Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Säger
und im Nu sind sie von der Fläche verschwunden, und das Wasser wird bewegt vom Rudern unter
demselben. Endlich erscheint einer nach dem anderen wieder oben, aber zerstreut und, wo es der Raum
gestattet, oft dreißig bis funfzig Schritt vom ersten Platze weg. Sie sammeln sich von neuem, tauchen
abermals und erscheinen zerstreut bald wieder und, zur Ueberraschung des Lauschers, diesmal vielleicht
ganz in dessen Nähe auf der Oberfläche. Sehr merkwürdig holen sie allein durch Tauchen ihren Lebens-
unterhalt oft aus ziemlich kleinen, wenig Geviertfuß breiten Oeffnungen im Eise, indem sie ihre Jagd
unter der Eisdecke treiben, aber um zu athmen und sich einige Augenblicke zu erholen, doch stets die
offene Stelle wieder treffen, ein Beweis, daß ihre Sehkraft unter Wasser selbst über einen ansehnlichen
Raum sich erstrecken muß. Wo das freie Gewässer nicht Fischchen genug enthält, durchwühlen sie
auch den Boden desselben nach Kerbthieren, Fröschchen etc. Kommt eine Gesellschaft auf einen kleinen,
mit vieler Fischbrut besetzten Quellteich, so setzen sowohl Vögel als fliehende Fische, die wie bei Ver-
folgung von Raubfischen nicht selten über die Fläche aufschnellen, das Wasser in eine fast wirbelnde
Bewegung. Es ist den Sägern eigen, daß, wenn sie fischen wollen, gewöhnlich alle zu gleicher Zeit
eintauchen, um die überraschten Fische in allen Richtungen zu verfolgen, und so der Eine fangen kann,
was dem Anderen entwischte. Aber wir haben nie bemerkt, daß sie beim Eintauchen eine gewisse
Anordnung träfen, sich, wie man gesagt hat, im Halbkreise aufstellten und denselben auch während des
Untertauchens beibehielten, um die Fische in die Enge zu treiben und so desto sicherer zu fangen.

Ueber die Fortpflanzung ist noch wenig bekannt. Man weiß, daß der Zwergsäger im Norden
Rußlands in Menge nistet, am Ufer oder auf kleinen Jnselchen, auch wohl in hohlen Baumstämmen
ein Nest aus trockenen Geniste und Gräsern errichtet, dasselbe mit den eigenen Dunen auskleidet und
acht bis zwölf schmuzigweißliche oder grünlichbräunliche Eier legt, kennt aber weder die Dauer der
Brutzeit, noch die Entwickelungsgeschichte der Jungen.

Als Jagdvogel hat er keinen Werth, weil sein Fleisch ungenießbar ist; als Gefangener wird er
zu einer wahren Zierde des Weihers.



Der Gänsesäger (Mergus merganser), auch Ganstaucher oder Sägegans, See- und
Meerrachen, Kneifer und Ganner genannt, vertritt die Sippe der Zahnsäger und unter-
scheidet sich von dem Zwergsäger hauptsächlich durch den langen, seitlich zusammengedrückten Schnabel.
Jm Hochzeitskleide sind Kopf und Oberhals schwarzgrün, der Oberrücken, die Schultern, der Flügel-
rand und die vorderen Schulterfedern schwarz, die ganze Unterseite, die Oberflügeldeckfedern schön
gelbroth, die Federn des Spiegels weiß, die Schwingen schwärzlich, die Unterrückendeckfedern grau,
fein schwarzgewellt, die Schwingen schwarz, die Steuerfedern grau. Das Auge ist rothgelb, der
Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Beim Weibchen sind Oberkopf und Nacken braun, der
Rücken blaugrau, die Unterseite und der Spiegel weiß, die Vorderbrust und die Seiten auf grauem
Grunde dunkler und lichter gewellt. Ein ähnliches, nur etwas schöneres Kleid legt das Männchen
nach seiner Sommermauser an. Die Länge beträgt 30 bis 32, die Breite 40 bis 42, die Fittiglänge
12, die Schwanzlänge 3 Zoll.

Der Gänsesäger bewohnt den Norden Europas, Asiens und Amerikas, scheint auch in jedem der
drei Erdtheile ungefähr gleich häufig zu sein. Als Heimatsgebiet darf man den Gürtel zwischen dem
52. und 68. Grade der Breite annehmen. Auf dem Zuge, welchen er mit größerer Regelmäßigkeit
als die übrigen Arten ausführt, hat man ihn einerseits in allen südlicher gelegenen Staaten Europas
oder in Nordindien und Südchina, andererseits fast überall in den Vereinigten Staaten beobachtet.
Einige Paare brüten im Norden Deutschlands; die größere Anzahl von denen, welche bei uns gesehen
wird, erscheint Ende November vom Norden her und zieht bereits im Februar wieder dahin zurück.

