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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schwanzlurche. Salamander.
welchem der Schwanz als das hauptsächlichste Werkzeug zur Fortbewegung angesehen werden muß. Alle
höheren Fähigkeiten erscheinen unbedeutend, die Sinne ziemlich stumpf, die geistigen Begabungen äußerst
gering. Obwohl er häufig mit anderen seiner Art vereinigt gefunden wird, kann man ihm doch kaum
einen Hang zur Geselligkeit zusprechen; der eine bekümmert sich auch in der That kaum um den
anderen, und der stärkere fällt, wenn er Hunger hat, ohne Bedenken über den schwächeren her, um
ihn aufzufressen. Nur während der Begattungszeit suchen sich die verschiedenen Geschlechter wirklich
auf; sobald sie aber ihrem Triebe genügt haben, endet jegliche Verbindung, und nur die schützende
Oertlichkeit, eine brauchbare Höhlung z. B. bringt die einzelnen wieder zusammen. Langsam sich
bewegende Thiere, vorzugsweise Schnecken, Regenwürmer und Kerfe, unter Umständen aber auch
kleine Wirbelthiere bilden die Nahrung. Von ihr wird zuweilen eine große Menge verbraucht,
dagegen aber auch zu anderen Zeiten wochen- und monatelang gefastet.

Hinsichtlich der Fortpflanzung der Erdsalamander sind wir noch heutigentages nicht vollständig
im Klaren. Die Paarung geschieht, wie bereits angegeben, im Wasser; eine eigentliche Begattung
aber findet nicht statt, und die Angabe einzelner Forscher, daß sich männliche und weibliche Sala-
mander mit den während der Begattungszeit geschwollenen Rändern ihres Afters berühren, ist
jedenfalls nicht richtig. Aber auch die wahrscheinlichste Annahme, daß die weiblichen Fortpflanzungs-
werkzeuge den von dem Männchen in das Wasser entleerten Samen aufsaugen, und daß hierdurch die
Befruchtung der Eier bewirkt werde, hat manches Dunkle. So scheint es auffällig, daß ein Sala-
manderweibchen, welches seit fünf Monaten von dem Männchen getrennt ist, larvenreife Eier zur
Welt bringt, da man kaum annehmen kann, daß die Entwicklung der Eier im Mutterleibe so viele
Zeit bedarf; noch auffallender aber ist es, daß nach dieser einen Geburt unter Umständen eine zweite
stattfinden kann. Zur Erklärung dieser Thatsache bleibt nur die eine Annahme übrig, daß die ein-
malige Befruchtung für längere Zeit wirksam bleibt und sich gewissermaßen auch auf solche Eier
erstreckt, welche zur Zeit der Befruchtung noch gar nicht befruchtungsreif waren. Die Anzahl der
Larvenkeime, welche gleichzeitig ausgestoßen werden, ist beträchtlich: man hat schon gegen Hundert
von ihnen in den Eiergängen eines Weibchens gefunden. Gewöhnlich werden dreißig bis fünfzig
gleichzeitig oder doch bald nach einander, in einem Zeitraume von zwei Tagen ungefähr, zur Welt
gebracht, und zwar solche von fast gleicher Größe und demselben Grade der Entwicklung; ausnahms-
weise aber geschieht es, obschon vielleicht nur bei Gefangenen, daß Salamanderweibchen Junge,
d. h. Larvenkeime, und Eier legen. Solches erfuhr Erber, und zwar war hier auffallenderweise
die Anzahl der Eier genau ebenso groß als die der Jungen, je vierunddreißig Stück nämlich. Die
Larven liegen jede für sich in einem äußerst dünnen, zarten Häutchen eingeschlossen in den unten
erweiterten Eiergängen, wagrecht über einander geschichtet und möglichst gepreßt, jeder einzelne Keim
so zusammengerollt, daß die Schwanzspitze um den Kopf geschlagen ist. Bei der Geburt eines dieser
entwickelten Eier zerreißt der Keim die Hülle durch eine Bewegung des Schwanzes und erscheint als
eine bereits mit vier Beinen versehene Kaulquappe, vollkommen befähigt, sich im Wasser, woselbst
die Geburt stattfindet, nach Art sehr entwickelter Froschquappen zu bewegen. Die Färbung der
Salamanderlarve ist anfänglich ein helles Oelgrün mit dunkler Marmelzeichnung, und es währt
ziemlich lange, bis das dunkle Kleid der Alten angelegt wird. Am Meisten lieben die Mütter kaltes
Quellwasser zur Großziehung ihrer Jungen, gleichsam als ob es ihnen bewußt wäre, daß die Weiter-
entwicklung noch mehrere Monate beansprucht, und sie deshalb ein nicht versiechendes Wasser aus-
suchen müssen. Oft findet man die Larven noch im Oktober in solchen Gewässern; gewöhnlich
jedoch schrumpfen schon im August oder Anfangs September die Kiemen ein, und werden die Larven
damit befähigt, die Wohnorte ihrer Eltern aufzusuchen, deren Kleid sie schon vor dieser Zeit erhalten
haben. Auch sie erscheinen, wenn die Umwandlung vollendet, kleiner, als die Larven in der letzten
Zeit es waren. Wie lange das Wachsthum der Jungen währt, läßt sich schwer angeben; es
wird, weil man sie nicht häufig findet, angenommen, daß sie die ersten beiden Jahre ihres Lebens
äußerst verborgen verbringen. Jn der Gefangenschaft geborene Salamander verwandeln sich, wahr-

Die Schwanzlurche. Salamander.
