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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Fische. Ein Blick auf das Leben der Gesammtheit.
die Wandungen des Eierstockes, fallen in die Bauchhöhle und werden aus dieser durch eine mittlere
oder zwei seitliche Spaltöffnungen nach außen entleert. Bei den Rundmäulern und Aalen haben
auch die Hoden keinen Ausführungsgang, während dieser bei den Lachsen vorhanden ist. Abweichend
hiervon bildet der Eierstock bei der großen Mehrzahl der Fische einen Sack, auf dessen innerer Fläche
bald Falten, bald vielseitige häutige Vorsprünge sich zeigen, in denen die Eier sich so entwickeln, daß
sie beim Durchbruche nach ihrer Ausbildung in die Höhle des Eierstocksackes fallen. Letzterer ver-
längert sich unmittelbar in den Eileiter, welcher sich bald früher, bald später mit demjenigen der
anderen Seite vereinigt und unmittelbar hinter dem After und einer zwischen diesem und der Harn-
öffnung gelegenen Warze nach außen mündet. Bei einigen Knochenfischen, welche lebendige Junge
gebären, ist das hintere Ende des Eileiters zur Aufnahme der sich entwickelnden Eier erweitert. Bei
mehreren Schmelzschuppern bildet der Eierstock eine für sich abgeschlossene Masse, und der gewöhnlich
lange und gewundene Eierleiter hat jederseits eine weite trompetenförmige Oeffnung in der Bauch-
höhle, in welche die Eier gelangen, um nach außen geführt zu werden. Bei den Quermäulern findet
sich ein paariger oder unpaariger Eierstock, welcher mit den paarigen Eileitern in keiner unmittel-
baren Verbindung steht. Jn jedem derselben zeigt sich eine dicke, wohl ausgebildete Drüse, welche
ohne Zweifel die Hülle der Eier absondert. Weiter unten bildet jeder Eileiter, indem er sich erweitert,
eine Gebärmutter, in welcher sich die Jungen weiter entwickeln, und mündet dann gemeinschaftlich in
die hintere Wand des Mastdarmes. Die Hoden sind bei den meisten Knochenfischen häutige, von
manchfachen Kanälen durchzogene Säcke, sodaß sie fast das Ansehen eines Schwammes erhalten.
Die äußere Mündung ist für beide Samenleiter gemeinschaftlich. Bei den Quermäulern zeigen sich
die männlichen Geschlechtswerkzeuge vervollkommnet, indem bei ihnen die Samenthierchen sich nicht
wie bei jenen in verzweigten Kanälen, sondern in kleinen, von anderen umschlossenen Bläschen
entwickeln, deren Ausführungsgänge einen Nebenhoden zusammensetzen, von welchem aus der
Samenleiter in die Kloake mündet. Auch sind bei ihnen wirkliche Begattungswerkzeuge vorhanden,
zwei lange cylinderische Knorpelanhänge, welche an der Seite der Bauchflossen neben der Schwanz-
wurzel stehen.