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Säger
und im Nu ſind ſie von der Fläche verſchwunden, und das Waſſer wird bewegt vom Rudern unter
demſelben. Endlich erſcheint einer nach dem anderen wieder oben, aber zerſtreut und, wo es der Raum
geſtattet, oft dreißig bis funfzig Schritt vom erſten Platze weg. Sie ſammeln ſich von neuem, tauchen
abermals und erſcheinen zerſtreut bald wieder und, zur Ueberraſchung des Lauſchers, diesmal vielleicht
ganz in deſſen Nähe auf der Oberfläche. Sehr merkwürdig holen ſie allein durch Tauchen ihren Lebens-
unterhalt oft aus ziemlich kleinen, wenig Geviertfuß breiten Oeffnungen im Eiſe, indem ſie ihre Jagd
unter der Eisdecke treiben, aber um zu athmen und ſich einige Augenblicke zu erholen, doch ſtets die
offene Stelle wieder treffen, ein Beweis, daß ihre Sehkraft unter Waſſer ſelbſt über einen anſehnlichen
Raum ſich erſtrecken muß. Wo das freie Gewäſſer nicht Fiſchchen genug enthält, durchwühlen ſie
auch den Boden deſſelben nach Kerbthieren, Fröſchchen ꝛc. Kommt eine Geſellſchaft auf einen kleinen,
mit vieler Fiſchbrut beſetzten Quellteich, ſo ſetzen ſowohl Vögel als fliehende Fiſche, die wie bei Ver-
folgung von Raubfiſchen nicht ſelten über die Fläche aufſchnellen, das Waſſer in eine faſt wirbelnde
Bewegung. Es iſt den Sägern eigen, daß, wenn ſie fiſchen wollen, gewöhnlich alle zu gleicher Zeit
eintauchen, um die überraſchten Fiſche in allen Richtungen zu verfolgen, und ſo der Eine fangen kann,
was dem Anderen entwiſchte. Aber wir haben nie bemerkt, daß ſie beim Eintauchen eine gewiſſe
Anordnung träfen, ſich, wie man geſagt hat, im Halbkreiſe aufſtellten und denſelben auch während des
Untertauchens beibehielten, um die Fiſche in die Enge zu treiben und ſo deſto ſicherer zu fangen.

Ueber die Fortpflanzung iſt noch wenig bekannt. Man weiß, daß der Zwergſäger im Norden
Rußlands in Menge niſtet, am Ufer oder auf kleinen Jnſelchen, auch wohl in hohlen Baumſtämmen
ein Neſt aus trockenen Geniſte und Gräſern errichtet, daſſelbe mit den eigenen Dunen auskleidet und
acht bis zwölf ſchmuzigweißliche oder grünlichbräunliche Eier legt, kennt aber weder die Dauer der
Brutzeit, noch die Entwickelungsgeſchichte der Jungen.

Als Jagdvogel hat er keinen Werth, weil ſein Fleiſch ungenießbar iſt; als Gefangener wird er
zu einer wahren Zierde des Weihers.



Der Gänſeſäger (Mergus merganser), auch Ganstaucher oder Sägegans, See- und
Meerrachen, Kneifer und Ganner genannt, vertritt die Sippe der Zahnſäger und unter-
ſcheidet ſich von dem Zwergſäger hauptſächlich durch den langen, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel.
Jm Hochzeitskleide ſind Kopf und Oberhals ſchwarzgrün, der Oberrücken, die Schultern, der Flügel-
rand und die vorderen Schulterfedern ſchwarz, die ganze Unterſeite, die Oberflügeldeckfedern ſchön
gelbroth, die Federn des Spiegels weiß, die Schwingen ſchwärzlich, die Unterrückendeckfedern grau,
fein ſchwarzgewellt, die Schwingen ſchwarz, die Steuerfedern grau. Das Auge iſt rothgelb, der
Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Beim Weibchen ſind Oberkopf und Nacken braun, der
Rücken blaugrau, die Unterſeite und der Spiegel weiß, die Vorderbruſt und die Seiten auf grauem
Grunde dunkler und lichter gewellt. Ein ähnliches, nur etwas ſchöneres Kleid legt das Männchen
nach ſeiner Sommermauſer an. Die Länge beträgt 30 bis 32, die Breite 40 bis 42, die Fittiglänge
12, die Schwanzlänge 3 Zoll.

