Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite
Schwarzgrundel. Flußgrundel. Schlammspringer. Seehase.

Jn Ostindien leben Grundeln, welche vermöge des Baues ihrer Kiemen noch länger außer dem
Wasser leben können als die Verwandten, dementsprechend fast den größten Theil des Tages in
feuchtem Schlamm verbringen und hier in sonderbarer Weise sich bewegen. Man nennt sie
Schlammgrundeln (Periophthalmus). Jhre Brustflossen sind sehr lang, sozusagen armförmig
und beschuppt, die Bauchflossen verwachsen, die Kopfseiten beschuppt. Die ziemlich weit von einander
gestellten Augen lassen sich durch ein unteres Lid bedecken. Die Kiemen bilden nur eine Ritze.

Als Vertreter der Sippe mag der Schlammspringer (Periophthalmus Schlosseri) erwähnt
sein. Seine Länge beträgt 81/2 bis 9 Zoll; die Färbung ist ein sehr gleichmäßiges, nur am Bauche
ins Gelbliche übergehendes Schwarzgrau. Jn der ersten Rückenflosse finden sich 8, in der zweiten 13,
in der Brustflosse 16, in der Bauchflosse 6, in der Afterflosse 12, in der Schwanzflosse 19 Strahlen.

Wenn irgend ein Fisch den Namen Baumsteiger verdient, so ist es der Schlammspringer;
denn seine Brustflossen scheinen ganz darnach gebaut zu sein, ihm ein Klettern zu ermöglichen. Sie
sind eher Füße als Flossen, werden auch vollständig als solche gebraucht. Alle Schlammgrundeln
bewohnen, ihrem Namen entsprechend, schlammige Küsten und Sümpfe Ostindiens, die beschriebene
Art solche der Jnsel Celebes. Vom Meere aus schwimmen sie in den Flüssen empor. Jhre Jagd
betreiben sie weniger im Wasser als auf dem Lande. Sie leben wie Amphibien, liegen meistens
auf dem Schlamme und laufen hier oder am Strande wie Eidechsen davon. Auf ihren Raub schießen
sie laufend mit solcher Schnelligkeit los, daß sie ihn selten verfehlen. Werden sie verfolgt, so fahren
sie wie ein Pfeil über den Schlamm hinweg, bohren sich in ihm ein und verstecken sich auf diese
Weise. Die Nahrung besteht aus kleinen Krebsen und Kerbthieren. Ueber die Fortpflanzung und
die etwaige Benutzung seitens der Eingeborenen wissen wir leider Nichts.



Cuvier trennte die schuppenlosen, grundelartigen Fische, deren Bauchflossen zu einer Scheibe
zusammengewachsen sind, von den Meergrundeln und nannte sie Scheibenbäuche; spätere Forscher
sahen in ihnen nur eine besondere Abtheilung der vorhergehenden Familie: die zwischen beiden Gruppen
obwaltenden Unterschiede scheinen jedoch die Anschauung des erstgenannten Fischkundigen durch-
aus zu rechtfertigen. Außer der absonderlichen Bildung gedachter Flossen, haben die Scheiben-
bäuche (Discoboli) auch in den großen, gleichsam verbundenen Brustflossen, der mehr oder
weniger verkümmerten, selbst gänzlich fehlenden Rückenflosse und der Bildung der Kiemenhautstrahlen
eigenthümliche Merkmale.

Jn der Lebensweise stimmen die Scheibenbäuche in vieler Hinsicht mit den Grundeln überein,
halten sich wie letztere fast nur auf felsigem Grunde auf, saugen sich hier vermittels ihrer Scheibe
fest, verweilen tagelang in dieser Lage und lassen sich höchstens durch eine sich ihnen nähernde Beute
bewegen, den Grund zu verlassen. Mehrere Arten bekunden eine ähnliche Sorge für ihre Brut wie
die Grundeln. Das Fleisch wird nirgends geschätzt, obgleich das der meisten Arten gar nicht
übel sein soll.



