Als Verbindungsglied der Strand- und Wasserläuferfamilien kann man die Strandpfeifer (Actitis) betrachten, kleine, zierlich gestaltete, niedrig gestellte Vögel mit geradem, biegsamen, nur an der Spitze harten, übrigens weichen Schnabel, mittellangen, ziemlich spitzen, am hinteren Rande stark mondförmig ausgeschnittenen Flügeln, sehr ausgeprägtem Afterflügel, zwölffederigem, ziemlich langen und abgestuften Schwanze und gut geschlossenem, weichen, etwas schmalfederigen Kleingefieder, welches in der Art und Weise der Zeichnung etwas Eigenthümliches zeigt. Die Weibchen sind etwas kleiner als die Männchen, ihnen jedoch ähnlich gefärbt, wie denn überhaupt die Kleider auch nach der Jahreszeit wenig verschieden.
Beim Sandpfeifer oder Flußuferläufer, Pfeiferle, Fisterlein und Knellesle, Steinpicker, Steinbeißer u. s. w. (Actitis hypoleucos) ist das Gefieder des Oberkörpers ölbräunlich, grünlich oder purpurnschillernd, durch schwarze Schaft- und Querflecken gezeichnet, das der Kropfseiten bräunlich, dunkler geschäftet und längsgefleckt, das des Unterkörpers weiß; die Hand- schwingen sind braunschwarz, an der Spitze fein weißgrau gesäumt, von der dritten an auf dem Rande der Jnnenfahne durch ein weißes Fleckchen, welches sich nach dem Körper zu vergrößert, geziert, die Unterarmschwingen an der Wurzelhälfte und Spitze weiß, sonst ebenfalls mattbraunschwarz, die mittleren Steuerfedern braungrau, schwarz geschäftet, rostgelb gekantet und gefleckt, die übrigen mehr oder weniger weiß, schmal schwarz in die Quere gebändert. Das Auge ist braun, der Schnabel grau- schwarz, an der Wurzel heller, der Fuß bleigrau. Die Länge beträgt 73/4 bis 8, die Breite 121/2 bis 13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 21/2 Zoll.
Jch habe den Sandpfeifer an allen Strömen, Flüssen, Seen und Meeresküsten, welche ich besuchte, angetroffen, in der Nähe des Nordkaps, wie an der abessinischen Küste, an unseren deutschen Bächen, wie am blauen und weißen Nile; andere Beobachter fanden ihn in Asien, von Kamschatka an bis Jndien oder von der Meeresenge bei Gibraltar an bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung, und wahrscheinlich wird er auch in Amerika neben seinem dortigen Vertreter vorkommen. Dabei muß ausdrücklich bemerkt werden, daß er innerhalb dieses Verbreitungskreises auch Brutvogel ist, da wir annehmen dürfen, daß die im Norden wohnenden höchstens bis Südeuropa und Nordafrika ziehen, und man auch in den Gleicherländern den Vogel jahraus, jahrein antreffen kann. Jm nördlichen Deutschland erscheint er um die Mitte des April, zuweilen auch erst im Mai, brütet und beginnt schon im Juli sein Umherschweifen, bis um die Mitte des Septembers die Wanderung angetreten wird. Gelegentlich dieser Reisen, welche des Nachts ausgeführt und bei Tage unterbrochen werden, bemerkt man den Vogel in kleinen Gesellschaften von sechs bis acht, vielleicht auch zwanzig Stücken. Diese Trupps scheinen während der Wanderung zusammenzubleiben; sie brechen abends auf, fliegen bei einigermaßen günstiger Witterung bis zum Morgen, lassen sich dann an einem geeigneten Orte, gewöhnlich an einem Fluß- oder Bachufer nieder, suchen hier übertags Nahrung, schlafen in der Mittagszeit ein wenig, verweilen, wenn es ihnen besonders gut gefällt, sogar mehrere Tage an ein und derselben Stelle und setzen die Wanderung wieder fort.
