Das Betragen ändert nach der Jahreszeit wesentlich ab. Vor und nach der Brutzeit unter- scheiden sich Männchen und Weibchen nicht, während derselben dagegen in jeder Hinsicht. Der Fortpflanzungstrieb erregt diese Vögel mehr, als jedes andere Mitglied ihrer Ordnung oder Klasse. Solange diese Erregung sich ihrer nicht bemächtigt hat, sind sie in ihrem Wesen ebensoviel Strandläufer als Wasserläufer; während der Brutzeit lassen sie sich mit keinem anderen Vogel vergleichen. Jhr Gang ist anmuthig, nicht trippelnd, sondern mehr schrittweise, die Haltung dabei eine stolze, selbstbewußte, der Flug sehr schnell, viel schwebend, durch leichte und rasche Schwenkungen ausgezeichnet. Bis gegen die Brutzeit hin vertragen sich die Kampfläufer sehr gut, zeigen sich gesellig, halten treu zusammen, mischen sich auch wohl zuweilen, immer aber nur für kurze Zeit, unter ähn- liches Geflügel und treiben sich munter in einem bestimmten Gebiete umher, zu regelmäßigen Tages- zeiten bald an dieser, bald an jener Stelle desselben sich beschäftigend. Nach Art ihrer Verwandten sind sie munter und rege, noch ehe der Tag angebrochen und bis tief in die Nacht hinein, bei Mond- schein auch während derselben, schlafen und ruhen also höchstens in den Mittagsstunden. Morgens und abends beschäftigen sie sich eifrig mit Aufsuchung der Nahrung, welche in dem verschiedensten Wassergethier, aber auch in Landkerfen und Würmern und ebenso in mancherlei Sämereien besteht. Jn Jndien fressen die Kampfläufer, solange sie sich in der Winterherberge aufhalten, fast ausschließlich Reis; in Egypten wird es nicht anders sein, obgleich ich Das nicht verbürgen, wohl aber angeben kann, daß ich die Vögel dort ebenfalls oft in Reisfeldern gefunden habe. Solange sie Nahrung suchen, pflegen sie sehr ruhig und still dem wichtigen Geschäfte nachzugehen; man vernimmt dann höchstens beim Auffliegen ihre sehr schwache Stimme, welche wie ein heiseres "Kak, kak" klingt. Mit Einbruch der Nacht werden sie rege und schwärmen nun scheinbar zu ihrem Vergnügen oft längere Zeit umher.
Dieses Betragen ändert sich gänzlich, sobald die Paarungszeit eintritt. Jetzt bethätigen sie ihren Namen. Die Männchen kämpfen, und zwar fortwährend, ohne wirklich erklärliche Ursache, möglicherweise gar nicht um die Weibchen, wohl aber um eine Fliege, einen Käfer, einen Wurm, um einen Sitzplatz, um Alles und Nichts; sie kämpfen, gleichviel ob Weibchen in der Nähe sind oder ob sie keine solchen sehen, ob sie sich ihrer vollen Freiheit erfreuen oder in der Gefangenschaft befinden, ob sie erst vor wenig Stunden ihre Freiheit verloren oder schon jahrelang in der Gefangenschaft gelebt haben; sie kämpfen zu jeder Tageszeit, kurz, unter allen Umständen. Jm Freien versammeln sie sich auf besonderen Plätzen, welche da, wo sie häufig vorkommen, fünf bis sechshundert Schritte von einander entfernt liegen, alljährlich wieder aufgesucht und benutzt werden und sich wohl im Verlaufe der Kampfzeit, nicht aber auch außerdem von dem umliegenden Boden unterscheiden. Eine etwas erhöhte, immer feuchte, mit kurzen Rasen bedeckte Stelle von vier bis sechs Fuß Durchmesser wird zum Kampfplatze ausgewählt und nun täglich von einer gewissen Anzahl Männchen mehrmals besucht. Auf ihm hat jeder Einzelne einen gewissen Stand, keineswegs immer, aber doch mehr oder weniger denselben. Auf diesem erwartet es den Gegner, und mit ihm kämpft es. Bevor die Federn des Kragens sich nicht ausgebildet haben, erscheint kein Kampfläufer auf dem Wahlplatze; sowie er aber sein volles Hochzeitskleid angelegt hat, findet er sich ein und hält nun mit einer bewunderungswürdigen Zähigkeit an ihm fest. Jch habe durch vielfache Beobachtungen die Genauigkeit der Naumann'schen Angaben erprobt und halte es für recht und billig, dessen Worte anzuführen.
