück, und bilden dann, indem ſie ſich aalähnlich unter einander winden, einen Knäuel nach Art der
ſich begattenden Schlangen. Möglicherweiſe währt die Begattung unverhältnißmäßig lange Zeit; es
liegt wenigſtens eine Beobachtung vor, welche hierauf hinzudeuten ſcheint. Dieſe Beobachtung rührt
von Steinbuch her, iſt aber bis jetzt faſt ganz unbeachtet geblieben und erſt durch Siebold zu
allgemeiner Kunde gebracht worden. Steinbuch erzählt, daß er einſtmals in der Brinz bei Heiden-
heim mit dem Zweizack nach einer Rutte geſtochen, aber ſtatt eines, zwei Fiſche mit ſeinem
Werkzeuge durchbohrt habe. „Beide, von dem Zweizack abgelöſte Fiſche“, ſagt er wörtlich, „hatte
ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo ſie Kopf an Kopf und Bauch an Bauch der Länge
nach an einander liegend und gemeinſchaftlich nur eine Maſſe bildend, träge und unbeweglich liegen
blieben. Ein gemeinſchaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band umſchloß
beide Fiſche ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge ſo genau, daß keiner im Stande war, ſich von
dem anderen zu trennen, und dieſe Verbindung blieb ſelbſt nach meiner harten Behandlung noch feſt
und unverändert zurück. Die Bauchflächen beider Fiſche waren durch dieſes Band ſo platt gegen
einander gedrückt, daß die weichen Körper zuſammen faſt eine eylindriſche Geſtalt hatten, und das
ringförmige Band war durch die Fiſchkörper ſo ſtark vollgefüllt und dadurch ſo geſpannt, daß es
ſichtbar in die Maſſe der weichen Körper einſchnitt, und der Durchmeſſer des gemeinſchaftlich
gebildeten Cylinders an dieſer Stelle etwas kleiner war als über und unter dem Bande.

„Nachdem ich dieſe mir ſo äußerſt auffallende Erſcheinung hinlänglich bewundert und durch
Umwälzung des gemeinſchaftlich gebildeten Körpers von allen Seiten betrachtet hatte, verſuchte ich,
mit einem kleinen, hölzernen Stäbchen, welches ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieſes
vereinigende Band über die Körper beider Fiſche rückwärts nach dem dünneren Schwanzende zu
hinabzuſtreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu ſetzen, und vorzüglich, um die
Beſchaffenheit dieſes räthſelhaften Bandes genauer zu unterſuchen. Jch bemerkte bei dieſem Verſuche
ſogleich, daß das, ſowohl nach Beſchaffenheit der Farbe, als nach ſeiner Weichheit, Schlüpfrigkeit ꝛc.
mit der Oberfläche beider Fiſche genau übereinſtimmende Band, mit keinem der beiden eingeſchloſſenen
Fiſchkörper verwachſen zu ſein ſchien, und daß die beabſichtigte Löſung deſſelben, bei der Weichheit
der Fiſchkörper und der Ausdehnbarkeit des Bandes ſelbſt, nicht mit zu großen Schwierigkeiten
verbunden ſein würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem Stäbchen und ein Paar
Fingern der einen und der andern Hand zugleich an dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes
und dem gemeinſchaftlichen Körper der Fiſche vorſichtig gearbeitet hatte, daſſelbe aus ſeiner Stelle zu
verſchieben und es nach Wunſch und unzerriſſen rückwärts hinabzuſtreifen.

„Jndem durch die Löſung des Bandes die Verbindung beider Fiſchkörper aufgehoben worden,
fielen beide ſelbſt von einander, ſodaß ich nun die beiden, ſich vorhin deckenden Bauchflächen derſelben
anſichtig wurde. Jch hatte alſo jetzt zwei abgeſonderte Fiſche und jenes häutige, ringförmige Band
als eine dreifache Beute vor mir liegen.

„Jndem ſich die beiden Bauchflächen dieſer Fiſche beim Löſen des Bandes von einander trennten,
fiel mir der Umſtand beſonders auf, daß ihre beiderſeitigen Geſchlechtsöffnungen eine ſolche gegen-
ſeitige Lage zeigten, daß die Oeffnung des einen Fiſches auf die des andern während dem verbundenen

