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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Strauß.
während und namentlich in der letzten Zeit vermindert worden. "Ein wahres Glück für sie ist es",
sagt Burchell, "daß sie sich so schwer beschleichen lassen und dadurch einigermaßen vor ihrem rast-
losen Feinde, dem Menschen, gesichert werden. Die Bauern am Kap waren früher in der Jagd
unermüdlich und erlegten sie während des ganzen Jahres, ohne Rücksicht auf die Brutzeit, sodaß
schon jetzt (1822) nur noch höchst wenige von ihnen in den bewohnten Theilen der Ansiedelungen
gefunden werden."

So geht es in allen Ländern von ganz Afrika. All überall verfolgt man die Strauße uner-
bittlich und in der verschiedensten Weise. Den Beduinen gilt diese Jagd als eine der edelsten Ver-
gnügungen; denn gerade in der Schwierigkeit, welche sie verursacht, liegt für Menschen dieses
Schlages ein besonderer Reiz. Die Araber Nordostafrikas unterscheiden den Strauß nach seinem
verschiedenen Geschlecht und Alter sehr genau. Der erwachsene männliche Vogel heißt "Edlihm"
(der Tiefschwarze), das Weibchen oder der junge Vogel "Ribehda" (der Graue). Da Erbeutung
der Federn das hauptsächlichste Ziel der Jagd ist, verfolgt man vorzugsweise, ja fast ausschließlich den
"Edlihm"; aber gerade dadurch schadet man der Vermehrung besonders empfindlich. Aus Tristram's
Berichten ersehe ich, daß man in der nördlichen Sahara genau in derselben Weise jagt, wie in der Bahiuda
oder in der Steppe Kordofahns. Auf flüchtigen Pferden reiten die Jäger in die Wüste oder Steppe
hinaus und suchen eine Straußenherde auf. Einige mit Wasserschläuchen belastete Kamele folgen in
einer gewissen Entfernung; ihre Treiber halten sich auch während der Jagd stets in möglichster Nähe
der Verfolger. Wenn diese ihr Wild entdeckt haben, reiten sie solange auf den Trupp der Vögel
zu, bis ein vorsichtiger "Edlihm" durch sein Beispiel das Zeichen zur Flucht gibt. Je zwei oder
drei Jäger wählen sich jetzt ein Männchen aus und reiten in gestrecktem Galopp hinter ihm drein;
während einer von ihnen dem Vogel auf allen Krümmungen seines Laufes folgt, sucht der andere
dieselben abzuschneiden, übernimmt, wenn es ihm gelang, die Rolle des ersteren und läßt diesen
die kürzere Strecke durchreiten. So wechseln sie mit einander ab, bis sie den mit aller ihm möglichen
Schnelligkeit dahin eilenden Strauß müde gemacht haben. Gewöhnlich sind sie schon nach Verlauf
einer Stunde hinter ihm her, zwingen ihre Pferde zu einer letzten Anstrengung und versetzen dem
Vogel schließlich einen heftigen Streich über den Hals oder auf den Kopf, welcher ihn sofort zu Boden
wirst. Unmittelbar nach dem Falle des Wildes springt der eine Jäger vom Pferde, schneidet ihm
unter Hersagen der üblichen Formel: "Jm Namen Gottes des Allbarmherzigen, Gott ist größer",
die Halsschlagader durch und steckt, um Beschmuzung der Federn durch das Blut zu verhüten, den
Nagel der langen Zehe eines Fußes in die Wunde. Nachdem sich der Strauß verblutet hat, zieht
ihm der Jäger das Fell ab, dreht es um und benutzt es gleich als Sack, um in ihm die Schmuckfedern
aufzubewahren. Von dem Fleisch schneidet er soviel ab, als er braucht; das Uebrigbleibende hängt
er an einen Baum zum Trocknen und für etwaige vorüberziehende Wanderer auf.

