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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Zwergsäger.
Schellente, verdient also zuerst erwähnt zu werden. Das Hochzeitskleid des Männchens ist reinweiß,
eine Stelle zwischen dem Auge und dem Schnabel und ein Band im Genick schwarzgrün, der Rücken
und der größte Theil des Flügels, zwei schmale Binden an der Schulter und eine Längsbinde über
dem Flügel schwarz, die Seiten bläulichgrau und schwarz quer gewellt, die Schwingen schwarzbraun,
die Steuerfedern grau. Das Auge ist bläulichgrau, der Schnabel und Fuß graublau. Die Länge
beträgt 19, die Breite 30, die Fittiglänge 81/2, die Schwanzlänge 3 Zoll. Beim kleineren Weibchen
sind Kopf und Hinterhals braun, die Zügel schwarz, die Kehle und die Unterseite weiß, die Mantel-
federn grau, auf den Flügeln, an der Oberbrust und an den Seiten weißlich und schwarz in die
Quere gewellt. Ein ähnliches Kleid legt das Männchen nach der Sommermauser an.

Nordasien muß als die eigentliche Heimat des Zwergsägers bezeichnet werden; vonhieraus
erstreckt sich sein Verbreitungskreis in westlicher Richtung bis Nordeuropa, in östlicher bis Amerika,
sodaß also auch diese Art den drei nördlichen Erdtheilen angehört. Der Winter treibt ihn von seinem
Nistgebiete aus in südlichere Gegenden. Er erscheint dann massenhaft in ganz China, insbesondere
im Norden des himmlischen Reiches, tritt auch regelmäßig überall in Nordindien auf, kommt ebenso
nicht selten und wohl allwinterlich nach Mittel- und Südeuropa, streicht aber nur einzeln in die
südlicheren Länder der Vereinigten Staaten hinab; wenigstens versichert Audubon, daß er auf der
Westhälfte überhaupt zu den seltenen Vögeln gezählt werden müsse. Bei strengem Wetter trifft er
bei uns bereits im November, in der Regel aber nicht vor Mitte Dezembers ein und verläßt uns
bereits im Februar und März wieder, dem Norden zuwandernd, soll sich jedoch auf einigen schweizer
Seen zuweilen bis zum Mai umhertreiben. Man sieht ihn fast nur auf süßen Gewässern, ausnahms-
weise vielleicht auch auf stillen Meeresbuchten, namentlich solchen, in welchen Flüsse einmünden, dann
aber immer blos auf kurze Zeit. Abweichend von den Tauchenten bevorzugt er, wie seine Familien-
verwandten überhaupt, fließendes Wasser dem stehenden, wandert also streng den Flüssen nach und
besucht blos von diesen aus die Seen und Teiche, welche noch offenes Wasser haben.

Jm Gehen trägt er sich wagerecht, den Hals eingezogen und bewegt sich wankend, aber doch besser
als die Verwandten; schwimmend, senkt er seinen Leib ungefähr bis zur Hälfte seiner Höhe in das
Wasser ein; im Tauchen streckt er sich lang aus und streicht dann sehr eilfertig unter dem Wasser
weg. Der Flug ähnelt dem kleiner Entenarten, ist ebenso schnell und geschickt, verursacht ein kaum
merkbares Geräusch und geht in gerader Linie fort, bei kurzen Entfernungen meist niedrig über dem
Wasser oder dem Boden hin. Nur wenn der Zwergsäger auf letzterem ausruht, zeigt er sich
träge, sonst stets außerordentlich lebhaft, auch bei der heftigsten Kälte rege und munter. Von
den ihm in Gestalt und Färbung gar nicht unähnlichen Schellenten unterscheidet man ihn leicht
durch die Art und Weise seines Tauchens. Während die Tauchenten, gewöhnlich mehr oder
weniger auf derselben Stelle, von welcher aus sie in die Tiefe hinabtauchen, wieder erscheinen, fahren
die Säger, wie Naumann sagt, nach dem Untertauchen in allen Richtungen wagerecht oder schräg
zwischen Fläche und Boden des Wassers hin und tauchen fast immer sehr weit von der ersten Stelle
wieder auf. Sie schießen gleichsam im Wasser fort, wie ein Hecht oder ein anderer Raubfisch und
können minutenlang unter dem Wasser ausdauern. Wirklich eigenthümlich ist die erwähnte
Zuneigung unseres Sägers zu den Schellenten. Höchst selten sieht man die bei uns ankommenden
Wandervögel ohne diese Begleitung, und mehr als einmal hat man die innigste Verbindung beider
Vögel beobachtet, erlegte auch Zahnschnäbler, welche man nur als Blendlinge von beiden ansehen
kann. Das gegenseitige Freundschaftsverhältniß währt selbst in der Gefangenschaft fort; ja, es ist
in unseren Thiergärten vorgekommen, daß herumschwärmende Zwergsäger sich freiwillig auf Teichen
einfanden, auf denen sie Schellenten bemerkt hatten.