Nach den wiederholt ausgesprochenen Grundsätzen können wir die Fische nicht als begabte Thiere
erklären. Jhre Bewegungsfähigkeit beschränkt sich, streng genommen, auf das Schwimmen, ist also
eine sehr einseitige. Mehrere Arten der Seefische können sich über das Wasser erheben und eine
Strecke gleichsam im Fluge zurücklegen; ihr Fliegen ist jedoch eigentlich nichts Anderes, als ein durch
die großen Brustflossen unterstütztes Springen, zu welchem der im Schwimmen genommene Anlauf
den Anstoß gab, die vermeintliche Mehrbegabung also von geringer Bedeutung. Ebenso kennt
man mehrere Arten, welche im Stande sind, auf flüssigem Schlamme vorwärts zu kriechen oder sich
in ihm einzubohren, ebenso einzelne, welche in ähnlicher Weise und unter besonderer Mithilfe ihrer
Flossen auf trockenem Lande sich zu bewegen, sogar schiefe Flächen zu erklimmen vermögen; allein
dieses Kriechen kann ebensowenig mit dem zierlichen Fortgleiten einer Schlange verglichen werden,
wie das durch die Luft Schwirren jener mit dem Fluge der Vögel. Bewegungsfähig erscheinen uns
die Fische nur solange sie im Wasser sind, nur wenn sie schwimmen. Hierin legen sie allerdings
eine sehr große Meisterschaft an den Tag. Man sagt, daß der Lachs in der Sekunde vierundzwanzig
Fuß, in der Stunde über sechsundachtzigtausend Fuß zurücklegen könne, und hat, soweit es die erste
Angabe betrifft, wahrscheinlich nicht übertrieben; denn in der That durchschneidet dieser Fisch die
Wellen fast mit der Schnelligkeit eines Pfeiles. Die gewaltigen Muskeln zu beiden Seiten, welche sich
an das mächtige Ruder, die Schwanzflosse, ansetzen und eine so nachdrückliche Wirkung äußern,
befähigen zu einem erstaunlichen Kraftaufwande und ermöglichen sogar Luftsprünge von beträchtlicher
Höhe, während die übrigen Flossen die Richtung regeln. Jn derselben Weise wie er, obschon minder

Die Fiſche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
die Wandungen des Eierſtockes, fallen in die Bauchhöhle und werden aus dieſer durch eine mittlere
oder zwei ſeitliche Spaltöffnungen nach außen entleert. Bei den Rundmäulern und Aalen haben
auch die Hoden keinen Ausführungsgang, während dieſer bei den Lachſen vorhanden iſt. Abweichend
hiervon bildet der Eierſtock bei der großen Mehrzahl der Fiſche einen Sack, auf deſſen innerer Fläche
bald Falten, bald vielſeitige häutige Vorſprünge ſich zeigen, in denen die Eier ſich ſo entwickeln, daß
ſie beim Durchbruche nach ihrer Ausbildung in die Höhle des Eierſtockſackes fallen. Letzterer ver-
längert ſich unmittelbar in den Eileiter, welcher ſich bald früher, bald ſpäter mit demjenigen der
anderen Seite vereinigt und unmittelbar hinter dem After und einer zwiſchen dieſem und der Harn-
öffnung gelegenen Warze nach außen mündet. Bei einigen Knochenfiſchen, welche lebendige Junge
gebären, iſt das hintere Ende des Eileiters zur Aufnahme der ſich entwickelnden Eier erweitert. Bei
mehreren Schmelzſchuppern bildet der Eierſtock eine für ſich abgeſchloſſene Maſſe, und der gewöhnlich
lange und gewundene Eierleiter hat jederſeits eine weite trompetenförmige Oeffnung in der Bauch-
höhle, in welche die Eier gelangen, um nach außen geführt zu werden. Bei den Quermäulern findet
ſich ein paariger oder unpaariger Eierſtock, welcher mit den paarigen Eileitern in keiner unmittel-
baren Verbindung ſteht. Jn jedem derſelben zeigt ſich eine dicke, wohl ausgebildete Drüſe, welche
ohne Zweifel die Hülle der Eier abſondert. Weiter unten bildet jeder Eileiter, indem er ſich erweitert,
eine Gebärmutter, in welcher ſich die Jungen weiter entwickeln, und mündet dann gemeinſchaftlich in
die hintere Wand des Maſtdarmes. Die Hoden ſind bei den meiſten Knochenfiſchen häutige, von
manchfachen Kanälen durchzogene Säcke, ſodaß ſie faſt das Anſehen eines Schwammes erhalten.
Die äußere Mündung iſt für beide Samenleiter gemeinſchaftlich. Bei den Quermäulern zeigen ſich
die männlichen Geſchlechtswerkzeuge vervollkommnet, indem bei ihnen die Samenthierchen ſich nicht
wie bei jenen in verzweigten Kanälen, ſondern in kleinen, von anderen umſchloſſenen Bläschen
entwickeln, deren Ausführungsgänge einen Nebenhoden zuſammenſetzen, von welchem aus der
Samenleiter in die Kloake mündet. Auch ſind bei ihnen wirkliche Begattungswerkzeuge vorhanden,
zwei lange cylinderiſche Knorpelanhänge, welche an der Seite der Bauchfloſſen neben der Schwanz-
wurzel ſtehen.



