Kampfläufer findet, welche einander ähneln. Aus Erfahrung weiß man, daß bei ein und demselben Vogel im nächsten Jahre die gleiche Färbung und Zeichnung wieder zum Vorschein kommt. Mehr läßt sich nicht sagen. Die Brustfedern haben entweder die Zeichnung der Krause oder sind anders gefärbt. Dasselbe gilt für den Rücken. Das Auge ist braun, der Schnabel grünlich oder grünlich- gelb, mehr oder weniger ebenfalls mit der Färbung des Gefieders wechselnd, der Fuß in der Regel röthlichgelb. Die Länge beträgt 11 bis 121/2, die Breite 231/2 bis 24, die Fittiglänge 7 bis 71/2, der Schwanz ungefähr 3 Zoll.
Das Gefieder des Weibchens ändert nicht ab. Seine Färbung ist auf der Oberseite ein mehr oder weniger ins Röthliche spielendes Grau, welches durch dunkele Flecke gezeichnet wird; das Gesicht und die Stirn sind gewöhnlich hellgrau, die Federn des Oberkopfes grau, braunschwarz in die Länge gefleckt, die des Hinterhalses grau, die des Rückens und der Schultern in der Mitte braunschwarz, am Rande rostfarben, die der Kehle und Gurgel grau und die des Bauches mehr oder weniger weiß. Die Länge beträgt höchstens 10, die Breite 211/2 Zoll.
Der Norden der alten Welt ist die Heimat des Kampfläufers; einzelne haben sich jedoch auch nach Nordamerika verirrt und dort sich Bürgerrecht erworben. Gelegentlich ihres Zuges besuchen diese Vögel nicht nur alle Länder Europas und Asiens, sondern auch ganz Afrika; denn man hat sie in Südafrika wie am Senegal oder am oberen Nile erlegt. Größere Sumpfflächen, wie sie der Kiebitz liebt, beherbergen in der Regel auch den Kampfläufer; jedoch verbreitet sich derselbe nicht so wie jener. Süddeutschland besucht er nur auf dem Zuge; Norddeutschland bewohnt er stellenweise als regel- mäßiger Sommervogel. Jn der Nähe des Meeres sieht man ihn oft, eigentlichen Seevogel aber kann man ihn nicht nennen. "Wenn zur Zeit des Eintritts der Ebbe", sagt Naumann, "alles Strand- geflügel in freudige Unruhe geräth, herumzuschwärmen anfängt, bald auf die Watten fliegt und es kaum erwarten kann, bis das Wasser ihm Platz gemacht hat und zurücktretend immer größer werdenden Raum darbietet, um auf dem schlüpfrigen Boden sich herumtummeln zu können: dann werden auch die in der Nähe wohnenden Kampfläufer von der allgemeinen Freude ergriffen und schwärmen mit und zwischen jenen herum; allein nie läßt sich ein solcher auf die Watte und unmittelbar an die See nieder. Jch habe jenem Treiben mit höchstem Vergnügen gar oft am Strande der Nordsee zugesehen, aber gleich beim ersten Male mußte mir diese Eigenheit der Kampfläufer auffallen, die nach einigem Herumschwärmen unter der fröhlichen bunten Menge sich stets sogleich wieder von der See entfernten und an ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort begaben." Genau ebenso treibt es unser Vogel in der Winterherberge; auch hier entfernt er sich weiter als jeder andere Strandläufer von der See oder vom Wasser überhaupt. Er folgt den Flüssen vom Meere an bis tief ins Land, hält sich allerdings meist in ihrer Nähe auf, streicht aber doch ziemlich weit von ihrem Ufer weg und wird demgemäß oft inmitten der Felder oder selbst in der Steppe gefunden.