Die Nahrung besteht hauptsächlich in kleinen Fischen, nebenbei in Krebsen und Kerbthieren; die
Gefangenen fressen jedoch auch gewisse Pflanzenstoffe, insbesondere Brot recht gern. Jm Fischen stehen
sie ihren größeren Verwandten nicht nach. "Eine Gesellschaft dieser Säger", sagt Naumann, "beim
Fischen zu belauschen, gewährt eine angenehme Unterhaltung. Bald schwimmen alle beisammen, bald

Zwergſäger.
Schellente, verdient alſo zuerſt erwähnt zu werden. Das Hochzeitskleid des Männchens iſt reinweiß,
eine Stelle zwiſchen dem Auge und dem Schnabel und ein Band im Genick ſchwarzgrün, der Rücken
und der größte Theil des Flügels, zwei ſchmale Binden an der Schulter und eine Längsbinde über
dem Flügel ſchwarz, die Seiten bläulichgrau und ſchwarz quer gewellt, die Schwingen ſchwarzbraun,
die Steuerfedern grau. Das Auge iſt bläulichgrau, der Schnabel und Fuß graublau. Die Länge
beträgt 19, die Breite 30, die Fittiglänge 8½, die Schwanzlänge 3 Zoll. Beim kleineren Weibchen
ſind Kopf und Hinterhals braun, die Zügel ſchwarz, die Kehle und die Unterſeite weiß, die Mantel-
federn grau, auf den Flügeln, an der Oberbruſt und an den Seiten weißlich und ſchwarz in die
Quere gewellt. Ein ähnliches Kleid legt das Männchen nach der Sommermauſer an.

Nordaſien muß als die eigentliche Heimat des Zwergſägers bezeichnet werden; vonhieraus
erſtreckt ſich ſein Verbreitungskreis in weſtlicher Richtung bis Nordeuropa, in öſtlicher bis Amerika,
ſodaß alſo auch dieſe Art den drei nördlichen Erdtheilen angehört. Der Winter treibt ihn von ſeinem
Niſtgebiete aus in ſüdlichere Gegenden. Er erſcheint dann maſſenhaft in ganz China, insbeſondere
im Norden des himmliſchen Reiches, tritt auch regelmäßig überall in Nordindien auf, kommt ebenſo
nicht ſelten und wohl allwinterlich nach Mittel- und Südeuropa, ſtreicht aber nur einzeln in die
ſüdlicheren Länder der Vereinigten Staaten hinab; wenigſtens verſichert Audubon, daß er auf der
Weſthälfte überhaupt zu den ſeltenen Vögeln gezählt werden müſſe. Bei ſtrengem Wetter trifft er
bei uns bereits im November, in der Regel aber nicht vor Mitte Dezembers ein und verläßt uns
bereits im Februar und März wieder, dem Norden zuwandernd, ſoll ſich jedoch auf einigen ſchweizer
Seen zuweilen bis zum Mai umhertreiben. Man ſieht ihn faſt nur auf ſüßen Gewäſſern, ausnahms-
weiſe vielleicht auch auf ſtillen Meeresbuchten, namentlich ſolchen, in welchen Flüſſe einmünden, dann
aber immer blos auf kurze Zeit. Abweichend von den Tauchenten bevorzugt er, wie ſeine Familien-
verwandten überhaupt, fließendes Waſſer dem ſtehenden, wandert alſo ſtreng den Flüſſen nach und
beſucht blos von dieſen aus die Seen und Teiche, welche noch offenes Waſſer haben.

