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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Froschlurche. Kröten. Landkröten.
lässtzen mit den anderen die vnderen läfftzen begriffen vnd starck eyngeheckt hat. Die Krotten
abreyssen, war der gäch tod, oder lassen bleyben war grausamer dann der tod. Do habend etlich den
radt geben: Man sölte den München tragen rügglingen zu dem fänster, ob welchem ein grosse Spinn
jr wupp vnd näst hat. Das beschach. Sobald die Spinn den feind ersähen, hat sy sich an den
faden abhär gelassen auff die Krott, vnd jren ein stich geben, von welchem sy sehr aufgeblasen, aber
nit hinweg gefallen ist. Die Spinn wider zum anderen mal hat den feynd betroffen, welche noch
weyter auffgeblassen, aber bliben ist: zum drittenmal hat sy sich herabgelassen, die Thaaschen aber-
mal gestochen, von welchem sy abgefallen vnd gestorben ist. Solche gutthaat vnd danck hat die
Spinn seinem haußwirt erzeigt.

"Es geschicht auch zu zeyten, daß die menschen vnsichtbarlicher weyß etwan eyer von den Krotten
oder Fröschen sampt dem wasser oder tranck in den leyb trinkend, welche eyer nachwerts in dem
menschen zu Fröschen oder Krotten außgebrütet werdend, welches gantz grausam ist. Sölche müssend
durch starcke artzney eintweders oben durch das vnwillen, oder durch den stülgang von den menschen
getriben werden."

Man begreift in der That nicht, wie es möglich gewesen, daß vernünftige Menschen sich solchen
Unsinn erdacht haben können; man begreift noch viel weniger, daß es noch heutigentages Tausende
gibt, welche nur zu sehr geneigt sind, derartige abgeschmackte, auf Nichts fußende Lügen für wahr zu
halten: denn das nächtliche Treiben der im Verhältniß zu den Fröschen unschön gestalteten Kröten
kann doch unmöglich der Grund sein, weshalb die harmlosen, unschuldigen und höchst nützlichen
Thiere beständig verdächtigt und verläumdet werden! Und doch läßt sich das Eine nicht bestreiten:
in dem Abscheu vor den Kröten, in der blinden Wuth, sie zu verfolgen und zu tödten, kommen die
sogenannten Gebildeten und Ungebildeten, die Europäer und Amerikaner, die weißen und die
schwarzen oder braunen Menschen vollständig überein. Keiner von denen, welche mit einem gewissen
Selbstbewußtsein ihre Afterweisheit an den Mann zu bringen pflegen, hat sich jemals die Mühe
gegeben, Das zu untersuchen, von Dem er faselt, keiner die Kröte und ihr Leben beobachtet, keiner
eine gute Naturgeschichte gelesen oder mindestens verstanden; denn im entgegengesetzten Falle hätte
er eben belehrt, bezüglich gebildet werden müssen. Gerade die Kröten sind ein überzeugendes Bei-
spiel, was es mit unserer gerühmten Bildung, insbesondere mit der Kenntniß der Natur und ihrer
Erzeugnisse auf sich hat; gerade sie beweisen, wie die wichtigste aller Wissenschaften noch bis jetzt in
unseren Schulen betrieben wird. Das aber ist ja eben der Krebsschaden unserer Erziehung, daß sie
es verschmäht, den Menschen heimisch zu machen in seiner wahren Heimat auf der Erde, und sich
dagegen bestrebt, ihn für geträumte und unnatürliche Verhältnisse abzurichten!

Die Kröten (Bufones) unterscheiden sich von den bisher beschriebenen Froschlurchen durch den
gänzlichen Mangel an Zähnen und haben in ihrer gedrungenen, plumpen Gestalt, den fast gleich
langen, dicken, unförmlichen Beinen und der sehr drüsenreichen, von außen warzigen Haut ander-
weitig bezeichnende Merkmale.

