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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Schwimmenten.
ganz unerwartet, dicht über dem Boden herfliegend, von der entgegengesetzten Seite an, ließen sich
auf dem Hauptbaue nieder, schauten sich ein Weilchen um und begannen, als sie sich unbeobachtet
glaubten, in ihrer Art emsig die durch häufiges Ausgraben der Bewohner des Baues entstandenen
Höhen und Vertiefungen zu durchwandeln, so ruhig und sicher etwa, wie unsere Hausenten zur Lege-
zeit auf ihren bekannten Höfen umhergehen. Bald verschwanden sie in der Mündung der größeren
Fuchsröhre und blieben eine halbe Stunde lang unsichtbar. Endlich kam eine zum Vorscheine,
bestieg rasch den Hügel, unter welchem die Röhre ausmündete, sah sich aufmerksam nach allen
Richtungen um und flog nun gemächlich nach den Wiesen hin. -- Auf Sylt und anderen Vorinseln
von Schleswig legt man für die Brandenten künstliche Bauten an, indem man auf niedrigen, mit
festem Rasen überkleideten Dünenhügeln wagerechte Röhren bildet, welche sich im Mittelpunkte des
Hügels netzartig durchkreuzen und so zur Anlage der Nester dienen. Jede Niststelle wird mit einem
aus Rasen bestehenden, genau schließenden Deckel versehen, welcher sich abheben läßt und Untersuchung
des Nestes gestattet, die Niststelle selbst mit trockenem Geniste und Mose belegt, damit die ankommenden
Enten die ihnen nöthigen Stoffe gleich vorfinden mögen. Diese Baue werden von den Bergenten
regelmäßig bezogen, auch wenn sie sich in unmittelbarer Nähe von Gebäuden befinden sollten; ja,
die Vögel gewöhnen sich nach und nach so an die Besitzer, daß sie sich, wenn sie brüten, unglaublich
viel gefallen lassen. Stört man das Weibchen nicht, so legt es sieben bis zwölf große, weiße, glatte
und festschalige Eier und beginnt dann eifrig zu brüten. Nimmt man ihm, wie es auf Sylt geschieht,
die Eier weg, so zwingt man es, daß es zwanzig bis dreißig legt. Nach und nach umgibt es das
Gelege mit Dunen, deckt auch beim Weggehen stets das Nest mit denselben sorgfältig zu. Es liebt,
laut Naumann, die Eier sehr und weicht nicht vom Neste, bis man es fast greifen kann. Die,
welche in den künstlichen Entenbauen auf Sylt brüten, sind so zahm, daß sie beim behutsamen Auf-
heben des erwähnten Deckels sitzen bleiben und erst seitwärts in eine Nebenhöhle schlüpfen, wenn man
sie berührt. Bei Besichtigung der Entenbaue pflegt man vorher den einzigen Ausgang zu verstopfen,
damit die Enten nicht herauspoltern und scheu werden. Nach beendeter Musterung der Nester öffnet
man die Hauptröhre wieder; dann aber kommt keine der Brutenten zum Vorscheine: jede begibt sich
vielmehr wieder auf ihr Nest. Die, welche eine kurze, hinten geschlossene Höhle bewohnen, lassen sich
auf den Eiern leicht ergreifen, vertheidigen sich dabei aber mit dem Schnabel und fauchen dazu wie eine
Katze oder stoßen, mehr vor Wuth als aus Angst, schäkernde Töne aus. Es ist vorgekommen, daß
zum Vertreiben der brütenden Enten von den Eiern und aus der Röhre ein Stock zur Hilfe genommen
werden mußte, weil sie unablässig auf die Hände loshackten und schmerzhafte Bisse versetzten. Nach
vollendeter Brutzeit, welche sechsundzwanzig Tage währt, führt die Mutter ihre Jungen dem nächsten
Moore zu, verweilt unterweges aber gern einige Tage auf einem süßen Gewässer, welches am Wege
liegt. Naumann versichert, daß sie da, wo sie hoch über dem Boden in Höhlen brütet, die Jungen
mit dem Schnabel einzeln zur Tiefe herabträgt; Bodinus aber widerlegt nach eigenen Beobachtungen
diese Angabe. "Jch selbst", sagt er, "habe am steilen und unzugänglichen Meeresufer, an welchem
in einer Höhle die Brandente nistete, mich dadurch in den Besitz ihrer Jungen gesetzt, daß ich die
Stelle am Ufer, auf welche die Jungen beim Verlassen des Nestes fallen mußten, mit einem ziemlich
tiefen Graben umgeben ließ, welchen die Thierchen wegen Steilheit seiner Wände nicht verlassen
konnten. Hätten die Eltern die Gewohnheit, ihre Kinder aus hoch belegenen Brutplätzen oder gar
aus der gemachten Grube zu tragen, so würde ich niemals in deren Besitz gelangt sein." Die dem
Meere zuwandernde Schar kann man leicht erhaschen, während Dies fast ein Ding der Unmöglichkeit
ist, wenn die Familie bereits tieferes Wasser erreicht hat; denn die Jungen tauchen vom ersten
Tage ihres Lebens an vortrefflich. Uebrigens versucht die Mutter ihre Kinder nach besten Kräften
zu vertheidigen, indem sie entweder dem Feinde kühn zu Leibe geht oder ihn durch Verstellung zu
täuschen sucht.

