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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Brandente. Nonnenente.
Geschmack nicht Jedermann behagt, geschätzt, und die Dunen, welche man nach vollendeter Brutzeit
aus den Nestern holt, stehen denen der Eidergans kaum nach und übertreffen sie noch an Sauber-
keit. Das Wildpret der alten Vögel wird nicht gerühmt, weil es einen ranzigen oder thranigen
Geschmack und widerlichen Geruch hat. Deshalb jagt auch der Küstenbewohner niemals auf seine
Bergenten, schont und hätschelt sie vielmehr nach besten Kräften.

Jung eingefangene Brandenten lassen sich bei entsprechender Pflege ohne sonderliche Mühe groß
ziehen, vorausgesetzt, daß man ihnen das nöthige Wasser gewähren kann. Wenn man sie auf einem
größeren Teiche hält, suchen sie sich soviel Nahrung selbst, daß sie kaum noch besonderer Zuthaten
bedürfen. Später freilich reichen die Kerbthiere, welche sie sich selbst fangen, nicht mehr aus, und
man muß dann mit Teichlinsen, gehacktem Salat, Weißbrot, Ameiseneiern, fein gehacktem Fleische und
Fischen nachhelfen. Grütze darf man ihnen in früher Jugend nicht reichen, weil sie, nach den Erfahrungen
von Bodinus, davon erblinden. Um so besser gedeihen sie, wenn man ihnen thierische Stoffe in
genügender Menge vorwirft. Sie werden sehr zahm und erlangen auch in der Gefangenschaft ihre
volle Schönheit, schreiten aber doch nur höchst selten zur Fortpflanzung. Soviel mir bekannt, hat
bisher blos Bodinus die Freude gehabt, Brandenten zu züchten. Jn den übrigen Thiergärten
paaren sich die prächtigen Vögel wohl, machen sich in der lebhaftesten Weise gegenseitig den Hof,
begatten sich und besuchen die ihnen vorgerichteten Nesthöhlen, legen aber nicht, selbst wenn man ihnen
die sorgfältigste Pflege angedeihen läßt. Somit dürfen wir wohl kaum die Hoffnung hegen, diese
Zierde des Meeres zum Hausvogel zu machen.



Baumenten (Dendrocygna) nennt man einige ausländische Mitglieder der Familie, welche
sich durch hohe, schlanke Gestalt, mittellangen Hals, zierlichen Kopf, etwas schmächtigen Schnabel,
hohe Beine, stumpfe Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längsten sind, kurzen,
steifen, abgerundeten Schwanz und buntes Gefieder kennzeichnen.

Unter ihnen verdient die Wittwen- oder Nonnenente (Dendrocygna viduata) an erster
Stelle genannt zu werden, weil sie nicht blos im Süden Amerikas, sondern auch in ganz Mittelafrika
gefunden wird und sich also in durchaus ungewöhnlicher Weise verbreitet. Das Gesicht bis zur
Scheitelmitte und die Kehle sind weiß, an Stirn und Wangen röthlichbraun überlaufen, Hinterkopf,
Seiten- und Hintertheile des Halses schwarz, Unterhals und Oberbrust schön rothbraun, die Brust-
seiten und der Rücken fahlgelblicholivenfarben, dunkler in die Quere gewellt und gefleckt, die langen
unteren Schulterfedern ölbraun, fahlweißlich gerändert, Unterrücken, Schwanzmitte, alle Untertheile
von der Brust an schwarz, die Seiten des Leibes auf grauweißem Grunde schwarzbraun quer
gestreift, die Oberflügeldeckfedern hochrothbraun, die Armschwingen ölbraun, grünlich gerandet, die
Schwingen und Steuerfedern bräunlichschwarz. Das Auge ist rothbraun, der Schnabel schwarz, vor
dem Nagel durch ein aschgraues Band gezeichnet, der Fuß bleifarbig. Die Länge beträgt 18, die
Breite 32, die Fittiglänge 83/4, die Schwanzlänge 2 2/3 Zoll. Das Weibchen unterscheidet sich in der
Färbung kaum von dem Männchen.

Alle Reisenden, welche Südamerika besuchten, fanden die Nonnenente in erstaunlicher Menge,
hauptsächlich in den Sümpfen der Steppen auf; die Forscher, welche in Afrika beobachteten, trafen sie
ebenso häufig im Westen, wie im Süden dieses Erdtheiles. Am oberen blauen Nile begegnete ich
mehrmals außerordentlich zahlreichen Scharen von ihr, welche, dicht gereiht, auf weithin die sandigen
Ufer bedeckten und beim Auffliegen wahre Wolken bildeten. Heuglin gibt an, daß sich die
Männchen und Weibchen stets getrennt zusammenhalten, während ich versichern kann, mit einem
einzigen Schusse beide Geschlechter erlegt zu haben. Die Lebensweise ist übrigens noch keineswegs

52 *

Brandente. Nonnenente.
Geſchmack nicht Jedermann behagt, geſchätzt, und die Dunen, welche man nach vollendeter Brutzeit
aus den Neſtern holt, ſtehen denen der Eidergans kaum nach und übertreffen ſie noch an Sauber-
keit. Das Wildpret der alten Vögel wird nicht gerühmt, weil es einen ranzigen oder thranigen
Geſchmack und widerlichen Geruch hat. Deshalb jagt auch der Küſtenbewohner niemals auf ſeine
Bergenten, ſchont und hätſchelt ſie vielmehr nach beſten Kräften.