Sie bewohnen alle Erdtheile, die warmen Gegenden, wie erklärlich, zahlreicher als die kälteren,
halten sich nur während ihrer Laichzeit im Wasser auf und sind vollendete Nachtthiere, welche über-
tages blos ausnahmsweise außerhalb ihres Schlupfwinkels sich umhertreiben. Jn ihren Bewegungen
stehen sie den Fröschen und Froschkröten nach; denn sie humpeln mehr als sie hüpfen, schwimmen
schlecht und erscheinen deshalb schwerfällig und träge, obgleich sie, streng genommen, weder das Eine,
noch das Andere sind. Jhre Nahrung besteht in Ungeziefer der verschiedensten Art, insbesondere in
Würmern, Schnecken, Kerfen und kleinen Wirbelthieren; letztere werden mindestens von den größeren
Arten verzehrt. Der Verbrauch an Nahrungsstoffen ist beträchtlich, und die Thätigkeit dieser
geschmähten Thiere deshalb für uns höchst ersprießlich. Begattung und Entwicklung der Jungen
kommen im Wesentlichen mit den Ordnungsverwandten überein; doch gehen die Eier bei den meisten
nicht in Klumpen, sondern in Schnüren ab, welche von dem Männchen stückweis befruchtet werden.

Die Froſchlurche. Kröten. Landkröten.
läſſtzen mit den anderen die vnderen läfftzen begriffen vnd ſtarck eyngeheckt hat. Die Krotten
abreyſſen, war der gäch tod, oder laſſen bleyben war grauſamer dann der tod. Do habend etlich den
radt geben: Man ſölte den München tragen rügglingen zu dem fänſter, ob welchem ein groſſe Spinn
jr wupp vnd näſt hat. Das beſchach. Sobald die Spinn den feind erſähen, hat ſy ſich an den
faden abhär gelaſſen auff die Krott, vnd jren ein ſtich geben, von welchem ſy ſehr aufgeblaſen, aber
nit hinweg gefallen iſt. Die Spinn wider zum anderen mal hat den feynd betroffen, welche noch
weyter auffgeblaſſen, aber bliben iſt: zum drittenmal hat ſy ſich herabgelaſſen, die Thaaſchen aber-
mal geſtochen, von welchem ſy abgefallen vnd geſtorben iſt. Solche gutthaat vnd danck hat die
Spinn ſeinem haußwirt erzeigt.

„Es geſchicht auch zu zeyten, daß die menſchen vnſichtbarlicher weyß etwan eyer von den Krotten
oder Fröſchen ſampt dem waſſer oder tranck in den leyb trinkend, welche eyer nachwerts in dem
menſchen zu Fröſchen oder Krotten außgebrütet werdend, welches gantz grauſam iſt. Sölche müſſend
durch ſtarcke artzney eintweders oben durch das vnwillen, oder durch den ſtülgang von den menſchen
getriben werden.“

Man begreift in der That nicht, wie es möglich geweſen, daß vernünftige Menſchen ſich ſolchen
Unſinn erdacht haben können; man begreift noch viel weniger, daß es noch heutigentages Tauſende
gibt, welche nur zu ſehr geneigt ſind, derartige abgeſchmackte, auf Nichts fußende Lügen für wahr zu
halten: denn das nächtliche Treiben der im Verhältniß zu den Fröſchen unſchön geſtalteten Kröten
kann doch unmöglich der Grund ſein, weshalb die harmloſen, unſchuldigen und höchſt nützlichen
Thiere beſtändig verdächtigt und verläumdet werden! Und doch läßt ſich das Eine nicht beſtreiten:
in dem Abſcheu vor den Kröten, in der blinden Wuth, ſie zu verfolgen und zu tödten, kommen die
ſogenannten Gebildeten und Ungebildeten, die Europäer und Amerikaner, die weißen und die
ſchwarzen oder braunen Menſchen vollſtändig überein. Keiner von denen, welche mit einem gewiſſen
Selbſtbewußtſein ihre Afterweisheit an den Mann zu bringen pflegen, hat ſich jemals die Mühe
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eine gute Naturgeſchichte geleſen oder mindeſtens verſtanden; denn im entgegengeſetzten Falle hätte
er eben belehrt, bezüglich gebildet werden müſſen. Gerade die Kröten ſind ein überzeugendes Bei-
ſpiel, was es mit unſerer gerühmten Bildung, insbeſondere mit der Kenntniß der Natur und ihrer
Erzeugniſſe auf ſich hat; gerade ſie beweiſen, wie die wichtigſte aller Wiſſenſchaften noch bis jetzt in
unſeren Schulen betrieben wird. Das aber iſt ja eben der Krebsſchaden unſerer Erziehung, daß ſie
es verſchmäht, den Menſchen heimiſch zu machen in ſeiner wahren Heimat auf der Erde, und ſich
dagegen beſtrebt, ihn für geträumte und unnatürliche Verhältniſſe abzurichten!

