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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Kurzflügler. Strauße.

Anderson erzählt, daß in gewissen Gegenden Südafrikas der Strauß von einigen Jägern auch
zu Fuße gejagt wird, und daß er am Ngamisee Buschmänner bei dieser Gelegenheit habe beobachten
können. Diese umzingelten meistentheils eine ganze Herde, worauf die erschreckten Vögel gewöhnlich
unter Geschrei und Lärmen ins Wasser getrieben wurden. Außerdem lauern dieselben Jäger dem
Strauße an seinem Neste oder am Wasser auf, sollen auch, wie Moffat angibt, sich selbst als
Strauße verkleiden und so unter die Herden der weidenden Vögel begeben. Sie stopfen ein flaches
Doppelkissen mit Stroh aus und formen es ungefähr wie einen Sattel, bekleiden es mit Federn,
richten sich außerdem den abgetrennten Hals und Kopf eines Straußen vor, indem sie das Fell über
einen mit Stroh umwickelten Stock ziehen und malen sich die Beine weiß. Der Jäger nimmt hierauf
den mit Federn besteckten Sattel auf den Kopf, den Untertheil des Straußenhalses fest in die rechte,
den Bogen in die linke Hand und geht der Straußenherde zu, dreht den Kopf wie ein sich umschauender
Strauß, schüttelt den Sattel mit den Federn und täuscht die Strauße zuweilen so, daß einzelne von
ihnen auf den vermeintlichen Vogel zugehen und mit ihm Streit aufangen wollen.

Der Preis der Federn ist je nach der verschiedenen Oertlichkeit großen Schwankungen unter-
worfen. Jm Norden Afrikas wird ein Fell mit den Federn bis zu hundert spanischen Thalern
bezahlt; im Jnnern des Erdtheils kann man es gelegentlich für wenige Thaler unseres Geldes kaufen.
Verhältnißmäßig theuer sind die Federn überall, schon weil sie von den verschiedenen Völkerschaften
selbst vielfach zu Schmuckgegenständen verwendet werden. Burchell erzählt, daß man bei einigen
südafrikanischen Stämmen Sonnenschirme finde, welche aus den Straußenfedern gefertigt wurden und
äußerst zierlich aussehen, und daß man die kleinen schwarzen Federn sehr häufig verwendet, um mit
ihnen einen dünnen Stock zu bekleiden. Ein solcher Federstock soll den Eingebornen zuweilen bei der
Jagd auf gefährliche Thiere wichtige Dienste leisten, namentlich benutzt werden, die Aufmerksamkeit
von dem Jäger ab und dem Werkzeuge zuzuwenden.

Die Eier werden von allen Süd- und Mittelafrikanern ebenfalls vielfach gebraucht, haupt-
sächlich als Gefäße. Man umgibt sie mit einem leichten Flechtwerk, hängt sie gefüllt in den Hütten
auf oder nimmt sie auch auf Reisen mit. Jn Kordofahn benutzt man sie, um die Spitze der runden,
kegelförmigen Strohhütten zu schmücken; in den koptischen Kirchen dienen sie zur Verzierung der
Schnüre, welche die Lampen tragen; im Kaplande gebraucht man sie, laut Anderson, als Heil-
mittel u. s. w. Eier und Fleisch werden von allen Jnnerafrikanern gegessen. Die ersteren stehen
unsern Hühnereiern freilich an Wohlgeschmack nach, und ich habe mich nie mit den aus ihnen her-
gestellten Gerichten befreunden können; andere Reisende fanden sie sehr schmackhaft. Nach Burchell
ist die unter den Hottentotten übliche Art, sie zu kochen, höchst einfach. Man bohrt an dem einen
Ende ein kleines rundes Loch durch die Schale und quirlt das Jnnere vermittels einer biegsamen
Astgabel wohl durch einander, setzt das Ei auf das Feuer, quirlt von Zeit zu Zeit den Jnhalt durch
und fährt in dieser Arbeit fort, bis sie vollendet. Lichtenstein erzählt, daß unter den von ihm
aufgefundenen Straußeneiern nur wenige waren, welche noch zum Essen taugten, weil die meisten
bereits ausgewachsene Küchlein enthielten. "Unsere Hottentotten verschmähten indessen auch diese
nicht und brateten sie sich in den Schalen mit Hammelfett. Jch habe in der Folge die nach unsern
Begriffen wohl ekelhafte Kost selbst versucht und in der That sehr schmackhaft gefunden." Junge
Strauße haben ein höchst zartes, wohlschmeckendes Fleisch; das älterer ist härter, dem Rindfleisch
ähnlich.