"Das zuerst angekommene Männchen schaut sich verlangend nach einem zweiten um; ist dieses angelangt und nicht gerade rauflustig, so wird ein drittes, viertes u. s. w. abgewartet, und bald gibt es nun Streit. Es haben sich die Gegner gefunden, sie treffen sich, fahren auf einander los, kämpfen eine kurze Zeit mit einander, bis sie erschöpft sind, und jeder nimmt sein erstes Plätzchen wieder ein, um sich zu erholen, frische Kräfte zu sammeln und den Kampf von Neuem zu beginnen. Dies geht so fort, bis sie es überdrüßig werden und sich vom Platze entfernen, jedoch Dies gewöhnlich nur, um bald wieder zu kommen. Jhre Balgereien sind stets nur eigentliche Zweikämpfe; nie kämpfen mehrere zugleich gegen einander; aber es fügt sich oft, wenn mehrere am Platze sind, daß zwei und drei Paare,
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Kampfläufer.
Das Betragen ändert nach der Jahreszeit weſentlich ab. Vor und nach der Brutzeit unter- ſcheiden ſich Männchen und Weibchen nicht, während derſelben dagegen in jeder Hinſicht. Der Fortpflanzungstrieb erregt dieſe Vögel mehr, als jedes andere Mitglied ihrer Ordnung oder Klaſſe. Solange dieſe Erregung ſich ihrer nicht bemächtigt hat, ſind ſie in ihrem Weſen ebenſoviel Strandläufer als Waſſerläufer; während der Brutzeit laſſen ſie ſich mit keinem anderen Vogel vergleichen. Jhr Gang iſt anmuthig, nicht trippelnd, ſondern mehr ſchrittweiſe, die Haltung dabei eine ſtolze, ſelbſtbewußte, der Flug ſehr ſchnell, viel ſchwebend, durch leichte und raſche Schwenkungen ausgezeichnet. Bis gegen die Brutzeit hin vertragen ſich die Kampfläufer ſehr gut, zeigen ſich geſellig, halten treu zuſammen, miſchen ſich auch wohl zuweilen, immer aber nur für kurze Zeit, unter ähn- liches Geflügel und treiben ſich munter in einem beſtimmten Gebiete umher, zu regelmäßigen Tages- zeiten bald an dieſer, bald an jener Stelle deſſelben ſich beſchäftigend. Nach Art ihrer Verwandten ſind ſie munter und rege, noch ehe der Tag angebrochen und bis tief in die Nacht hinein, bei Mond- ſchein auch während derſelben, ſchlafen und ruhen alſo höchſtens in den Mittagsſtunden. Morgens und abends beſchäftigen ſie ſich eifrig mit Aufſuchung der Nahrung, welche in dem verſchiedenſten Waſſergethier, aber auch in Landkerfen und Würmern und ebenſo in mancherlei Sämereien beſteht. Jn Jndien freſſen die Kampfläufer, ſolange ſie ſich in der Winterherberge aufhalten, faſt ausſchließlich Reis; in Egypten wird es nicht anders ſein, obgleich ich Das nicht verbürgen, wohl aber angeben kann, daß ich die Vögel dort ebenfalls oft in Reisfeldern gefunden habe. Solange ſie Nahrung ſuchen, pflegen ſie ſehr ruhig und ſtill dem wichtigen Geſchäfte nachzugehen; man vernimmt dann höchſtens beim Auffliegen ihre ſehr ſchwache Stimme, welche wie ein heiſeres „Kak, kak“ klingt. Mit Einbruch der Nacht werden ſie rege und ſchwärmen nun ſcheinbar zu ihrem Vergnügen oft längere Zeit umher.
