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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Tafelente.
Wasserflächen von einiger Tiefe haben, und besucht von ihnen aus kleinere Gewässer der Nach-
barschaft.

Jnnerhalb ihrer Familie gehört die Tafelente zu den beweglichsten Arten. Sie geht verhältniß-
mäßig besser als die meisten übrigen, obgleich noch immer schwerfällig, betritt das Land auch
nur ungern, höchstens um sich auf sicheren Sandbänken auszuruhen oder eine an den Strand
geworfene Pflanzenmasse zu durchstöbern, und verrichtet sonst alle ihre Geschäfte auf dem Wasser. Jm
Schwimmen senkt sie sich etwas weniger tief ein als ihre Verwandten, durchfurcht die Wellen aber mit
derselben Gewandtheit wie diese und ist blitzschnell wieder in der Tiefe verschwunden. Der Flug
geschieht unter hastigem Flügelschlage, verursacht ein vernehmliches Rauschen und fördert nicht gerade
schnell, scheint aber doch weniger zu ermüden als man glauben möchte. Die Stimme ist ein tiefer,
schnarchender Laut, welcher durch die Silbe "Charr" oder "Cherr", ungefähr wiedergegeben werden
kann und während der Paarungszeit von einem eigenthümlichen Getön, welches Naumann
"Quätschen" nennt, begleitet. Jm Vergleiche zu den Schwimmenten ist die Tafelente wie ihre Ver-
wandten wenig scheu, zuweilen sogar sehr zutraulich, doch macht auch sie Verfolgung vorsichtig, wie
sie überhaupt die Verhältnisse bald würdigen und darnach handeln lernt.

Während des Sommers nährt sich diese Tauchente fast ausschließlich von Pflanzenstoffen:
Wurzelknollen, Keimen, zarten Blätterspitzen, Blüthen und Samen der verschiedenen Wasserpflanzen;
nebenbei fängt sie Kerbthiere oder Fischen, liest Muscheln auf, kurz sucht sich ihren Tisch so vielseitig
als möglich zu beschicken; während des Zuges geht sie mehr zu thierischer Nahrung über, und dann
nimmt ihr sonst köstliches Wildpret einen unangenehm thranigen Geschmack an.

Sie brütet erst spät im Jahre, selten vor der Mitte des Mai, weil sie ihr Nest am liebsten in
dem Seggen oder Rohre ihrer Brutgewässer anlegt. Letzteres ist stets ein Binnensee oder Teich,
welcher wenigstens am Rande mit Schilf, Rohr oder Riedgras bestanden ist. Ob er süßes Wasser
enthält oder salziges, scheint ihr ziemlich gleichgültig zu sein; denn man bemerkt keine Vorliebe für
süßes Wasser. Zuweilen legt sie ihr Nest in der Nähe bewohnter Orte an, manchmal auf sehr kleinen
Teichen, führt aber dann die Jungen bald einem größeren Gewässer zu. Nach ihrer Ankunft im
Frühjahre verweilen die Paare längere Zeit unter verschiedenen anderen Enten, scheinbar ohne an
eine Fortpflanzung zu denken; Ende Aprils werden sie unruhig und lebhaft; die Männchen lassen
ihren Paarungsruf hören; die Paare trennen sich, und die Liebesbewerbungen beginnen. Das
Weibchen soll, nach Naumann, frei unter den verschiedenen Bewerbern wählen und sich mit dem
Beglückten gelegentlich fortschleichen, ohne daß dieses deshalb Kämpfe mit Nebenbuhlern zu bestehen
hat. Das Nest wird aus trockenem Schilfe, Rohrhalmen und Grasblättern zusammengebaut, ziemlich
dicht verflochten, in der Mitte tief ausgemuldet und später reichlich mit Dunen ausgekleidet. Acht
bis zehn, ausnahmsweise mehr, wenn das erste Gelege gestört wurde, weniger, verhältnißmäßig
große, rundliche, feinkörnige, glanzlose, graue oder ölgrünliche Eier bilden das Gelege. Solange das
Weibchen noch legt, hält das Männchen treu zu ihm, übernimmt auch wohl das Amt des Wächters,
während das Weibchen auf dem Neste verweilt, und zeigt jede Annäherung der Gefahr warnend an;
wenn aber das Weibchen einmal brütet, zieht es sich zurück und vereinigt sich mit anderen Männchen,
ohne sich um die Gattin fernerhin zu kümmern. Letztere setzt ihr Leben ohne Bedenken für die Brut
ein und verläßt die Eier, wenn sie erst einige Tage gebrütet hat, niemals. Nach zweiundzwanzig-
bis dreiundzwanzigtägiger Bebrütung entschlüpfen die Jungen, werden noch im Laufe desselben Tages
auf das Wasser geführt, schwimmen und tauchen hier ohne jeglichen Unterricht sofort außerordentlich
fertig, entfernen sich aber anfangs nicht aus der Nähe der deckenden Pflanzen. Durch Einknicken
mehrerer neben einander stehender Rohrstengel und Schilfblätter, welche auch wohl mit Wasser-
kräutern belegt werden, schafft ihnen die Mutter besondere Ruheplätze und Schlafstellen; auf ihnen
sitzen sie häufig, um sich zu sonnen, zu putzen und auszuruhen. Bei Verfolgung suchen sie sich durch
oftmaliges Untertauchen zu retten; wiederholt sich die Störung, so führt sie die Mutter
an einen sicheren Ort, womöglich dem Laufe der Gewässer folgend, im Nothfalle auch über Land.