Die amerikanischen Bertreter des Straußes heißen Randus (Rhea). Jhr Leibesbau stimmt
im wesentlichen mit dem des afrikanischen Verwandten überein; die Flügelfedern sind jedoch kürzer
und die Füße dreizehig. Der flache, am Grunde breite, an der Spitze gerundete, mit einer leicht
gewölbten Hornkuppe bekleidete Schnabel ist etwa ebenso lang wie der Kopf, der Fuß vom Hacken-

Die Läufer. Kurzflügler. Strauße.

Anderſon erzählt, daß in gewiſſen Gegenden Südafrikas der Strauß von einigen Jägern auch
zu Fuße gejagt wird, und daß er am Ngamiſee Buſchmänner bei dieſer Gelegenheit habe beobachten
können. Dieſe umzingelten meiſtentheils eine ganze Herde, worauf die erſchreckten Vögel gewöhnlich
unter Geſchrei und Lärmen ins Waſſer getrieben wurden. Außerdem lauern dieſelben Jäger dem
Strauße an ſeinem Neſte oder am Waſſer auf, ſollen auch, wie Moffat angibt, ſich ſelbſt als
Strauße verkleiden und ſo unter die Herden der weidenden Vögel begeben. Sie ſtopfen ein flaches
Doppelkiſſen mit Stroh aus und formen es ungefähr wie einen Sattel, bekleiden es mit Federn,
richten ſich außerdem den abgetrennten Hals und Kopf eines Straußen vor, indem ſie das Fell über
einen mit Stroh umwickelten Stock ziehen und malen ſich die Beine weiß. Der Jäger nimmt hierauf
den mit Federn beſteckten Sattel auf den Kopf, den Untertheil des Straußenhalſes feſt in die rechte,
den Bogen in die linke Hand und geht der Straußenherde zu, dreht den Kopf wie ein ſich umſchauender
Strauß, ſchüttelt den Sattel mit den Federn und täuſcht die Strauße zuweilen ſo, daß einzelne von
ihnen auf den vermeintlichen Vogel zugehen und mit ihm Streit aufangen wollen.

Der Preis der Federn iſt je nach der verſchiedenen Oertlichkeit großen Schwankungen unter-
worfen. Jm Norden Afrikas wird ein Fell mit den Federn bis zu hundert ſpaniſchen Thalern
bezahlt; im Jnnern des Erdtheils kann man es gelegentlich für wenige Thaler unſeres Geldes kaufen.
Verhältnißmäßig theuer ſind die Federn überall, ſchon weil ſie von den verſchiedenen Völkerſchaften
ſelbſt vielfach zu Schmuckgegenſtänden verwendet werden. Burchell erzählt, daß man bei einigen
ſüdafrikaniſchen Stämmen Sonnenſchirme finde, welche aus den Straußenfedern gefertigt wurden und
äußerſt zierlich ausſehen, und daß man die kleinen ſchwarzen Federn ſehr häufig verwendet, um mit
ihnen einen dünnen Stock zu bekleiden. Ein ſolcher Federſtock ſoll den Eingebornen zuweilen bei der
Jagd auf gefährliche Thiere wichtige Dienſte leiſten, namentlich benutzt werden, die Aufmerkſamkeit
von dem Jäger ab und dem Werkzeuge zuzuwenden.