Mittlerweile sind die Kamele nachgekommen; der Jäger erquickt sich und sein Pferd nach der
anstrengenden heißen Jagd, ruht einige Stunden aus und kehrt mit seiner Beute beladen nach Hause
zurück. Hier sucht er die Federn je nach ihrer Güte aus, bindet die kostbaren weißen, deren ein voll-
kommen ausgebildeter Strauß höchstens vierzehn Stück besitzt, in einzelne Bündel zusammen und
bewahrt sie zu gelegentlichem Verkaufe in seinem Zelte auf. Der Händler muß sich, um die Federn
zu bekommen, selbst zum Jäger verfügen und erlangt von diesem die gesuchte Waare erst nach wirklich
lächerlichen Umständlichkeiten. Dieses Zurückhalten der Jagdbeute erscheint Dem wohl begründet,
welcher weiß, daß alle Fürsten oder Regierungsbeamte Afrikas noch heutigen Tages, wie zu Zeiten
der alten Egypter, von ihren Unterthanen oder den von ihnen unterjochten Völkerschaften Straußen-
federn als Königszoll verlangen und sich kein Gewissen daraus machen, diesen durch ihre Unterbeamten
gewaltsam eintreiben zu lassen. Der Araber vermuthet in Jedem, welcher ihn nach Federn fragt,
einen Abgesandten seines Oberherrn und gibt seine Schätze erst, nachdem er sich durch die sorgfältigsten
Vorfragen von der Nedlichkeit des Käufers überzeugt hat, diesem preis.

Strauß.
während und namentlich in der letzten Zeit vermindert worden. „Ein wahres Glück für ſie iſt es“,
ſagt Burchell, „daß ſie ſich ſo ſchwer beſchleichen laſſen und dadurch einigermaßen vor ihrem raſt-
loſen Feinde, dem Menſchen, geſichert werden. Die Bauern am Kap waren früher in der Jagd
unermüdlich und erlegten ſie während des ganzen Jahres, ohne Rückſicht auf die Brutzeit, ſodaß
ſchon jetzt (1822) nur noch höchſt wenige von ihnen in den bewohnten Theilen der Anſiedelungen
gefunden werden.“

So geht es in allen Ländern von ganz Afrika. All überall verfolgt man die Strauße uner-
bittlich und in der verſchiedenſten Weiſe. Den Beduinen gilt dieſe Jagd als eine der edelſten Ver-
gnügungen; denn gerade in der Schwierigkeit, welche ſie verurſacht, liegt für Menſchen dieſes
Schlages ein beſonderer Reiz. Die Araber Nordoſtafrikas unterſcheiden den Strauß nach ſeinem
verſchiedenen Geſchlecht und Alter ſehr genau. Der erwachſene männliche Vogel heißt „Edlihm“
(der Tiefſchwarze), das Weibchen oder der junge Vogel „Ribehda“ (der Graue). Da Erbeutung
der Federn das hauptſächlichſte Ziel der Jagd iſt, verfolgt man vorzugsweiſe, ja faſt ausſchließlich den
„Edlihm“; aber gerade dadurch ſchadet man der Vermehrung beſonders empfindlich. Aus Triſtram’s
Berichten erſehe ich, daß man in der nördlichen Sahara genau in derſelben Weiſe jagt, wie in der Bahiuda
oder in der Steppe Kordofahns. Auf flüchtigen Pferden reiten die Jäger in die Wüſte oder Steppe
hinaus und ſuchen eine Straußenherde auf. Einige mit Waſſerſchläuchen belaſtete Kamele folgen in
einer gewiſſen Entfernung; ihre Treiber halten ſich auch während der Jagd ſtets in möglichſter Nähe
der Verfolger. Wenn dieſe ihr Wild entdeckt haben, reiten ſie ſolange auf den Trupp der Vögel
zu, bis ein vorſichtiger „Edlihm“ durch ſein Beiſpiel das Zeichen zur Flucht gibt. Je zwei oder
drei Jäger wählen ſich jetzt ein Männchen aus und reiten in geſtrecktem Galopp hinter ihm drein;
während einer von ihnen dem Vogel auf allen Krümmungen ſeines Laufes folgt, ſucht der andere
dieſelben abzuſchneiden, übernimmt, wenn es ihm gelang, die Rolle des erſteren und läßt dieſen
die kürzere Strecke durchreiten. So wechſeln ſie mit einander ab, bis ſie den mit aller ihm möglichen
Schnelligkeit dahin eilenden Strauß müde gemacht haben. Gewöhnlich ſind ſie ſchon nach Verlauf
einer Stunde hinter ihm her, zwingen ihre Pferde zu einer letzten Anſtrengung und verſetzen dem
Vogel ſchließlich einen heftigen Streich über den Hals oder auf den Kopf, welcher ihn ſofort zu Boden
wirſt. Unmittelbar nach dem Falle des Wildes ſpringt der eine Jäger vom Pferde, ſchneidet ihm
unter Herſagen der üblichen Formel: „Jm Namen Gottes des Allbarmherzigen, Gott iſt größer“,
die Halsſchlagader durch und ſteckt, um Beſchmuzung der Federn durch das Blut zu verhüten, den
Nagel der langen Zehe eines Fußes in die Wunde. Nachdem ſich der Strauß verblutet hat, zieht
ihm der Jäger das Fell ab, dreht es um und benutzt es gleich als Sack, um in ihm die Schmuckfedern
aufzubewahren. Von dem Fleiſch ſchneidet er ſoviel ab, als er braucht; das Uebrigbleibende hängt
er an einen Baum zum Trocknen und für etwaige vorüberziehende Wanderer auf.