Obenan stellt man die Lumpfische (Cyelopterus), vierschrötige, sonderbar gestaltete Thiere mit
einer großen, auf beiden Seiten gespalteten Scheibe, welche durch die Strahlen der um das Becken
herum befestigten Bauchflossen gebildet wird, kurzer Rücken- und Afterflosse, weitem Maule, einem
aus kleinen, spitzen Zähnchen bestehenden, Kinnladen- und Schlundknochen bewehrenden Gebiß,
kleinen Kiemendeckeln, klebriger mit vielen Knoten besetzter Haut und fast knorpelichem Geripp.

Der bekannteste Vertreter dieser Sippe ist der Seehase (Cyclopterus lumpus), ein Fisch von
etwa 2 Fuß Länge, 7 bis 8 Pfund Gewicht und schwarzgraulicher, nach unten gelblicher, übrigens

Schwarzgrundel. Flußgrundel. Schlammſpringer. Seehaſe.

Jn Oſtindien leben Grundeln, welche vermöge des Baues ihrer Kiemen noch länger außer dem
Waſſer leben können als die Verwandten, dementſprechend faſt den größten Theil des Tages in
feuchtem Schlamm verbringen und hier in ſonderbarer Weiſe ſich bewegen. Man nennt ſie
Schlammgrundeln (Periophthalmus). Jhre Bruſtfloſſen ſind ſehr lang, ſozuſagen armförmig
und beſchuppt, die Bauchfloſſen verwachſen, die Kopfſeiten beſchuppt. Die ziemlich weit von einander
geſtellten Augen laſſen ſich durch ein unteres Lid bedecken. Die Kiemen bilden nur eine Ritze.

Als Vertreter der Sippe mag der Schlammſpringer (Periophthalmus Schlosseri) erwähnt
ſein. Seine Länge beträgt 8½ bis 9 Zoll; die Färbung iſt ein ſehr gleichmäßiges, nur am Bauche
ins Gelbliche übergehendes Schwarzgrau. Jn der erſten Rückenfloſſe finden ſich 8, in der zweiten 13,
in der Bruſtfloſſe 16, in der Bauchfloſſe 6, in der Afterfloſſe 12, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen.

Wenn irgend ein Fiſch den Namen Baumſteiger verdient, ſo iſt es der Schlammſpringer;
denn ſeine Bruſtfloſſen ſcheinen ganz darnach gebaut zu ſein, ihm ein Klettern zu ermöglichen. Sie
ſind eher Füße als Floſſen, werden auch vollſtändig als ſolche gebraucht. Alle Schlammgrundeln
bewohnen, ihrem Namen entſprechend, ſchlammige Küſten und Sümpfe Oſtindiens, die beſchriebene
Art ſolche der Jnſel Celebes. Vom Meere aus ſchwimmen ſie in den Flüſſen empor. Jhre Jagd
betreiben ſie weniger im Waſſer als auf dem Lande. Sie leben wie Amphibien, liegen meiſtens
auf dem Schlamme und laufen hier oder am Strande wie Eidechſen davon. Auf ihren Raub ſchießen
ſie laufend mit ſolcher Schnelligkeit los, daß ſie ihn ſelten verfehlen. Werden ſie verfolgt, ſo fahren
ſie wie ein Pfeil über den Schlamm hinweg, bohren ſich in ihm ein und verſtecken ſich auf dieſe
Weiſe. Die Nahrung beſteht aus kleinen Krebſen und Kerbthieren. Ueber die Fortpflanzung und
die etwaige Benutzung ſeitens der Eingeborenen wiſſen wir leider Nichts.