welchem der Schwanz als das hauptſächlichſte Werkzeug zur Fortbewegung angeſehen werden muß. Alle
höheren Fähigkeiten erſcheinen unbedeutend, die Sinne ziemlich ſtumpf, die geiſtigen Begabungen äußerſt
gering. Obwohl er häufig mit anderen ſeiner Art vereinigt gefunden wird, kann man ihm doch kaum
einen Hang zur Geſelligkeit zuſprechen; der eine bekümmert ſich auch in der That kaum um den
anderen, und der ſtärkere fällt, wenn er Hunger hat, ohne Bedenken über den ſchwächeren her, um
ihn aufzufreſſen. Nur während der Begattungszeit ſuchen ſich die verſchiedenen Geſchlechter wirklich
auf; ſobald ſie aber ihrem Triebe genügt haben, endet jegliche Verbindung, und nur die ſchützende
Oertlichkeit, eine brauchbare Höhlung z. B. bringt die einzelnen wieder zuſammen. Langſam ſich
bewegende Thiere, vorzugsweiſe Schnecken, Regenwürmer und Kerfe, unter Umſtänden aber auch
kleine Wirbelthiere bilden die Nahrung. Von ihr wird zuweilen eine große Menge verbraucht,
dagegen aber auch zu anderen Zeiten wochen- und monatelang gefaſtet.

Hinſichtlich der Fortpflanzung der Erdſalamander ſind wir noch heutigentages nicht vollſtändig
im Klaren. Die Paarung geſchieht, wie bereits angegeben, im Waſſer; eine eigentliche Begattung
aber findet nicht ſtatt, und die Angabe einzelner Forſcher, daß ſich männliche und weibliche Sala-
mander mit den während der Begattungszeit geſchwollenen Rändern ihres Afters berühren, iſt
jedenfalls nicht richtig. Aber auch die wahrſcheinlichſte Annahme, daß die weiblichen Fortpflanzungs-
werkzeuge den von dem Männchen in das Waſſer entleerten Samen aufſaugen, und daß hierdurch die
Befruchtung der Eier bewirkt werde, hat manches Dunkle. So ſcheint es auffällig, daß ein Sala-
manderweibchen, welches ſeit fünf Monaten von dem Männchen getrennt iſt, larvenreife Eier zur
Welt bringt, da man kaum annehmen kann, daß die Entwicklung der Eier im Mutterleibe ſo viele
Zeit bedarf; noch auffallender aber iſt es, daß nach dieſer einen Geburt unter Umſtänden eine zweite
ſtattfinden kann. Zur Erklärung dieſer Thatſache bleibt nur die eine Annahme übrig, daß die ein-
malige Befruchtung für längere Zeit wirkſam bleibt und ſich gewiſſermaßen auch auf ſolche Eier
erſtreckt, welche zur Zeit der Befruchtung noch gar nicht befruchtungsreif waren. Die Anzahl der
Larvenkeime, welche gleichzeitig ausgeſtoßen werden, iſt beträchtlich: man hat ſchon gegen Hundert
von ihnen in den Eiergängen eines Weibchens gefunden. Gewöhnlich werden dreißig bis fünfzig
gleichzeitig oder doch bald nach einander, in einem Zeitraume von zwei Tagen ungefähr, zur Welt
gebracht, und zwar ſolche von faſt gleicher Größe und demſelben Grade der Entwicklung; ausnahms-
weiſe aber geſchieht es, obſchon vielleicht nur bei Gefangenen, daß Salamanderweibchen Junge,
d. h. Larvenkeime, und Eier legen. Solches erfuhr Erber, und zwar war hier auffallenderweiſe
die Anzahl der Eier genau ebenſo groß als die der Jungen, je vierunddreißig Stück nämlich. Die
Larven liegen jede für ſich in einem äußerſt dünnen, zarten Häutchen eingeſchloſſen in den unten
erweiterten Eiergängen, wagrecht über einander geſchichtet und möglichſt gepreßt, jeder einzelne Keim