Jung eingefangene Brandenten laſſen ſich bei entſprechender Pflege ohne ſonderliche Mühe groß
ziehen, vorausgeſetzt, daß man ihnen das nöthige Waſſer gewähren kann. Wenn man ſie auf einem
größeren Teiche hält, ſuchen ſie ſich ſoviel Nahrung ſelbſt, daß ſie kaum noch beſonderer Zuthaten
bedürfen. Später freilich reichen die Kerbthiere, welche ſie ſich ſelbſt fangen, nicht mehr aus, und
man muß dann mit Teichlinſen, gehacktem Salat, Weißbrot, Ameiſeneiern, fein gehacktem Fleiſche und
Fiſchen nachhelfen. Grütze darf man ihnen in früher Jugend nicht reichen, weil ſie, nach den Erfahrungen
von Bodinus, davon erblinden. Um ſo beſſer gedeihen ſie, wenn man ihnen thieriſche Stoffe in
genügender Menge vorwirft. Sie werden ſehr zahm und erlangen auch in der Gefangenſchaft ihre
volle Schönheit, ſchreiten aber doch nur höchſt ſelten zur Fortpflanzung. Soviel mir bekannt, hat
bisher blos Bodinus die Freude gehabt, Brandenten zu züchten. Jn den übrigen Thiergärten
paaren ſich die prächtigen Vögel wohl, machen ſich in der lebhafteſten Weiſe gegenſeitig den Hof,
begatten ſich und beſuchen die ihnen vorgerichteten Neſthöhlen, legen aber nicht, ſelbſt wenn man ihnen
die ſorgfältigſte Pflege angedeihen läßt. Somit dürfen wir wohl kaum die Hoffnung hegen, dieſe
Zierde des Meeres zum Hausvogel zu machen.



Baumenten (Dendrocygna) nennt man einige ausländiſche Mitglieder der Familie, welche
ſich durch hohe, ſchlanke Geſtalt, mittellangen Hals, zierlichen Kopf, etwas ſchmächtigen Schnabel,
hohe Beine, ſtumpfe Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längſten ſind, kurzen,
ſteifen, abgerundeten Schwanz und buntes Gefieder kennzeichnen.

Unter ihnen verdient die Wittwen- oder Nonnenente (Dendrocygna viduata) an erſter
Stelle genannt zu werden, weil ſie nicht blos im Süden Amerikas, ſondern auch in ganz Mittelafrika
gefunden wird und ſich alſo in durchaus ungewöhnlicher Weiſe verbreitet. Das Geſicht bis zur
Scheitelmitte und die Kehle ſind weiß, an Stirn und Wangen röthlichbraun überlaufen, Hinterkopf,
Seiten- und Hintertheile des Halſes ſchwarz, Unterhals und Oberbruſt ſchön rothbraun, die Bruſt-
ſeiten und der Rücken fahlgelblicholivenfarben, dunkler in die Quere gewellt und gefleckt, die langen
unteren Schulterfedern ölbraun, fahlweißlich gerändert, Unterrücken, Schwanzmitte, alle Untertheile
von der Bruſt an ſchwarz, die Seiten des Leibes auf grauweißem Grunde ſchwarzbraun quer
geſtreift, die Oberflügeldeckfedern hochrothbraun, die Armſchwingen ölbraun, grünlich gerandet, die
Schwingen und Steuerfedern bräunlichſchwarz. Das Auge iſt rothbraun, der Schnabel ſchwarz, vor
dem Nagel durch ein aſchgraues Band gezeichnet, der Fuß bleifarbig. Die Länge beträgt 18, die
Breite 32, die Fittiglänge 8¾, die Schwanzlänge 2⅔ Zoll. Das Weibchen unterſcheidet ſich in der
Färbung kaum von dem Männchen.

Alle Reiſenden, welche Südamerika beſuchten, fanden die Nonnenente in erſtaunlicher Menge,
hauptſächlich in den Sümpfen der Steppen auf; die Forſcher, welche in Afrika beobachteten, trafen ſie
ebenſo häufig im Weſten, wie im Süden dieſes Erdtheiles. Am oberen blauen Nile begegnete ich
mehrmals außerordentlich zahlreichen Scharen von ihr, welche, dicht gereiht, auf weithin die ſandigen
Ufer bedeckten und beim Auffliegen wahre Wolken bildeten. Heuglin gibt an, daß ſich die
Männchen und Weibchen ſtets getrennt zuſammenhalten, während ich verſichern kann, mit einem
einzigen Schuſſe beide Geſchlechter erlegt zu haben. Die Lebensweiſe iſt übrigens noch keineswegs