Der Gänſeſäger bewohnt den Norden Europas, Aſiens und Amerikas, ſcheint auch in jedem der
drei Erdtheile ungefähr gleich häufig zu ſein. Als Heimatsgebiet darf man den Gürtel zwiſchen dem
52. und 68. Grade der Breite annehmen. Auf dem Zuge, welchen er mit größerer Regelmäßigkeit
als die übrigen Arten ausführt, hat man ihn einerſeits in allen ſüdlicher gelegenen Staaten Europas
oder in Nordindien und Südchina, andererſeits faſt überall in den Vereinigten Staaten beobachtet.
Einige Paare brüten im Norden Deutſchlands; die größere Anzahl von denen, welche bei uns geſehen
wird, erſcheint Ende November vom Norden her und zieht bereits im Februar wieder dahin zurück.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0898" n="848"/><fw place="top" type="header">Die Schwimmer. Zahn&#x017F;chnäbler. Säger</fw><lb/>
und im Nu &#x017F;ind &#x017F;ie von der Fläche ver&#x017F;chwunden, und das Wa&#x017F;&#x017F;er wird bewegt vom Rudern unter<lb/>
dem&#x017F;elben. Endlich er&#x017F;cheint einer nach dem anderen wieder oben, aber zer&#x017F;treut und, wo es der Raum<lb/>
ge&#x017F;tattet, oft dreißig bis funfzig Schritt vom er&#x017F;ten Platze weg. Sie &#x017F;ammeln &#x017F;ich von neuem, tauchen<lb/>
abermals und er&#x017F;cheinen zer&#x017F;treut bald wieder und, zur Ueberra&#x017F;chung des Lau&#x017F;chers, diesmal vielleicht<lb/>
ganz in de&#x017F;&#x017F;en Nähe auf der Oberfläche. Sehr merkwürdig holen &#x017F;ie allein durch Tauchen ihren Lebens-<lb/>
unterhalt oft aus ziemlich kleinen, wenig Geviertfuß breiten Oeffnungen im Ei&#x017F;e, indem &#x017F;ie ihre Jagd<lb/>
unter der Eisdecke treiben, aber um zu athmen und &#x017F;ich einige Augenblicke zu erholen, doch &#x017F;tets die<lb/>
offene Stelle wieder treffen, ein Beweis, daß ihre Sehkraft unter Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t über einen an&#x017F;ehnlichen<lb/>
Raum &#x017F;ich er&#x017F;trecken muß. Wo das freie Gewä&#x017F;&#x017F;er nicht Fi&#x017F;chchen genug enthält, durchwühlen &#x017F;ie<lb/>
auch den Boden de&#x017F;&#x017F;elben nach Kerbthieren, Frö&#x017F;chchen &#xA75B;c. Kommt eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft auf einen kleinen,<lb/>
mit vieler Fi&#x017F;chbrut be&#x017F;etzten Quellteich, &#x017F;o &#x017F;etzen &#x017F;owohl Vögel als fliehende Fi&#x017F;che, die wie bei Ver-<lb/>
folgung von Raubfi&#x017F;chen nicht &#x017F;elten über die Fläche auf&#x017F;chnellen, das Wa&#x017F;&#x017F;er in eine fa&#x017F;t wirbelnde<lb/>
Bewegung. Es i&#x017F;t den Sägern eigen, daß, wenn &#x017F;ie fi&#x017F;chen wollen, gewöhnlich alle zu gleicher Zeit<lb/>
eintauchen, um die überra&#x017F;chten Fi&#x017F;che in allen Richtungen zu verfolgen, und &#x017F;o der Eine fangen kann,<lb/>
was dem Anderen entwi&#x017F;chte. Aber wir haben nie bemerkt, daß &#x017F;ie beim Eintauchen eine gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Anordnung träfen, &#x017F;ich, wie man ge&#x017F;agt hat, im Halbkrei&#x017F;e auf&#x017F;tellten und den&#x017F;elben auch während des<lb/>
Untertauchens beibehielten, um die Fi&#x017F;che in die Enge zu treiben und &#x017F;o de&#x017F;to &#x017F;icherer zu fangen.</p><lb/>
          <p>Ueber die Fortpflanzung i&#x017F;t noch wenig bekannt. Man weiß, daß der Zwerg&#x017F;äger im Norden<lb/>
Rußlands in Menge ni&#x017F;tet, am Ufer oder auf kleinen Jn&#x017F;elchen, auch wohl in hohlen Baum&#x017F;tämmen<lb/>
ein Ne&#x017F;t aus trockenen Geni&#x017F;te und Grä&#x017F;ern errichtet, da&#x017F;&#x017F;elbe mit den eigenen Dunen auskleidet und<lb/>