Dieſes Betragen ändert ſich gänzlich, ſobald die Paarungszeit eintritt. Jetzt bethätigen ſie ihren Namen. Die Männchen kämpfen, und zwar fortwährend, ohne wirklich erklärliche Urſache, möglicherweiſe gar nicht um die Weibchen, wohl aber um eine Fliege, einen Käfer, einen Wurm, um einen Sitzplatz, um Alles und Nichts; ſie kämpfen, gleichviel ob Weibchen in der Nähe ſind oder ob ſie keine ſolchen ſehen, ob ſie ſich ihrer vollen Freiheit erfreuen oder in der Gefangenſchaft befinden, ob ſie erſt vor wenig Stunden ihre Freiheit verloren oder ſchon jahrelang in der Gefangenſchaft gelebt haben; ſie kämpfen zu jeder Tageszeit, kurz, unter allen Umſtänden. Jm Freien verſammeln ſie ſich auf beſonderen Plätzen, welche da, wo ſie häufig vorkommen, fünf bis ſechshundert Schritte von einander entfernt liegen, alljährlich wieder aufgeſucht und benutzt werden und ſich wohl im Verlaufe der Kampfzeit, nicht aber auch außerdem von dem umliegenden Boden unterſcheiden. Eine etwas erhöhte, immer feuchte, mit kurzen Raſen bedeckte Stelle von vier bis ſechs Fuß Durchmeſſer wird zum Kampfplatze ausgewählt und nun täglich von einer gewiſſen Anzahl Männchen mehrmals beſucht. Auf ihm hat jeder Einzelne einen gewiſſen Stand, keineswegs immer, aber doch mehr oder weniger denſelben. Auf dieſem erwartet es den Gegner, und mit ihm kämpft es. Bevor die Federn des Kragens ſich nicht ausgebildet haben, erſcheint kein Kampfläufer auf dem Wahlplatze; ſowie er aber ſein volles Hochzeitskleid angelegt hat, findet er ſich ein und hält nun mit einer bewunderungswürdigen Zähigkeit an ihm feſt. Jch habe durch vielfache Beobachtungen die Genauigkeit der Naumann’ſchen Angaben erprobt und halte es für recht und billig, deſſen Worte anzuführen.
„Das zuerſt angekommene Männchen ſchaut ſich verlangend nach einem zweiten um; iſt dieſes angelangt und nicht gerade raufluſtig, ſo wird ein drittes, viertes u. ſ. w. abgewartet, und bald gibt es nun Streit. Es haben ſich die Gegner gefunden, ſie treffen ſich, fahren auf einander los, kämpfen eine kurze Zeit mit einander, bis ſie erſchöpft ſind, und jeder nimmt ſein erſtes Plätzchen wieder ein, um ſich zu erholen, friſche Kräfte zu ſammeln und den Kampf von Neuem zu beginnen. Dies geht ſo fort, bis ſie es überdrüßig werden und ſich vom Platze entfernen, jedoch Dies gewöhnlich nur, um bald wieder zu kommen. Jhre Balgereien ſind ſtets nur eigentliche Zweikämpfe; nie kämpfen mehrere zugleich gegen einander; aber es fügt ſich oft, wenn mehrere am Platze ſind, daß zwei und drei Paare,
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Kampfläufer.
Das Betragen ändert nach der Jahreszeit weſentlich ab. Vor und nach der Brutzeit unter-
ſcheiden ſich Männchen und Weibchen nicht, während derſelben dagegen in jeder Hinſicht. Der
Fortpflanzungstrieb erregt dieſe Vögel mehr, als jedes andere Mitglied ihrer Ordnung oder Klaſſe.
Solange dieſe Erregung ſich ihrer nicht bemächtigt hat, ſind ſie in ihrem Weſen ebenſoviel
Strandläufer als Waſſerläufer; während der Brutzeit laſſen ſie ſich mit keinem anderen Vogel
vergleichen. Jhr Gang iſt anmuthig, nicht trippelnd, ſondern mehr ſchrittweiſe, die Haltung dabei
eine ſtolze, ſelbſtbewußte, der Flug ſehr ſchnell, viel ſchwebend, durch leichte und raſche Schwenkungen
ausgezeichnet. Bis gegen die Brutzeit hin vertragen ſich die Kampfläufer ſehr gut, zeigen ſich geſellig,
halten treu zuſammen, miſchen ſich auch wohl zuweilen, immer aber nur für kurze Zeit, unter ähn-
liches Geflügel und treiben ſich munter in einem beſtimmten Gebiete umher, zu regelmäßigen Tages-
zeiten bald an dieſer, bald an jener Stelle deſſelben ſich beſchäftigend. Nach Art ihrer Verwandten
ſind ſie munter und rege, noch ehe der Tag angebrochen und bis tief in die Nacht hinein, bei Mond-
ſchein auch während derſelben, ſchlafen und ruhen alſo höchſtens in den Mittagsſtunden. Morgens
und abends beſchäftigen ſie ſich eifrig mit Aufſuchung der Nahrung, welche in dem verſchiedenſten
Waſſergethier, aber auch in Landkerfen und Würmern und ebenſo in mancherlei Sämereien beſteht.