Der Sandpfeifer liebt eine Gegend, in welcher er sich einigermaßen verstecken kann. Man sieht ihn zwar regelmäßig auf Sandbänken, am häufigsten aber doch immer da, wo das Ufer mit Gesträuch und Schilf bewachsen ist. Verkennen wird man ihn nie; denn er weicht in seinem Betragen ziemlich auffällig von seinen Familienverwandten ab, steht wagerecht, läuft behend und mehr trippelnd als schreitend umher und wippt nach Bachstelzenart beständig mit dem Schwanze. Sein Flug ist leicht, schnell und gewandt, insofern ungewöhnlich, als unser Vogel beim Wegfliegen selten zu höheren Luft- schichten emporsteigt, wie es die meisten Strandläufer thun, vielmehr unmittelbar über dem Wasser in gerader Linie hin fortstreicht, sodaß man meint, er müsse die Schwingen sich netzen. Nur wenn er eine Stelle gänzlich verlassen will, schwingt er sich ebenfalls hoch in die Luft und jagt dann eilig dahin. Die weißen Flecken in den Schwungfedern zeigen sich bei ausgebreiteten Schwingen als breite zierende Binden. Jm Nothfalle wirft sich der geängstigte Sandpfeifer ins Wasser, schwimmt, wenn er es kann,
Sandpfeifer.
Als Verbindungsglied der Strand- und Waſſerläuferfamilien kann man die Strandpfeifer (Actitis) betrachten, kleine, zierlich geſtaltete, niedrig geſtellte Vögel mit geradem, biegſamen, nur an der Spitze harten, übrigens weichen Schnabel, mittellangen, ziemlich ſpitzen, am hinteren Rande ſtark mondförmig ausgeſchnittenen Flügeln, ſehr ausgeprägtem Afterflügel, zwölffederigem, ziemlich langen und abgeſtuften Schwanze und gut geſchloſſenem, weichen, etwas ſchmalfederigen Kleingefieder, welches in der Art und Weiſe der Zeichnung etwas Eigenthümliches zeigt. Die Weibchen ſind etwas kleiner als die Männchen, ihnen jedoch ähnlich gefärbt, wie denn überhaupt die Kleider auch nach der Jahreszeit wenig verſchieden.
Beim Sandpfeifer oder Flußuferläufer, Pfeiferle, Fiſterlein und Knellesle, Steinpicker, Steinbeißer u. ſ. w. (Actitis hypoleucos) iſt das Gefieder des Oberkörpers ölbräunlich, grünlich oder purpurnſchillernd, durch ſchwarze Schaft- und Querflecken gezeichnet, das der Kropfſeiten bräunlich, dunkler geſchäftet und längsgefleckt, das des Unterkörpers weiß; die Hand- ſchwingen ſind braunſchwarz, an der Spitze fein weißgrau geſäumt, von der dritten an auf dem Rande der Jnnenfahne durch ein weißes Fleckchen, welches ſich nach dem Körper zu vergrößert, geziert, die Unterarmſchwingen an der Wurzelhälfte und Spitze weiß, ſonſt ebenfalls mattbraunſchwarz, die mittleren Steuerfedern braungrau, ſchwarz geſchäftet, roſtgelb gekantet und gefleckt, die übrigen mehr oder weniger weiß, ſchmal ſchwarz in die Quere gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel grau- ſchwarz, an der Wurzel heller, der Fuß bleigrau. Die Länge beträgt 7¾ bis 8, die Breite 12½ bis 13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 2½ Zoll.
