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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Nonnenente. Stockente.
wenn ein Raubvogel unter sie stößt. Bei dieser regellosen Flucht flogen sie aber oft so heftig gegen
einander an, daß sie sich gegenseitig die Flügelknochen brachen und betäubt herabfielen. Noch größer war
die Verwirrung, wenn zwei verschiedene Herden zusammentrafen. Jch habe dann oft fünf bis acht
Stück zur Erde herabfallen sehen, ohne daß der Pfeil auch nur mehr als eine verwundet gehabt hätte.
Kamen bei einer solchen Verwirrung die Schwärme in den Bereich meiner Flinte, dann waren
gewöhnlich zehn bis zwölf die Beute eines Schusses."

Ueber die Fortpflanzung konnte Schomburgk Nichts erfahren; dagegen theilt er mit, daß sich
auch diese Art leicht zähmen läßt und deshalb zu den gewöhnlichsten Hausthieren der Jndianer
gehöre. Um so auffallender muß es erscheinen, daß der zierliche Vogel bis jetzt noch nicht regelmäßig
lebend nach Europa gebracht wird. Die Schönheit seines Gefieders und die Anmuth seines Wesens
würde ihn jedenfalls als anziehendes Mitglied unserer Thiersammlungen erscheinen lassen, obgleich
er, wie seine Verwandten, sich schwerlich zur Einbürgerung in unser Klima eignen dürfte. Alle
Baumenten nämlich können bei uns zu Lande während des Winters nicht im Freien gehalten werden,
weil sie sich regelmäßig die Füße erfrieren und in Folge davon stets bald zu Grunde gehen.



Unter allen Enten ist für uns die Stock-, Wild-, März-, Blumen-, Gras-, Stoß-,
Sturz-
und Mosente (Anas boschas) die wichtigste, weil von ihr unsere Hausente herstammt.
Sie vertritt mit einigen anderen Arten die Sippe der Spiegelenten, als deren Kennzeichen gelten:
kräftiger Leib, kurzer Hals, breiter, flach gewölbter, nach vorn kaum verschmächtigter Schnabel mit
stark übergekrümmtem Nagel, mittelhohe, in der Mitte des Leibes eingelenkte, langzehige Füße, ziemlich
lange Flügel, zugerundeter Schwanz, dessen mittlere Oberdeckfedern sich aufwärts kräuseln, und ein
nach dem Geschlecht sehr verschieden gefärbtes Gefieder.

Die Stockente hat grünen Kopf und Oberhals, braune Vorderbrust, hoch- oder graubraunen,
dunkler gemischten, auf den Schultern grauweiß, braun und schwärzlich gewässerten Oberrücken, graue
Oberflügel, prachtvoll blauen, beiderseitig weiß gesäumten Spiegel, schwarzgrünen Unterrücken und
Bürzel und auf grauweißem Grunde sehr zart schwärzlich gewässerte Untertheile; ein schmales,
weißes Halsband trennt das Grün des Halses von dem Kastanienbraun der Vorderbrust; die Ober-
deckfedern sind schwarzgrün, die Unterdeckfedern sammtschwarz, die Schwingen dunkelgrau. Das
Auge ist hellbraun, der Schnabel grüngelb, der Fuß blaßroth. Jm Herbste ähnelt das Kleid des
Männchens dem des Weibchens, welches auf Kopf und Hals fahlgrau, dunkler gepunktet, auf dem
Oberkopfe schwarzbraun, auf dem Rücken braun, lichter schwarzbraun, grau, braun und rostgelb-
braun bespritzt und heller gerandet, auf dem Unterhalse und Kropfe auf hellkastanienbraunem Grunde
mit schwarzen Mondflecken, auf dem übrigen Unterkörper durch braune Flecke gezeichnet ist. Die
Länge beträgt 24, die Breite 40, die Fittiglänge 11, die Schwanzlänge 31/2 Zoll.

Mit Recht darf man die Stockente die "gemeine" nennen, denn sie bewohnt nicht nur den
Norden der ganzen Erde, sondern findet sich auch von der Mitte des nördlichen Polarkreises an bis
gegen den Wendekreis hin an geeigneten Orten überall, obschon im Süden blos während des
Winters. Jm Norden, wo im Winter der Aufenthalt ihr unmöglich wird, zieht sie regelmäßig, im
Süden wandert sie nur, und schon in Mitteldeutschland bleibt sie oft während der kalten Jahreszeit
wohnen. Jn den Monaten Oktober und November versammeln sich die Stockenten in großen Scharen
und brechen nun nach südlicheren Gegenden auf. Die meisten gehen bis Jtalien, Griechenland und
Spanien, wenige nur bis Nordafrika oder in die diesem Theile der Erde entsprechende Breite Südasiens
hinab. Auf den italienischen, griechischen und spanischen Seen gewahrt man von jener Zeit an
Tausende und Hunderttausende von ihnen, zuweilen auf Strecken von einer halben Geviertmeile das