Jm Gehen trägt er ſich wagerecht, den Hals eingezogen und bewegt ſich wankend, aber doch beſſer
als die Verwandten; ſchwimmend, ſenkt er ſeinen Leib ungefähr bis zur Hälfte ſeiner Höhe in das
Waſſer ein; im Tauchen ſtreckt er ſich lang aus und ſtreicht dann ſehr eilfertig unter dem Waſſer
weg. Der Flug ähnelt dem kleiner Entenarten, iſt ebenſo ſchnell und geſchickt, verurſacht ein kaum
merkbares Geräuſch und geht in gerader Linie fort, bei kurzen Entfernungen meiſt niedrig über dem
Waſſer oder dem Boden hin. Nur wenn der Zwergſäger auf letzterem ausruht, zeigt er ſich
träge, ſonſt ſtets außerordentlich lebhaft, auch bei der heftigſten Kälte rege und munter. Von
den ihm in Geſtalt und Färbung gar nicht unähnlichen Schellenten unterſcheidet man ihn leicht
durch die Art und Weiſe ſeines Tauchens. Während die Tauchenten, gewöhnlich mehr oder
weniger auf derſelben Stelle, von welcher aus ſie in die Tiefe hinabtauchen, wieder erſcheinen, fahren
die Säger, wie Naumann ſagt, nach dem Untertauchen in allen Richtungen wagerecht oder ſchräg
zwiſchen Fläche und Boden des Waſſers hin und tauchen faſt immer ſehr weit von der erſten Stelle
wieder auf. Sie ſchießen gleichſam im Waſſer fort, wie ein Hecht oder ein anderer Raubfiſch und
können minutenlang unter dem Waſſer ausdauern. Wirklich eigenthümlich iſt die erwähnte
Zuneigung unſeres Sägers zu den Schellenten. Höchſt ſelten ſieht man die bei uns ankommenden
Wandervögel ohne dieſe Begleitung, und mehr als einmal hat man die innigſte Verbindung beider
Vögel beobachtet, erlegte auch Zahnſchnäbler, welche man nur als Blendlinge von beiden anſehen
kann. Das gegenſeitige Freundſchaftsverhältniß währt ſelbſt in der Gefangenſchaft fort; ja, es iſt
in unſeren Thiergärten vorgekommen, daß herumſchwärmende Zwergſäger ſich freiwillig auf Teichen
einfanden, auf denen ſie Schellenten bemerkt hatten.

Die Nahrung beſteht hauptſächlich in kleinen Fiſchen, nebenbei in Krebſen und Kerbthieren; die
Gefangenen freſſen jedoch auch gewiſſe Pflanzenſtoffe, insbeſondere Brot recht gern. Jm Fiſchen ſtehen
ſie ihren größeren Verwandten nicht nach. „Eine Geſellſchaft dieſer Säger“, ſagt Naumann, „beim
Fiſchen zu belauſchen, gewährt eine angenehme Unterhaltung. Bald ſchwimmen alle beiſammen, bald