Jch habe den Sandpfeifer an allen Strömen, Flüſſen, Seen und Meeresküſten, welche ich beſuchte, angetroffen, in der Nähe des Nordkaps, wie an der abeſſiniſchen Küſte, an unſeren deutſchen Bächen, wie am blauen und weißen Nile; andere Beobachter fanden ihn in Aſien, von Kamſchatka an bis Jndien oder von der Meeresenge bei Gibraltar an bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung, und wahrſcheinlich wird er auch in Amerika neben ſeinem dortigen Vertreter vorkommen. Dabei muß ausdrücklich bemerkt werden, daß er innerhalb dieſes Verbreitungskreiſes auch Brutvogel iſt, da wir annehmen dürfen, daß die im Norden wohnenden höchſtens bis Südeuropa und Nordafrika ziehen, und man auch in den Gleicherländern den Vogel jahraus, jahrein antreffen kann. Jm nördlichen Deutſchland erſcheint er um die Mitte des April, zuweilen auch erſt im Mai, brütet und beginnt ſchon im Juli ſein Umherſchweifen, bis um die Mitte des Septembers die Wanderung angetreten wird. Gelegentlich dieſer Reiſen, welche des Nachts ausgeführt und bei Tage unterbrochen werden, bemerkt man den Vogel in kleinen Geſellſchaften von ſechs bis acht, vielleicht auch zwanzig Stücken. Dieſe Trupps ſcheinen während der Wanderung zuſammenzubleiben; ſie brechen abends auf, fliegen bei einigermaßen günſtiger Witterung bis zum Morgen, laſſen ſich dann an einem geeigneten Orte, gewöhnlich an einem Fluß- oder Bachufer nieder, ſuchen hier übertags Nahrung, ſchlafen in der Mittagszeit ein wenig, verweilen, wenn es ihnen beſonders gut gefällt, ſogar mehrere Tage an ein und derſelben Stelle und ſetzen die Wanderung wieder fort.
Der Sandpfeifer liebt eine Gegend, in welcher er ſich einigermaßen verſtecken kann. Man ſieht ihn zwar regelmäßig auf Sandbänken, am häufigſten aber doch immer da, wo das Ufer mit Geſträuch und Schilf bewachſen iſt. Verkennen wird man ihn nie; denn er weicht in ſeinem Betragen ziemlich auffällig von ſeinen Familienverwandten ab, ſteht wagerecht, läuft behend und mehr trippelnd als ſchreitend umher und wippt nach Bachſtelzenart beſtändig mit dem Schwanze. Sein Flug iſt leicht, ſchnell und gewandt, inſofern ungewöhnlich, als unſer Vogel beim Wegfliegen ſelten zu höheren Luft- ſchichten emporſteigt, wie es die meiſten Strandläufer thun, vielmehr unmittelbar über dem Waſſer in gerader Linie hin fortſtreicht, ſodaß man meint, er müſſe die Schwingen ſich netzen. Nur wenn er eine Stelle gänzlich verlaſſen will, ſchwingt er ſich ebenfalls hoch in die Luft und jagt dann eilig dahin. Die weißen Flecken in den Schwungfedern zeigen ſich bei ausgebreiteten Schwingen als breite zierende Binden. Jm Nothfalle wirft ſich der geängſtigte Sandpfeifer ins Waſſer, ſchwimmt, wenn er es kann,
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[635/0675]
Sandpfeifer.
Als Verbindungsglied der Strand- und Waſſerläuferfamilien kann man die Strandpfeifer
(Actitis) betrachten, kleine, zierlich geſtaltete, niedrig geſtellte Vögel mit geradem, biegſamen, nur an
der Spitze harten, übrigens weichen Schnabel, mittellangen, ziemlich ſpitzen, am hinteren Rande ſtark
mondförmig ausgeſchnittenen Flügeln, ſehr ausgeprägtem Afterflügel, zwölffederigem, ziemlich langen
und abgeſtuften Schwanze und gut geſchloſſenem, weichen, etwas ſchmalfederigen Kleingefieder,
welches in der Art und Weiſe der Zeichnung etwas Eigenthümliches zeigt. Die Weibchen ſind
etwas kleiner als die Männchen, ihnen jedoch ähnlich gefärbt, wie denn überhaupt die Kleider auch
nach der Jahreszeit wenig verſchieden.