Die Eier werden von allen Süd- und Mittelafrikanern ebenfalls vielfach gebraucht, haupt-
ſächlich als Gefäße. Man umgibt ſie mit einem leichten Flechtwerk, hängt ſie gefüllt in den Hütten
auf oder nimmt ſie auch auf Reiſen mit. Jn Kordofahn benutzt man ſie, um die Spitze der runden,
kegelförmigen Strohhütten zu ſchmücken; in den koptiſchen Kirchen dienen ſie zur Verzierung der
Schnüre, welche die Lampen tragen; im Kaplande gebraucht man ſie, laut Anderſon, als Heil-
mittel u. ſ. w. Eier und Fleiſch werden von allen Jnnerafrikanern gegeſſen. Die erſteren ſtehen
unſern Hühnereiern freilich an Wohlgeſchmack nach, und ich habe mich nie mit den aus ihnen her-
geſtellten Gerichten befreunden können; andere Reiſende fanden ſie ſehr ſchmackhaft. Nach Burchell
iſt die unter den Hottentotten übliche Art, ſie zu kochen, höchſt einfach. Man bohrt an dem einen
Ende ein kleines rundes Loch durch die Schale und quirlt das Jnnere vermittels einer biegſamen
Aſtgabel wohl durch einander, ſetzt das Ei auf das Feuer, quirlt von Zeit zu Zeit den Jnhalt durch
und fährt in dieſer Arbeit fort, bis ſie vollendet. Lichtenſtein erzählt, daß unter den von ihm
aufgefundenen Straußeneiern nur wenige waren, welche noch zum Eſſen taugten, weil die meiſten
bereits ausgewachſene Küchlein enthielten. „Unſere Hottentotten verſchmähten indeſſen auch dieſe
nicht und brateten ſie ſich in den Schalen mit Hammelfett. Jch habe in der Folge die nach unſern
Begriffen wohl ekelhafte Koſt ſelbſt verſucht und in der That ſehr ſchmackhaft gefunden.“ Junge
Strauße haben ein höchſt zartes, wohlſchmeckendes Fleiſch; das älterer iſt härter, dem Rindfleiſch
ähnlich.