Cuvier trennte die ſchuppenloſen, grundelartigen Fiſche, deren Bauchfloſſen zu einer Scheibe
zuſammengewachſen ſind, von den Meergrundeln und nannte ſie Scheibenbäuche; ſpätere Forſcher
ſahen in ihnen nur eine beſondere Abtheilung der vorhergehenden Familie: die zwiſchen beiden Gruppen
obwaltenden Unterſchiede ſcheinen jedoch die Anſchauung des erſtgenannten Fiſchkundigen durch-
aus zu rechtfertigen. Außer der abſonderlichen Bildung gedachter Floſſen, haben die Scheiben-
bäuche (Discoboli) auch in den großen, gleichſam verbundenen Bruſtfloſſen, der mehr oder
weniger verkümmerten, ſelbſt gänzlich fehlenden Rückenfloſſe und der Bildung der Kiemenhautſtrahlen
eigenthümliche Merkmale.

Jn der Lebensweiſe ſtimmen die Scheibenbäuche in vieler Hinſicht mit den Grundeln überein,
halten ſich wie letztere faſt nur auf felſigem Grunde auf, ſaugen ſich hier vermittels ihrer Scheibe
feſt, verweilen tagelang in dieſer Lage und laſſen ſich höchſtens durch eine ſich ihnen nähernde Beute
bewegen, den Grund zu verlaſſen. Mehrere Arten bekunden eine ähnliche Sorge für ihre Brut wie
die Grundeln. Das Fleiſch wird nirgends geſchätzt, obgleich das der meiſten Arten gar nicht
übel ſein ſoll.



Obenan ſtellt man die Lumpfiſche (Cyelopterus), vierſchrötige, ſonderbar geſtaltete Thiere mit
einer großen, auf beiden Seiten geſpalteten Scheibe, welche durch die Strahlen der um das Becken
herum befeſtigten Bauchfloſſen gebildet wird, kurzer Rücken- und Afterfloſſe, weitem Maule, einem
aus kleinen, ſpitzen Zähnchen beſtehenden, Kinnladen- und Schlundknochen bewehrenden Gebiß,
kleinen Kiemendeckeln, klebriger mit vielen Knoten beſetzter Haut und faſt knorpelichem Geripp.