Nonnenente. Stockente.
wenn ein Raubvogel unter ſie ſtößt. Bei dieſer regelloſen Flucht flogen ſie aber oft ſo heftig gegen
einander an, daß ſie ſich gegenſeitig die Flügelknochen brachen und betäubt herabfielen. Noch größer war
die Verwirrung, wenn zwei verſchiedene Herden zuſammentrafen. Jch habe dann oft fünf bis acht
Stück zur Erde herabfallen ſehen, ohne daß der Pfeil auch nur mehr als eine verwundet gehabt hätte.
Kamen bei einer ſolchen Verwirrung die Schwärme in den Bereich meiner Flinte, dann waren
gewöhnlich zehn bis zwölf die Beute eines Schuſſes.“

Ueber die Fortpflanzung konnte Schomburgk Nichts erfahren; dagegen theilt er mit, daß ſich
auch dieſe Art leicht zähmen läßt und deshalb zu den gewöhnlichſten Hausthieren der Jndianer
gehöre. Um ſo auffallender muß es erſcheinen, daß der zierliche Vogel bis jetzt noch nicht regelmäßig
lebend nach Europa gebracht wird. Die Schönheit ſeines Gefieders und die Anmuth ſeines Weſens
würde ihn jedenfalls als anziehendes Mitglied unſerer Thierſammlungen erſcheinen laſſen, obgleich
er, wie ſeine Verwandten, ſich ſchwerlich zur Einbürgerung in unſer Klima eignen dürfte. Alle
Baumenten nämlich können bei uns zu Lande während des Winters nicht im Freien gehalten werden,
weil ſie ſich regelmäßig die Füße erfrieren und in Folge davon ſtets bald zu Grunde gehen.



Unter allen Enten iſt für uns die Stock-, Wild-, März-, Blumen-, Gras-, Stoß-,
Sturz-
und Mosente (Anas boschas) die wichtigſte, weil von ihr unſere Hausente herſtammt.
Sie vertritt mit einigen anderen Arten die Sippe der Spiegelenten, als deren Kennzeichen gelten:
kräftiger Leib, kurzer Hals, breiter, flach gewölbter, nach vorn kaum verſchmächtigter Schnabel mit
ſtark übergekrümmtem Nagel, mittelhohe, in der Mitte des Leibes eingelenkte, langzehige Füße, ziemlich
lange Flügel, zugerundeter Schwanz, deſſen mittlere Oberdeckfedern ſich aufwärts kräuſeln, und ein
nach dem Geſchlecht ſehr verſchieden gefärbtes Gefieder.

Die Stockente hat grünen Kopf und Oberhals, braune Vorderbruſt, hoch- oder graubraunen,
dunkler gemiſchten, auf den Schultern grauweiß, braun und ſchwärzlich gewäſſerten Oberrücken, graue
Oberflügel, prachtvoll blauen, beiderſeitig weiß geſäumten Spiegel, ſchwarzgrünen Unterrücken und
Bürzel und auf grauweißem Grunde ſehr zart ſchwärzlich gewäſſerte Untertheile; ein ſchmales,
weißes Halsband trennt das Grün des Halſes von dem Kaſtanienbraun der Vorderbruſt; die Ober-
deckfedern ſind ſchwarzgrün, die Unterdeckfedern ſammtſchwarz, die Schwingen dunkelgrau. Das
Auge iſt hellbraun, der Schnabel grüngelb, der Fuß blaßroth. Jm Herbſte ähnelt das Kleid des
Männchens dem des Weibchens, welches auf Kopf und Hals fahlgrau, dunkler gepunktet, auf dem
Oberkopfe ſchwarzbraun, auf dem Rücken braun, lichter ſchwarzbraun, grau, braun und roſtgelb-
braun beſpritzt und heller gerandet, auf dem Unterhalſe und Kropfe auf hellkaſtanienbraunem Grunde
mit ſchwarzen Mondflecken, auf dem übrigen Unterkörper durch braune Flecke gezeichnet iſt. Die
Länge beträgt 24, die Breite 40, die Fittiglänge 11, die Schwanzlänge 3½ Zoll.

Mit Recht darf man die Stockente die „gemeine“ nennen, denn ſie bewohnt nicht nur den
Norden der ganzen Erde, ſondern findet ſich auch von der Mitte des nördlichen Polarkreiſes an bis
gegen den Wendekreis hin an geeigneten Orten überall, obſchon im Süden blos während des
Winters. Jm Norden, wo im Winter der Aufenthalt ihr unmöglich wird, zieht ſie regelmäßig, im
Süden wandert ſie nur, und ſchon in Mitteldeutſchland bleibt ſie oft während der kalten Jahreszeit
wohnen. Jn den Monaten Oktober und November verſammeln ſich die Stockenten in großen Scharen
und brechen nun nach ſüdlicheren Gegenden auf. Die meiſten gehen bis Jtalien, Griechenland und
Spanien, wenige nur bis Nordafrika oder in die dieſem Theile der Erde entſprechende Breite Südaſiens
hinab. Auf den italieniſchen, griechiſchen und ſpaniſchen Seen gewahrt man von jener Zeit an
Tauſende und Hunderttauſende von ihnen, zuweilen auf Strecken von einer halben Geviertmeile das