Nach den wiederholt ausgeſprochenen Grundſätzen können wir die Fiſche nicht als begabte Thiere
erklären. Jhre Bewegungsfähigkeit beſchränkt ſich, ſtreng genommen, auf das Schwimmen, iſt alſo
eine ſehr einſeitige. Mehrere Arten der Seefiſche können ſich über das Waſſer erheben und eine
Strecke gleichſam im Fluge zurücklegen; ihr Fliegen iſt jedoch eigentlich nichts Anderes, als ein durch
die großen Bruſtfloſſen unterſtütztes Springen, zu welchem der im Schwimmen genommene Anlauf
den Anſtoß gab, die vermeintliche Mehrbegabung alſo von geringer Bedeutung. Ebenſo kennt
man mehrere Arten, welche im Stande ſind, auf flüſſigem Schlamme vorwärts zu kriechen oder ſich
in ihm einzubohren, ebenſo einzelne, welche in ähnlicher Weiſe und unter beſonderer Mithilfe ihrer
Floſſen auf trockenem Lande ſich zu bewegen, ſogar ſchiefe Flächen zu erklimmen vermögen; allein
dieſes Kriechen kann ebenſowenig mit dem zierlichen Fortgleiten einer Schlange verglichen werden,
wie das durch die Luft Schwirren jener mit dem Fluge der Vögel. Bewegungsfähig erſcheinen uns
die Fiſche nur ſolange ſie im Waſſer ſind, nur wenn ſie ſchwimmen. Hierin legen ſie allerdings
eine ſehr große Meiſterſchaft an den Tag. Man ſagt, daß der Lachs in der Sekunde vierundzwanzig
Fuß, in der Stunde über ſechsundachtzigtauſend Fuß zurücklegen könne, und hat, ſoweit es die erſte
Angabe betrifft, wahrſcheinlich nicht übertrieben; denn in der That durchſchneidet dieſer Fiſch die
Wellen faſt mit der Schnelligkeit eines Pfeiles. Die gewaltigen Muskeln zu beiden Seiten, welche ſich
an das mächtige Ruder, die Schwanzfloſſe, anſetzen und eine ſo nachdrückliche Wirkung äußern,
befähigen zu einem erſtaunlichen Kraftaufwande und ermöglichen ſogar Luftſprünge von beträchtlicher
Höhe, während die übrigen Floſſen die Richtung regeln. Jn derſelben Weiſe wie er, obſchon minder

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[454/0484] Die Fiſche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit. die Wandungen des Eierſtockes, fallen in die Bauchhöhle und werden aus dieſer durch eine mittlere oder zwei ſeitliche Spaltöffnungen nach außen entleert. Bei den Rundmäulern und Aalen haben auch die Hoden keinen Ausführungsgang, während dieſer bei den Lachſen vorhanden iſt. Abweichend hiervon bildet der Eierſtock bei der großen Mehrzahl der Fiſche einen Sack, auf deſſen innerer Fläche bald Falten, bald vielſeitige häutige Vorſprünge ſich zeigen, in denen die Eier ſich ſo entwickeln, daß ſie beim Durchbruche nach ihrer Ausbildung in die Höhle des Eierſtockſackes fallen. Letzterer ver- längert ſich unmittelbar in den Eileiter, welcher ſich bald früher, bald ſpäter mit demjenigen der anderen Seite vereinigt und unmittelbar hinter dem After und einer zwiſchen dieſem und der Harn- öffnung gelegenen Warze nach außen mündet. Bei einigen Knochenfiſchen, welche lebendige Junge gebären, iſt das hintere Ende des Eileiters zur Aufnahme der ſich entwickelnden Eier erweitert. Bei mehreren Schmelzſchuppern bildet der Eierſtock eine für ſich abgeſchloſſene Maſſe, und der gewöhnlich lange und gewundene Eierleiter hat jederſeits eine weite trompetenförmige Oeffnung in der Bauch- höhle, in welche