Mittlerweile ſind die Kamele nachgekommen; der Jäger erquickt ſich und ſein Pferd nach der
anſtrengenden heißen Jagd, ruht einige Stunden aus und kehrt mit ſeiner Beute beladen nach Hauſe
zurück. Hier ſucht er die Federn je nach ihrer Güte aus, bindet die koſtbaren weißen, deren ein voll-
kommen ausgebildeter Strauß höchſtens vierzehn Stück beſitzt, in einzelne Bündel zuſammen und
bewahrt ſie zu gelegentlichem Verkaufe in ſeinem Zelte auf. Der Händler muß ſich, um die Federn
zu bekommen, ſelbſt zum Jäger verfügen und erlangt von dieſem die geſuchte Waare erſt nach wirklich
lächerlichen Umſtändlichkeiten. Dieſes Zurückhalten der Jagdbeute erſcheint Dem wohl begründet,
welcher weiß, daß alle Fürſten oder Regierungsbeamte Afrikas noch heutigen Tages, wie zu Zeiten
der alten Egypter, von ihren Unterthanen oder den von ihnen unterjochten Völkerſchaften Straußen-
federn als Königszoll verlangen und ſich kein Gewiſſen daraus machen, dieſen durch ihre Unterbeamten
gewaltſam eintreiben zu laſſen. Der Araber vermuthet in Jedem, welcher ihn nach Federn fragt,
einen Abgeſandten ſeines Oberherrn und gibt ſeine Schätze erſt, nachdem er ſich durch die ſorgfältigſten
Vorfragen von der Nedlichkeit des Käufers überzeugt hat, dieſem preis.

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[533/0563] Strauß. während und namentlich in der letzten Zeit vermindert worden. „Ein wahres Glück für ſie iſt es“, ſagt Burchell, „daß ſie ſich ſo ſchwer beſchleichen laſſen und dadurch einigermaßen vor ihrem raſt- loſen Feinde, dem Menſchen, geſichert werden. Die Bauern am Kap waren früher in der Jagd unermüdlich und erlegten ſie während des ganzen Jahres, ohne Rückſicht auf die Brutzeit, ſodaß ſchon jetzt (1822) nur noch höchſt wenige von ihnen in den bewohnten Theilen der Anſiedelungen gefunden werden.“ So geht es in allen Ländern von ganz Afrika. All überall verfolgt man die Strauße uner- bittlich und in der verſchiedenſten Weiſe. Den Beduinen gilt dieſe Jagd als eine der edelſten Ver- gnügungen; denn gerade in der Schwierigkeit, welche ſie verurſacht, liegt für Menſchen dieſes Schlages ein beſonderer Reiz. Die Araber Nordoſtafrikas unterſcheiden den Strauß nach ſeinem verſchiedenen Geſchlecht und Alter ſehr genau. Der erwachſene männliche Vogel heißt „Edlihm“ (der Tiefſchwarze), das Weibchen oder der junge Vogel „Ribehda“ (der Graue). Da Erbeutung der Federn das hauptſächlichſte Ziel der Jagd iſt, verfolgt man vorzugsweiſe, ja faſt ausſchließlich den „Edlihm“; aber gerade dadurch ſchadet man der Vermehrung beſonders empfindlich. Aus Triſtram’s Berichten erſehe ich, daß man in der nördlichen Sahara genau in derſelben Weiſe jagt, wie in der Bahiuda oder in der Steppe Kordofahns. Auf flüchtigen Pferden reiten die Jäger in die Wüſte oder Steppe hinaus und ſuchen eine Straußenherde auf. Einige mit Waſſerſchläuchen belaſtete Kamele folgen in einer gewiſſen Entfernung; ihre Treiber