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[819/0869] Brandente. Nonnenente. Geſchmack nicht Jedermann behagt, geſchätzt, und die Dunen, welche man nach vollendeter Brutzeit aus den Neſtern holt, ſtehen denen der Eidergans kaum nach und übertreffen ſie noch an Sauber- keit. Das Wildpret der alten Vögel wird nicht gerühmt, weil es einen ranzigen oder thranigen Geſchmack und widerlichen Geruch hat. Deshalb jagt auch der Küſtenbewohner niemals auf ſeine Bergenten, ſchont und hätſchelt ſie vielmehr nach beſten Kräften. Jung eingefangene Brandenten laſſen ſich bei entſprechender Pflege ohne ſonderliche Mühe groß ziehen, vorausgeſetzt, daß man ihnen das nöthige Waſſer gewähren kann. Wenn man ſie auf einem größeren Teiche hält, ſuchen ſie ſich ſoviel Nahrung ſelbſt, daß ſie kaum noch beſonderer Zuthaten bedürfen. Später freilich reichen die Kerbthiere, welche ſie ſich ſelbſt fangen, nicht mehr aus, und man muß dann mit Teichlinſen, gehacktem Salat, Weißbrot, Ameiſeneiern, fein gehacktem Fleiſche und Fiſchen nachhelfen. Grütze darf man ihnen in früher Jugend nicht reichen, weil ſie, nach den Erfahrungen von Bodinus, davon erblinden. Um ſo beſſer gedeihen ſie, wenn man ihnen thieriſche Stoffe in genügender Menge vorwirft. Sie werden ſehr zahm und erlangen auch in der Gefangenſchaft ihre volle Schönheit, ſchreiten aber doch nur höchſt ſelten zur Fortpflanzung. Soviel mir bekannt, hat bisher blos Bodinus die Freude gehabt, Brandenten zu züchten. Jn den übrigen Thiergärten paaren ſich die prächtigen Vögel wohl, machen ſich in der lebhafteſten Weiſe gegenſeitig den Hof, begatten ſich und beſuchen die ihnen vorgerichteten Neſthöhlen, legen aber nicht, ſelbſt wenn man ihnen die ſorgfältigſte Pflege angedeihen läßt. Somit dürfen wir wohl kaum die Hoffnung hegen, dieſe Zierde des Meeres zum Hausvogel zu machen. Baumenten (Dendrocygna) nennt man einige ausländiſche Mitglieder der Familie, welche ſich durch hohe, ſchlanke Geſtalt, mittellangen Hals, zierlichen Kopf, etwas ſchmächtigen Schnabel, hohe Beine, ſtumpfe Flügel, unter deren Schwingen die dritte und vierte die längſten ſind, kurzen, ſteifen, abgerundeten Schwanz und buntes Gefieder kennzeichnen. Unter ihnen verdient die Wittwen- oder Nonnenente (Dendrocygna viduata) an erſter Stelle genannt zu werden, weil ſie nicht blos im Süden Amerikas, ſondern auch in ganz Mittelafrika gefunden wird und ſich alſo in durchaus ungewöhnlicher Weiſe verbreitet. Das Geſicht bis zur Scheitelmitte und die Kehle ſind weiß, an Stirn und Wangen röthlichbraun überlaufen, Hinterkopf, Seiten- und Hintertheile des Halſes ſchwarz, Unterhals und Oberbruſt ſchön rothbraun, die Bruſt- ſeiten und der Rücken fahlgelblicholivenfarben, dunkler in die Quere gewellt und gefleckt, die langen unteren Schulterfedern ölbraun, fahlweißlich gerändert, Unterrücken, Schwanzmitte, alle Untertheile von der Bruſt an ſchwarz, die Seiten des Leibes auf grauweißem Grunde ſchwarzbraun quer geſtreift, die Oberflügeldeckfedern hochrothbraun, die Armſchwingen ölbraun, grünlich gerandet, die Schwingen und Steuerfedern bräunlichſchwarz. Das Auge iſt rothbraun, der Schnabel ſchwarz, vor dem Nagel durch ein aſchgraues Band gezeichnet, der Fuß bleifarbig. Die Länge beträgt 18, die Breite 32, die Fittiglänge 8¾, die Schwanzlänge 2⅔ Zoll. Das Weibchen unterſcheidet ſich in der Färbung kaum von dem Männchen. Alle Reiſenden, welche Südamerika beſuchten, fanden die Nonnenente in erſtaunlicher Menge, hauptſächlich in den Sümpfen der Steppen auf; die Forſcher, welche in Afrika beobachteten, trafen ſie ebenſo häufig im Weſten, wie im Süden dieſes Erdtheiles. Am oberen blauen Nile begegnete ich mehrmals außerordentlich zahlreichen Scharen von ihr, welche, dicht gereiht, auf weithin die ſandigen Ufer bedeckten und beim Auffliegen wahre Wolken bildeten. Heuglin gibt an, daß ſich die Männchen und Weibchen ſtets getrennt zuſammenhalten, während ich verſichern kann, mit einem einzigen Schuſſe beide Geſchlechter erlegt zu haben. Die Lebensweiſe iſt übrigens noch keineswegs 52 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 819. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/869>, abgerufen am 23.11.2024.