Bei uns zu Lande erscheint der Kampfläufer flugweise Anfangs Mai, selten schon in den letzten Tagen des April, bezieht seine Sommerplätze und beginnt bereits im Juli und August wieder umher- zustreifen, bezüglich sich auf die Wanderschaft zu begeben. Auch er reist des Nachts und immer in Gesellschaften, welche dann in der Regel Kettenzüge in Keilform bilden. Auffallenderweise ziehen die Männchen getrennt von den Weibchen und Jungen, wie sich auch beide Geschlechter abgesondert in der Winterherberge aufzuhalten scheinen. Die zahlreichen Scharen, welche ich am Mensalehsee und in den Flußniederungen im Sudahn antraf, bestanden regelmäßig aus Weibchen; Männchen kamen mir nur einzeln und immer selten vor das Auge, sodaß ich zu glauben geneigt wurde, ihr Zug erstrecke sich gar nicht bis nach Afrika. Diese Meinung ist durch Heuglin, welcher einen zahlreichen Flug Männchen in Nubien sah, widerlegt worden; soviel aber steht fest, daß sich die Geschlechter in der Fremde nicht vereinigen. Die Weibchen verlassen uns zuerst und kehren am spätesten zurück; es finden sich aber unzweifelhaft dieselben Vögel auch wieder auf ähnlichen Plätzen ein und somit auch dieselben Männchen und dieselben Weibchen wieder zusammen.
Die Läufer. Stelzvögel. Strandläufer.
Kampfläufer findet, welche einander ähneln. Aus Erfahrung weiß man, daß bei ein und demſelben Vogel im nächſten Jahre die gleiche Färbung und Zeichnung wieder zum Vorſchein kommt. Mehr läßt ſich nicht ſagen. Die Bruſtfedern haben entweder die Zeichnung der Krauſe oder ſind anders gefärbt. Daſſelbe gilt für den Rücken. Das Auge iſt braun, der Schnabel grünlich oder grünlich- gelb, mehr oder weniger ebenfalls mit der Färbung des Gefieders wechſelnd, der Fuß in der Regel röthlichgelb. Die Länge beträgt 11 bis 12½, die Breite 23½ bis 24, die Fittiglänge 7 bis 7½, der Schwanz ungefähr 3 Zoll.
Das Gefieder des Weibchens ändert nicht ab. Seine Färbung iſt auf der Oberſeite ein mehr oder weniger ins Röthliche ſpielendes Grau, welches durch dunkele Flecke gezeichnet wird; das Geſicht und die Stirn ſind gewöhnlich hellgrau, die Federn des Oberkopfes grau, braunſchwarz in die Länge gefleckt, die des Hinterhalſes grau, die des Rückens und der Schultern in der Mitte braunſchwarz, am Rande roſtfarben, die der Kehle und Gurgel grau und die des Bauches mehr oder weniger weiß. Die Länge beträgt höchſtens 10, die Breite 21½ Zoll.
Der Norden der alten Welt iſt die Heimat des Kampfläufers; einzelne haben ſich jedoch auch nach Nordamerika verirrt und dort ſich Bürgerrecht erworben. Gelegentlich ihres Zuges beſuchen dieſe Vögel nicht nur alle Länder Europas und Aſiens, ſondern auch ganz Afrika; denn man hat ſie in Südafrika wie am Senegal oder am oberen Nile erlegt. Größere Sumpfflächen, wie ſie der Kiebitz liebt, beherbergen in der Regel auch den Kampfläufer; jedoch verbreitet ſich derſelbe nicht ſo wie jener. Süddeutſchland beſucht er nur auf dem Zuge; Norddeutſchland bewohnt er ſtellenweiſe als regel- mäßiger Sommervogel. Jn der Nähe des Meeres ſieht man ihn oft, eigentlichen Seevogel aber kann man ihn nicht nennen. „Wenn zur Zeit des Eintritts der Ebbe“, ſagt Naumann, „alles Strand- geflügel in freudige Unruhe geräth, herumzuſchwärmen anfängt, bald auf die Watten fliegt und es kaum erwarten kann, bis das Waſſer ihm Platz gemacht hat und zurücktretend immer größer werdenden Raum darbietet, um auf dem ſchlüpfrigen Boden ſich herumtummeln zu können: dann werden auch die in der Nähe wohnenden Kampfläufer von der allgemeinen Freude ergriffen und ſchwärmen mit und zwiſchen jenen herum; allein nie läßt ſich ein ſolcher auf die Watte und unmittelbar an die See nieder. Jch habe jenem Treiben mit höchſtem Vergnügen gar oft am Strande der Nordſee zugeſehen, aber gleich beim erſten Male mußte mir dieſe Eigenheit der Kampfläufer auffallen, die nach einigem Herumſchwärmen unter der fröhlichen bunten Menge ſich ſtets ſogleich wieder von der See entfernten und an ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort begaben.“ Genau ebenſo treibt es unſer Vogel in der Winterherberge; auch hier entfernt er ſich weiter als jeder andere Strandläufer von der See oder vom Waſſer überhaupt. Er folgt den Flüſſen vom Meere an bis tief ins Land, hält ſich allerdings meiſt in ihrer Nähe auf, ſtreicht aber doch ziemlich weit von ihrem Ufer weg und wird demgemäß oft inmitten der Felder oder ſelbſt in der Steppe gefunden.