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[821/0871] Nonnenente. Stockente. wenn ein Raubvogel unter ſie ſtößt. Bei dieſer regelloſen Flucht flogen ſie aber oft ſo heftig gegen einander an, daß ſie ſich gegenſeitig die Flügelknochen brachen und betäubt herabfielen. Noch größer war die Verwirrung, wenn zwei verſchiedene Herden zuſammentrafen. Jch habe dann oft fünf bis acht Stück zur Erde herabfallen ſehen, ohne daß der Pfeil auch nur mehr als eine verwundet gehabt hätte. Kamen bei einer ſolchen Verwirrung die Schwärme in den Bereich meiner Flinte, dann waren gewöhnlich zehn bis zwölf die Beute eines Schuſſes.“ Ueber die Fortpflanzung konnte Schomburgk Nichts erfahren; dagegen theilt er mit, daß ſich auch dieſe Art leicht zähmen läßt und deshalb zu den gewöhnlichſten Hausthieren der Jndianer gehöre. Um ſo auffallender muß es erſcheinen, daß der zierliche Vogel bis jetzt noch nicht regelmäßig lebend nach Europa gebracht wird. Die Schönheit ſeines Gefieders und die Anmuth ſeines Weſens würde ihn jedenfalls als anziehendes Mitglied unſerer Thierſammlungen erſcheinen laſſen, obgleich er, wie ſeine Verwandten, ſich ſchwerlich zur Einbürgerung in unſer Klima eignen dürfte. Alle Baumenten nämlich können bei uns zu Lande während des Winters nicht im Freien gehalten werden, weil ſie ſich regelmäßig die Füße erfrieren und in Folge davon ſtets bald zu Grunde gehen. Unter allen Enten iſt für uns die Stock-, Wild-, März-, Blumen-, Gras-, Stoß-, Sturz- und Mosente (Anas boschas) die wichtigſte, weil von ihr unſere Hausente herſtammt. Sie vertritt mit einigen anderen Arten die Sippe der Spiegelenten, als deren Kennzeichen gelten: kräftiger Leib, kurzer Hals, breiter, flach gewölbter, nach vorn kaum verſchmächtigter Schnabel mit ſtark übergekrümmtem Nagel, mittelhohe, in der Mitte des Leibes eingelenkte, langzehige Füße, ziemlich lange Flügel, zugerundeter Schwanz, deſſen mittlere Oberdeckfedern ſich aufwärts kräuſeln, und ein nach dem Geſchlecht ſehr verſchieden gefärbtes Gefieder. Die Stockente hat grünen Kopf und Oberhals, braune Vorderbruſt, hoch- oder graubraunen, dunkler gemiſchten, auf den Schultern grauweiß, braun und ſchwärzlich gewäſſerten Oberrücken, graue Oberflügel, prachtvoll blauen, beiderſeitig weiß geſäumten Spiegel, ſchwarzgrünen Unterrücken und Bürzel und auf grauweißem Grunde ſehr zart ſchwärzlich gewäſſerte Untertheile; ein ſchmales, weißes Halsband trennt das Grün des Halſes von dem Kaſtanienbraun der Vorderbruſt; die Ober- deckfedern ſind ſchwarzgrün, die Unterdeckfedern ſammtſchwarz, die Schwingen dunkelgrau. Das Auge iſt hellbraun, der Schnabel grüngelb, der Fuß blaßroth. Jm Herbſte ähnelt das Kleid des Männchens dem des Weibchens, welches auf Kopf und Hals fahlgrau, dunkler gepunktet, auf dem Oberkopfe ſchwarzbraun, auf dem Rücken braun, lichter ſchwarzbraun, grau, braun und roſtgelb- braun beſpritzt und heller gerandet, auf dem Unterhalſe und Kropfe auf hellkaſtanienbraunem Grunde mit ſchwarzen Mondflecken, auf dem übrigen Unterkörper durch braune Flecke gezeichnet iſt. Die Länge beträgt 24, die Breite 40, die Fittiglänge 11, die Schwanzlänge 3½ Zoll. Mit Recht darf man die Stockente die „gemeine“ nennen, denn ſie bewohnt nicht nur den Norden der ganzen Erde, ſondern findet ſich auch von der Mitte des nördlichen Polarkreiſes an bis gegen den Wendekreis hin an geeigneten Orten überall, obſchon im Süden blos während des Winters. Jm Norden, wo im Winter der Aufenthalt ihr unmöglich wird, zieht ſie regelmäßig, im Süden wandert ſie nur, und ſchon in Mitteldeutſchland bleibt ſie oft während der kalten Jahreszeit wohnen. Jn den Monaten Oktober und November verſammeln ſich die Stockenten in großen Scharen und brechen nun nach ſüdlicheren Gegenden auf. Die meiſten gehen bis Jtalien, Griechenland und Spanien, wenige nur bis Nordafrika oder in die dieſem Theile der Erde entſprechende Breite Südaſiens hinab. Auf den italieniſchen, griechiſchen und ſpaniſchen Seen gewahrt man von jener Zeit an Tauſende und Hunderttauſende von ihnen, zuweilen auf Strecken von einer halben Geviertmeile das

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/871>, abgerufen am 23.11.2024.