Für die Bewohner von Sylt und anderen Jnseln der Nordsee ist die Brandente nicht ganz ohne
Bedeutung. Die Eier, welche man nach und nach dem Neste entnimmt, werden, obgleich ihr

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwimmenten.
ganz unerwartet, dicht über dem Boden herfliegend, von der entgegengeſetzten Seite an, ließen ſich
auf dem Hauptbaue nieder, ſchauten ſich ein Weilchen um und begannen, als ſie ſich unbeobachtet
glaubten, in ihrer Art emſig die durch häufiges Ausgraben der Bewohner des Baues entſtandenen
Höhen und Vertiefungen zu durchwandeln, ſo ruhig und ſicher etwa, wie unſere Hausenten zur Lege-
zeit auf ihren bekannten Höfen umhergehen. Bald verſchwanden ſie in der Mündung der größeren
Fuchsröhre und blieben eine halbe Stunde lang unſichtbar. Endlich kam eine zum Vorſcheine,
beſtieg raſch den Hügel, unter welchem die Röhre ausmündete, ſah ſich aufmerkſam nach allen
Richtungen um und flog nun gemächlich nach den Wieſen hin. — Auf Sylt und anderen Vorinſeln
von Schleswig legt man für die Brandenten künſtliche Bauten an, indem man auf niedrigen, mit
feſtem Raſen überkleideten Dünenhügeln wagerechte Röhren bildet, welche ſich im Mittelpunkte des
Hügels netzartig durchkreuzen und ſo zur Anlage der Neſter dienen. Jede Niſtſtelle wird mit einem
aus Raſen beſtehenden, genau ſchließenden Deckel verſehen, welcher ſich abheben läßt und Unterſuchung
des Neſtes geſtattet, die Niſtſtelle ſelbſt mit trockenem Geniſte und Moſe belegt, damit die ankommenden
Enten die ihnen nöthigen Stoffe gleich vorfinden mögen. Dieſe Baue werden von den Bergenten
regelmäßig bezogen, auch wenn ſie ſich in unmittelbarer Nähe von Gebäuden befinden ſollten; ja,
die Vögel gewöhnen ſich nach und nach ſo an die Beſitzer, daß ſie ſich, wenn ſie brüten, unglaublich
viel gefallen laſſen. Stört man das Weibchen nicht, ſo legt es ſieben bis zwölf große, weiße, glatte
und feſtſchalige Eier und beginnt dann eifrig zu brüten. Nimmt man ihm, wie es auf Sylt geſchieht,
die Eier weg, ſo zwingt man es, daß es zwanzig bis dreißig legt. Nach und nach umgibt es das
Gelege mit Dunen, deckt auch beim Weggehen ſtets das Neſt mit denſelben ſorgfältig zu. Es liebt,
laut Naumann, die Eier ſehr und weicht nicht vom Neſte, bis man es faſt greifen kann. Die,
welche in den künſtlichen Entenbauen auf Sylt brüten, ſind ſo zahm, daß ſie beim behutſamen Auf-
heben des erwähnten Deckels ſitzen bleiben und erſt ſeitwärts in eine Nebenhöhle ſchlüpfen, wenn man
ſie berührt. Bei Beſichtigung der Entenbaue pflegt man vorher den einzigen Ausgang zu verſtopfen,
damit die Enten nicht herauspoltern und ſcheu werden. Nach beendeter Muſterung der Neſter öffnet
man die Hauptröhre wieder; dann aber kommt keine der Brutenten zum Vorſcheine: jede begibt ſich
vielmehr wieder auf ihr Neſt. Die, welche eine kurze, hinten geſchloſſene Höhle bewohnen, laſſen ſich
auf den Eiern leicht ergreifen, vertheidigen ſich dabei aber mit dem Schnabel und fauchen dazu wie eine
Katze oder ſtoßen, mehr vor Wuth als aus Angſt, ſchäkernde Töne aus. Es iſt vorgekommen, daß
zum Vertreiben der brütenden Enten von den Eiern und aus der Röhre ein Stock zur Hilfe genommen
werden mußte, weil ſie unabläſſig auf die Hände loshackten und ſchmerzhafte Biſſe verſetzten. Nach