Der bekannteſte Vertreter dieſer Sippe iſt der Seehaſe (Cyclopterus lumpus), ein Fiſch von
etwa 2 Fuß Länge, 7 bis 8 Pfund Gewicht und ſchwarzgraulicher, nach unten gelblicher, übrigens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0609" n="573"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Schwarzgrundel. Flußgrundel. Schlamm&#x017F;pringer. Seeha&#x017F;e.</hi> </fw><lb/>
            <p>Jn O&#x017F;tindien leben Grundeln, welche vermöge des Baues ihrer Kiemen noch länger außer dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er leben können als die Verwandten, dement&#x017F;prechend fa&#x017F;t den größten Theil des Tages in<lb/>
feuchtem Schlamm verbringen und hier in &#x017F;onderbarer Wei&#x017F;e &#x017F;ich bewegen. Man nennt &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#g">Schlammgrundeln</hi> (<hi rendition="#aq">Periophthalmus</hi>). Jhre Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind &#x017F;ehr lang, &#x017F;ozu&#x017F;agen armförmig<lb/>
und be&#x017F;chuppt, die Bauchflo&#x017F;&#x017F;en verwach&#x017F;en, die Kopf&#x017F;eiten be&#x017F;chuppt. Die ziemlich weit von einander<lb/>
ge&#x017F;tellten Augen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich durch ein unteres Lid bedecken. Die Kiemen bilden nur eine Ritze.</p><lb/>
            <p>Als Vertreter der Sippe mag der <hi rendition="#g">Schlamm&#x017F;pringer</hi> (<hi rendition="#aq">Periophthalmus Schlosseri</hi>) erwähnt<lb/>
&#x017F;ein. Seine Länge beträgt 8½ bis 9 Zoll; die Färbung i&#x017F;t ein &#x017F;ehr gleichmäßiges, nur am Bauche<lb/>
ins Gelbliche übergehendes Schwarzgrau. Jn der er&#x017F;ten Rückenflo&#x017F;&#x017F;e finden &#x017F;ich 8, in der zweiten 13,<lb/>
in der Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;e 16, in der Bauchflo&#x017F;&#x017F;e 6, in der Afterflo&#x017F;&#x017F;e 12, in der Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e 19 Strahlen.</p><lb/>
            <p>Wenn irgend ein Fi&#x017F;ch den Namen <hi rendition="#g">Baum&#x017F;teiger</hi> verdient, &#x017F;o i&#x017F;t es der Schlamm&#x017F;pringer;<lb/>
denn &#x017F;eine Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;cheinen ganz darnach gebaut zu &#x017F;ein, ihm ein Klettern zu ermöglichen. Sie<lb/>
&#x017F;ind eher Füße als Flo&#x017F;&#x017F;en, werden auch voll&#x017F;tändig als &#x017F;olche gebraucht. Alle Schlammgrundeln<lb/>
bewohnen, ihrem Namen ent&#x017F;prechend, &#x017F;chlammige Kü&#x017F;ten und Sümpfe O&#x017F;tindiens, die be&#x017F;chriebene<lb/>
Art &#x017F;olche der Jn&#x017F;el Celebes. Vom Meere aus &#x017F;chwimmen &#x017F;ie in den Flü&#x017F;&#x017F;en empor. Jhre Jagd<lb/>
betreiben &#x017F;ie weniger im Wa&#x017F;&#x017F;er als auf dem Lande. Sie leben wie Amphibien, liegen mei&#x017F;tens<lb/>
auf dem Schlamme und laufen hier oder am Strande wie Eidech&#x017F;en davon. Auf ihren Raub &#x017F;chießen<lb/>
&#x017F;ie laufend mit &#x017F;olcher Schnelligkeit los, daß &#x017F;ie ihn &#x017F;elten verfehlen. Werden &#x017F;ie verfolgt, &#x017F;o fahren<lb/>
&#x017F;ie wie ein Pfeil über den Schlamm hinweg, bohren &#x017F;ich in ihm ein und ver&#x017F;tecken &#x017F;ich auf die&#x017F;e<lb/>
Wei&#x017F;e. Die Nahrung be&#x017F;teht aus kleinen Kreb&#x017F;en und Kerbthieren. Ueber die Fortpflanzung und<lb/>