Jn Jndien freſſen die Kampfläufer, ſolange ſie ſich in der Winterherberge aufhalten, faſt ausſchließlich
Reis; in Egypten wird es nicht anders ſein, obgleich ich Das nicht verbürgen, wohl aber angeben
kann, daß ich die Vögel dort ebenfalls oft in Reisfeldern gefunden habe. Solange ſie Nahrung
ſuchen, pflegen ſie ſehr ruhig und ſtill dem wichtigen Geſchäfte nachzugehen; man vernimmt dann
höchſtens beim Auffliegen ihre ſehr ſchwache Stimme, welche wie ein heiſeres „Kak, kak“ klingt. Mit
Einbruch der Nacht werden ſie rege und ſchwärmen nun ſcheinbar zu ihrem Vergnügen oft längere
Zeit umher.
Dieſes Betragen ändert ſich gänzlich, ſobald die Paarungszeit eintritt. Jetzt bethätigen ſie
ihren Namen. Die Männchen kämpfen, und zwar fortwährend, ohne wirklich erklärliche Urſache,
möglicherweiſe gar nicht um die Weibchen, wohl aber um eine Fliege, einen Käfer, einen Wurm, um
einen Sitzplatz, um Alles und Nichts; ſie kämpfen, gleichviel ob Weibchen in der Nähe ſind oder ob
ſie keine ſolchen ſehen, ob ſie ſich ihrer vollen Freiheit erfreuen oder in der Gefangenſchaft befinden,
ob ſie erſt vor wenig Stunden ihre Freiheit verloren oder ſchon jahrelang in der Gefangenſchaft gelebt
haben; ſie kämpfen zu jeder Tageszeit, kurz, unter allen Umſtänden. Jm Freien verſammeln ſie ſich
auf beſonderen Plätzen, welche da, wo ſie häufig vorkommen, fünf bis ſechshundert Schritte von
einander entfernt liegen, alljährlich wieder aufgeſucht und benutzt werden und ſich wohl im Verlaufe
der Kampfzeit, nicht aber auch außerdem von dem umliegenden Boden unterſcheiden. Eine etwas
erhöhte, immer feuchte, mit kurzen Raſen bedeckte Stelle von vier bis ſechs Fuß Durchmeſſer wird zum
Kampfplatze ausgewählt und nun täglich von einer gewiſſen Anzahl Männchen mehrmals beſucht.
Auf ihm hat jeder Einzelne einen gewiſſen Stand, keineswegs immer, aber doch mehr oder weniger
denſelben. Auf dieſem erwartet es den Gegner, und mit ihm kämpft es. Bevor die Federn des
Kragens ſich nicht ausgebildet haben, erſcheint kein Kampfläufer auf dem Wahlplatze; ſowie er aber
ſein volles Hochzeitskleid angelegt hat, findet er ſich ein und hält nun mit einer bewunderungswürdigen
Zähigkeit an ihm feſt. Jch habe durch vielfache Beobachtungen die Genauigkeit der Naumann’ſchen
Angaben erprobt und halte es für recht und billig, deſſen Worte anzuführen.
„Das zuerſt angekommene Männchen ſchaut ſich verlangend nach einem zweiten um; iſt dieſes
angelangt und nicht gerade raufluſtig, ſo wird ein drittes, viertes u. ſ. w. abgewartet, und bald gibt
es nun Streit. Es haben ſich die Gegner gefunden, ſie treffen ſich, fahren auf einander los, kämpfen
eine kurze Zeit mit einander, bis ſie erſchöpft ſind, und jeder nimmt ſein erſtes Plätzchen wieder ein,
um ſich zu erholen, friſche Kräfte zu ſammeln und den Kampf von Neuem zu beginnen. Dies geht
ſo fort, bis ſie es überdrüßig werden und ſich vom Platze entfernen, jedoch Dies gewöhnlich nur, um
bald wieder zu kommen. Jhre Balgereien ſind ſtets nur eigentliche Zweikämpfe; nie kämpfen mehrere
zugleich gegen einander; aber es fügt ſich oft, wenn mehrere am Platze ſind, daß zwei und drei Paare,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/667>, abgerufen am 22.11.2024.
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