ſo zuſammengerollt, daß die Schwanzſpitze um den Kopf geſchlagen iſt. Bei der Geburt eines dieſer
entwickelten Eier zerreißt der Keim die Hülle durch eine Bewegung des Schwanzes und erſcheint als
eine bereits mit vier Beinen verſehene Kaulquappe, vollkommen befähigt, ſich im Waſſer, woſelbſt
die Geburt ſtattfindet, nach Art ſehr entwickelter Froſchquappen zu bewegen. Die Färbung der
Salamanderlarve iſt anfänglich ein helles Oelgrün mit dunkler Marmelzeichnung, und es währt
ziemlich lange, bis das dunkle Kleid der Alten angelegt wird. Am Meiſten lieben die Mütter kaltes
Quellwaſſer zur Großziehung ihrer Jungen, gleichſam als ob es ihnen bewußt wäre, daß die Weiter-
entwicklung noch mehrere Monate beanſprucht, und ſie deshalb ein nicht verſiechendes Waſſer aus-
ſuchen müſſen. Oft findet man die Larven noch im Oktober in ſolchen Gewäſſern; gewöhnlich
jedoch ſchrumpfen ſchon im Auguſt oder Anfangs September die Kiemen ein, und werden die Larven
damit befähigt, die Wohnorte ihrer Eltern aufzuſuchen, deren Kleid ſie ſchon vor dieſer Zeit erhalten
haben. Auch ſie erſcheinen, wenn die Umwandlung vollendet, kleiner, als die Larven in der letzten
Zeit es waren. Wie lange das Wachsthum der Jungen währt, läßt ſich ſchwer angeben; es
wird, weil man ſie nicht häufig findet, angenommen, daß ſie die erſten beiden Jahre ihres Lebens
äußerſt verborgen verbringen. Jn der Gefangenſchaft geborene Salamander verwandeln ſich, wahr-

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[414/0442] Die Schwanzlurche. Salamander. welchem der Schwanz als das hauptſächlichſte Werkzeug zur Fortbewegung angeſehen werden muß. Alle höheren Fähigkeiten erſcheinen unbedeutend, die Sinne ziemlich ſtumpf, die geiſtigen Begabungen äußerſt gering. Obwohl er häufig mit anderen ſeiner Art vereinigt gefunden wird, kann man ihm doch kaum einen Hang zur Geſelligkeit zuſprechen; der eine bekümmert ſich auch in der That kaum um den anderen, und der ſtärkere fällt, wenn er Hunger hat, ohne Bedenken über den ſchwächeren her, um ihn aufzufreſſen. Nur während der Begattungszeit ſuchen ſich die verſchiedenen Geſchlechter wirklich auf; ſobald ſie aber ihrem Triebe genügt haben, endet jegliche Verbindung, und nur die ſchützende Oertlichkeit, eine brauchbare Höhlung z. B. bringt die einzelnen wieder zuſammen. Langſam ſich bewegende Thiere, vorzugsweiſe Schnecken, Regenwürmer und Kerfe, unter Umſtänden aber auch kleine Wirbelthiere bilden die Nahrung. Von ihr wird zuweilen eine große Menge verbraucht, dagegen aber auch zu anderen Zeiten wochen- und monatelang gefaſtet. Hinſichtlich der Fortpflanzung der Erdſalamander ſind wir noch heutigentages nicht vollſtändig im Klaren. Die Paarung geſchieht, wie bereits angegeben, im Waſſer; eine eigentliche Begattung aber findet nicht ſtatt, und die Angabe einzelner Forſcher, daß ſich männliche und weibliche Sala- mander mit den während der Begattungszeit geſchwollenen Rändern ihres Afters berühren, iſt jedenfalls nicht richtig. Aber auch die wahrſcheinlichſte Annahme, daß die weiblichen Fortpflanzungs- werkzeuge den von dem Männchen in