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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel. Schakuhühner.
den Reisenden mit ihrem Lärm fast betäuben. Ein Mitglied des Trupps beginnt mit einigen zirpen-
den Lauten, die übrigen fallen nach und nach ein, der Lärm wächst immer mehr, bis er endlich eine
für das Ohr der Menschen fast unerträgliche Höhe erreicht, hierauf vermindert er sich wieder und
verstummt endlich gänzlich, wenn auch nur auf kurze Zeit. Die Stimme der Schakupemba ist kurz
und rauh, wird aber oft wiederholt. Gefangene, welche der kölner Thiergarten besitzt, schreien
zuweilen ohne Unterbrechung fünf Minuten lang in widerwärtiger, gleichmäßiger Weise, da sie ewig
nur die zwei verschiedenen Laute hervorstoßen, welche man ebensowohl durch "Guan" wie durch
"Schaku" übertragen kann. Beide Laute klingen heiser und tonlos, werden auch nur auf eine kurze
Strecke hin vernommen. Der sogenannte Parraquasfasan erfüllt den Wald mit einem einförmigen
Geschrei, welches Humboldt durch die Silben "Katakras, katakras" wiederzugeben versuchte; seine
Verwandten lassen ähnliche und gleich unangenehme Laute hören.

Die Nahrung besteht vorzugsweise in Baumfrüchten und Beeren. Der Prinz fand in dem
Magen der von ihm Getödteten stets auch Ueberreste von Kerbthieren.

Ueber die Fortpflanzung liegen mehrere Angaben vor; Ausführliches aber wissen wir noch nicht.
Alle Schakuhühner bauen ihre Nester im Gezweige der Bäume und wohl ausnahmsweise nur auf
dem Boden, erinnern also in dieser Hinsicht entschieden an die Tauben. Das Nest besteht aus
Zweigen und ist ziemlich locker gebaut; einige Arten pflegen belaubte Zweige zu wählen. Zwei bis
drei, ausnahmsweise wohl auch vier bis sechs große, weiße Eier bilden das Gelege. Ob das Weibchen
allein brütet oder vom Männchen unterstützt wird, scheint noch nicht festgestellt zu sein; die Beobachter,
und unter ihnen namentlich Bajon, berichten nur, daß die Jungen von der Mutter geführt werden.
Sie sollen, sobald sie der Eierschale los sind, auf den Zweigen des Unterholzes umherklettern, eine
Zeitlang von der Mutter im Neste geätzt werden, nach und nach zum Boden herabsteigen und hier der
Alten folgen, wie Küchlein der Henne. Später führt sie jene in den Morgenstunden auch wohl
auf die Waldblößen, wo junges Gras wächst; sobald aber die Sonne kräftiger scheint, kehrt Alles
zum Walde zurück und verbirgt sich hier sogut als möglich. Einzelne Arten sollen erst nach zehn
bis zwölf Tagen vom Neste herabsteigen. Mit dem Flüggewerden verlassen sie die Alte, und diese
brütet sodann vielleicht noch einmal.

Jung aus dem Neste genommene Schakuhühner werden außerordentlich zahm und lassen sich
ohne sonderliche Mühe an eine bestimmte Oertlichkeit gewöhnen. Wo sie erzogen worden sind, gehen
sie ab und zu, wie Haushühner, und finden sich auch oft nach längerer Zeit wieder ein. Deshalb
fehlen sie den Ansiedlungen der Jndianer selten; sie gehören überall zu den beliebtesten Haus-
vögeln, weil sie die wenigste Mühe verursachen. Nur in einer Hinsicht lassen sie sich nicht gern
bevormunden. Es hält schwer, sie daran zu gewöhnen, ihre Nachtruhe in einem Stalle oder über-
haupt in einem verschließbaren Raume zu nehmen, weil sie lieber auf den Hausdächern oder benach-
barten Bäumen nächtigen. Auf dem Hofe gewöhnen sie sich an andere Thiere und namentlich ans
Hausgeflügel. Gibt man sich mit ihnen ab, so kann man sie, wie Sonnini berichtet und ich selbst
erfahren habe, förmlich zu Schoßthieren machen. Sie lieben es, wenn man ihnen schmeichelt,
gestatten es, daß man dicht an sie herantritt, sie auf eine Hand setzt und mit der anderen sanft über
das Rückengefieder streicht; ja, sie fordern förmlich zu Liebkosungen heraus und bezeugen ihre Freude,
wenn man ihnen gewährte. Ungeachtet dieser liebenswürdigen Eigenschaften dürften sie sich doch
kaum zur Einbürgerung eignen, weil sie in der Gefangenschaft nur in seltenen Ausnahmsfällen Eier
legen, sich deshalb auch, soviel mir bekannt, im Käfige noch nirgends fortgepflanzt haben. Eine
derartige Zurückhaltung aber bei Vögeln, welche Hausthiere werden sollen, ist das größte Hinderniß
ihrer Zähmung und Einbürgerung. Hierzu kommt, daß sich die Schakuhühner ebensowenig wie die
Hokkos mit unserm Klima befreunden können, vielmehr jede Rauhheit desselben schwer empfinden und
auch wirklich schwer büßen müssen.