Die Kröten (Bufones) unterſcheiden ſich von den bisher beſchriebenen Froſchlurchen durch den
gänzlichen Mangel an Zähnen und haben in ihrer gedrungenen, plumpen Geſtalt, den faſt gleich
langen, dicken, unförmlichen Beinen und der ſehr drüſenreichen, von außen warzigen Haut ander-
weitig bezeichnende Merkmale.

Sie bewohnen alle Erdtheile, die warmen Gegenden, wie erklärlich, zahlreicher als die kälteren,
halten ſich nur während ihrer Laichzeit im Waſſer auf und ſind vollendete Nachtthiere, welche über-
tages blos ausnahmsweiſe außerhalb ihres Schlupfwinkels ſich umhertreiben. Jn ihren Bewegungen
ſtehen ſie den Fröſchen und Froſchkröten nach; denn ſie humpeln mehr als ſie hüpfen, ſchwimmen
ſchlecht und erſcheinen deshalb ſchwerfällig und träge, obgleich ſie, ſtreng genommen, weder das Eine,
noch das Andere ſind. Jhre Nahrung beſteht in Ungeziefer der verſchiedenſten Art, insbeſondere in
Würmern, Schnecken, Kerfen und kleinen Wirbelthieren; letztere werden mindeſtens von den größeren
Arten verzehrt. Der Verbrauch an Nahrungsſtoffen iſt beträchtlich, und die Thätigkeit dieſer
geſchmähten Thiere deshalb für uns höchſt erſprießlich. Begattung und Entwicklung der Jungen
kommen im Weſentlichen mit den Ordnungsverwandten überein; doch gehen die Eier bei den meiſten
nicht in Klumpen, ſondern in Schnüren ab, welche von dem Männchen ſtückweis befruchtet werden.