Tafelente.
Waſſerflächen von einiger Tiefe haben, und beſucht von ihnen aus kleinere Gewäſſer der Nach-
barſchaft.

Jnnerhalb ihrer Familie gehört die Tafelente zu den beweglichſten Arten. Sie geht verhältniß-
mäßig beſſer als die meiſten übrigen, obgleich noch immer ſchwerfällig, betritt das Land auch
nur ungern, höchſtens um ſich auf ſicheren Sandbänken auszuruhen oder eine an den Strand
geworfene Pflanzenmaſſe zu durchſtöbern, und verrichtet ſonſt alle ihre Geſchäfte auf dem Waſſer. Jm
Schwimmen ſenkt ſie ſich etwas weniger tief ein als ihre Verwandten, durchfurcht die Wellen aber mit
derſelben Gewandtheit wie dieſe und iſt blitzſchnell wieder in der Tiefe verſchwunden. Der Flug
geſchieht unter haſtigem Flügelſchlage, verurſacht ein vernehmliches Rauſchen und fördert nicht gerade
ſchnell, ſcheint aber doch weniger zu ermüden als man glauben möchte. Die Stimme iſt ein tiefer,
ſchnarchender Laut, welcher durch die Silbe „Charr“ oder „Cherr“, ungefähr wiedergegeben werden
kann und während der Paarungszeit von einem eigenthümlichen Getön, welches Naumann
„Quätſchen“ nennt, begleitet. Jm Vergleiche zu den Schwimmenten iſt die Tafelente wie ihre Ver-
wandten wenig ſcheu, zuweilen ſogar ſehr zutraulich, doch macht auch ſie Verfolgung vorſichtig, wie
ſie überhaupt die Verhältniſſe bald würdigen und darnach handeln lernt.

Während des Sommers nährt ſich dieſe Tauchente faſt ausſchließlich von Pflanzenſtoffen:
Wurzelknollen, Keimen, zarten Blätterſpitzen, Blüthen und Samen der verſchiedenen Waſſerpflanzen;
nebenbei fängt ſie Kerbthiere oder Fiſchen, lieſt Muſcheln auf, kurz ſucht ſich ihren Tiſch ſo vielſeitig
als möglich zu beſchicken; während des Zuges geht ſie mehr zu thieriſcher Nahrung über, und dann
nimmt ihr ſonſt köſtliches Wildpret einen unangenehm thranigen Geſchmack an.