Das Wildpret vieler Schakuhühner soll vorzüglich sein; die unerbittliche Verfolgung, welche sie
in ihren heimischen Wäldern, abseiten des Menschen, zu erleiden haben, wird also erklärlich. Einzelne

Die Läufer. Scharrvögel. Schakuhühner.
den Reiſenden mit ihrem Lärm faſt betäuben. Ein Mitglied des Trupps beginnt mit einigen zirpen-
den Lauten, die übrigen fallen nach und nach ein, der Lärm wächſt immer mehr, bis er endlich eine
für das Ohr der Menſchen faſt unerträgliche Höhe erreicht, hierauf vermindert er ſich wieder und
verſtummt endlich gänzlich, wenn auch nur auf kurze Zeit. Die Stimme der Schakupemba iſt kurz
und rauh, wird aber oft wiederholt. Gefangene, welche der kölner Thiergarten beſitzt, ſchreien
zuweilen ohne Unterbrechung fünf Minuten lang in widerwärtiger, gleichmäßiger Weiſe, da ſie ewig
nur die zwei verſchiedenen Laute hervorſtoßen, welche man ebenſowohl durch „Guan“ wie durch
„Schaku“ übertragen kann. Beide Laute klingen heiſer und tonlos, werden auch nur auf eine kurze
Strecke hin vernommen. Der ſogenannte Parraquasfaſan erfüllt den Wald mit einem einförmigen
Geſchrei, welches Humboldt durch die Silben „Katakras, katakras“ wiederzugeben verſuchte; ſeine
Verwandten laſſen ähnliche und gleich unangenehme Laute hören.

Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe in Baumfrüchten und Beeren. Der Prinz fand in dem
Magen der von ihm Getödteten ſtets auch Ueberreſte von Kerbthieren.

Ueber die Fortpflanzung liegen mehrere Angaben vor; Ausführliches aber wiſſen wir noch nicht.
Alle Schakuhühner bauen ihre Neſter im Gezweige der Bäume und wohl ausnahmsweiſe nur auf
dem Boden, erinnern alſo in dieſer Hinſicht entſchieden an die Tauben. Das Neſt beſteht aus
Zweigen und iſt ziemlich locker gebaut; einige Arten pflegen belaubte Zweige zu wählen. Zwei bis
drei, ausnahmsweiſe wohl auch vier bis ſechs große, weiße Eier bilden das Gelege. Ob das Weibchen
allein brütet oder vom Männchen unterſtützt wird, ſcheint noch nicht feſtgeſtellt zu ſein; die Beobachter,
und unter ihnen namentlich Bajon, berichten nur, daß die Jungen von der Mutter geführt werden.
Sie ſollen, ſobald ſie der Eierſchale los ſind, auf den Zweigen des Unterholzes umherklettern, eine
Zeitlang von der Mutter im Neſte geätzt werden, nach und nach zum Boden herabſteigen und hier der
Alten folgen, wie Küchlein der Henne. Später führt ſie jene in den Morgenſtunden auch wohl
auf die Waldblößen, wo junges Gras wächſt; ſobald aber die Sonne kräftiger ſcheint, kehrt Alles
zum Walde zurück und verbirgt ſich hier ſogut als möglich. Einzelne Arten ſollen erſt nach zehn
bis zwölf Tagen vom Neſte herabſteigen. Mit dem Flüggewerden verlaſſen ſie die Alte, und dieſe
brütet ſodann vielleicht noch einmal.