vollendeter Brutzeit, welche ſechsundzwanzig Tage währt, führt die Mutter ihre Jungen dem nächſten
Moore zu, verweilt unterweges aber gern einige Tage auf einem ſüßen Gewäſſer, welches am Wege
liegt. Naumann verſichert, daß ſie da, wo ſie hoch über dem Boden in Höhlen brütet, die Jungen
mit dem Schnabel einzeln zur Tiefe herabträgt; Bodinus aber widerlegt nach eigenen Beobachtungen
dieſe Angabe. „Jch ſelbſt“, ſagt er, „habe am ſteilen und unzugänglichen Meeresufer, an welchem
in einer Höhle die Brandente niſtete, mich dadurch in den Beſitz ihrer Jungen geſetzt, daß ich die
Stelle am Ufer, auf welche die Jungen beim Verlaſſen des Neſtes fallen mußten, mit einem ziemlich
tiefen Graben umgeben ließ, welchen die Thierchen wegen Steilheit ſeiner Wände nicht verlaſſen
konnten. Hätten die Eltern die Gewohnheit, ihre Kinder aus hoch belegenen Brutplätzen oder gar
aus der gemachten Grube zu tragen, ſo würde ich niemals in deren Beſitz gelangt ſein.“ Die dem
Meere zuwandernde Schar kann man leicht erhaſchen, während Dies faſt ein Ding der Unmöglichkeit
iſt, wenn die Familie bereits tieferes Waſſer erreicht hat; denn die Jungen tauchen vom erſten
Tage ihres Lebens an vortrefflich. Uebrigens verſucht die Mutter ihre Kinder nach beſten Kräften
zu vertheidigen, indem ſie entweder dem Feinde kühn zu Leibe geht oder ihn durch Verſtellung zu
täuſchen ſucht.

Für die Bewohner von Sylt und anderen Jnſeln der Nordſee iſt die Brandente nicht ganz ohne
Bedeutung. Die Eier, welche man nach und nach dem Neſte entnimmt, werden, obgleich ihr

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[818/0868] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwimmenten. ganz unerwartet, dicht über dem Boden herfliegend, von der entgegengeſetzten Seite an, ließen ſich auf dem Hauptbaue nieder, ſchauten ſich ein Weilchen um und begannen, als ſie ſich unbeobachtet glaubten, in ihrer Art emſig die durch häufiges Ausgraben der Bewohner des Baues entſtandenen Höhen und Vertiefungen zu durchwandeln, ſo ruhig und ſicher etwa, wie unſere Hausenten zur Lege- zeit auf ihren bekannten Höfen umhergehen. Bald verſchwanden ſie in der Mündung der größeren Fuchsröhre und blieben eine halbe Stunde lang unſichtbar. Endlich kam eine zum Vorſcheine, beſtieg raſch den Hügel, unter welchem die Röhre ausmündete, ſah ſich aufmerkſam nach allen Richtungen um und flog nun gemächlich nach den Wieſen hin. — Auf Sylt und anderen Vorinſeln von Schleswig legt man für die Brandenten künſtliche Bauten an, indem man auf niedrigen, mit feſtem Raſen überkleideten Dünenhügeln wagerechte Röhren bildet, welche ſich im Mittelpunkte des Hügels netzartig durchkreuzen und ſo zur Anlage der Neſter dienen. Jede Niſtſtelle wird mit einem aus Raſen beſtehenden, genau ſchließenden Deckel verſehen, welcher ſich abheben läßt und Unterſuchung des Neſtes geſtattet, die Niſtſtelle ſelbſt mit trockenem Geniſte und Moſe belegt, damit die ankommenden Enten die ihnen nöthigen Stoffe gleich vorfinden mögen. Dieſe Baue werden von den Bergenten regelmäßig bezogen, auch wenn ſie ſich in unmittelbarer Nähe von Gebäuden befinden ſollten; ja, die Vögel gewöhnen ſich nach und nach ſo an die