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[398/0426] Die Froſchlurche. Kröten. Landkröten. läſſtzen mit den anderen die vnderen läfftzen begriffen vnd ſtarck eyngeheckt hat. Die Krotten abreyſſen, war der gäch tod, oder laſſen bleyben war grauſamer dann der tod. Do habend etlich den radt geben: Man ſölte den München tragen rügglingen zu dem fänſter, ob welchem ein groſſe Spinn jr wupp vnd näſt hat. Das beſchach. Sobald die Spinn den feind erſähen, hat ſy ſich an den faden abhär gelaſſen auff die Krott, vnd jren ein ſtich geben, von welchem ſy ſehr aufgeblaſen, aber nit hinweg gefallen iſt. Die Spinn wider zum anderen mal hat den feynd betroffen, welche noch weyter auffgeblaſſen, aber bliben iſt: zum drittenmal hat ſy ſich herabgelaſſen, die Thaaſchen aber- mal geſtochen, von welchem ſy abgefallen vnd geſtorben iſt. Solche gutthaat vnd danck hat die Spinn ſeinem haußwirt erzeigt. „Es geſchicht auch zu zeyten, daß die menſchen vnſichtbarlicher weyß etwan eyer von den Krotten oder Fröſchen ſampt dem waſſer oder tranck in den leyb trinkend, welche eyer nachwerts in dem menſchen zu Fröſchen oder Krotten außgebrütet werdend, welches gantz grauſam iſt. Sölche müſſend durch ſtarcke artzney eintweders oben durch das vnwillen, oder durch den ſtülgang von den menſchen getriben werden.“ Man begreift in der That nicht, wie es möglich geweſen, daß vernünftige Menſchen ſich ſolchen Unſinn erdacht haben können; man begreift noch viel weniger, daß es noch heutigentages Tauſende gibt, welche nur zu ſehr geneigt ſind, derartige abgeſchmackte, auf Nichts fußende Lügen für wahr zu halten: denn das nächtliche Treiben der im Verhältniß zu den Fröſchen unſchön geſtalteten Kröten kann doch unmöglich der Grund ſein, weshalb die harmloſen, unſchuldigen und höchſt nützlichen Thiere beſtändig verdächtigt und verläumdet werden! Und doch läßt ſich das Eine nicht beſtreiten: in dem Abſcheu vor den Kröten, in der blinden Wuth, ſie zu verfolgen und zu tödten, kommen die ſogenannten Gebildeten und Ungebildeten, die Europäer und Amerikaner, die weißen und die ſchwarzen oder braunen Menſchen vollſtändig überein. Keiner von denen, welche mit einem gewiſſen Selbſtbewußtſein ihre Afterweisheit an den Mann zu bringen pflegen, hat ſich jemals die Mühe gegeben, Das zu unterſuchen, von Dem er faſelt, keiner die Kröte und ihr Leben beobachtet, keiner eine gute Naturgeſchichte geleſen oder mindeſtens verſtanden; denn im entgegengeſetzten Falle hätte er eben belehrt, bezüglich gebildet werden müſſen. Gerade die Kröten ſind ein überzeugendes Bei- ſpiel, was es mit unſerer gerühmten Bildung, insbeſondere mit der Kenntniß der Natur und ihrer Erzeugniſſe auf ſich hat; gerade ſie beweiſen, wie die wichtigſte aller Wiſſenſchaften noch bis jetzt in unſeren Schulen betrieben wird. Das aber iſt ja eben der Krebsſchaden unſerer Erziehung, daß ſie es verſchmäht, den Menſchen heimiſch zu machen in ſeiner wahren Heimat auf der Erde, und ſich dagegen beſtrebt, ihn für geträumte und unnatürliche Verhältniſſe abzurichten! Die Kröten (Bufones) unterſcheiden ſich von den bisher beſchriebenen Froſchlurchen durch den gänzlichen Mangel an Zähnen und haben in ihrer gedrungenen, plumpen Geſtalt, den faſt gleich langen, dicken, unförmlichen Beinen und der ſehr drüſenreichen, von außen warzigen Haut ander- weitig bezeichnende Merkmale. Sie bewohnen alle Erdtheile, die warmen Gegenden, wie erklärlich, zahlreicher als die kälteren, halten ſich nur während ihrer Laichzeit im Waſſer auf und ſind vollendete Nachtthiere, welche über- tages blos ausnahmsweiſe außerhalb ihres Schlupfwinkels ſich umhertreiben. Jn ihren Bewegungen ſtehen ſie den Fröſchen und Froſchkröten nach; denn ſie humpeln mehr als ſie hüpfen, ſchwimmen ſchlecht und erſcheinen deshalb ſchwerfällig und träge, obgleich ſie, ſtreng genommen, weder das Eine, noch das Andere ſind. Jhre Nahrung beſteht in Ungeziefer der verſchiedenſten Art, insbeſondere in Würmern, Schnecken, Kerfen und kleinen Wirbelthieren; letztere werden mindeſtens von den größeren Arten verzehrt. Der Verbrauch an Nahrungsſtoffen iſt beträchtlich, und die Thätigkeit dieſer geſchmähten Thiere deshalb für uns höchſt erſprießlich. Begattung und Entwicklung der Jungen kommen im Weſentlichen mit den Ordnungsverwandten überein; doch gehen die Eier bei den meiſten nicht in Klumpen, ſondern in Schnüren ab, welche von dem Männchen ſtückweis befruchtet werden.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/426>, abgerufen am 23.05.2024.