Jung aus dem Neſte genommene Schakuhühner werden außerordentlich zahm und laſſen ſich
ohne ſonderliche Mühe an eine beſtimmte Oertlichkeit gewöhnen. Wo ſie erzogen worden ſind, gehen
ſie ab und zu, wie Haushühner, und finden ſich auch oft nach längerer Zeit wieder ein. Deshalb
fehlen ſie den Anſiedlungen der Jndianer ſelten; ſie gehören überall zu den beliebteſten Haus-
vögeln, weil ſie die wenigſte Mühe verurſachen. Nur in einer Hinſicht laſſen ſie ſich nicht gern
bevormunden. Es hält ſchwer, ſie daran zu gewöhnen, ihre Nachtruhe in einem Stalle oder über-
haupt in einem verſchließbaren Raume zu nehmen, weil ſie lieber auf den Hausdächern oder benach-
barten Bäumen nächtigen. Auf dem Hofe gewöhnen ſie ſich an andere Thiere und namentlich ans
Hausgeflügel. Gibt man ſich mit ihnen ab, ſo kann man ſie, wie Sonnini berichtet und ich ſelbſt
erfahren habe, förmlich zu Schoßthieren machen. Sie lieben es, wenn man ihnen ſchmeichelt,
geſtatten es, daß man dicht an ſie herantritt, ſie auf eine Hand ſetzt und mit der anderen ſanft über
das Rückengefieder ſtreicht; ja, ſie fordern förmlich zu Liebkoſungen heraus und bezeugen ihre Freude,
wenn man ihnen gewährte. Ungeachtet dieſer liebenswürdigen Eigenſchaften dürften ſie ſich doch
kaum zur Einbürgerung eignen, weil ſie in der Gefangenſchaft nur in ſeltenen Ausnahmsfällen Eier
legen, ſich deshalb auch, ſoviel mir bekannt, im Käfige noch nirgends fortgepflanzt haben. Eine
derartige Zurückhaltung aber bei Vögeln, welche Hausthiere werden ſollen, iſt das größte Hinderniß
ihrer Zähmung und Einbürgerung. Hierzu kommt, daß ſich die Schakuhühner ebenſowenig wie die
Hokkos mit unſerm Klima befreunden können, vielmehr jede Rauhheit deſſelben ſchwer empfinden und
auch wirklich ſchwer büßen müſſen.

Das Wildpret vieler Schakuhühner ſoll vorzüglich ſein; die unerbittliche Verfolgung, welche ſie
in ihren heimiſchen Wäldern, abſeiten des Menſchen, zu erleiden haben, wird alſo erklärlich. Einzelne