halten ſich auch während der Jagd ſtets in möglichſter Nähe der Verfolger. Wenn dieſe ihr Wild entdeckt haben, reiten ſie ſolange auf den Trupp der Vögel zu, bis ein vorſichtiger „Edlihm“ durch ſein Beiſpiel das Zeichen zur Flucht gibt. Je zwei oder drei Jäger wählen ſich jetzt ein Männchen aus und reiten in geſtrecktem Galopp hinter ihm drein; während einer von ihnen dem Vogel auf allen Krümmungen ſeines Laufes folgt, ſucht der andere dieſelben abzuſchneiden, übernimmt, wenn es ihm gelang, die Rolle des erſteren und läßt dieſen die kürzere Strecke durchreiten. So wechſeln ſie mit einander ab, bis ſie den mit aller ihm möglichen Schnelligkeit dahin eilenden Strauß müde gemacht haben. Gewöhnlich ſind ſie ſchon nach Verlauf einer Stunde hinter ihm her, zwingen ihre Pferde zu einer letzten Anſtrengung und verſetzen dem Vogel ſchließlich einen heftigen Streich über den Hals oder auf den Kopf, welcher ihn ſofort zu Boden wirſt. Unmittelbar nach dem Falle des Wildes ſpringt der eine Jäger vom Pferde, ſchneidet ihm unter Herſagen der üblichen Formel: „Jm Namen Gottes des Allbarmherzigen, Gott iſt größer“, die Halsſchlagader durch und ſteckt, um Beſchmuzung der Federn durch das Blut zu verhüten, den Nagel der langen Zehe eines Fußes in die Wunde. Nachdem ſich der Strauß verblutet hat, zieht ihm der Jäger das Fell ab, dreht es um und benutzt es gleich als Sack, um in ihm die Schmuckfedern aufzubewahren. Von dem Fleiſch ſchneidet er ſoviel ab, als er braucht; das Uebrigbleibende hängt er an einen Baum zum Trocknen und für etwaige vorüberziehende Wanderer auf. Mittlerweile ſind die Kamele nachgekommen; der Jäger erquickt ſich und ſein Pferd nach der anſtrengenden heißen Jagd, ruht einige Stunden aus und kehrt mit ſeiner Beute beladen nach Hauſe zurück. Hier ſucht er die Federn je nach ihrer Güte aus, bindet die koſtbaren weißen, deren ein voll- kommen ausgebildeter Strauß höchſtens vierzehn Stück beſitzt, in einzelne Bündel zuſammen und bewahrt ſie zu gelegentlichem Verkaufe in ſeinem Zelte auf. Der Händler muß ſich, um die Federn zu bekommen, ſelbſt zum Jäger verfügen und erlangt von dieſem die geſuchte Waare erſt nach wirklich lächerlichen Umſtändlichkeiten. Dieſes Zurückhalten der Jagdbeute erſcheint Dem wohl begründet, welcher weiß, daß alle Fürſten oder Regierungsbeamte Afrikas noch heutigen Tages, wie zu Zeiten der alten Egypter, von ihren Unterthanen oder den von ihnen unterjochten Völkerſchaften Straußen- federn als Königszoll verlangen und ſich kein Gewiſſen daraus machen, dieſen durch ihre Unterbeamten gewaltſam eintreiben zu laſſen. Der Araber vermuthet in Jedem, welcher ihn nach Federn fragt, einen Abgeſandten ſeines Oberherrn und gibt ſeine Schätze erſt, nachdem er ſich durch die ſorgfältigſten Vorfragen von der Nedlichkeit des Käufers überzeugt hat, dieſem preis.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/563>, abgerufen am 22.11.2024.