die Eier gelangen, um nach außen geführt zu werden. Bei den Quermäulern findet ſich ein paariger oder unpaariger Eierſtock, welcher mit den paarigen Eileitern in keiner unmittel- baren Verbindung ſteht. Jn jedem derſelben zeigt ſich eine dicke, wohl ausgebildete Drüſe, welche ohne Zweifel die Hülle der Eier abſondert. Weiter unten bildet jeder Eileiter, indem er ſich erweitert, eine Gebärmutter, in welcher ſich die Jungen weiter entwickeln, und mündet dann gemeinſchaftlich in die hintere Wand des Maſtdarmes. Die Hoden ſind bei den meiſten Knochenfiſchen häutige, von manchfachen Kanälen durchzogene Säcke, ſodaß ſie faſt das Anſehen eines Schwammes erhalten. Die äußere Mündung iſt für beide Samenleiter gemeinſchaftlich. Bei den Quermäulern zeigen ſich die männlichen Geſchlechtswerkzeuge vervollkommnet, indem bei ihnen die Samenthierchen ſich nicht wie bei jenen in verzweigten Kanälen, ſondern in kleinen, von anderen umſchloſſenen Bläschen entwickeln, deren Ausführungsgänge einen Nebenhoden zuſammenſetzen, von welchem aus der Samenleiter in die Kloake mündet. Auch ſind bei ihnen wirkliche Begattungswerkzeuge vorhanden, zwei lange cylinderiſche Knorpelanhänge, welche an der Seite der Bauchfloſſen neben der Schwanz- wurzel ſtehen. Nach den wiederholt ausgeſprochenen Grundſätzen können wir die Fiſche nicht als begabte Thiere erklären. Jhre Bewegungsfähigkeit beſchränkt ſich, ſtreng genommen, auf das Schwimmen, iſt alſo eine ſehr einſeitige. Mehrere Arten der Seefiſche können ſich über das Waſſer erheben und eine Strecke gleichſam im Fluge zurücklegen; ihr Fliegen iſt jedoch eigentlich nichts Anderes, als ein durch die großen Bruſtfloſſen unterſtütztes Springen, zu welchem der im Schwimmen genommene Anlauf den Anſtoß gab, die vermeintliche Mehrbegabung alſo von geringer Bedeutung. Ebenſo kennt man mehrere Arten, welche im Stande ſind, auf flüſſigem Schlamme vorwärts zu kriechen oder ſich in ihm einzubohren, ebenſo einzelne, welche in ähnlicher Weiſe und unter beſonderer Mithilfe ihrer Floſſen auf trockenem Lande ſich zu bewegen, ſogar ſchiefe Flächen zu erklimmen vermögen; allein dieſes Kriechen kann ebenſowenig mit dem zierlichen Fortgleiten einer Schlange verglichen werden, wie das durch die Luft Schwirren jener mit dem Fluge der Vögel. Bewegungsfähig erſcheinen uns die Fiſche nur ſolange ſie im Waſſer ſind, nur wenn ſie ſchwimmen. Hierin legen ſie allerdings eine ſehr große Meiſterſchaft an den Tag. Man ſagt, daß der Lachs in der Sekunde vierundzwanzig Fuß, in der Stunde über ſechsundachtzigtauſend Fuß zurücklegen könne, und hat, ſoweit es die erſte Angabe betrifft, wahrſcheinlich nicht übertrieben; denn in der That durchſchneidet dieſer Fiſch die Wellen faſt mit der Schnelligkeit eines Pfeiles. Die gewaltigen Muskeln zu beiden Seiten, welche ſich an das mächtige Ruder, die Schwanzfloſſe, anſetzen und eine ſo nachdrückliche Wirkung äußern, befähigen zu einem erſtaunlichen Kraftaufwande und ermöglichen ſogar Luftſprünge von beträchtlicher Höhe, während die übrigen Floſſen die Richtung regeln. Jn derſelben Weiſe wie er, obſchon minder

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/484>, abgerufen am 23.12.2024.