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[512/0542] Die Läufer. Scharrvögel. Schakuhühner. den Reiſenden mit ihrem Lärm faſt betäuben. Ein Mitglied des Trupps beginnt mit einigen zirpen- den Lauten, die übrigen fallen nach und nach ein, der Lärm wächſt immer mehr, bis er endlich eine für das Ohr der Menſchen faſt unerträgliche Höhe erreicht, hierauf vermindert er ſich wieder und verſtummt endlich gänzlich, wenn auch nur auf kurze Zeit. Die Stimme der Schakupemba iſt kurz und rauh, wird aber oft wiederholt. Gefangene, welche der kölner Thiergarten beſitzt, ſchreien zuweilen ohne Unterbrechung fünf Minuten lang in widerwärtiger, gleichmäßiger Weiſe, da ſie ewig nur die zwei verſchiedenen Laute hervorſtoßen, welche man ebenſowohl durch „Guan“ wie durch „Schaku“ übertragen kann. Beide Laute klingen heiſer und tonlos, werden auch nur auf eine kurze Strecke hin vernommen. Der ſogenannte Parraquasfaſan erfüllt den Wald mit einem einförmigen Geſchrei, welches Humboldt durch die Silben „Katakras, katakras“ wiederzugeben verſuchte; ſeine Verwandten laſſen ähnliche und gleich unangenehme Laute hören. Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe in Baumfrüchten und Beeren. Der Prinz fand in dem Magen der von ihm Getödteten ſtets auch Ueberreſte von Kerbthieren. Ueber die Fortpflanzung liegen mehrere Angaben vor; Ausführliches aber wiſſen wir noch nicht. Alle Schakuhühner bauen ihre Neſter im Gezweige der Bäume und wohl ausnahmsweiſe nur auf dem Boden, erinnern alſo in dieſer Hinſicht entſchieden an die Tauben. Das Neſt beſteht aus Zweigen und iſt ziemlich locker gebaut; einige Arten pflegen belaubte Zweige zu wählen. Zwei bis drei, ausnahmsweiſe wohl auch vier bis ſechs große, weiße Eier bilden das Gelege. Ob das Weibchen allein brütet oder vom Männchen unterſtützt wird, ſcheint noch nicht feſtgeſtellt zu ſein; die Beobachter, und unter ihnen namentlich Bajon, berichten nur, daß die Jungen von der Mutter geführt werden. Sie ſollen, ſobald ſie der Eierſchale los ſind, auf den Zweigen des Unterholzes umherklettern, eine Zeitlang von der Mutter im Neſte geätzt werden, nach und nach zum Boden herabſteigen und hier der Alten folgen, wie Küchlein der Henne. Später führt ſie jene in den Morgenſtunden auch wohl auf die Waldblößen, wo junges Gras wächſt; ſobald aber die Sonne kräftiger ſcheint, kehrt Alles zum Walde zurück und verbirgt ſich hier ſogut als möglich. Einzelne Arten ſollen erſt nach zehn bis zwölf Tagen vom Neſte herabſteigen. Mit dem Flüggewerden verlaſſen ſie die Alte, und dieſe brütet ſodann vielleicht noch einmal. Jung aus dem Neſte genommene Schakuhühner werden außerordentlich zahm und laſſen ſich ohne ſonderliche Mühe an eine beſtimmte Oertlichkeit gewöhnen. Wo ſie erzogen worden ſind, gehen ſie ab und zu, wie Haushühner, und finden ſich auch oft nach längerer Zeit wieder ein. Deshalb fehlen ſie den Anſiedlungen der Jndianer ſelten; ſie gehören überall zu den beliebteſten Haus- vögeln, weil ſie die wenigſte Mühe verurſachen. Nur in einer Hinſicht laſſen ſie ſich nicht gern bevormunden. Es hält ſchwer, ſie daran zu gewöhnen, ihre Nachtruhe in einem Stalle oder über- haupt in einem verſchließbaren Raume zu nehmen, weil ſie lieber auf den Hausdächern oder benach- barten Bäumen nächtigen. Auf dem Hofe gewöhnen ſie ſich an andere Thiere und namentlich ans Hausgeflügel. Gibt man ſich mit ihnen ab, ſo kann man ſie, wie Sonnini berichtet und ich ſelbſt erfahren habe, förmlich zu Schoßthieren machen. Sie lieben es, wenn man ihnen ſchmeichelt, geſtatten es, daß man dicht an ſie herantritt, ſie auf eine Hand ſetzt und mit der anderen ſanft über das Rückengefieder ſtreicht; ja, ſie fordern förmlich zu Liebkoſungen heraus und bezeugen ihre Freude, wenn man ihnen gewährte. Ungeachtet dieſer liebenswürdigen Eigenſchaften dürften ſie ſich doch kaum zur Einbürgerung eignen, weil ſie in der Gefangenſchaft nur in ſeltenen Ausnahmsfällen Eier legen, ſich deshalb auch, ſoviel mir bekannt, im Käfige noch nirgends fortgepflanzt haben. Eine derartige Zurückhaltung aber bei Vögeln, welche Hausthiere werden ſollen, iſt das größte Hinderniß ihrer Zähmung und Einbürgerung. Hierzu kommt, daß ſich die Schakuhühner ebenſowenig wie die Hokkos mit unſerm Klima befreunden können, vielmehr jede Rauhheit deſſelben ſchwer empfinden und auch wirklich ſchwer büßen müſſen. Das Wildpret vieler Schakuhühner ſoll vorzüglich ſein; die unerbittliche Verfolgung, welche ſie in ihren heimiſchen Wäldern, abſeiten des Menſchen, zu erleiden haben, wird alſo erklärlich. Einzelne

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/542>, abgerufen am 22.11.2024.