Beim Sandpfeifer oder Flußuferläufer, Pfeiferle, Fiſterlein und Knellesle,
Steinpicker, Steinbeißer u. ſ. w. (Actitis hypoleucos) iſt das Gefieder des Oberkörpers
ölbräunlich, grünlich oder purpurnſchillernd, durch ſchwarze Schaft- und Querflecken gezeichnet, das
der Kropfſeiten bräunlich, dunkler geſchäftet und längsgefleckt, das des Unterkörpers weiß; die Hand-
ſchwingen ſind braunſchwarz, an der Spitze fein weißgrau geſäumt, von der dritten an auf dem Rande
der Jnnenfahne durch ein weißes Fleckchen, welches ſich nach dem Körper zu vergrößert, geziert,
die Unterarmſchwingen an der Wurzelhälfte und Spitze weiß, ſonſt ebenfalls mattbraunſchwarz, die
mittleren Steuerfedern braungrau, ſchwarz geſchäftet, roſtgelb gekantet und gefleckt, die übrigen mehr
oder weniger weiß, ſchmal ſchwarz in die Quere gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel grau-
ſchwarz, an der Wurzel heller, der Fuß bleigrau. Die Länge beträgt 7¾ bis 8, die Breite 12½ bis
13, die Fittiglänge 4, die Schwanzlänge 2½ Zoll.
Jch habe den Sandpfeifer an allen Strömen, Flüſſen, Seen und Meeresküſten, welche ich
beſuchte, angetroffen, in der Nähe des Nordkaps, wie an der abeſſiniſchen Küſte, an unſeren deutſchen
Bächen, wie am blauen und weißen Nile; andere Beobachter fanden ihn in Aſien, von Kamſchatka
an bis Jndien oder von der Meeresenge bei Gibraltar an bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung,
und wahrſcheinlich wird er auch in Amerika neben ſeinem dortigen Vertreter vorkommen. Dabei
muß ausdrücklich bemerkt werden, daß er innerhalb dieſes Verbreitungskreiſes auch Brutvogel iſt, da
wir annehmen dürfen, daß die im Norden wohnenden höchſtens bis Südeuropa und Nordafrika ziehen,
und man auch in den Gleicherländern den Vogel jahraus, jahrein antreffen kann. Jm nördlichen
Deutſchland erſcheint er um die Mitte des April, zuweilen auch erſt im Mai, brütet und beginnt
ſchon im Juli ſein Umherſchweifen, bis um die Mitte des Septembers die Wanderung angetreten
wird. Gelegentlich dieſer Reiſen, welche des Nachts ausgeführt und bei Tage unterbrochen werden,
bemerkt man den Vogel in kleinen Geſellſchaften von ſechs bis acht, vielleicht auch zwanzig Stücken.
Dieſe Trupps ſcheinen während der Wanderung zuſammenzubleiben; ſie brechen abends auf, fliegen
bei einigermaßen günſtiger Witterung bis zum Morgen, laſſen ſich dann an einem geeigneten Orte,
gewöhnlich an einem Fluß- oder Bachufer nieder, ſuchen hier übertags Nahrung, ſchlafen in der
Mittagszeit ein wenig, verweilen, wenn es ihnen beſonders gut gefällt, ſogar mehrere Tage an ein
und derſelben Stelle und ſetzen die Wanderung wieder fort.
Der Sandpfeifer liebt eine Gegend, in welcher er ſich einigermaßen verſtecken kann. Man ſieht
ihn zwar regelmäßig auf Sandbänken, am häufigſten aber doch immer da, wo das Ufer mit Geſträuch
und Schilf bewachſen iſt. Verkennen wird man ihn nie; denn er weicht in ſeinem Betragen ziemlich
auffällig von ſeinen Familienverwandten ab, ſteht wagerecht, läuft behend und mehr trippelnd als
ſchreitend umher und wippt nach Bachſtelzenart beſtändig mit dem Schwanze. Sein Flug iſt leicht,
ſchnell und gewandt, inſofern ungewöhnlich, als unſer Vogel beim Wegfliegen ſelten zu höheren Luft-
ſchichten emporſteigt, wie es die meiſten Strandläufer thun, vielmehr unmittelbar über dem Waſſer in
gerader Linie hin fortſtreicht, ſodaß man meint, er müſſe die Schwingen ſich netzen. Nur wenn er eine
Stelle gänzlich verlaſſen will, ſchwingt er ſich ebenfalls hoch in die Luft und jagt dann eilig dahin.
Die weißen Flecken in den Schwungfedern zeigen ſich bei ausgebreiteten Schwingen als breite zierende
Binden. Jm Nothfalle wirft ſich der geängſtigte Sandpfeifer ins Waſſer, ſchwimmt, wenn er es kann,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/675>, abgerufen am 22.11.2024.
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