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[847/0897] Zwergſäger. Schellente, verdient alſo zuerſt erwähnt zu werden. Das Hochzeitskleid des Männchens iſt reinweiß, eine Stelle zwiſchen dem Auge und dem Schnabel und ein Band im Genick ſchwarzgrün, der Rücken und der größte Theil des Flügels, zwei ſchmale Binden an der Schulter und eine Längsbinde über dem Flügel ſchwarz, die Seiten bläulichgrau und ſchwarz quer gewellt, die Schwingen ſchwarzbraun, die Steuerfedern grau. Das Auge iſt bläulichgrau, der Schnabel und Fuß graublau. Die Länge beträgt 19, die Breite 30, die Fittiglänge 8½, die Schwanzlänge 3 Zoll. Beim kleineren Weibchen ſind Kopf und Hinterhals braun, die Zügel ſchwarz, die Kehle und die Unterſeite weiß, die Mantel- federn grau, auf den Flügeln, an der Oberbruſt und an den Seiten weißlich und ſchwarz in die Quere gewellt. Ein ähnliches Kleid legt das Männchen nach der Sommermauſer an. Nordaſien muß als die eigentliche Heimat des Zwergſägers bezeichnet werden; vonhieraus erſtreckt ſich ſein Verbreitungskreis in weſtlicher Richtung bis Nordeuropa, in öſtlicher bis Amerika, ſodaß alſo auch dieſe Art den drei nördlichen Erdtheilen angehört. Der Winter treibt ihn von ſeinem Niſtgebiete aus in ſüdlichere Gegenden. Er erſcheint dann maſſenhaft in ganz China, insbeſondere im Norden des himmliſchen Reiches, tritt auch regelmäßig überall in Nordindien auf, kommt ebenſo nicht ſelten und wohl allwinterlich nach Mittel- und Südeuropa, ſtreicht aber nur einzeln in die ſüdlicheren Länder der Vereinigten Staaten hinab; wenigſtens verſichert Audubon, daß er auf der Weſthälfte überhaupt zu den ſeltenen Vögeln gezählt werden müſſe. Bei ſtrengem Wetter trifft er bei uns bereits im November, in der Regel aber nicht vor Mitte Dezembers ein und verläßt uns bereits im Februar und März wieder, dem Norden zuwandernd, ſoll ſich jedoch auf einigen ſchweizer Seen zuweilen bis zum Mai umhertreiben. Man ſieht ihn faſt nur auf ſüßen Gewäſſern, ausnahms- weiſe vielleicht auch auf ſtillen Meeresbuchten, namentlich ſolchen, in welchen Flüſſe einmünden, dann aber immer blos auf kurze Zeit. Abweichend von den Tauchenten bevorzugt er, wie ſeine Familien- verwandten überhaupt, fließendes Waſſer dem ſtehenden, wandert alſo ſtreng den Flüſſen nach und beſucht blos von dieſen aus die Seen und Teiche, welche noch offenes Waſſer haben. Jm Gehen trägt er ſich wagerecht, den Hals eingezogen und bewegt ſich wankend, aber doch beſſer als die Verwandten; ſchwimmend, ſenkt er ſeinen Leib ungefähr bis zur Hälfte ſeiner Höhe in das Waſſer ein; im Tauchen ſtreckt er ſich lang aus und ſtreicht dann ſehr eilfertig unter dem Waſſer weg. Der Flug ähnelt dem kleiner Entenarten, iſt ebenſo ſchnell und geſchickt, verurſacht ein kaum merkbares Geräuſch und geht in gerader Linie fort, bei kurzen Entfernungen meiſt niedrig über dem Waſſer oder dem Boden hin. Nur wenn der Zwergſäger auf letzterem ausruht, zeigt er ſich träge, ſonſt ſtets außerordentlich lebhaft, auch bei der heftigſten Kälte rege und munter. Von den ihm in Geſtalt und Färbung gar nicht unähnlichen Schellenten unterſcheidet man ihn leicht durch die Art und Weiſe ſeines Tauchens. Während die Tauchenten, gewöhnlich mehr oder weniger auf derſelben Stelle, von welcher aus ſie in die Tiefe hinabtauchen, wieder erſcheinen, fahren die Säger, wie Naumann ſagt, nach dem Untertauchen in allen Richtungen wagerecht oder ſchräg zwiſchen Fläche und Boden des Waſſers hin und tauchen faſt immer ſehr weit von der erſten Stelle wieder auf. Sie ſchießen gleichſam im Waſſer fort, wie ein Hecht oder ein anderer Raubfiſch und können minutenlang unter dem Waſſer ausdauern. Wirklich eigenthümlich iſt die erwähnte Zuneigung unſeres Sägers zu den Schellenten. Höchſt ſelten ſieht man die bei uns ankommenden Wandervögel ohne dieſe Begleitung, und mehr als einmal hat man die innigſte Verbindung beider Vögel beobachtet, erlegte auch Zahnſchnäbler, welche man nur als Blendlinge von beiden anſehen kann. Das gegenſeitige Freundſchaftsverhältniß währt ſelbſt in der Gefangenſchaft fort; ja, es iſt in unſeren Thiergärten vorgekommen, daß herumſchwärmende Zwergſäger ſich freiwillig auf Teichen einfanden, auf denen ſie Schellenten bemerkt hatten. Die Nahrung beſteht hauptſächlich in kleinen Fiſchen, nebenbei in Krebſen und Kerbthieren; die Gefangenen freſſen jedoch auch gewiſſe Pflanzenſtoffe, insbeſondere Brot recht gern. Jm Fiſchen ſtehen ſie ihren größeren Verwandten nicht nach. „Eine Geſellſchaft dieſer Säger“, ſagt Naumann, „beim Fiſchen zu belauſchen, gewährt eine angenehme Unterhaltung. Bald ſchwimmen alle beiſammen, bald

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 847. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/897>, abgerufen am 23.11.2024.