das Waſſer entleerten Samen aufſaugen, und daß hierdurch die Befruchtung der Eier bewirkt werde, hat manches Dunkle. So ſcheint es auffällig, daß ein Sala- manderweibchen, welches ſeit fünf Monaten von dem Männchen getrennt iſt, larvenreife Eier zur Welt bringt, da man kaum annehmen kann, daß die Entwicklung der Eier im Mutterleibe ſo viele Zeit bedarf; noch auffallender aber iſt es, daß nach dieſer einen Geburt unter Umſtänden eine zweite ſtattfinden kann. Zur Erklärung dieſer Thatſache bleibt nur die eine Annahme übrig, daß die ein- malige Befruchtung für längere Zeit wirkſam bleibt und ſich gewiſſermaßen auch auf ſolche Eier erſtreckt, welche zur Zeit der Befruchtung noch gar nicht befruchtungsreif waren. Die Anzahl der Larvenkeime, welche gleichzeitig ausgeſtoßen werden, iſt beträchtlich: man hat ſchon gegen Hundert von ihnen in den Eiergängen eines Weibchens gefunden. Gewöhnlich werden dreißig bis fünfzig gleichzeitig oder doch bald nach einander, in einem Zeitraume von zwei Tagen ungefähr, zur Welt gebracht, und zwar ſolche von faſt gleicher Größe und demſelben Grade der Entwicklung; ausnahms- weiſe aber geſchieht es, obſchon vielleicht nur bei Gefangenen, daß Salamanderweibchen Junge, d. h. Larvenkeime, und Eier legen. Solches erfuhr Erber, und zwar war hier auffallenderweiſe die Anzahl der Eier genau ebenſo groß als die der Jungen, je vierunddreißig Stück nämlich. Die Larven liegen jede für ſich in einem äußerſt dünnen, zarten Häutchen eingeſchloſſen in den unten erweiterten Eiergängen, wagrecht über einander geſchichtet und möglichſt gepreßt, jeder einzelne Keim ſo zuſammengerollt, daß die Schwanzſpitze um den Kopf geſchlagen iſt. Bei der Geburt eines dieſer entwickelten Eier zerreißt der Keim die Hülle durch eine Bewegung des Schwanzes und erſcheint als eine bereits mit vier Beinen verſehene Kaulquappe, vollkommen befähigt, ſich im Waſſer, woſelbſt die Geburt ſtattfindet, nach Art ſehr entwickelter Froſchquappen zu bewegen. Die Färbung der Salamanderlarve iſt anfänglich ein helles Oelgrün mit dunkler Marmelzeichnung, und es währt ziemlich lange, bis das dunkle Kleid der Alten angelegt wird. Am Meiſten lieben die Mütter kaltes Quellwaſſer zur Großziehung ihrer Jungen, gleichſam als ob es ihnen bewußt wäre, daß die Weiter- entwicklung noch mehrere Monate beanſprucht, und ſie deshalb ein nicht verſiechendes Waſſer aus- ſuchen müſſen. Oft findet man die Larven noch im Oktober in ſolchen Gewäſſern; gewöhnlich jedoch ſchrumpfen ſchon im Auguſt oder Anfangs September die Kiemen ein, und werden die Larven damit befähigt, die Wohnorte ihrer Eltern aufzuſuchen, deren Kleid ſie ſchon vor dieſer Zeit erhalten haben. Auch ſie erſcheinen, wenn die Umwandlung vollendet, kleiner, als die Larven in der letzten Zeit es waren. Wie lange das Wachsthum der Jungen währt, läßt ſich ſchwer angeben; es wird, weil man ſie nicht häufig findet, angenommen, daß ſie die erſten beiden Jahre ihres Lebens äußerſt verborgen verbringen. Jn der Gefangenſchaft geborene Salamander verwandeln ſich, wahr-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/442>, abgerufen am 21.12.2024.