Sie brütet erſt ſpät im Jahre, ſelten vor der Mitte des Mai, weil ſie ihr Neſt am liebſten in
dem Seggen oder Rohre ihrer Brutgewäſſer anlegt. Letzteres iſt ſtets ein Binnenſee oder Teich,
welcher wenigſtens am Rande mit Schilf, Rohr oder Riedgras beſtanden iſt. Ob er ſüßes Waſſer
enthält oder ſalziges, ſcheint ihr ziemlich gleichgültig zu ſein; denn man bemerkt keine Vorliebe für
ſüßes Waſſer. Zuweilen legt ſie ihr Neſt in der Nähe bewohnter Orte an, manchmal auf ſehr kleinen
Teichen, führt aber dann die Jungen bald einem größeren Gewäſſer zu. Nach ihrer Ankunft im
Frühjahre verweilen die Paare längere Zeit unter verſchiedenen anderen Enten, ſcheinbar ohne an
eine Fortpflanzung zu denken; Ende Aprils werden ſie unruhig und lebhaft; die Männchen laſſen
ihren Paarungsruf hören; die Paare trennen ſich, und die Liebesbewerbungen beginnen. Das
Weibchen ſoll, nach Naumann, frei unter den verſchiedenen Bewerbern wählen und ſich mit dem
Beglückten gelegentlich fortſchleichen, ohne daß dieſes deshalb Kämpfe mit Nebenbuhlern zu beſtehen
hat. Das Neſt wird aus trockenem Schilfe, Rohrhalmen und Grasblättern zuſammengebaut, ziemlich
dicht verflochten, in der Mitte tief ausgemuldet und ſpäter reichlich mit Dunen ausgekleidet. Acht
bis zehn, ausnahmsweiſe mehr, wenn das erſte Gelege geſtört wurde, weniger, verhältnißmäßig
große, rundliche, feinkörnige, glanzloſe, graue oder ölgrünliche Eier bilden das Gelege. Solange das
Weibchen noch legt, hält das Männchen treu zu ihm, übernimmt auch wohl das Amt des Wächters,
während das Weibchen auf dem Neſte verweilt, und zeigt jede Annäherung der Gefahr warnend an;
wenn aber das Weibchen einmal brütet, zieht es ſich zurück und vereinigt ſich mit anderen Männchen,
ohne ſich um die Gattin fernerhin zu kümmern. Letztere ſetzt ihr Leben ohne Bedenken für die Brut
ein und verläßt die Eier, wenn ſie erſt einige Tage gebrütet hat, niemals. Nach zweiundzwanzig-
bis dreiundzwanzigtägiger Bebrütung entſchlüpfen die Jungen, werden noch im Laufe deſſelben Tages
auf das Waſſer geführt, ſchwimmen und tauchen hier ohne jeglichen Unterricht ſofort außerordentlich
fertig, entfernen ſich aber anfangs nicht aus der Nähe der deckenden Pflanzen. Durch Einknicken
mehrerer neben einander ſtehender Rohrſtengel und Schilfblätter, welche auch wohl mit Waſſer-
kräutern belegt werden, ſchafft ihnen die Mutter beſondere Ruheplätze und Schlafſtellen; auf ihnen
ſitzen ſie häufig, um ſich zu ſonnen, zu putzen und auszuruhen. Bei Verfolgung ſuchen ſie ſich durch
oftmaliges Untertauchen zu retten; wiederholt ſich die Störung, ſo führt ſie die Mutter
an einen ſicheren Ort, womöglich dem Laufe der Gewäſſer folgend, im Nothfalle auch über Land.