acht bis zwölf &#x017F;chmuzigweißliche oder grünlichbräunliche Eier legt, kennt aber weder die Dauer der<lb/>
Brutzeit, noch die Entwickelungsge&#x017F;chichte der Jungen.</p><lb/>
          <p>Als Jagdvogel hat er keinen Werth, weil &#x017F;ein Flei&#x017F;ch ungenießbar i&#x017F;t; als Gefangener wird er<lb/>
zu einer wahren Zierde des Weihers.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Gän&#x017F;e&#x017F;äger</hi> (<hi rendition="#aq">Mergus merganser</hi>), auch <hi rendition="#g">Ganstaucher</hi> oder <hi rendition="#g">Sägegans, See-</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Meerrachen, Kneifer</hi> und <hi rendition="#g">Ganner</hi> genannt, vertritt die Sippe der <hi rendition="#g">Zahn&#x017F;äger</hi> und unter-<lb/>
&#x017F;cheidet &#x017F;ich von dem Zwerg&#x017F;äger haupt&#x017F;ächlich durch den langen, &#x017F;eitlich zu&#x017F;ammengedrückten Schnabel.<lb/>
Jm Hochzeitskleide &#x017F;ind Kopf und Oberhals &#x017F;chwarzgrün, der Oberrücken, die Schultern, der Flügel-<lb/>
rand und die vorderen Schulterfedern &#x017F;chwarz, die ganze Unter&#x017F;eite, die Oberflügeldeckfedern &#x017F;chön<lb/>
gelbroth, die Federn des Spiegels weiß, die Schwingen &#x017F;chwärzlich, die Unterrückendeckfedern grau,<lb/>
fein &#x017F;chwarzgewellt, die Schwingen &#x017F;chwarz, die Steuerfedern grau. Das Auge i&#x017F;t rothgelb, der<lb/>
Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Beim Weibchen &#x017F;ind Oberkopf und Nacken braun, der<lb/>
Rücken blaugrau, die Unter&#x017F;eite und der Spiegel weiß, die Vorderbru&#x017F;t und die Seiten auf grauem<lb/>
Grunde dunkler und lichter gewellt. Ein ähnliches, nur etwas &#x017F;chöneres Kleid legt das Männchen<lb/>
nach &#x017F;einer Sommermau&#x017F;er an. Die Länge beträgt 30 bis 32, die Breite 40 bis 42, die Fittiglänge<lb/>
12, die Schwanzlänge 3 Zoll.</p><lb/>
          <p>Der Gän&#x017F;e&#x017F;äger bewohnt den Norden Europas, A&#x017F;iens und Amerikas, &#x017F;cheint auch in jedem der<lb/>
drei Erdtheile ungefähr gleich häufig zu &#x017F;ein. Als Heimatsgebiet darf man den Gürtel zwi&#x017F;chen dem<lb/>
52. und 68. Grade der Breite annehmen. Auf dem Zuge, welchen er mit größerer Regelmäßigkeit<lb/>
als die übrigen Arten ausführt, hat man ihn einer&#x017F;eits in allen &#x017F;üdlicher gelegenen Staaten Europas<lb/>
oder in Nordindien und Südchina, anderer&#x017F;eits fa&#x017F;t überall in den Vereinigten Staaten beobachtet.<lb/>
Einige Paare brüten im Norden Deut&#x017F;chlands; die größere Anzahl von denen, welche bei uns ge&#x017F;ehen<lb/>
wird, er&#x017F;cheint Ende November vom Norden her und zieht bereits im Februar wieder dahin zurück.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[848/0898] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Säger und im Nu ſind ſie von der Fläche verſchwunden, und das Waſſer wird bewegt vom Rudern unter demſelben. Endlich erſcheint einer nach dem anderen wieder oben, aber zerſtreut und, wo es der Raum geſtattet, oft dreißig bis funfzig Schritt vom erſten Platze weg. Sie ſammeln ſich von neuem, tauchen abermals und erſcheinen zerſtreut bald wieder und, zur Ueberraſchung des Lauſchers, diesmal vielleicht ganz in deſſen Nähe auf der Oberfläche. Sehr merkwürdig holen ſie allein durch Tauchen ihren Lebens- unterhalt oft aus ziemlich kleinen, wenig Geviertfuß breiten Oeffnungen im Eiſe, indem ſie ihre Jagd unter der Eisdecke treiben, aber um zu athmen und ſich einige Augenblicke zu