Bei uns zu Lande erſcheint der Kampfläufer flugweiſe Anfangs Mai, ſelten ſchon in den letzten Tagen des April, bezieht ſeine Sommerplätze und beginnt bereits im Juli und Auguſt wieder umher- zuſtreifen, bezüglich ſich auf die Wanderſchaft zu begeben. Auch er reiſt des Nachts und immer in Geſellſchaften, welche dann in der Regel Kettenzüge in Keilform bilden. Auffallenderweiſe ziehen die Männchen getrennt von den Weibchen und Jungen, wie ſich auch beide Geſchlechter abgeſondert in der Winterherberge aufzuhalten ſcheinen. Die zahlreichen Scharen, welche ich am Menſalehſee und in den Flußniederungen im Sudahn antraf, beſtanden regelmäßig aus Weibchen; Männchen kamen mir nur einzeln und immer ſelten vor das Auge, ſodaß ich zu glauben geneigt wurde, ihr Zug erſtrecke ſich gar nicht bis nach Afrika. Dieſe Meinung iſt durch Heuglin, welcher einen zahlreichen Flug Männchen in Nubien ſah, widerlegt worden; ſoviel aber ſteht feſt, daß ſich die Geſchlechter in der Fremde nicht vereinigen. Die Weibchen verlaſſen uns zuerſt und kehren am ſpäteſten zurück; es finden ſich aber unzweifelhaft dieſelben Vögel auch wieder auf ähnlichen Plätzen ein und ſomit auch dieſelben Männchen und dieſelben Weibchen wieder zuſammen.
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[626/0666]
Die Läufer. Stelzvögel. Strandläufer.
Kampfläufer findet, welche einander ähneln. Aus Erfahrung weiß man, daß bei ein und demſelben
Vogel im nächſten Jahre die gleiche Färbung und Zeichnung wieder zum Vorſchein kommt. Mehr
läßt ſich nicht ſagen. Die Bruſtfedern haben entweder die Zeichnung der Krauſe oder ſind anders
gefärbt. Daſſelbe gilt für den Rücken. Das Auge iſt braun, der Schnabel grünlich oder grünlich-
gelb, mehr oder weniger ebenfalls mit der Färbung des Gefieders wechſelnd, der Fuß in der Regel
röthlichgelb. Die Länge beträgt 11 bis 12½, die Breite 23½ bis 24, die Fittiglänge 7 bis 7½, der
Schwanz ungefähr 3 Zoll.
Das Gefieder des Weibchens ändert nicht ab. Seine Färbung iſt auf der Oberſeite ein mehr oder
weniger ins Röthliche ſpielendes Grau, welches durch dunkele Flecke gezeichnet wird; das Geſicht und
die Stirn ſind gewöhnlich hellgrau, die Federn des Oberkopfes grau, braunſchwarz in die Länge gefleckt,
die des Hinterhalſes grau, die des Rückens und der Schultern in der Mitte braunſchwarz, am Rande
roſtfarben, die der Kehle und Gurgel grau und die des Bauches mehr oder weniger weiß. Die Länge
beträgt höchſtens 10, die Breite 21½ Zoll.