die etwaige Benutzung &#x017F;eitens der Eingeborenen wi&#x017F;&#x017F;en wir leider Nichts.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Cuvier</hi> trennte die &#x017F;chuppenlo&#x017F;en, grundelartigen Fi&#x017F;che, deren Bauchflo&#x017F;&#x017F;en zu einer Scheibe<lb/>
zu&#x017F;ammengewach&#x017F;en &#x017F;ind, von den Meergrundeln und nannte &#x017F;ie <hi rendition="#g">Scheibenbäuche;</hi> &#x017F;pätere For&#x017F;cher<lb/>
&#x017F;ahen in ihnen nur eine be&#x017F;ondere Abtheilung der vorhergehenden Familie: die zwi&#x017F;chen beiden Gruppen<lb/>
obwaltenden Unter&#x017F;chiede &#x017F;cheinen jedoch die An&#x017F;chauung des er&#x017F;tgenannten Fi&#x017F;chkundigen durch-<lb/>
aus zu rechtfertigen. Außer der ab&#x017F;onderlichen Bildung gedachter Flo&#x017F;&#x017F;en, haben die Scheiben-<lb/>
bäuche (<hi rendition="#aq">Discoboli</hi>) auch in den großen, gleich&#x017F;am verbundenen Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;en, der mehr oder<lb/>
weniger verkümmerten, &#x017F;elb&#x017F;t gänzlich fehlenden Rückenflo&#x017F;&#x017F;e und der Bildung der Kiemenhaut&#x017F;trahlen<lb/>
eigenthümliche Merkmale.</p><lb/>
            <p>Jn der Lebenswei&#x017F;e &#x017F;timmen die Scheibenbäuche in vieler Hin&#x017F;icht mit den Grundeln überein,<lb/>
halten &#x017F;ich wie letztere fa&#x017F;t nur auf fel&#x017F;igem Grunde auf, &#x017F;augen &#x017F;ich hier vermittels ihrer Scheibe<lb/>
fe&#x017F;t, verweilen tagelang in die&#x017F;er Lage und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich höch&#x017F;tens durch eine &#x017F;ich ihnen nähernde Beute<lb/>
bewegen, den Grund zu verla&#x017F;&#x017F;en. Mehrere Arten bekunden eine ähnliche Sorge für ihre Brut wie<lb/>
die Grundeln. Das Flei&#x017F;ch wird nirgends ge&#x017F;chätzt, obgleich das der mei&#x017F;ten Arten gar nicht<lb/>
übel &#x017F;ein &#x017F;oll.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Obenan &#x017F;tellt man die <hi rendition="#g">Lumpfi&#x017F;che</hi> (<hi rendition="#aq">Cyelopterus</hi>), vier&#x017F;chrötige, &#x017F;onderbar ge&#x017F;taltete Thiere mit<lb/>
einer großen, auf beiden Seiten ge&#x017F;palteten Scheibe, welche durch die Strahlen der um das Becken<lb/>
herum befe&#x017F;tigten Bauchflo&#x017F;&#x017F;en gebildet wird, kurzer Rücken- und Afterflo&#x017F;&#x017F;e, weitem Maule, einem<lb/>
aus kleinen, &#x017F;pitzen Zähnchen be&#x017F;tehenden, Kinnladen- und Schlundknochen bewehrenden Gebiß,<lb/>
kleinen Kiemendeckeln, klebriger mit vielen Knoten be&#x017F;etzter Haut und fa&#x017F;t knorpelichem Geripp.</p><lb/>
            <p>Der bekannte&#x017F;te Vertreter die&#x017F;er Sippe i&#x017F;t der <hi rendition="#g">Seeha&#x017F;e</hi> (<hi rendition="#aq">Cyclopterus lumpus</hi>), ein Fi&#x017F;ch von<lb/>
etwa 2 Fuß Länge, 7 bis 8 Pfund Gewicht und &#x017F;chwarzgraulicher, nach unten gelblicher, übrigens<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[573/0609] Schwarzgrundel. Flußgrundel. Schlammſpringer. Seehaſe. Jn Oſtindien leben Grundeln, welche vermöge des Baues ihrer Kiemen noch länger außer dem Waſſer leben können als die Verwandten, dementſprechend faſt den größten Theil des Tages in feuchtem Schlamm verbringen und hier in ſonderbarer Weiſe ſich bewegen. Man nennt ſie Schlammgrundeln (Periophthalmus). Jhre Bruſtfloſſen ſind ſehr lang, ſozuſagen armförmig und beſchuppt, die Bauchfloſſen verwachſen, die Kopfſeiten beſchuppt. Die ziemlich weit von einander geſtellten Augen laſſen ſich durch ein unteres Lid bedecken. Die Kiemen bilden