Die amerikaniſchen Bertreter des Straußes heißen Randus (Rhea). Jhr Leibesbau ſtimmt
im weſentlichen mit dem des afrikaniſchen Verwandten überein; die Flügelfedern ſind jedoch kürzer
und die Füße dreizehig. Der flache, am Grunde breite, an der Spitze gerundete, mit einer leicht
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[534/0564] Die Läufer. Kurzflügler. Strauße. Anderſon erzählt, daß in gewiſſen Gegenden Südafrikas der Strauß von einigen Jägern auch zu Fuße gejagt wird, und daß er am Ngamiſee Buſchmänner bei dieſer Gelegenheit habe beobachten können. Dieſe umzingelten meiſtentheils eine ganze Herde, worauf die erſchreckten Vögel gewöhnlich unter Geſchrei und Lärmen ins Waſſer getrieben wurden. Außerdem lauern dieſelben Jäger dem Strauße an ſeinem Neſte oder am Waſſer auf, ſollen auch, wie Moffat angibt, ſich ſelbſt als Strauße verkleiden und ſo unter die Herden der weidenden Vögel begeben. Sie ſtopfen ein flaches Doppelkiſſen mit Stroh aus und formen es ungefähr wie einen Sattel, bekleiden es mit Federn, richten ſich außerdem den abgetrennten Hals und Kopf eines Straußen vor, indem ſie das Fell über einen mit Stroh umwickelten Stock ziehen und malen ſich die Beine weiß. Der Jäger nimmt hierauf den mit Federn beſteckten Sattel auf den Kopf, den Untertheil des Straußenhalſes feſt in die rechte, den Bogen in die linke Hand und geht der Straußenherde zu, dreht den Kopf wie ein ſich umſchauender Strauß, ſchüttelt den Sattel mit den Federn und täuſcht die Strauße zuweilen ſo, daß einzelne von ihnen auf den vermeintlichen Vogel zugehen und mit ihm Streit aufangen wollen. Der Preis der Federn iſt je nach der verſchiedenen Oertlichkeit großen Schwankungen unter- worfen. Jm Norden Afrikas wird ein Fell mit den Federn bis zu hundert ſpaniſchen Thalern bezahlt; im Jnnern des Erdtheils kann man es gelegentlich für wenige Thaler unſeres Geldes kaufen. Verhältnißmäßig theuer ſind die Federn überall, ſchon weil ſie von den verſchiedenen Völkerſchaften ſelbſt vielfach zu Schmuckgegenſtänden verwendet werden. Burchell erzählt, daß man bei einigen ſüdafrikaniſchen Stämmen Sonnenſchirme finde, welche aus den Straußenfedern gefertigt wurden und äußerſt zierlich ausſehen, und daß man die kleinen ſchwarzen Federn ſehr häufig verwendet, um mit ihnen einen dünnen Stock zu bekleiden. Ein ſolcher Federſtock ſoll den Eingebornen zuweilen bei der Jagd auf gefährliche Thiere wichtige Dienſte leiſten, namentlich benutzt werden, die Aufmerkſamkeit von dem Jäger ab und dem Werkzeuge zuzuwenden. Die Eier werden von allen Süd- und Mittelafrikanern ebenfalls vielfach gebraucht, haupt- ſächlich als Gefäße. Man umgibt ſie mit einem leichten Flechtwerk, hängt ſie gefüllt in den Hütten auf oder nimmt ſie auch auf Reiſen mit. Jn Kordofahn benutzt man ſie, um die Spitze der runden, kegelförmigen Strohhütten zu ſchmücken; in den koptiſchen Kirchen dienen ſie zur Verzierung der Schnüre, welche die Lampen tragen; im Kaplande gebraucht man ſie, laut Anderſon, als Heil- mittel u. ſ. w. Eier und Fleiſch werden von allen Jnnerafrikanern gegeſſen. Die erſteren ſtehen unſern Hühnereiern freilich an Wohlgeſchmack nach, und ich habe mich nie mit den aus ihnen her- geſtellten Gerichten befreunden können; andere Reiſende fanden ſie ſehr ſchmackhaft. Nach Burchell iſt die unter den Hottentotten übliche Art, ſie zu kochen, höchſt einfach. Man bohrt an dem einen Ende ein kleines rundes Loch durch die Schale und quirlt das Jnnere vermittels einer biegſamen Aſtgabel wohl durch einander, ſetzt das Ei auf das Feuer, quirlt von Zeit zu Zeit den Jnhalt durch und fährt in dieſer Arbeit fort, bis ſie vollendet. Lichtenſtein erzählt, daß unter den von ihm aufgefundenen Straußeneiern nur wenige waren, welche noch zum Eſſen taugten, weil die meiſten bereits ausgewachſene Küchlein enthielten. „Unſere Hottentotten verſchmähten indeſſen auch dieſe nicht und brateten ſie ſich in den Schalen mit Hammelfett. Jch habe in der Folge die nach unſern Begriffen wohl ekelhafte Koſt ſelbſt verſucht und in der That ſehr ſchmackhaft gefunden.“ Junge Strauße haben ein höchſt zartes, wohlſchmeckendes Fleiſch; das älterer iſt härter, dem Rindfleiſch ähnlich. Die amerikaniſchen Bertreter des Straußes heißen Randus (Rhea). Jhr Leibesbau ſtimmt im weſentlichen mit dem des afrikaniſchen Verwandten überein; die Flügelfedern ſind jedoch kürzer und die Füße dreizehig. Der flache, am Grunde breite, an der Spitze gerundete, mit einer leicht gewölbten Hornkuppe bekleidete Schnabel iſt etwa ebenſo lang wie der Kopf, der Fuß vom Hacken-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/564>, abgerufen am 22.11.2024.