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[603/0639] Trüſche. Schrecken aller kleineren Fiſche, Junge der eigenen Art nicht ausgenommen. Jn Behältern freſſen die Gefangenen, wenn man ihnen nicht genug Nahrung gibt, einander ſelbſt auf, und die ſtärkſte von ihnen jede ſchwächere, welche ſie irgendwie zu bezwingen im Stande iſt. „Eine Magd“, erzählt Schinz, „welche aus dem Behälter Quappen holen ſollte, kehrte voll Beſtürzung zurück und berichtete, es habe ſich ein wahres Wunderthier eingefunden: eine Quappe ohne Kopf, aber mit zwei Schwänzen. Als man nachſah, entdeckte man, daß die eine Quappe die andere halb verſchluckt hatte.“ Die Jungen nähren ſich hauptſächlich von Fiſchlaich und Würmern. Als Laichzeit werden die Monate November bis März angegeben; wahrſcheinlich alſo findet die Fortpflanzung, je nach der Oertlichkeit und Witterung zu verſchiedenen Jahreszeiten ſtatt. So ungeſellig dieſe Fiſche ſonſt ſind, zur Laichzeit verſammeln ſie ſich ſchaarenweiſe, öfters bis gegen hundert Stück, und bilden dann, indem ſie ſich aalähnlich unter einander winden, einen Knäuel nach Art der ſich begattenden Schlangen. Möglicherweiſe währt die Begattung unverhältnißmäßig lange Zeit; es liegt wenigſtens eine Beobachtung vor, welche hierauf hinzudeuten ſcheint. Dieſe Beobachtung rührt von Steinbuch her, iſt aber bis jetzt faſt ganz unbeachtet geblieben und erſt durch Siebold zu allgemeiner Kunde gebracht worden. Steinbuch erzählt, daß er einſtmals in der Brinz bei Heiden- heim mit dem Zweizack nach einer Rutte geſtochen, aber ſtatt eines, zwei Fiſche mit ſeinem Werkzeuge durchbohrt habe. „Beide, von dem Zweizack abgelöſte Fiſche“, ſagt er wörtlich, „hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo ſie Kopf an Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach an einander liegend und gemeinſchaftlich nur eine Maſſe bildend, träge und unbeweglich liegen blieben. Ein gemeinſchaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band umſchloß beide Fiſche ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge ſo genau, daß keiner im Stande war, ſich von dem anderen zu trennen, und dieſe Verbindung blieb ſelbſt nach meiner harten Behandlung noch feſt und unverändert zurück. Die Bauchflächen beider Fiſche waren durch dieſes Band ſo platt gegen einander gedrückt, daß die weichen Körper zuſammen faſt eine eylindriſche Geſtalt hatten, und das ringförmige Band war durch die Fiſchkörper ſo ſtark vollgefüllt und dadurch ſo geſpannt, daß es ſichtbar in die Maſſe der weichen Körper einſchnitt, und der Durchmeſſer des gemeinſchaftlich gebildeten Cylinders an dieſer Stelle etwas kleiner war als über und unter dem Bande. „Nachdem ich dieſe mir ſo äußerſt auffallende Erſcheinung hinlänglich bewundert und durch Umwälzung des gemeinſchaftlich gebildeten Körpers von allen Seiten betrachtet hatte, verſuchte ich, mit einem kleinen, hölzernen Stäbchen, welches ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieſes vereinigende Band über die Körper beider Fiſche rückwärts nach dem dünneren Schwanzende zu hinabzuſtreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu ſetzen, und vorzüglich, um die Beſchaffenheit dieſes räthſelhaften Bandes genauer zu unterſuchen. Jch bemerkte bei dieſem Verſuche ſogleich, daß das, ſowohl nach Beſchaffenheit der Farbe, als nach ſeiner Weichheit, Schlüpfrigkeit ꝛc. mit der Oberfläche beider Fiſche genau übereinſtimmende Band, mit keinem der beiden eingeſchloſſenen Fiſchkörper verwachſen zu ſein ſchien, und daß die beabſichtigte Löſung deſſelben, bei der Weichheit der Fiſchkörper und der Ausdehnbarkeit des Bandes ſelbſt, nicht mit zu großen Schwierigkeiten verbunden ſein würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich an dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinſchaftlichen Körper der Fiſche vorſichtig gearbeitet hatte, daſſelbe aus ſeiner Stelle zu verſchieben und es nach Wunſch und unzerriſſen rückwärts hinabzuſtreifen. „Jndem durch die Löſung des Bandes die Verbindung beider Fiſchkörper aufgehoben worden, fielen beide ſelbſt von einander, ſodaß ich nun die beiden, ſich vorhin deckenden Bauchflächen derſelben anſichtig wurde. Jch hatte alſo jetzt zwei abgeſonderte Fiſche und jenes häutige, ringförmige Band als eine dreifache Beute vor mir liegen. „Jndem ſich die beiden Bauchflächen dieſer Fiſche beim Löſen des Bandes von einander trennten, fiel mir der Umſtand beſonders auf, daß ihre beiderſeitigen Geſchlechtsöffnungen eine ſolche gegen- ſeitige Lage zeigten, daß die Oeffnung des einen Fiſches auf die des andern während dem verbundenen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/639>, abgerufen am 17.06.2024.