Beſitzer, daß ſie ſich, wenn ſie brüten, unglaublich viel gefallen laſſen. Stört man das Weibchen nicht, ſo legt es ſieben bis zwölf große, weiße, glatte und feſtſchalige Eier und beginnt dann eifrig zu brüten. Nimmt man ihm, wie es auf Sylt geſchieht, die Eier weg, ſo zwingt man es, daß es zwanzig bis dreißig legt. Nach und nach umgibt es das Gelege mit Dunen, deckt auch beim Weggehen ſtets das Neſt mit denſelben ſorgfältig zu. Es liebt, laut Naumann, die Eier ſehr und weicht nicht vom Neſte, bis man es faſt greifen kann. Die, welche in den künſtlichen Entenbauen auf Sylt brüten, ſind ſo zahm, daß ſie beim behutſamen Auf- heben des erwähnten Deckels ſitzen bleiben und erſt ſeitwärts in eine Nebenhöhle ſchlüpfen, wenn man ſie berührt. Bei Beſichtigung der Entenbaue pflegt man vorher den einzigen Ausgang zu verſtopfen, damit die Enten nicht herauspoltern und ſcheu werden. Nach beendeter Muſterung der Neſter öffnet man die Hauptröhre wieder; dann aber kommt keine der Brutenten zum Vorſcheine: jede begibt ſich vielmehr wieder auf ihr Neſt. Die, welche eine kurze, hinten geſchloſſene Höhle bewohnen, laſſen ſich auf den Eiern leicht ergreifen, vertheidigen ſich dabei aber mit dem Schnabel und fauchen dazu wie eine Katze oder ſtoßen, mehr vor Wuth als aus Angſt, ſchäkernde Töne aus. Es iſt vorgekommen, daß zum Vertreiben der brütenden Enten von den Eiern und aus der Röhre ein Stock zur Hilfe genommen werden mußte, weil ſie unabläſſig auf die Hände loshackten und ſchmerzhafte Biſſe verſetzten. Nach vollendeter Brutzeit, welche ſechsundzwanzig Tage währt, führt die Mutter ihre Jungen dem nächſten Moore zu, verweilt unterweges aber gern einige Tage auf einem ſüßen Gewäſſer, welches am Wege liegt. Naumann verſichert, daß ſie da, wo ſie hoch über dem Boden in Höhlen brütet, die Jungen mit dem Schnabel einzeln zur Tiefe herabträgt; Bodinus aber widerlegt nach eigenen Beobachtungen dieſe Angabe. „Jch ſelbſt“, ſagt er, „habe am ſteilen und unzugänglichen Meeresufer, an welchem in einer Höhle die Brandente niſtete, mich dadurch in den Beſitz ihrer Jungen geſetzt, daß ich die Stelle am Ufer, auf welche die Jungen beim Verlaſſen des Neſtes fallen mußten, mit einem ziemlich tiefen Graben umgeben ließ, welchen die Thierchen wegen Steilheit ſeiner Wände nicht verlaſſen konnten. Hätten die Eltern die Gewohnheit, ihre Kinder aus hoch belegenen Brutplätzen oder gar aus der gemachten Grube zu tragen, ſo würde ich niemals in deren Beſitz gelangt ſein.“ Die dem Meere zuwandernde Schar kann man leicht erhaſchen, während Dies faſt ein Ding der Unmöglichkeit iſt, wenn die Familie bereits tieferes Waſſer erreicht hat; denn die Jungen tauchen vom erſten Tage ihres Lebens an vortrefflich. Uebrigens verſucht die Mutter ihre Kinder nach beſten Kräften zu vertheidigen, indem ſie entweder dem Feinde kühn zu Leibe geht oder ihn durch Verſtellung zu täuſchen ſucht. Für die Bewohner von Sylt und anderen Jnſeln der Nordſee iſt die Brandente nicht ganz ohne Bedeutung. Die Eier, welche man nach und nach dem Neſte entnimmt, werden, obgleich ihr

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 818. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/868>, abgerufen am 23.11.2024.