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[843/0893] Tafelente. Waſſerflächen von einiger Tiefe haben, und beſucht von ihnen aus kleinere Gewäſſer der Nach- barſchaft. Jnnerhalb ihrer Familie gehört die Tafelente zu den beweglichſten Arten. Sie geht verhältniß- mäßig beſſer als die meiſten übrigen, obgleich noch immer ſchwerfällig, betritt das Land auch nur ungern, höchſtens um ſich auf ſicheren Sandbänken auszuruhen oder eine an den Strand geworfene Pflanzenmaſſe zu durchſtöbern, und verrichtet ſonſt alle ihre Geſchäfte auf dem Waſſer. Jm Schwimmen ſenkt ſie ſich etwas weniger tief ein als ihre Verwandten, durchfurcht die Wellen aber mit derſelben Gewandtheit wie dieſe und iſt blitzſchnell wieder in der Tiefe verſchwunden. Der Flug geſchieht unter haſtigem Flügelſchlage, verurſacht ein vernehmliches Rauſchen und fördert nicht gerade ſchnell, ſcheint aber doch weniger zu ermüden als man glauben möchte. Die Stimme iſt ein tiefer, ſchnarchender Laut, welcher durch die Silbe „Charr“ oder „Cherr“, ungefähr wiedergegeben werden kann und während der Paarungszeit von einem eigenthümlichen Getön, welches Naumann „Quätſchen“ nennt, begleitet. Jm Vergleiche zu den Schwimmenten iſt die Tafelente wie ihre Ver- wandten wenig ſcheu, zuweilen ſogar ſehr zutraulich, doch macht auch ſie Verfolgung vorſichtig, wie ſie überhaupt die Verhältniſſe bald würdigen und darnach handeln lernt. Während des Sommers nährt ſich dieſe Tauchente faſt ausſchließlich von Pflanzenſtoffen: Wurzelknollen, Keimen, zarten Blätterſpitzen, Blüthen und Samen der verſchiedenen Waſſerpflanzen; nebenbei fängt ſie Kerbthiere oder Fiſchen, lieſt Muſcheln auf, kurz ſucht ſich ihren Tiſch ſo vielſeitig als möglich zu beſchicken; während des Zuges geht ſie mehr zu thieriſcher Nahrung über, und dann nimmt ihr ſonſt köſtliches Wildpret einen unangenehm thranigen Geſchmack an. Sie brütet erſt ſpät im Jahre, ſelten vor der Mitte des Mai, weil ſie ihr Neſt am liebſten in dem Seggen oder Rohre ihrer Brutgewäſſer anlegt. Letzteres iſt ſtets ein Binnenſee oder Teich, welcher wenigſtens am Rande mit Schilf, Rohr oder Riedgras beſtanden iſt. Ob er ſüßes Waſſer enthält oder ſalziges, ſcheint ihr ziemlich gleichgültig zu ſein; denn man bemerkt keine Vorliebe für ſüßes Waſſer. Zuweilen legt ſie ihr Neſt in der Nähe bewohnter Orte an, manchmal auf ſehr kleinen Teichen, führt aber dann die Jungen bald einem größeren Gewäſſer zu. Nach ihrer Ankunft im Frühjahre verweilen die Paare längere Zeit unter verſchiedenen anderen Enten, ſcheinbar ohne an eine Fortpflanzung zu denken; Ende Aprils werden ſie unruhig und lebhaft; die Männchen laſſen ihren Paarungsruf hören; die Paare trennen ſich, und die Liebesbewerbungen beginnen. Das Weibchen ſoll, nach Naumann, frei unter den verſchiedenen Bewerbern wählen und ſich mit dem Beglückten gelegentlich fortſchleichen, ohne daß dieſes deshalb Kämpfe mit Nebenbuhlern zu beſtehen hat. Das Neſt wird aus trockenem Schilfe, Rohrhalmen und Grasblättern zuſammengebaut, ziemlich dicht verflochten, in der Mitte tief ausgemuldet und ſpäter reichlich mit Dunen ausgekleidet. Acht bis zehn, ausnahmsweiſe mehr, wenn das erſte Gelege geſtört wurde, weniger, verhältnißmäßig große, rundliche, feinkörnige, glanzloſe, graue oder ölgrünliche Eier bilden das Gelege. Solange das Weibchen noch legt, hält das Männchen treu zu ihm, übernimmt auch wohl das Amt des Wächters, während das Weibchen auf dem Neſte verweilt, und zeigt jede Annäherung der Gefahr warnend an; wenn aber das Weibchen einmal brütet, zieht es ſich zurück und vereinigt ſich mit anderen Männchen, ohne ſich um die Gattin fernerhin zu kümmern. Letztere ſetzt ihr Leben ohne Bedenken für die Brut ein und verläßt die Eier, wenn ſie erſt einige Tage gebrütet hat, niemals. Nach zweiundzwanzig- bis dreiundzwanzigtägiger Bebrütung entſchlüpfen die Jungen, werden noch im Laufe deſſelben Tages auf das Waſſer geführt, ſchwimmen und tauchen hier ohne jeglichen Unterricht ſofort außerordentlich fertig, entfernen ſich aber anfangs nicht aus der Nähe der deckenden Pflanzen. Durch Einknicken mehrerer neben einander ſtehender Rohrſtengel und Schilfblätter, welche auch wohl mit Waſſer- kräutern belegt werden, ſchafft ihnen die Mutter beſondere Ruheplätze und Schlafſtellen; auf ihnen ſitzen ſie häufig, um ſich zu ſonnen, zu putzen und auszuruhen. Bei Verfolgung ſuchen ſie ſich durch oftmaliges Untertauchen zu retten; wiederholt ſich die Störung, ſo führt ſie die Mutter an einen ſicheren Ort, womöglich dem Laufe der Gewäſſer folgend, im Nothfalle auch über Land.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 843. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/893>, abgerufen am 23.11.2024.