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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Störche.
seiner Art abgefeuert wurden, auf das genaueste abschätzen, wie weit das Jagdgewehr des Schützen
trägt; er unterscheidet diesen aber auch sofort von anderen Menschen, da ihn alles Auffallende zur
Vorsicht mahnt. Bei meiner Ankunft in Charthum lebte er mit den Metzgern, welche in einem vor
der Stadt liegenden Schlachthause ihr Handwerk trieben, im besten Einvernehmen, fand sich ohne
Furcht vor dem Hause oder in ihm selbst ein, erbettelte sich die Abfälle oder belästigte die Leute solange,
bis sie ihm Etwas zuwarfen. Keiner der Schlächter dachte daran, ihn zu verfolgen; man ließ sich
[Abbildung] Der Marabu (Leptoptllos erumenifer). 1/4 der nat. Größe.
möglichst viel von ihm gefallen und erlaubte sich höchstens, ihm durch einen Steinwurf anzuzeigen,
wenn er zu unverschämt wurde. Jedenfalls hatte der Vogel bis zu unserer Zeit keine Nachstellungen
erfahren; denn auch die damals in Charthum lebenden Europäer ließen ihn unbehelligt, weil sie seinen
Werth nicht kannten, wenigstens nicht wußten, daß er Erzeuger der köstlichen Federn war. Bei
unserem ersten Jagdausfluge fiel ein Marabu dem Forschungseifer zum Opfer, und von stundan
änderten die Genossen ihr Benehmen. Sie kamen allerdings nach wie vor noch zum Schlachthause,

Die Läufer. Stelzvögel. Störche.
ſeiner Art abgefeuert wurden, auf das genaueſte abſchätzen, wie weit das Jagdgewehr des Schützen
trägt; er unterſcheidet dieſen aber auch ſofort von anderen Menſchen, da ihn alles Auffallende zur
Vorſicht mahnt. Bei meiner Ankunft in Charthum lebte er mit den Metzgern, welche in einem vor
der Stadt liegenden Schlachthauſe ihr Handwerk trieben, im beſten Einvernehmen, fand ſich ohne
Furcht vor dem Hauſe oder in ihm ſelbſt ein, erbettelte ſich die Abfälle oder beläſtigte die Leute ſolange,
bis ſie ihm Etwas zuwarfen. Keiner der Schlächter dachte daran, ihn zu verfolgen; man ließ ſich
[Abbildung] Der Marabu (Leptoptllos erumenifer). ¼ der nat. Größe.
möglichſt viel von ihm gefallen und erlaubte ſich höchſtens, ihm durch einen Steinwurf anzuzeigen,
wenn er zu unverſchämt wurde. Jedenfalls hatte der Vogel bis zu unſerer Zeit keine Nachſtellungen
erfahren; denn auch die damals in Charthum lebenden Europäer ließen ihn unbehelligt, weil ſie ſeinen
Werth nicht kannten, wenigſtens nicht wußten, daß er Erzeuger der köſtlichen Federn war. Bei
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[690/0732] Die Läufer. Stelzvögel. Störche. ſeiner Art abgefeuert wurden, auf das genaueſte abſchätzen, wie weit das Jagdgewehr des Schützen trägt; er unterſcheidet dieſen aber auch ſofort von anderen Menſchen, da ihn alles Auffallende zur Vorſicht mahnt. Bei meiner Ankunft in Charthum lebte er mit den Metzgern, welche in einem vor der Stadt liegenden Schlachthauſe ihr Handwerk trieben, im beſten Einvernehmen, fand ſich ohne Furcht vor dem Hauſe oder in ihm ſelbſt ein, erbettelte ſich die Abfälle oder beläſtigte die Leute ſolange, bis ſie ihm Etwas zuwarfen. Keiner der Schlächter dachte daran, ihn zu verfolgen; man ließ ſich [Abbildung Der Marabu (Leptoptllos erumenifer). ¼ der nat. Größe.] möglichſt viel von ihm gefallen und erlaubte ſich höchſtens, ihm durch einen Steinwurf anzuzeigen, wenn er zu unverſchämt wurde. Jedenfalls hatte der Vogel bis zu unſerer Zeit keine Nachſtellungen erfahren; denn auch die damals in Charthum lebenden Europäer ließen ihn unbehelligt, weil ſie ſeinen Werth nicht kannten, wenigſtens nicht wußten, daß er Erzeuger der köſtlichen Federn war. Bei unſerem erſten Jagdausfluge fiel ein Marabu dem Forſchungseifer zum Opfer, und von ſtundan änderten die Genoſſen ihr Benehmen. Sie kamen allerdings nach wie vor noch zum Schlachthauſe,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/732>, abgerufen am 22.11.2024.