Der Norden der alten Welt iſt die Heimat des Kampfläufers; einzelne haben ſich jedoch auch
nach Nordamerika verirrt und dort ſich Bürgerrecht erworben. Gelegentlich ihres Zuges beſuchen dieſe
Vögel nicht nur alle Länder Europas und Aſiens, ſondern auch ganz Afrika; denn man hat ſie in
Südafrika wie am Senegal oder am oberen Nile erlegt. Größere Sumpfflächen, wie ſie der Kiebitz
liebt, beherbergen in der Regel auch den Kampfläufer; jedoch verbreitet ſich derſelbe nicht ſo wie jener.
Süddeutſchland beſucht er nur auf dem Zuge; Norddeutſchland bewohnt er ſtellenweiſe als regel-
mäßiger Sommervogel. Jn der Nähe des Meeres ſieht man ihn oft, eigentlichen Seevogel aber kann
man ihn nicht nennen. „Wenn zur Zeit des Eintritts der Ebbe“, ſagt Naumann, „alles Strand-
geflügel in freudige Unruhe geräth, herumzuſchwärmen anfängt, bald auf die Watten fliegt und es
kaum erwarten kann, bis das Waſſer ihm Platz gemacht hat und zurücktretend immer größer werdenden
Raum darbietet, um auf dem ſchlüpfrigen Boden ſich herumtummeln zu können: dann werden auch
die in der Nähe wohnenden Kampfläufer von der allgemeinen Freude ergriffen und ſchwärmen mit
und zwiſchen jenen herum; allein nie läßt ſich ein ſolcher auf die Watte und unmittelbar an die See
nieder. Jch habe jenem Treiben mit höchſtem Vergnügen gar oft am Strande der Nordſee zugeſehen,
aber gleich beim erſten Male mußte mir dieſe Eigenheit der Kampfläufer auffallen, die nach einigem
Herumſchwärmen unter der fröhlichen bunten Menge ſich ſtets ſogleich wieder von der See entfernten
und an ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort begaben.“ Genau ebenſo treibt es unſer Vogel in der
Winterherberge; auch hier entfernt er ſich weiter als jeder andere Strandläufer von der See oder vom
Waſſer überhaupt. Er folgt den Flüſſen vom Meere an bis tief ins Land, hält ſich allerdings
meiſt in ihrer Nähe auf, ſtreicht aber doch ziemlich weit von ihrem Ufer weg und wird demgemäß oft
inmitten der Felder oder ſelbſt in der Steppe gefunden.
Bei uns zu Lande erſcheint der Kampfläufer flugweiſe Anfangs Mai, ſelten ſchon in den letzten
Tagen des April, bezieht ſeine Sommerplätze und beginnt bereits im Juli und Auguſt wieder umher-
zuſtreifen, bezüglich ſich auf die Wanderſchaft zu begeben. Auch er reiſt des Nachts und immer in
Geſellſchaften, welche dann in der Regel Kettenzüge in Keilform bilden. Auffallenderweiſe ziehen die
Männchen getrennt von den Weibchen und Jungen, wie ſich auch beide Geſchlechter abgeſondert in
der Winterherberge aufzuhalten ſcheinen. Die zahlreichen Scharen, welche ich am Menſalehſee und
in den Flußniederungen im Sudahn antraf, beſtanden regelmäßig aus Weibchen; Männchen kamen
mir nur einzeln und immer ſelten vor das Auge, ſodaß ich zu glauben geneigt wurde, ihr Zug erſtrecke
ſich gar nicht bis nach Afrika. Dieſe Meinung iſt durch Heuglin, welcher einen zahlreichen Flug
Männchen in Nubien ſah, widerlegt worden; ſoviel aber ſteht feſt, daß ſich die Geſchlechter in der
Fremde nicht vereinigen. Die Weibchen verlaſſen uns zuerſt und kehren am ſpäteſten zurück; es
finden ſich aber unzweifelhaft dieſelben Vögel auch wieder auf ähnlichen Plätzen ein und ſomit auch
dieſelben Männchen und dieſelben Weibchen wieder zuſammen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/666>, abgerufen am 22.11.2024.
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