erholen, doch ſtets die offene Stelle wieder treffen, ein Beweis, daß ihre Sehkraft unter Waſſer ſelbſt über einen anſehnlichen Raum ſich erſtrecken muß. Wo das freie Gewäſſer nicht Fiſchchen genug enthält, durchwühlen ſie auch den Boden deſſelben nach Kerbthieren, Fröſchchen ꝛc. Kommt eine Geſellſchaft auf einen kleinen, mit vieler Fiſchbrut beſetzten Quellteich, ſo ſetzen ſowohl Vögel als fliehende Fiſche, die wie bei Ver- folgung von Raubfiſchen nicht ſelten über die Fläche aufſchnellen, das Waſſer in eine faſt wirbelnde Bewegung. Es iſt den Sägern eigen, daß, wenn ſie fiſchen wollen, gewöhnlich alle zu gleicher Zeit eintauchen, um die überraſchten Fiſche in allen Richtungen zu verfolgen, und ſo der Eine fangen kann, was dem Anderen entwiſchte. Aber wir haben nie bemerkt, daß ſie beim Eintauchen eine gewiſſe Anordnung träfen, ſich, wie man geſagt hat, im Halbkreiſe aufſtellten und denſelben auch während des Untertauchens beibehielten, um die Fiſche in die Enge zu treiben und ſo deſto ſicherer zu fangen. Ueber die Fortpflanzung iſt noch wenig bekannt. Man weiß, daß der Zwergſäger im Norden Rußlands in Menge niſtet, am Ufer oder auf kleinen Jnſelchen, auch wohl in hohlen Baumſtämmen ein Neſt aus trockenen Geniſte und Gräſern errichtet, daſſelbe mit den eigenen Dunen auskleidet und acht bis zwölf ſchmuzigweißliche oder grünlichbräunliche Eier legt, kennt aber weder die Dauer der Brutzeit, noch die Entwickelungsgeſchichte der Jungen. Als Jagdvogel hat er keinen Werth, weil ſein Fleiſch ungenießbar iſt; als Gefangener wird er zu einer wahren Zierde des Weihers. Der Gänſeſäger (Mergus merganser), auch Ganstaucher oder Sägegans, See- und Meerrachen, Kneifer und Ganner genannt, vertritt die Sippe der Zahnſäger und unter- ſcheidet ſich von dem Zwergſäger hauptſächlich durch den langen, ſeitlich zuſammengedrückten Schnabel. Jm Hochzeitskleide ſind Kopf und Oberhals ſchwarzgrün, der Oberrücken, die Schultern, der Flügel- rand und die vorderen Schulterfedern ſchwarz, die ganze Unterſeite, die Oberflügeldeckfedern ſchön gelbroth, die Federn des Spiegels weiß, die Schwingen ſchwärzlich, die Unterrückendeckfedern grau, fein ſchwarzgewellt, die Schwingen ſchwarz, die Steuerfedern grau. Das Auge iſt rothgelb, der Schnabel korallenroth, der Fuß blaßroth. Beim Weibchen ſind Oberkopf und Nacken braun, der Rücken blaugrau, die Unterſeite und der Spiegel weiß, die Vorderbruſt und die Seiten auf grauem Grunde dunkler und lichter gewellt. Ein ähnliches, nur etwas ſchöneres Kleid legt das Männchen nach ſeiner Sommermauſer an. Die Länge beträgt 30 bis 32, die Breite 40 bis 42, die Fittiglänge 12, die Schwanzlänge 3 Zoll. Der Gänſeſäger bewohnt den Norden Europas, Aſiens und Amerikas, ſcheint auch in jedem der drei Erdtheile ungefähr gleich häufig zu ſein. Als Heimatsgebiet darf man den Gürtel zwiſchen dem 52. und 68. Grade der Breite annehmen. Auf dem Zuge, welchen er mit größerer Regelmäßigkeit als die übrigen Arten ausführt, hat man ihn einerſeits in allen ſüdlicher gelegenen Staaten Europas oder in Nordindien und Südchina, andererſeits faſt überall in den Vereinigten Staaten beobachtet. Einige Paare brüten im Norden Deutſchlands; die größere Anzahl von denen, welche bei uns geſehen wird, erſcheint Ende November vom Norden her und zieht bereits im Februar wieder dahin zurück.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/898
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 848. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/898>, abgerufen am 23.11.2024.