nur eine Ritze. Als Vertreter der Sippe mag der Schlammſpringer (Periophthalmus Schlosseri) erwähnt ſein. Seine Länge beträgt 8½ bis 9 Zoll; die Färbung iſt ein ſehr gleichmäßiges, nur am Bauche ins Gelbliche übergehendes Schwarzgrau. Jn der erſten Rückenfloſſe finden ſich 8, in der zweiten 13, in der Bruſtfloſſe 16, in der Bauchfloſſe 6, in der Afterfloſſe 12, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen. Wenn irgend ein Fiſch den Namen Baumſteiger verdient, ſo iſt es der Schlammſpringer; denn ſeine Bruſtfloſſen ſcheinen ganz darnach gebaut zu ſein, ihm ein Klettern zu ermöglichen. Sie ſind eher Füße als Floſſen, werden auch vollſtändig als ſolche gebraucht. Alle Schlammgrundeln bewohnen, ihrem Namen entſprechend, ſchlammige Küſten und Sümpfe Oſtindiens, die beſchriebene Art ſolche der Jnſel Celebes. Vom Meere aus ſchwimmen ſie in den Flüſſen empor. Jhre Jagd betreiben ſie weniger im Waſſer als auf dem Lande. Sie leben wie Amphibien, liegen meiſtens auf dem Schlamme und laufen hier oder am Strande wie Eidechſen davon. Auf ihren Raub ſchießen ſie laufend mit ſolcher Schnelligkeit los, daß ſie ihn ſelten verfehlen. Werden ſie verfolgt, ſo fahren ſie wie ein Pfeil über den Schlamm hinweg, bohren ſich in ihm ein und verſtecken ſich auf dieſe Weiſe. Die Nahrung beſteht aus kleinen Krebſen und Kerbthieren. Ueber die Fortpflanzung und die etwaige Benutzung ſeitens der Eingeborenen wiſſen wir leider Nichts. Cuvier trennte die ſchuppenloſen, grundelartigen Fiſche, deren Bauchfloſſen zu einer Scheibe zuſammengewachſen ſind, von den Meergrundeln und nannte ſie Scheibenbäuche; ſpätere Forſcher ſahen in ihnen nur eine beſondere Abtheilung der vorhergehenden Familie: die zwiſchen beiden Gruppen obwaltenden Unterſchiede ſcheinen jedoch die Anſchauung des erſtgenannten Fiſchkundigen durch- aus zu rechtfertigen. Außer der abſonderlichen Bildung gedachter Floſſen, haben die Scheiben- bäuche (Discoboli) auch in den großen, gleichſam verbundenen Bruſtfloſſen, der mehr oder weniger verkümmerten, ſelbſt gänzlich fehlenden Rückenfloſſe und der Bildung der Kiemenhautſtrahlen eigenthümliche Merkmale. Jn der Lebensweiſe ſtimmen die Scheibenbäuche in vieler Hinſicht mit den Grundeln überein, halten ſich wie letztere faſt nur auf felſigem Grunde auf, ſaugen ſich hier vermittels ihrer Scheibe feſt, verweilen tagelang in dieſer Lage und laſſen ſich höchſtens durch eine ſich ihnen nähernde Beute bewegen, den Grund zu verlaſſen. Mehrere Arten bekunden eine ähnliche Sorge für ihre Brut wie die Grundeln. Das Fleiſch wird nirgends geſchätzt, obgleich das der meiſten Arten gar nicht übel ſein ſoll. Obenan ſtellt man die Lumpfiſche (Cyelopterus), vierſchrötige, ſonderbar geſtaltete Thiere mit einer großen, auf beiden Seiten geſpalteten Scheibe, welche durch die Strahlen der um das Becken herum befeſtigten Bauchfloſſen gebildet wird, kurzer Rücken- und Afterfloſſe, weitem Maule, einem aus kleinen, ſpitzen Zähnchen beſtehenden, Kinnladen- und Schlundknochen bewehrenden Gebiß, kleinen Kiemendeckeln, klebriger mit vielen Knoten beſetzter Haut und faſt knorpelichem Geripp. Der bekannteſte Vertreter dieſer Sippe iſt der Seehaſe (Cyclopterus lumpus), ein Fiſch von etwa 2 Fuß Länge, 7 bis 8 Pfund Gewicht und ſchwarzgraulicher, nach unten gelblicher, übrigens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/609
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/609>, abgerufen am 17.06.2024.